Erklärung zwischen der Schweiz und Belgien betreffend die Unterstützung und Heimschaffung der dürftigen Angehörigen der beiden Länder
Unterzeichnet am 12. November 1896 In Kraft getreten am 1. Dezember 1896 ¹ Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung.
Der Schweizerische Bundesrat und die Belgische Regierung
haben in bezug auf die Unterstützung und Heimschaffung der dürftigen Angehörigen der beiden Länder folgendes vereinbart:
Art. 1
Jeder der beiden vertragschliessenden Teile verpflichtet sich, innerhalb der Grenzen seines Gebietes den dürftigen Angehörigen des andern Staates dieselbe Unterstützung zu gewähren, welche er den eigenen Armen nach Massgabe der gesetzlichen Bestimmungen über die öffentliche Unterstützung zuteil werden lässt.
Wenn einer der beiden Staaten einen dürftigen Angehörigen des andern Staates in sein Heimatland zurückführen lässt oder ausweist, so soll er denselben mit den nötigen Mitteln zur Erreichung der Grenze ausrüsten.
Art. 2
Die Ausschaffung eines Hilfsbedürftigen hat zu unterbleiben, wenn und solange es der Gesundheitszustand desselben erfordert. Die Frauen können nicht von ihren Ehemännern und Kindern unter 16 Jahren nicht von ihren Eltern getrennt werden, ausgenommen in den im folgenden Artikel vorgesehenen Fällen.
Art. 3
Die Heimschaffung derjenigen Dürftigen, welche infolge von Krankheit oder Alter erwerbsunfähig geworden sind, sowie der Waisen, verlassenen Kinder und Geisteskranken darf, wenn sie auf Kosten der öffentlichen Armenpflege behandelt und verpflegt werden, erst stattfinden, nachdem zuvor ein bezügliches Begehren auf diplomatischem Wege seitens einer der beiden Regierungen an die andere gerichtet worden ist.
Art. 4
Das Begehren um Heimschaffung kann nicht aus dem Grunde abgelehnt werden, weil die betreffende Person ihre Staatsangehörigkeit verloren hat, es sei denn, sie habe eine andere Nationalität erworben. Ebensowenig dürfen die ausgewiesenen oder an die Grenze ihres Heimatlandes gebrachten Personen, welche ihre Staatsangehörigkeit verloren, aber keine andere erworben haben, von dem Staate, dem sie ursprünglich angehören, zurückgewiesen werden.
Art. 5
Die dürftigen schweizerischen Angehörigen, welche heimzuschaffen sind, sollen durch die zuständigen belgischen Behörden dem Polizeidepartement in Basel und die heimzuschaffenden armen belgischen Angehörigen durch die schweizerischen Behörden dem Oberpolizeikommissariat zu Arlon übergeben werden. Die Bestimmung des Übergabeortes kann indessen mit Zustimmung der beiden Teile abgeändert werden.
Art. 6
Eine Vergütung der Kosten, welche die Gemässheit der vorstehenden Artikel durch Unterstützung, Verpflegung, ärztliche Behandlung oder Heimschaffung der Hilfsbedürftigen entstanden sind, kann weder von der Staats- noch Gemeinde-, noch einer andern öffentlichen Kasse des Landes, welchem die betreffenden Personen angehören, beansprucht werden. Ebenso verhält es sich mit Bezug auf etwaige Beerdigungskosten.
Art. 7
Die Heimschaffung kann unterbleiben, wenn die Beteiligten vereinbart haben, dass der Hilfsbedürftige an seinem Wohnorte die weitere Fürsorge gegen Rückerstattung der Kosten seitens des dazu Verpflichteten erhalten sei.
Art. 8
Sollte der Unterstützte oder sollten andere für ihn privatrechtlich Verpflichtete, insbesondere die zu seiner Alimentierung verpflichteten Verwandten imstande sein, die fraglichen Kosten zu tragen, so bleibt der Anspruch auf Ersatz derselben vorbehalten. Jede der beiden Regierungen verpflichtet sich, innerhalb der Schranken ihrer Gesetzgebung für die Ermöglichung der Rückerstattung dieser Kosten an diejenigen, welche sie bestritten haben, der andern Regierung Beistand zu leisten.
Art. 9
Jede der Vertragsparteien behält sich das Recht vor, die gegenwärtige Vereinbarung unter sechsmonatlicher vorgängiger Benachrichtigung zu kündigen.
Art. 10
Die vorstehenden Bestimmungen sollen mit dem 1. Dezember 1896 zur Vollziehung gelangen.
Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten, mit gehöriger Vollmacht versehen, die gegenwärtige Erklärung in doppelter Ausfertigung zu Bern den zwölften November eintausendachthundertsechsundneunzig (12. November 1896) unterzeichnet und ihre Siegel beigedrückt.
Unterschriften
(Es folgen die Unterschriften)
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