Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Italienischen R... (0.132.454.21)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Italienischen Republik betreffend eine Grenzbereinigung im Val di Lei

Abgeschlossen am 25. November 1952 Von der Bundesversammlung genehmigt am 27. März 1953² Ratifikationsurkunden ausgetauscht am 23. April 1955 In Kraft getreten am 23. April 1955 (Stand am 26. Juni 1963) ¹ AS 1955 608 ; BBl 1953 I 261 ² AS 1955 606
Die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Italienische Republik
in Ausführung der im Zusatzprotokoll zu der am 18. Juni 1949³ zwischen der Schweiz und Italien abgeschlossenen Vereinbarung über die Verleihung der Wasserkräfte des Reno di Lei enthaltenen Bestimmungen sind übereingekommen, ein Abkommen über die Grenzbereinigung im Val di Lei abzuschliessen. Zu diesem Zwecke haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt
(Es folgen die Namen der Bevollmächtigten)
die nach gegenseitiger Bekanntgabe ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten
folgendes vereinbart haben:
³ SR 0.721.809.454.2
Art. 1
In teilweiser Abänderung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Italien über die Festlegung der schweizerisch-italienischen Grenze zwischen Run Do oder Cima Garibaldi und Mont Dolent, vom 24. Juli 1941⁴, wird Italien der Schweiz im Val di Lei eine Gebietsfläche im Ausmass von ungefähr 0,5 km² abtreten, gemäss dem beiliegenden Plan⁵ im Massstabe von 1:25 000, der einen integrierenden Bestandteil dieses Abkommens bildet.
Als Gegenleistung wird die Schweiz Italien im Val di Lei eine Gebietsfläche von gleichem Ausmass ohne Rücksicht auf den Bodenwert der ausgetauschten Flächen gemäss den im erwähnten Plan enthaltenen Angaben abtreten.
⁴ SR 0.132.454.2
⁵ Dieser in der AS ( AS 1955 612 ) veröffentlichte Plan wird in der vorliegenden Sammlung nicht wiedergegeben.
Art. 2
Den mit der Kontrolle des Personen- und Warenverkehrs an der Grenze betrauten italienischen Organen wird der freie Durchgang ohne Aufenthalt durch das der Schweiz abgetretene Gebietsstück zugestanden. Ausgenommen hievon sind Personen und Detachemente, die mit militärischen Aufgaben beauftragt sind.
Art. 3
Die Hoheitsrechte jedes Staates über die auszutauschenden Gebietsflächen werden wirksam nach Beendigung der Arbeiten für die Errichtung der Talsperre, und zwar im Zeitpunkt der Kollaudation⁶, wie er sich aus den von den beiden Regierungen gemäss der Vereinbarung vom 18. Juni 1949 vorgesehenen Verleihungsurkunden ergibt.
⁶ Die Kollaudation hat gemäss Briefwechsel vom 26. Juni 1964 ( AS 1972 227 ) am 11. April 1963 stattgefunden.
Art. 4
Die Kommission zur Erhaltung der Landesgrenze Schweiz-Italien wird beauftragt:
– die technischen Arbeiten betreffend die Grenzbereinigung auszuführen;
– den neuen Grenzverlauf endgültig festzulegen;
– und eine entsprechende Dokumentation zu erstellen.
Die Kosten für die Vermarkung, die Vermessung der Grenzzeichen und die Erstellung der entsprechenden Dokumentation über die Grenzbereinigung gehen zu Lasten des konzessionierten Kraftwerkunternehmens.
Art. 5
Das vorliegende Abkommen soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen in Rom ausgetauscht werden. Es tritt am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Unterschriften

Zu Urkunde dessen haben die Bevollmächtigten der beiden Staaten das vorliegende Abkommen unterzeichnet und mit dem Siegel versehen.
Gegeben in Bern am 25. November 1952, in zwei Originalen in französischer Sprache.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Max Petitpierre

Für die
Italienische Republik:

Egidio Reale

Übersetzung

Zusatzprotokoll zum Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossen­schaft und der Italienischen Republik betreffend eine Grenzbereinigung im Val di Lei

Die beiden Regierungen, vom Wunsche geleitet, die landwirtschaftliche Bewirtschaftung in der von der Grenzbereinigung und der Schaffung des Stausees im Val de Lei betroffenen Gegend zu erhalten, haben die folgenden zusätzlichen Bestimmungen vereinbart:

I

Den Eigentümern des auf Grund der Grenzbereinigung unter schweizerische Gebietshoheit gestellten Teiles des Val di Lei wird die freie und unbehinderte Ausübung ihrer Eigentumsrechte auf diesem Gebiet nach den Bestimmungen der schweizerischen Gesetzgebung zugesichert.

II

Die im letzten Absatz des Abschnittes I des Zusatzprotokolls zur Vereinbarung vom 18. Juni 1949⁷ zwischen der Schweiz und Italien über die Verleihung der Wasserkräfte des Reno di Lei enthaltene Klausel findet auch Anwendung auf den Durchgang von Personen und Tieren über die zu errichtende Talsperre.
⁷ SR 0.721.809.454.2

III

Das den Mitgliedern des «Consorzio Alpi di Lei» oder Pächtern gehörende Vieh sowie das von den Eigentümern oder Pächtern während der Sömmerung in Pacht genommene Vieh darf sich für den Weidgang auf die im Kanton Graubünden gelegenen abgetretenen Weiden begeben. Das Vieh muss nach Italien zurückgeführt werden.
Unter Vieh im Sinne der vorliegenden Bestimmungen sind zu verstehen Tiere des Pferde-, Rinder-, Ziegen- und Schweinegeschlechts sowie Hunde der Hirten.
Für das Vieh, das sich zum Weidgang auf die im Kanton Graubünden gelegenen Weiden begibt und nach Italien zurückgeführt wird, darf weder eine Abgabe noch eine Kaution verlangt werden. Im Einzelfalle wird keine Sicherheit für die Zoll­beträge und andern Abgaben auf die vorübergehend eingeführten Tiere erhoben, unter der Bedingung, dass die Behörden der Gemeinden, aus denen die Eigentümer des Viehs stammen, sich verpflichten, den schweizerischen Zollbehörden bei der Erhebung der Zollbeträge und andern Abgaben, die für die allfällig in der Schweiz verbleibenden Tiere geschuldet werden, behilflich zu sein.
Die Lebens- und Futtermittel, die Gegenstände zur Pflege des Viehs oder zur Verarbeitung der tierischen Produkte sowie das Material für den Bau und den Unterhalt der Hütten und Ställe und allfällig aus Italien eingeführtes Brennholz dürfen zollfrei eingeführt werden, unter der Bedingung, dass diese Waren ausschliesslich im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der durch Realersatz überlassenen Alpen eingeführt und dort verwendet werden. Die nicht gebrauchten und die nicht mehr brauchbaren Gegenstände sollen wieder nach Italien ausgeführt werden.
Die Waren und Tiere dürfen nicht in das übrige schweizerische Zollgebiet über­geführt werden ohne Erlaubnis der zuständigen schweizerischen Zollbehörden und ohne vorgängig die von diesen gestellten Bedingungen erfüllt zu haben. Alle auf den Alpen erzeugten Milchprodukte sollen während ihrer Konservierung und Reifung sowie während des Transportes nach Italien von allen Zoll- und andern Abgaben befreit werden. Unter keinen Umständen sollen der Ausfuhr des Viehs und den in diesem und den vorhergehenden Artikeln erwähnten Produkten nach Italien Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden.
Die Bewirtschafter der Alpweiden sollen ein genaues Verzeichnis über die eingeführten Waren und das eingeführte Vieh führen. Diese Verzeichnis soll alle nach den Alpweiden eingeführten Waren enthalten und in bezug auf das Vieh und die der Alpbewirtschaftung dienenden Geräte laufend nachgeführt werden. Das nach­geführte Verzeichnis ist den schweizerischen Zollbehörden auf Begehren vorzuweisen.
Gegeben in Bern, am 25. November 1952, in zwei Originalen in italienischer Sprache.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Max Petitpierre

Für die
Italienische Republik:

Egidio Reale

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