Konsular‑Übereinkunft zwischen der Schweiz und Portugal
Abgeschlossen am 27. August 1883 Von der Bundesversammlung genehmigt am 20. Dezember 1887³ Ratifikationsurkunden ausgetauscht am 24. Dezember 1887 In Kraft getreten am 13. Januar 1888 ¹ BS 11 733; BBl 1887 IV 497 ² Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung. ³ AS 10 442
Der Bundesrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Seine Majestät der König von Portugal und Algarbien
von dem Wunsche beseelt, die gegenseitigen Rechte und Privilegien der beiderseitigen Konsularbeamten sowie ihre Verrichtungen und die Obliegenheiten, die ihnen in den beiden Staaten überbunden sein werden, genauer zu bestimmen, haben beschlossen, eine Konsular‑Übereinkunft unter sich abzuschliessen, zu welchem Zwecke sie zu Bevollmächtigten ernannt haben:
(Es folgen die Namen der Bevollmächtigten)
welche Bevollmächtigten, nach Austausch und Richtigbefund ihrer beiderseitigen Vollmachten, die nachfolgenden Artikel vereinbart haben:
Art. I
Jede der hohen Vertragsparteien ist berechtigt, in den Städten, Häfen und Ortschaften auf dem Gebiete der andern Partei je einen Generalkonsul sowie Konsuln und Vizekonsuln aufzustellen.
Die genannten Agenten sind gegenseitig zuzulassen und anzuerkennen, nachdem sie ihre Ernennungsurkunden gemäss den Vorschriften und Formalitäten, wie sie in den respektiven Ländern festgesetzt sind, vorgelegt haben. Das zur freien Ausübung ihrer Funktionen erforderliche Exequatur ist ihnen kostenfrei zu erteilen, und es soll auf Vorweis desselben die Oberbehörde ihres Residenzortes sofort die notwendigen Verfügungen treffen, damit sie die Pflichten ihres Amtes erfüllen und in den Genuss der mit demselben verbundenen Befreiungen, Vergünstigungen, Immunitäten, Ehren und Vorrechte treten können.
Die beiden hohen Vertragsparteien behalten sich aber das Recht vor, die Orte zu bezeichnen, wo sie keine Konsularbeamten zulassen wollen, wobei jedoch die beiden Regierungen im Verhältnis zueinander keine Beschränkung werden eintreten lassen, die in ihrem Lande nicht auch für alle andern Nationen gilt.
Die Regierung, welche das Exequatur erteilt hat, kann dasselbe zurückziehen unter Angabe ihrer Gründe hiefür.
Art. II
Wenn ein Konsularbeamter Handel oder ein Gewerbe betreibt, so unterliegt er in dieser Hinsicht den Gesetzen und Übungen, wie sie am gleichen Orte in bezug auf Handel und Gewerbe für die eigenen Landesangehörigen oder vorkommendenfalls für die handeltreibenden Konsuln der meistbegünstigten Nation gelten.
Ernennt einer der hohen Vertragsstaaten zu seinem Generalkonsul, Konsul oder Vizekonsul in einer Stadt, einem Hafen oder einer Ortschaft des andern Staates einen Angehörigen des letztern, so wird derselbe auch ferner als Angehöriger seines Heimatstaates angesehen, und es unterliegt derselbe demnach den Gesetzen und Verordnungen, welche am Orte, wo er residiert, für die Landesangehörigen gelten, ohne dass indes diese Verpflichtung irgendwie die Ausübung seiner Funktionen hemmen oder die Unverletzlichkeit des Konsulatsarchivs beeinträchtigen dürfte.
Art. III
Der Generalkonsul und die Konsuln und Vizekonsuln der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Portugal sowie anderseits der Generalkonsul und die Konsuln und Vizekonsuln von Portugal in der Schweiz dürfen über der äussern Türe des Generalkonsulats, Konsulats oder Vizekonsulats ein Schild mit ihrem Nationalwappen und der Inschrift: Generalkonsulat, Konsulat oder Vizekonsulat von... anbringen.
Ebenso dürfen sie an Tagen öffentlicher Festlichkeiten oder bei andern Anlässen, wo es den Gebräuchen entspricht, auf dem Konsulatsgebäude ihre Nationalfahne aufpflanzen.
Diese äusseren Abzeichen können jedoch niemals als ein Asylrecht begründend angesehen werden, sondern sind hauptsächlich dazu bestimmt, den Landesangehörigen die Konsulatswohnung kenntlich zu machen.
Art. IV
Die Konsularbeamten, welche nicht Angehörige des Landes sind, wo sie residieren, können nicht als Zeugen vor Gericht geladen werden.
Bedarf die örtliche Gerichtsbehörde von ihnen einer gerichtlichen Deposition, so hat sie sich behufs mündlicher Einvernahme in ihre Wohnung zu begeben, oder zu diesem Zwecke einen kompetenten Beamten abzuordnen, oder auch die Deposition schriftlich zu verlangen.
Art. V
Das Konsulatsarchiv ist unverletzlich, und es dürfen die Ortsbehörden unter keinem Vorwande und in keinem Falle dasselbe durchsuchen oder die dazu gehörigen Papiere mit Beschlag belegen.
Diese Papiere müssen stets von den Büchern und Papieren betreffend die vom Generalkonsul, von den Konsuln oder Vizekonsuln allfällig betriebenen Handels oder Industriegeschäfte ganz ausgeschieden sein.
Art. VI
Stirbt ein Konsularbeamter, ohne an seinem Platze einen bezeichneten Stellvertreter zu hinterlassen, so wird die Ortsbehörde sofort, im Beisein eines Konsularagenten einer befreundeten Nation und zweier Angehöriger des Landes des verstorbenen Konsuls, oder, in Ermangelung der letztern, zweier angesehener Persönlichkeiten des Ortes, zur Versiegelung des Archives schreiten.
Hierüber ist ein Protokoll in zwei Doppeln aufzunehmen und das eine Exemplar dem Generalkonsul der Nation des Verstorbenen, oder in Ermangelung eines solchen dem nächsten Konsularbeamten zu übermitteln.
Zur Übergabe des Archivs an den neuen Konsularbeamten wird die Entsiegelung im Beisein der Ortsbehörde sowie der früher bei der Versiegelung zugegen gewesenen Personen stattfinden, falls diese noch an Ort und Stelle wohnen.
Art. VII
Die Konsularbeamten der beiden Länder sind berechtigt, auf ihren Kanzleien und in der Wohnung der beteiligten Parteien Erklärungen zu Protokoll zu nehmen und andere ins Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit einschlagende Rechtshandlungen von Kaufleuten oder sonstigen Angehörigen ihres Staates zu verurkunden.
Desgleichen kommt ihnen die Befugnis zu, Urkunden über letztwillige Verfügungen ihrer Landesangehörigen zu errichten, wobei sie in der Eigenschaft von Notaren handeln.
In der gleichen Eigenschaft sind sie überdies befugt, auf ihrer Kanzlei Verträge jeder Art zwischen eigenen Landsleuten oder zwischen solchen und andern Bewohnern des Landes, wo sie residieren, sowie auch Verträge betreffend Angehörige dieses letztern Landes allein zu verschreiben, insofern dieselben auf Vermögensobjekte oder Geschäfte Bezug haben, welche auf dem Gebiete der Nation, die der Konsularbeamte vertritt, sich befinden, beziehungsweise zu behandeln sind.
Die von den genannten Beamten gehörig legalisierten und mit dem Konsularsiegel versehenen Abschriften oder Auszüge von solchen Urkunden haben in der Schweiz und in Portugal sowohl vor Gericht als aussergerichtlich die gleiche Beweiskraft wie die Originalverschreibungen selbst, und es kommt ihnen die nämliche Gültigkeit zu, wie wenn sie vor einem Notar oder einem andern öffentlichen Beamten des einen oder andern Landes gefertigt worden wären, sofern diese Urkunden in den von den Gesetzen des Staates, dem die Konsularbeamten angehören, vorgeschriebenen Formen verfasst und sodann dem Stempel und der Einschreibung sowie allen andern Formalitäten unterworfen worden sind, welche in dem Lande, wo das Aktenstück seine Vollziehung erhalten soll, in solchen Materien gelten.
Die beiderseitigen Konsularbeamten können die von Behörden oder Beamten ihres Landes ausgehenden Dokumente aller Art übersetzen und beglaubigen, und es haben diese Übersetzungen in dem Lande wo sie residieren, die gleiche Kraft und Gültigkeit, wie wenn sie von beeidigten Dolmetschern gefertigt wären.
Art. VIII
Stirbt ein Portugiese in der Schweiz, ohne bekannte Erben oder Testamentsvollstrecker zu hinterlassen, so werden die schweizerischen Behörden hievon dem portugiesischen Konsularbeamten, in dessen Bezirk der Tod eintrat, zuhanden der diesfalls näher zu informierenden Beteiligten Kenntnis geben.
Eine gleiche Anzeige ist von den zuständigen portugiesischen Behörden an die schweizerischen Konsularbeamten zu richten, wenn ein Schweizer in Portugal stirbt, ohne bekannte Erben oder Testamentsvollstrecker zu hinterlassen.
Die zuständigen Behörden des Ortes des Todesfalls haben in bezug auf das bewegliche oder unbewegliche Vermögen des Verstorbenen alle sichernden Verfügungen zu treffen, welche die Landesgesetzgebung für die Nachlassenschaften der Landesangehörigen vorschreibt.
Art. IX
Den schweizerischen Konsularbeamten in Portugal und den portugiesischen Konsularbeamten in der Schweiz sind, Gegenseitigkeit vorbehalten, alle Befugnisse, Zuständigkeiten, Vorrechte, Befreiungen und Immunitäten eingeräumt, welche den Konsularbeamten gleichen Grades der meistbegünstigten Nation jetzt oder künftig zuteil werden.
Art. X
Bei Abhaltung, Abwesenheit oder Ableben des Generalkonsuls, der Konsuln oder Vizekonsuln sind die Kanzler oder Sekretäre, die den Landesbehörden seinerzeit in dieser ihrer Eigenschaft bekanntgegeben worden sind, ohne weiteres berechtigt, interimistisch die Konsularfunktionen auszuüben, und es geniessen dieselben während dieser Zeit die Befreiungen und Vorrechte, die der gegenwärtige Vertrag daran knüpft.
Art. XI
Der Generalkonsul sowie die Konsuln und die Vizekonsuln der beiden Länder können bei Ausübung der ihnen eingeräumten Befugnisse sich an die Behörden ihrer Bezirke wenden, um gegen jede Verletzung der Verträge oder Übereinkünfte, welche zwischen den beiden Staaten bestehen, und gegen jeden Missbrauch, worüber ihre Landesangehörigen sich zu beschweren hätten, Einsprache zu erheben.
In Ermangelung eines diplomatischen Agenten ihres Landes können sich die letzteren selbst an die Regierung des Staates, in welchem sie residieren, wenden.
Art. XII
Gegenwärtige Übereinkunft ist möglichst bald zu ratifizieren.
Sie wird vollziehbar vom zwanzigsten Tage nach Austausch der Ratifikationen an und bleibt in Kraft bis zum Ablauf eines Jahres, von dem Tage an gerechnet, wo die eine oder andere der beiden hohen Vertragsparteien sie gekündigt haben wird.
Unterschriften
Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten dieselbe unterzeichnet und ihre Wappensiegel beigedrückt.
So verschrieben in Bern, in doppelter Ausfertigung, am siebenundzwanzigsten August eintausendachthundertunddreiundachtzig (27. August 1883).
L. Ruchonnet | Graf de San Miguel |
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