Vertrag zwischen der Schweiz und Italien betreffend die Legung eines Telegrafe... (0.784.194.541)
CH - Schweizer Bundesrecht

Vertrag zwischen der Schweiz und Italien betreffend die Legung eines Telegrafen‑ und Telefonkabels im Simplontunnel

(Vom 5. Mai 1905) ¹ BS 13 742 ² Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung.
Um die Erstellung neuer, internationaler Telegrafen‑ und Telefonverbindungen zu erleichtern und um den über den Simplonpass führenden Telegrafendrähten 18/37 und 19/42 eine, der Unbill der Witterung weniger ausgesetzte Trasse zu geben, haben das königlich‑italienische Post‑ und Telegrafenministerium und das schweizerische Post‑ und Eisenbahndepartement³ beschlossen, zu gemeinsam zu tragenden Kosten im Simplontunnel ein gemischtes Telegrafen‑ und Telefonkabel zu legen, das Eigentum der beiden Verwaltungen bleiben wird, und haben vereinbart, was folgt:
³ Heute: «Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation»
Art. 1
Das Kabel wird das Telegrafen‑ und Telefonbüro in Brig durch den Tunnel mit dem Bahnhof Iselle verbinden.
Das Kabel hat, was die Herstellung und Leitungsfähigkeit anbetrifft, den in den Ziff. I und II des dem gegenwärtigen Vertrage beigegebenen Pflichtenheftes⁴ aufgezählten Bedingungen zu genügen; es wird entsprechend den Vorschriften der Ziff. III des genannten Heftes gelegt und gespleisst.
Das durch die Unterzeichner des gegenwärtigen Vertrages genehmigte Pflichtenheft wird als integrierender Bestandteil dieses Vertrages betrachtet.
⁴ Dieses Pflichtenheft wurde in der AS nicht veröffentlicht.
Art. 2
Die schweizerische Telegrafendirektion hat nach Verständigung mit dem königlich‑italienischen Post‑ und Telegrafenministerium die Lieferung und Legung des Kabels zur öffentlichen Konkurrenz ausgeschrieben.
Nach Eingang der Offerten wird sie dem königlich‑italienischen Post- und Telegrafenministerium von jedem Submissionsakt ein Exemplar zur Prüfung zustellen.
Gestützt auf die eingegangenen Offerten werden das königlich‑italienische Post‑ und Telegrafenministerium und die schweizerische Telegrafendirektion gemeinsam den Submittenten bestimmen, der mit der Lieferung und Legung des Kabels beauftragt werden soll.
Art. 3
Die schweizerische Telegrafendirektion wird alsdann in ihrem Namen und im Namen des königlich‑italienischen Post‑ und Telegrafenministeriums die Bestellung des Kabels vornehmen.
Sie wird darüber wachen, dass die in den Ziff. III und IV des beigeschlossenen Pflichtenheftes aufgeführten Bestimmungen seitens des Lieferanten genau beobachtet werden.
Art. 4
Die schweizerische Telegrafendirektion wird mit der Bundesbahnverwaltung einen Vertrag abschliessen, die Teilnahme der beiden Vertragsstaaten an den Erstellungskosten des Kabelkanals im Tunnel und ausserhalb desselben sowie die Kosten für die Auslegung des Kabels betreffend.
Dieser Vertrag muss durch das königlich‑italienische Post‑ und Telegrafenministe­rium und das schweizerische Post‑ und Eisenbahndepartement⁵ bestätigt und genehmigt werden.
⁵ Heute: «Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation»
Art. 5
Jede Verwaltung wird auf ihrem Gebiete ein passendes Lokal zur Aufnahme der Kabelendverschlusskasten, der dazugehörenden Sicherungsapparate sowie der Überführungsisolatoren der oberirdischen Linie herrichten.
Dieses Lokal soll auch für die provisorische Aufstellung der für die Abnahmemessungen und die Prüfung des Kabels und der oberirdischen Leitung nötigen Apparate frei benützt werden können. Sowohl für Brig wie für Iselle werden die Verschlusskasten durch die Kabellieferanten, die Sicherungsapparate durch die schweizerische Telegrafendirektion geliefert und montiert.
Art. 6
Sobald das Kabel zur Aufnahme des Betriebes bereit sein wird, werden die beiden Vertragsverwaltungen je zwei Beamte an Ort und Stelle schicken, die gemeinsam mit dem Abgeordneten des Lieferanten die im letzten Absatze von Ziff. III sowie in Ziff. VII des Pflichtenheftes erwähnten Messungen und provisorischen Abnahmeversuche vornehmen werden. Die Abgeordneten werden ein Protokoll in dreifacher Ausfertigung aufnehmen, das den interessierten Teilen in je einem Exemplar zugestellt wird.
Im weitern werden sie auch für den Ersatz der über die Bergstrecke führenden Drähte 18/37 und 19/42 durch Kabeladern besorgt sein.
Art. 7
Die hiernach aufgezählten Kosten, Vorschüsse und Ausgaben werden zu gleichen Teilen, einerseits durch das königlich‑italienische Post‑ und Telegrafenministerium und anderseits durch das schweizerische Post‑ und Eisenbahndepartement (Sektion Telegraf)⁶ getragen:
1. Die Ankaufs‑ und Legungskosten des Kabels, die sich, laut Ziff. VIII des Pflichtenheftes, aus dem in der Offerte des Übernehmers aufgeführten Kilometerpreises ergeben.
2. Die Kosten der Erstellung des Kabelkanals, bzw. das Betreffnis dieser Kosten, das zu Lasten des Staatskabels fällt.
3. Die Auslegungskosten des Kabels.
4. Die Kosten für die an beiden Verbindungspunkten des Kabels zu erstellenden Kanalisationen.
5. Die Kosten für die Lieferung und Montierung der an den beiden Endpunkten des Kabels anzubringenden Sicherungsapparate und
6. überhaupt alle Kosten, Vorschüsse und irgendwelche andere Ausgaben, die von der Erstellung des Kabels herrühren.
Die Verteilung dieser Kosten zwischen den beiden Staaten erfolgt proportional zur Länge des sich auf jedem Gebiet der beiden beteiligten Staaten befindenden Kabels. Es wird vereinbart und zugestanden, dass sich der Grenzpunkt im Innern des Tunnels, bei 9066,1 Meter vom Nordportal des Tunnels befindet.
⁶ Heute: «Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommuni­kation»
Art. 8
Im Monat, der der provisorischen Abnahme des Kabels folgt, wird das königlich‑ italienische Post‑ und Telegrafenministerium der schweizerischen Telegrafendirek­tion den Betrag seines Anteils von ²/ 3 an den dem Lieferanten des Kabels zu bezahlenden Preise zustellen und gleich nach der endgültigen Abnahme des Kabels (siehe Art. 10) seinen Anteil an den noch zu bezahlenden Drittel (siehe Ziff.VI des Pflichtenheftes). Die schweizerische Telegrafendirektion wird, unter Beifügung ihres Anteils, die zu zahlende Summe ergänzen und dem Lieferanten das Kabel bezahlen; hierauf wird sie der italienischen Verwaltung davon Mitteilung machen.
In dem der Vorweisung der diesbezüglichen Rechnungen folgenden Monat bezahlt das königlich‑italienische Post‑ und Telegrafenministerium der schweizerischen Telegrafendirektion auch seinen Anteil an den andern in Art. 7 aufgezählten Kosten.
Art. 9
Das schweizerische Post‑ und Eisenbahndepartement⁷ verpflichtet sich, auf seine Kosten eine Telefonleitung aus Bronzedraht von 5 mm Durchmesser zwischen der Telefonzentrale in Lausanne und derjenigen in Brig mit Anschluss an das Tunnelkabel erstellen zu lassen und die nötigen Vorkehren zu treffen, damit die Arbeiten sogleich nach Vergebung des Kabels in Angriff genommen und spätestens im November laufenden Jahres beendigt worden.
Das königlich‑italienische Post‑ und Telegrafenministerium verpflichtet sich seinerseits, auf seine Kosten und im gleichen Zeitraume, zwischen dem Südende des Kabels und der Telefonzentrale in Mailand eine Telefonleitung, ebenfalls aus Bronzedraht von 5 mm Durchmesser erstellen zu lassen.
Diese beiden Leitungen werden mit einem Kabeladerpaar eine direkte telefonische Verbindung Lausanne–Mailand bilden, deren Betriebsverhältnisse durch ein Spezial­abkommen zwischen den beiden Staaten geregelt werden.
⁷ Heute: «Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation»
Art. 10
Sobald die hiervor erwähnte Telefonleitung betriebsbereit sein wird, werden zwei Delegierte jedes Staates, gemäss letztem Absatz von Ziff. III des Pflichtenheftes, gemeinsam mit einem oder mehreren Vertretern des Liefe­ranten zu den endgültigen Kabelabnahmevorkehren schreiten und am Schlusse ein Protokoll in dreifacher Ausfertigung aufnehmen, wovon je ein Exemplar jedem Beteiligten zukommen wird.
Herrscht über die Ergebnisse Uneinigkeit, so werden die Vertragsstaaten in gemeinsamem Einverständnis diejenigen Massnahmen treffen, die sie als zweckmässig erachten.
Art. 11
Die Erhaltung des Kabels in gutem, betriebsfähigem Zustand geschieht ebenfalls auf gemeinschaftliche Kosten; jeder Staat wird sich an diesen im Verhältnis zur Länge des auf seinem Gebiet verlegten Kabels beteiligen.
Es wird indessen, im Interesse der Vereinfachung und Beschleunigung der diesbezüglichen Arbeiten, vereinbart, dass die schweizerische Telegrafendirektion sich allein mit dem Unterhalt des Kabels befasst.
Diese wird ein Verzeichnis der ihr durch die Prüfung, Aufsuchung und Hebung von Störungen oder Beschädigungen verursachten Kosten anlegen und dasselbe samt den Belegen dem königlich‑italienischen Post‑ und Telegrafenministerium zur Bezahlung seines Kostenanteils zustellen.
Art. 12
Der gegenwärtige Vertrag tritt sofort in Kraft. Die auf den Unterhalt des Kabels bezüglichen Bestimmungen können auf ein 6 Monate zum voraus gestelltes schrift­liches Gesuch einer der Vertragsparteien jederzeit abgeändert werden.
Also doppelt ausgefertigt.
Bern, den 5. Mai 1905.
Rom, Mai 1905.
(Es folgen die Namen der Bevollmächtigten)
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