Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Öste... (0.741.531.916.3)
CH - Schweizer Bundesrecht

Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich über die wechselseitige Amtshilfe in Strassenverkehrs‑(Kraftfahr‑)angelegenheiten

Abgeschlossen am 23. Mai 1979 In Kraft getreten durch Notenaustausch am 1. August 1980
Die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Republik Österreich,
von dem Wunsche geleitet, die wechselseitige Amtshilfe in Strassenverkehrs-(Kraft­fahr‑)angelegenheiten zu regeln,
haben folgendes vereinbart:
Art. 1
(1)  Die Vertragsstaaten leisten einander Amtshilfe in Verwaltungsangelegenheiten auf dem Gebiete des Strassenverkehrswesens (Kraftfahrwesens); ausgenommen sind jedoch Strafsachen.
(2)  Amtshilfe wird nicht geleistet, wenn nach Auffassung des ersuchten Staates die Erledigung des Ersuchens geeignet wäre, die Souveränität, die Sicherheit, die öffentliche Ordnung oder andere wesentliche Interessen des ersuchten Staates zu beeinträchtigen oder verfassungsmässig gewährleistete Rechte zu verletzen.
(3)  Steht nach Ansicht der ersuchten Behörde der Amtshilfe ein Hinderungsgrund im Sinne des Absatzes 2 entgegen, so hat sie die ersuchende Behörde davon unter Angabe der Gründe zu verständigen.
Art. 2
(1)  Jeder Vertragsstaat kann behördliche Schriftstücke in einem Verfahren über die Aufhebung der Zulassung von Fahrzeugen oder die Entziehung des Führerausweises (der Lenkerberechtigung) im Gebiet des anderen Vertragsstaates durch die Post zustellen.
(2)  Erforderlichenfalls stellt jeder Vertragsstaat solche Schriftstücke auf Ersuchen des anderen Vertragsstaates aus seinem Staatsgebiet zu. Die Zustellung erfolgt dann nach den am Zustellungsort geltenden Vorschriften. Der ersuchte Vertragsstaat verständigt den ersuchenden Vertragsstaat über die erfolgte Durchführung der Zustellung.
Art. 3
(1)  Bescheide der Behörden eines Vertragsstaates über die Entziehung des Fahrzeugausweises (über die Aufhebung der Zulassung eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers), die einem die Vollstreckung hemmenden Rechtszug nicht unterliegen, werden vom anderen Vertragsstaat auf Ersuchen auf seinem Staatsgebiet vollstreckt; solche Bescheide sind hinsichtlich der Vollstreckung Bescheiden von Behörden des ersuchten Vertragsstaates gleichgestellt.
(2)  Im Zuge der Vollstreckung zieht der ersuchte Vertragsstaat den Fahrzeugausweis (Zulassungsschein) und die Kontrollschilder (Kennzeichentafeln) ein und übermittelt sie dem ersuchenden Vertragsstaat.
(3)  Die Absätze 1 und 2 gelten sinngemäss auch für Kollektiv‑Fahrzeugausweise in Verbindung mit Händerschildern (für die Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten oder von Überstellungsfahrten).
Art. 4
Wird ein Fahrzeug, das bereits von einem Vertragsstaat zum Verkehr zugelassen ist, vom anderen Vertragsstaat zugelassen, so gilt das Fahrzeug hinsichtlich seiner früheren Zulassung als abgemeldet. Die Behörde des anderen Vertragsstaates verfährt nach Artikel 3 Absätze 2 und 3 und teilt dem Vertragsstaat, der das Fahrzeug früher zugelassen hat, den Namen und die Anschrift des Halters (Zulassungsbesitzers) sowie die (das) von ihr zugewiesene Schildnummer (Kennzeichen) mit; in gleicher Weise wird verfahren, wenn die Zulassung im Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr aufrecht ist.
Art. 5
(1)  Bescheide von Verwaltungsbehörden eines Vertragsstaates über die Entziehung des Führerausweises (der Lenkerberechtigung), die einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht unterliegen, werden vom anderen Vertragsstaat auf Ersuchen auf seinem Staatsgebiet vollstreckt; solche Bescheide sind hinsichtlich der Vollstreckung Bescheiden von Behörden des ersuchten Vertragsstaates gleichgestellt.
(2)  Im Zuge der Vollstreckung zieht der ersuchte Vertragsstaat den Führerausweis (Führerschein) ein und übermittelt ihn dem ersuchenden Vertragsstaat.
Art. 6
Ein Vertragsstaat, der aufgrund eines Führerausweises (einer Lenkerberechtigung) des anderen Vertragsstaates einen Führerausweis (eine Lenkerberechtigung) erteilt, zieht den Führerausweis (Führerschein) ein und übermittelt ihn dem anderen Vertragsstaat. Der eingezogene Führerausweis (Führerschein) darf nur wieder ausgefolgt werden, wenn der andere Führerausweis (Führerschein) abgeliefert wird; dieser ist dem ausstellenden Vertragsstaat zu übermitteln.
Art. 7
Wird das Recht, von einem im anderen Vertragsstaat ausgestellten Führerausweis (Führerschein) Gebrauch zu machen, aberkannt, so teilt der aberkennende Vertragsstaat dies dem anderen Vertragsstaat mit einer Darstellung des Sachverhaltes mit.
Art. 8
(1)  Die Behörden der Vertragsstaaten erteilen einander auf Ersuchen Auskunft über Fahrzeuge, Halter (Zulassungsbesitzer) und ihre obligatorische Haftpflichtversicherung. Private Personen und sonstige Rechtsträger können bei der Strassenverkehrsbehörde (der Kraftfahrbehörde erster Instanz), in deren Wirkungsbereich sie ihren ordentlichen Wohnsitz oder ihren Aufenthalt beziehungsweise ihren Sitz haben, die Einholung einer derartigen Auskunft vom anderen Vertragsstaat beantragen, wenn sie ein zureichendes (rechtliches) Interesse an der Auskunftsertellung glaubhaft machen.
(2)  Im Hinblick auf die Erteilung oder Entziehung eines Führerausweises (einer Lenkerberechtigung) erteilen die Vertragsstaaten einander auf Ersuchen Auskunft über die Aufzeichnungen in der Kontrolle der Massnahmen einschliesslich derer in den Strafregistern (im Zentralnachweis für Lenkerberechtigungen einschliesslich derer im Strafregister) betreffend eine bestimmte Person.
(3)  Ersuchen gemäss den Absätzen 1 und 2 können nur von Behörden gestellt werden. Die Auskünfte, die die Behörden des einen Vertragsstaates erteilen, unterliegen im anderen Vertragsstaat den innerstaatlichen Vorschriften über das Amts­geheimnis (die Amtsverschwiegenheit).
Art. 9
(1)  Ersuchen gemäss den Artikeln 2, 3 und 5 haben den Gegenstand und den Grund des Ersuchens zu bezeichnen und alle Angaben zu enthalten, die für die Erfüllung des Ersuchens notwendig sind, wie insbesondere eine kurze Darstellung des ihm zugrundeliegenden Sachverhaltes.
(2)  Einem Ersuchen gemäss Artikel 2 wird nur entsprochen, wenn darin der Wohnsitz oder Aufenthaltsort beziehungsweise Sitz des Empfängers der Schriftstücke bezeichnet ist.
(3)  Einem Ersuchen gemäss Artikel 3 wird nur entsprochen, wenn darin der Ort im ersuchten Vertragsstaat bezeichnet ist, an dem der Benützer des Fahrzeuges seinen Wohnsitz oder Aufenthalt beziehungsweise Sitz hat oder an dem sich das betreffende Fahrzeug befindet. Einem solchen Ersuchen ist eine Ausfertigung des Bescheides mit der Bestätigung beizufügen, dass der Bescheid einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht unterliegt.
(4)  Einem Ersuchen gemäss Artikel 5 wird nur entsprochen, wenn darin der Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Besitzers des Führerausweises (Führerscheines) bezeichnet ist. Einem solchen Ersuchen ist eine Ausfertigung des Bescheides mit der Bestätigung beizufügen, dass der Bescheid einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht unterliegt.
(5)  Reichen die Angaben eines Ersuchens zu seiner Erfüllung nicht aus oder kann dem Ersuchen wegen tatsächlicher Undurchführbarkeit oder wegen Fehlens eines der Erfordernisse der Absätze 2 bis 4 nicht entsprochen werden, so hat dies die ersuchte Behörde der ersuchenden Behörde mitzuteilen. In diesem Fall sind der ersuchenden Behörde alle der ersuchten Behörde bekannten Umstände mitzuteilen, die für die Weiterführung der Sache von Bedeutung sein könnten, es sei denn, es stünde dem ein Hinderungsgrund des Artikels 1 Absatz 2 entgegen. Einem Ersuchen, in dem lediglich der Wohnsitz oder Aufenthaltsort beziehungsweise der Sitz des Betroffenen nicht bezeichnet ist, wird trotzdem entsprochen, wenn einer dieser Orte dem ersuchten Vertragsstaat bekannt ist.
Art. 10
(1)  Ersuchen gemäss den Artikeln 2, 3, 5 und 8 Absatz 1 erster Satz sind schriftlich an die örtlich zuständige Strassenverkehrsbehörde (Kraftfahrbehörde erster Instanz) zu richten. Ist nicht bekannt, welche Behörde örtlich zuständig ist, so sind Ersuchen der Schweizerischen Eidgenossenschaft an den Landeshauptmann des betreffenden Bundeslandes zu richten.
(2)  Die im Artikel 4 vorgesehenen Mitteilungen und Übersendungen erfolgen an die Behörde, die als letzte für das Fahrzeug einen Fahrzeugausweis (Zulassungsschein) ausgestellt hat.
(3)  Die in den Artikeln 6 und 7 vorgesehenen Mitteilungen und Übersendungen erfolgen an die Behörde, die den betreffenden Führerausweis (die betreffende Lenkerberechtigung) erteilt hat.
(4)  Die Vertragsstaaten teilen einander auf diplomatischem Weg die Bezeichnung und Anschrift der gemäss den Absätzen 1 bis 3 zuständigen Behörden sowie allfällige Änderungen mit.
(5)  Die Vertragsstaaten teilen einander auf diplomatischem Weg die Bezeichnung und Anschrift der Behörden, an die die Ersuchen gemäss Artikel 8 Absatz 2 schriftlich zu richten sind, sowie allfällige Änderungen mit.
Art. 11
Die Vertragsstaaten verzichten auf den Ersatz der ihnen im Zusammenhang mit der Anwendung dieses Vertrages in ihrem Gebiet erwachsenden Kosten.
Art. 12
Artikel 11 Absatz 3 zweiter Satz des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich über den grenzüberschreitenden Verkehr mit Motorfahrzeugen auf öffentlichen Strassen vom 22. Oktober 1958¹ wird aufgehoben.
¹ SR 0.741.619.163
Art. 13
(1)  Dieser Vertrag tritt mit dem ersten Tag des dritten Monates in Kraft, der auf den Monat folgt, in dem die Vertragsstaaten einander durch Notenwechsel mitteilen, dass die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten des Vertrages erfüllt sind.
(2)  Dieser Vertrag bleibt in Kraft, solange ihn nicht einer der beiden Vertragsstaaten schriftlich auf diplomatischem Weg unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist zum Ende eines Kalenderjahres kündigt.
Geschehen zu Wien, am 23. Mai 1979 in zwei Urschriften.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Für die
Republik Österreich:

René Keller

Willibald Pahr

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