Vereinbarung über den Austausch von Gastarbeitnehmern (Stagiaires) zwischen de... (0.142.111.367)
CH - Schweizer Bundesrecht

Vereinbarung über den Austausch von Gastarbeitnehmern (Stagiaires) zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland

Abgeschlossen am 2. Februar 1955 In Kraft getreten am 2. April 1955 (Stand am 5. September 2000) ¹ AS 1955 307
Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Bundesrepublik Deutschland haben folgende Vereinbarung getroffen:
Art. 1
¹ Diese Vereinbarung findet Anwendung auf Gastarbeitnehmer, das sind Schweizerbürger und Deutsche, die zum Antritt einer Stelle in irgend einem Erwerbszweig für begrenzte Zeit in das andere Land gehen, um ihre Sprachkenntnisse zu vervollkommnen und sich mit den Handels- und Berufsgebräuchen dieses Landes vertraut zu machen. Deutsche im Sinne dieser Vereinbarung sind alle Personen, die über einen Reisepass der Bundesrepublik Deutschland verfügen.
² Im Rahmen des in Artikel 5, Absatz 1, festgesetzten Kontingents wird den Gast­arbeitnehmern die Bewilligung zum Stellenantritt ohne Rücksicht auf die Lage des Arbeitsmarktes in dem betreffenden Beruf erteilt.
Art. 2 ²
Als Gastarbeitnehmer können Hand- und Geistesarbeiter männlichen oder weib­lichen Geschlechts beschäftigt werden. Sie sollen über eine abgeschlossene beruf­liche Ausbildung verfügen und in der Regel das 18. Altersjahr vollendet und das 35. Alters­jahr nicht überschritten haben.
² Änderung in Kraft getreten durch Notenaustausch am 17. Mai 1999 ( AS 2000 2155 ).
Art. 3
Die Dauer des Gastarbeitnehmerverhältnisses ist in der Regel auf ein Jahr beschränkt; sie kann um höchstens sechs Monate verlängert werden.
Art. 4
¹ Die Gastarbeitnehmer müssen von ihren Arbeitgebern eine Entschädigung erhalten, die ihrer Arbeitsleistung entspricht und die es ihnen ermöglicht, für ihren Unterhalt aufzukommen.
² Es muss gewährleistet sein, dass die Gastarbeitnehmer, wenn sie einen Arbeitsplatz voll ausfüllen, Anspruch auf die in dem Betrieb dafür übliche Entlöhnung haben. In der Überweisung von Ersparnissen sind die Gastarbeitnehmer den anderen Arbeitnehmern aus ihrem Lande gleichgestellt.
³ Die Gastarbeitnehmer geniessen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, des Arbeitsschutzes und des Rechtsschutzes auf dem Gebiete des Arbeitsrechts die gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen des Landes, in dem sie die Arbeit aufnehmen.
⁴ Für die Behandlung der Gastarbeitnehmer auf dem Gebiete der Sozialversicherung gilt das zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossene Abkommen über Sozialversicherung vom 24. Oktober 1950.³
³ [ AS 1951 935 , 1955 837 , 1957 67 . AS 1966 202 Art. 49 (1)]. Heute gilt das zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossene Abk. vom 25. Febr. 1964 über Soziale Sicherheit ( SR 0.831.109.136.1 ).
Art. 5
¹ Die Zahl der Gastarbeitnehmer, die in jedem der beiden Länder zugelassen werden können, soll im Kalenderjahr vierhundert⁴ nicht überschreiten. Darüber hinaus­gehende Bewerbungen können unter den in Artikel 2–4 genannten Bedingungen berücksichtigt werden, sofern es die Lage des Arbeitsmarktes gestattet.
² Die Anrechnung der Zulassung eines Gastarbeitnehmers auf das Kontingent ist unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der Gastarbeitnehmer von der Zulassung Gebrauch macht und für welche Dauer die Zulassung erteilt wird. Die Gastarbeitnehmer, die am Jahresanfang bereits im Gebiet des andern Staates zugelassen waren, werden auf das Kontingent des laufenden Jahres nicht angerechnet. Eine Verlängerung der Dauer des Gastarbeitnehmerverhältnisses gemäss Artikel 3 gilt nicht als eine neue Zulassung.
³ Wird das vorgesehene Kontingent im Laufe eines Jahres durch die Zulassung von Gastarbeitnehmern eines der beiden Länder nicht erreicht, so darf weder der nicht in Anspruch genommene Rest des Kontingents auf das folgende Jahr übertragen noch die Zahl der Zulassungen von Gastarbeitnehmern des anderen Landes entsprechend herabgesetzt werden.
⁴ Eine Änderung des Kontingents kann bis spätestens einen Monat vor Ablauf des Jahres für das folgende Jahr durch Notenaustausch vereinbart werden.
⁴ Jahreskontingent gemäss Notenaustausch vom 7. Nov. 1978/19. Febr. 1979, in Kraft seit 1. Jan. 1979 ( AS 1979 647 ).
Art. 6
¹ Personen, die als Gastarbeitnehmer zugelassen werden wollen, haben ein Gesuch an die mit der Durchführung der Vereinbarung beauftragte Behörde ihres Landes zu richten. Sie haben gleichzeitig alle für die Prüfung ihres Gesuches und für ihre Zulassung im Gastland notwendigen Angaben auf dem hierfür vorgeschriebenen Formular zu machen.
² Die genannte Behörde hat zu prüfen, ob nach den Voraussetzungen dieser Vereinbarung das Gesuch der entsprechenden Behörde des andern Landes zu übermitteln ist. Die zuständige Behörde des andern Landes entscheidet über die Zulassung im Rahmen des jährlichen Kontingentes.
³ Die für die Durchführung der Vereinbarung zuständigen Behörden sind in der Schweiz das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit in Bern und in der Bundesrepublik Deutschland die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeits­losenversicherung – Zentralstelle für Arbeitsvermittlung und Vermittlungsausgleich in Frankfurt a. M.
Art. 7
Die zuständigen Behörden beider Länder werden die Bewerber bei der Suche nach einer Gastarbeitnehmerstelle in ihrem Lande durch geeignete Massnahmen und nötigenfalls unter Mitwirkung der eigens damit beauftragten Stellen und der interessierten Organisationen unterstützen. In der Schweiz wird den deutschen Bewerbern die Kommission für den Austausch von Stagiaires mit dem Ausland in Baden und in der Bundesrepublik Deutschland werden den schweizerischen Bewerbern die Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung für die Vermittlung von Gastarbeitnehmerstellen zur Verfügung stehen. Dies gilt auch dann, wenn die Beschäftigung bei einem Arbeitgeber ohne Verschulden des Gast­arbeitnehmers nicht weitergeführt werden kann.
Art. 7 a ⁵
Die Arbeitsvermittlung erfolgt kosten‑ und gebührenfrei.
⁵ Eingefügt durch Briefwechsel vom 14. April 1994 ( AS 1994 1657 ).
Art. 8
¹ Die zuständigen Behörden werden um eine beschleunigte Bearbeitung der Gesuche von Gastarbeitnehmern um Zulassung zum Stellenantritt bemüht sein und es sich angelegen sein lassen, etwaige Schwierigkeiten in bezug auf die Einreise und den Aufenthalt der Gastarbeitnehmer in kürzester Frist zu beheben.
² Sobald die zuständige Behörde eines der beiden Länder den Stellenantritt eines Gastarbeitnehmers genehmigt hat, wird sie die zuständige Behörde des andern Landes davon benachrichtigen.
Art. 9
Die zuständigen Behörden treffen im beiderseitigen Einverständnis die nötigen Massnahmen für die Durchführung der vorliegenden Vereinbarung.
Art. 10
Diese Vereinbarung gilt auch für das Land Berlin, sofern die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Schweizerischen Bundesrat nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten der Vereinbarung eine gegenteilige Erklärung abgibt.
Art. 11
¹ Diese Vereinbarung tritt zwei Monate nach Unterzeichnung in Kraft und bleibt gültig bis zum 31. Dezember 1955.
² Sie wird jeweils für ein neues Jahr stillschweigend verlängert, sofern nicht einer der vertragschliessenden Teile sie vor dem 1. Juli auf das Ende des Jahres kündigt.
³ Im Fall der Kündigung bleiben die auf Grund dieser Vereinbarung erteilten Bewilligung für die Zeitdauer, für die sie erteilt worden sind, in Kraft.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten die vorliegende Vereinbarung unterzeichnet.
So geschehen in doppelter Ausfertigung in Bonn am 2. Februar 1955.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Für die Regierung
der Bundesrepublik Deutschland:

Huber

Sauerborn
Lenz

Markierungen
Leseansicht