Bundesratsbeschluss über den Normalarbeitsvertrag für Assistenzärzte
vom 5. Mai 1971 (Stand am 1. Januar 1973)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf Artikel 359 a des Obligationenrechts¹,²
beschliesst:
¹ SR 220 ² Fassung gemäss Ziff. I 2 des BRB vom 24. Jan. 1973, in Kraft seit 1. Jan. 1973 ( AS 1973 337 ).
I. Geltungsbereich und Wirkungen
Art. 1 Örtlicher und persönlicher Geltungsbereich
¹ Dieser Normalarbeitsvertrag gilt in der ganzen Schweiz.
² Er findet Anwendung auf diplomierte Assistenzärzte und Assistenzärztinnen (im folgenden Assistent genannt), die in Krankenanstalten, Pflegeanstalten, Kliniken und Instituten (im folgenden Anstalt genannt) eine betriebsnotwendige Tätigkeit ausüben.
Art. 2 Wirkungen
¹ Der Normalarbeitsvertrag gilt als Vertragswille, soweit keine Abweichungen vereinbart werden.
² Abmachungen, die beim Inkrafttreten des Normalarbeitsvertrages bereits bestehen und dem Assistenten günstigere Ansprüche sichern, gehen vor.
II. Rechte und Pflichten
Art. 3 Verantwortung und Weiterbildung des Assistenten
¹ Der Assistent besorgt die ihm übertragenen Aufgaben nach Weisung und unter Leitung der vorgesetzten Ärzte, wobei ihm nach Möglichkeit eigene Verantwortung überbunden werden soll.
² Dem Assistenten ist Gelegenheit zu geben, seine Weiterbildung zu pflegen.
Art. 4 Arbeits- und Ruhezeit
¹ Die Arbeits- und Präsenzzeit des Assistenten richtet sich nach den jeweiligen Bedürfnissen der Anstalt, soll jedoch so bemessen sein, dass der Assistent zeitlich nicht übermässig beansprucht wird.
² Der Assistent hat Anspruch auf mindestens acht Ruhetage im Monat, wovon zwei auf einen Sonntag fallen müssen. Höchstens drei Ruhetage im Monat können in freie Halbtage aufgeteilt werden.
Art. 5 Ferien
¹ Der Assistent hat Anspruch auf bezahlte Ferien von wenigstens vier Wochen im Jahr.
² Leistet der Assistent im Jahr während mehr als zwei Monaten Militärdienst, so kann der Ferienanspruch verhältnismässig bis auf die gesetzlichen Mindestferien gekürzt werden.
Art. 6 Bruttolohn
¹ Der Bruttolohn soll dem Aufgabenbereich und Ausbildungsstand des Assistenten entsprechen. Er wird jährlich neu überprüft und den Leistungen, Dienstjahren des Assistenten sowie einer allgemeinen Teuerung angepasst.
² Bestehen für Assistenten öffentlicher Anstalten der betreffenden Region Besoldungsvorschriften, so gelten die darin festgesetzten Mindestlöhne auch für Assistenten im Sinne dieses Normalarbeitsvertrages als Mindestlohnansätze. Bei Fehlen solcher Vorschriften gelten die für Hochschulabsolventen üblichen Mindestlöhne.
Art. 7 Naturalleistungen
¹ Der in der Anstalt wohnende oder Präsenzdienst leistende Assistent hat Anspruch auf ausreichende, angemessene Verpflegung und einwandfreie Unterkunft.
² Für erbrachte Naturalleistungen darf die Anstalt den Lohn entsprechend kürzen, sofern die Naturalleistungen im Bruttolohn inbegriffen sind oder hiefür besondere Entschädigungen ausgerichtet werden. Der Lohnabzug darf nicht höher sein als die entsprechenden Ansätze in kantonalen öffentlichen Anstalten der betreffenden Region.
³ Solange für die Unterkunft ein Abzug vom Lohn erfolgt, kann die Anstalt nur mit dem Einverständnis des Assistenten über die Unterkunft frei verfügen.
⁴ Die Anstalt besorgt unentgeltlich die Reinigung der Berufskleidung des Assistenten.
Art. 8 Haushalt- und Kinderzulagen
Verheiratete Assistenten haben in gleicher Weise Anspruch auf Haushalt- und Kinderzulagen wie das übrige höhere Personal.
Art. 9 Lohn bei Arbeitsverhinderung
¹ Der Assistent hat während militärischen Wiederholungskursen Anspruch auf den vollen Lohn. Während anderen Militärdienstleistungen hat er Anspruch auf mindestens zwei Drittel des Lohnes und vom dritten Dienstjahr an auf den vollen Lohn.
² Bei Krankheit und Unfall hat der Assistent Anspruch auf den vollen Lohn für die gleich lange Dauer wie das übrige höhere Personal, mindestens aber während drei Monaten.
III. Sozialversicherungen
Art. 10 Unfallversicherungen
¹ Die Anstalt hat den Assistenten auf ihre Kosten gegen die Folgen von Betriebsunfällen, mit Einschluss von Infektionen, soweit diese Folge der beruflichen Tätigkeit sind, zu versichern und zwar:
a. bei Todesfall für eine Geldleistung im Ausmass von mindestens dem 1000fachen Tagesverdienst für Verheiratete und Unterstützungspflichtige und dem 500fachen Tagesverdienst für Ledige ohne Unterstützungspflichten;
b. bei gänzlicher Invalidität für eine Geldleistung im Ausmass von mindestens dem 2000fachen Tagesverdienst; bei Teilinvalidität für eine dem Grad der Invalidität entsprechende Teilleistung.
² Ist der Assistent im Umfange von Absatz 1 bereits versichert, so hat ihm die Anstalt zur Abgeltung ihrer Versicherungspflicht eine Vergütung auszuzahlen, die dem Versicherungsbeitrag entspricht, den sie gemäss Absatz 1 zu leisten hätte.
Art. 11 Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge
Die Anstalt hat auf Verlangen des Assistenten, unabhängig von der eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV-IV), eine zusätzliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung abzuschliessen. Als Beitrag an diese Versicherung haben die Anstalt und der Assistent je 6 Prozent des für die eidgenössische AHV-IV massgebenden Lohnes zu leisten. Die Anstalt ist berechtigt, den auf den Assistenten entfallenden Beitragsanteil vom Lohn abzuziehen und an den Versicherer zu überweisen.
IV. Schlussbestimmungen
Art. 12 Vorbehalt anderer Vorschriften
¹ Soweit das Arbeitsverhältnis nicht durch diesen Normalarbeitsvertrag geregelt wird, sind die Bestimmungen des Obligationenrechts³ anwendbar.
² Vorbehalten bleiben die Vorschriften des eidgenössischen und kantonalen öffentlichen Rechts.
³ SR 220
Art. 13 Inkrafttreten
¹ Dieser Beschluss tritt am 1. Juli 1971 in Kraft.
² Auf den gleichen Zeitpunkt wird der Bundesratsbeschluss vom 18. März 1963⁴ über den Normalarbeitsvertrag für Assistenzärzte aufgehoben.
⁴ [ AS 1963 261 ]
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