Verordnung über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen (221.522.1)
CH - Schweizer Bundesrecht

Verordnung über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen

vom 9. Dezember 1949 (Stand am 1. Januar 1950)
Der Schweizerische Bundesrat,
in Ausführung von Artikel 1169 des Obligationenrechts¹,
beschliesst:
¹ SR 220
A. Einberufung der Gläubigerver­sammlung
Art. 1
¹ Die Einberufung der Obligationäre zur Gläubigerversammlung erfolgt durch mindestens zweimalige öffentliche Auskündigung im Handelsamtsblatt und in den durch die Anleihensbedingungen ange­gebenen öffentlichen Blättern. Dabei muss die zweite öffent­liche Bekanntmachung mindestens zehn Tage vor dem Versamm­lungs­termin erfolgen.
² Gläubiger, deren Obligationen auf den Namen lauten, sind ausser­dem durch ein­geschriebenen Brief mindestens zehn Tage zum vor­aus einzuladen.
³ Bei der Einberufung auf Grund einer Ermächtigung des Richters sind überdies seine besonderen Anordnungen zu beachten.
B. Tagesordnung
Art. 2
¹ Die Tagesordnung für die Gläubigerversammlung ist den Eingela­denen mit der Einberufung selbst oder doch mindestens zehn Tage vor der Versammlung nach den für die Einberufung geltenden Vor­schriften bekanntzugeben.
² Jedem Anleihensgläubiger ist auf Verlangen eine Abschrift der Anträge zu ver­abfolgen.
³ Über Gegenstände, die nicht derart wenigstens nach ihrem wesent­lichen Inhalt bekanntgegeben worden sind, kann auch mit Einstim­migkeit der vertretenen Stimmen kein verbindlicher Beschluss gefasst werden. Vorbehalten bleiben Be­schlüsse, denen alle zur Gemeinschaft gehörenden Obligationäre oder ihre Vertreter zuge­stimmt haben.
C. Teilnahme an der Gläubiger­versammlung
Art. 3
¹ An den Beratungen und Abstimmungen können nur Personen teil­nehmen, sie sich bei der Urkundsperson über ihre Stimmberech­ti­gung ausgewiesen haben.
² Bei Obligationen, die auf den Inhaber lauten, genügt die Vorle­gung der Titel, für welche das Stimmrecht beansprucht wird, oder die Bescheinigung, dass sie bei ei­ner in der Einberufung bezeichne­ten Stelle auf den Namen des Inhabers hinterlegt sind.
³ Bei andern Obligationen ist das Eigentum, gegebenenfalls das Nutzniessungs­recht oder das Pfandrecht nachzuweisen. Der Stell­ver­treter eines Stimmberech­tig­ten hat überdies, sofern die Stellver­tre­tung nicht auf Gesetz beruht, eine schriftli­che Vollmacht vorzu­le­gen. Auf Verlangen der Urkundsperson hat der gesetzliche Vertre­ter sich als solcher auszuweisen.
Art. 4
¹ Es ist ein Verzeichnis der Teilnehmer an der Gläubigerversamm­lung anzule­gen.
² Dieses hat den Namen und den Wohnort der Stimmberechtigten und gegebe­nen­falls ihrer Stellvertreter sowie den Betrag der durch jeden Teilnehmer vertre­tenen Obligationen anzugeben.
D. Leitung der Versammlung
Art. 5
¹ Soweit die Anleihensbedingungen es nicht anders bestimmen, wird der Vorsit­zende von der Gläubigerversammlung bezeichnet. Die Urkundsperson kann je­doch nicht als Vorsitzender der Versamm­lung gewählt werden.
² Solange die Versammlung keinen Vorsitzenden hat, steht die vor­läufige Lei­tung dem Anleihensvertreter, in Ermangelung eines sol­chen, der Urkundsperson zu.
³ Bei der Einberufung auf Anordnung des Richters kann dieser den Vorsitzenden oder den vorläufigen Leiter der Versammlung be­zeich­nen.
⁴ Im Verfahren vor Bundesgericht (Art. 1185 OR² ) ist die Leitung der Versamm­lung Sache des Gerichts, sofern dieses nicht im einzel­nen Falle etwas anderes an­ordnet.
² SR 220
E. Beurkundung der Beschlüsse
Art. 6
¹ Über jeden Beschluss, sei er in der Gläubigerversammlung gefasst worden oder durch nachträgliche Zustimmung zustande gekommen, ist eine öffentliche Ur­kunde zu errichten.
² Das Verzeichnis der Teilnehmer sowie gegebenenfalls eine von der Urkunds­per­son anzufertigende Zusammenstellung der nachträglich zustimmenden Gläu­biger ist in die öffentliche Urkunde aufzuneh­men oder dieser mit den Belegen über die ordnungsgemässe Einbe­rufung der Versammlung beizufügen.
³ In der öffentlichen Urkunde sind auf Verlangen die Nummern der Obligatio­nen, deren Inhaber oder Vertreter gegen einen mehrheit­lich genehmigten Antrag ge­stimmt haben, anzugeben.
⁴ Das kantonale Recht ordnet die Befugnis zur Beurkundung der Versammlungs­beschlüsse.
F. Mitteilung der Beschlüsse
Art. 7
¹ Jeder zustande gekommene Beschluss, der Eingriffe in die Gläubi­gerrechte vor­nimmt oder die Anleihensbedingungen sonstwie abän­dert, ist im Schweizeri­schen Handelsamtsblatt und in den durch die Anleihensbedingungen angegebenen öffentlichen Blättern bekannt­zugeben. Den Gläubigern, deren Obligationen auf den Na­men lau­ten, ist er besonders mitzuteilen.
² Eine beglaubigte Abschrift des Protokolls sowie gegebenenfalls der Genehmi­gungsbeschluss der Nachlassbehörde oder allenfalls des Bundesgerichts und die Gerichtsurteile über erhobene Anfechtungs­begehren sind beim Handelsregister zu den Akten des Schuldners einzureichen.
³ Die in Kraft erwachsenen Beschlüsse werden, soweit erforderlich, auf den An­leihenstiteln angemerkt.
G. Inkrafttreten
Art. 8
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1950 in Kraft
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