Reglement über die Anerkennung von gymnasialen Maturitätsausweisen (649.5)
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Reglement über die Anerkennung von gymnasialen Maturitätsausweisen

1 Gestützt auf die Verwaltungsvereinbarung vom 16. Januar/15. Februar 1995 (BBl 1995 II 318), haben die EDK und der Schweizerische Bundesrat je separate, aber aufeinander abgestimmte Erlasse für ihren Zuständigkeitsbereich beschlossen. Die entsprechende Verordnung des Bundesrates ist in AS 1995 1001 publiziert worden. Zu Gebrauchszwecken ist eine gemeinsame Ausgabe der beiden Erlasse erstellt worden.
2 ETH-Gesetz vom 4. Oktober 1991, Art. 16.
55 - 1.9.1995 (Maturitäts-Anerkennungsreglement MAR) Vom 16. Januar 1995 1 GS 32.223 Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), gestützt auf Artikel 3, 4 und 5 des Konkordats vom 29. Oktober 1970 über die Schulkoordination; gestützt auf Artikel 3, 4 und 6 der Interkantonalen Vereinbarung vom 18. Februar
1993 über die Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen; im Hinblick auf die Verwaltungsvereinbarung vom 16. Januar/15. Februar 1995 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren, beschliesst:
1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1 Gegenstand

Dieses Reglement regelt die schweizerische Anerkennung von kantonalen und kantonal anerkannten gymnasialen Maturitätsausweisen.

Artikel 2 Wirkung der Anerkennung

1 Mit der Anerkennung wird festgestellt, dass die Maturitätsausweise gleichwertig sind und den Mindestanforderungen entsprechen.
2 Die anerkannten Maturitätsausweise gelten als Ausweise für die allgemeine Hochschulreife.
3 Sie berechtigen insbesondere zur:
a. Zulassung an die Eidgenössischen Technischen Hochschulen nach dem ETH-Gesetz
2 ;
1 Allgemeine Medizinalprüfungsverordnung vom 19. November 1980, Art. 15; Lebensmittelgesetz vom 9. Oktober 1992,
Art.ikel 41.
2 Interkantonale Regelungen: nterkantonale Vereinbarung über die Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen vom 18. Februar 1993, Art. 8 Abs. 3; Interkantonale Vereinbarung über Hochschulbeiträge 1993-1998 vom 26. Oktober und 7. Dezember 1990, Art. 2.
c. Zulassung an die kantonalen Universitäten gemäss den entsprechenden kantonalen und interkantonalen Regelungen 2 .
2. Abschnitt: Anerkennungsbedingungen

Artikel 3 Grundsatz

Kantonale sowie von einem Kanton anerkannte Maturitätsausweise werden im Sinne dieses Reglements schweizerisch anerkannt, wenn die Anerkennungs- bedingungen dieses Abschnitts erfüllt sind.

Artikel 4 Maturitätsschulen

Maturitätszeugnisse werden nur anerkannt, wenn sie an einer allgemeinbildenden Vollzeitschule der Sekundarstufe II oder an einer allgemeinbildenden Vollzeit- oder Teilzeitschule für Erwachsene erworben worden sind.

Artikel 5 Bildungsziel

1 Ziel der Maturitätsschulen ist es, Schülerinnen und Schülern im Hinblick auf ein lebenslanges Lernen grundlegende Kenntnisse zu vermitteln sowie ihre geistige Offenheit und die Fähigkeit zum selbständigen Urteilen zu fördern. Die Schulen streben eine breit gefächerte, ausgewogene und kohärente Bildung an, nicht aber ein e fachspezifische oder berufliche Ausbildung. Die Schülerinnen und Schüler gelangen zu jener persönlichen Reife, die Voraussetzung für ein Hochschuls- tudium ist und die sie auf anspruchsvolle Aufgaben in der Gesellschaft vorberei- tet. Die Schulen fördern gleichzeitig die Intelligenz, die Willenskraft, die Sen- sibilität in ethischen und musischen Belangen sowie die physischen Fähigkeiten ihrer Schülerinnen und Schüler.
2 Maturandinnen und Maturanden sind fähig, sich den Zugang zu neuem Wissen zu erschliessen, ihre Neugier, ihre Vorstellungskraft und ihre Kommunikations- fähigkeit zu entfalten sowie allein und in Gruppen zu arbeiten. Sie sind nicht nur gewohnt, logisch zu denken und zu abstrahieren, sondern haben auch Übung im intuitiven, analogen und vernetzten Denken. Sie haben somit Einsicht in die Methodik wissenschaftlicher Arbeit.
3 Maturandinnen und Maturanden beherrschen eine Landessprache und erwer- ben sich grundlegende Kenntnisse in anderen nationalen und fremden Sprachen. Sie sind fähig, sich klar, treffend und einfühlsam zu äussern und lernen, Reichtum
55 - 1.9.1995 Ebene. Sie sind bereit, Verantwortung gegenüber sich selbst, den Mitmenschen, der Gesellschaft und der Natur wahrzunehmen.

Artikel 6 Dauer

1 Die Ausbildung bis zur Maturität muss insgesamt mindestens zwölf Jahre dauern.
2 Mindestens die letzten vier Jahre sind nach einem eigens für die Vorbereitung auf die Maturität ausgerichteten Lehrgang zu gestalten. Ein dreijähriger Lehrgang ist möglich, wenn auf der Sekundarstufe I eine gymnasiale Vorbildung erfolgt ist.
3 An Maturitätsschulen für Erwachsene muss der eigens auf die Maturität ausge- richtete Lehrgang mindestens drei Jahre dauern. Ein angemessener Teil dieses Lehrgangs muss im Direktunterricht absolviert werden.
4 Werden Schülerinnen und Schüler aus andern Schultypen in den gymnasialen Lehrgang aufgenommen, so haben sie in der Regel den Unterricht der beiden letzten Jahre vor der Maturität zu besuchen.

Artikel 7 Lehrkräfte

1 Im Maturitätslehrgang (Artikel 6 Abs. 2 und 3) ist der Unterricht von Lehrkräften zu erteilen, die das Diplom für das Höhere Lehramt erworben oder eine andere fachliche und pädagogische Ausbildung mit gleichem Niveau abgeschlossen haben. In den wissenschaftlichen Fächern ist zudem ein akademischer Abschluss erforderlich.
2 Progymnasialer Unterricht auf der Sekundarstufe I kann auch von Lehrkräften dieser Stufe erteilt werden, sofern sie über die entsprechende fachliche Qualifika- tion verfügen.

Artikel 8 Lehrpläne

Die Maturitätsschulen unterrichten nach Lehrplänen, die vom Kanton erlassen oder genehmigt sind und sich auf den gesamtschweizerischen Rahmenlehrplan der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren abstützen.

Artikel 9 Maturitätsfächer

1 Sieben Grundlagenfächer, ein Schwerpunktfach und ein Ergänzungsfach bilden die Maturitätsfächer.
2 Grundlagenfächer sind:
a. die Erstsprache;
b. eine zweite Landessprache; Physik;
f. Geistes- und Sozialwissenschaften mit obligatorischem Unterricht in Ge- schichte und Geographie sowie einer Einführung in Wirtschaft und Recht;
g. Bildnerisches Gestalten und/oder Musik.
3 Das Schwerpunktfach ist aus den folgenden Fächern oder Fächergruppen aus- zuwählen:
a. alte Sprachen (Latein und/oder Griechisch);
b. eine moderne Sprache (eine dritte Landessprache, Englisch, Spanisch oder Russisch);
c. Physik und Anwendungen der Mathematik;
d. Biologie und Chemie;
e. Wirtschaft und Recht;
f. Philosophie/Pädagogik/Psychologie;
g. Bildnerisches Gestalten;
h. Musik.
4 Das Ergänzungsfach ist aus den folgenden Fächern auszuwählen:
a. Physik;
b. Chemie;
c. Biologie;
d. Anwendungen der Mathematik;
e. Geschichte;
f. Geographie;
g. Philosophie;
h. Religionslehre;
i. Wirtschaft und Recht;
k. Pädagogik/Psychologie;
l. Bildnerisches Gestalten;
m. Musik;
n. Sport.
5 Eine Sprache, die als Grundlagenfach belegt wird, kann nicht gleichzeitig als Schwerpunktfach gewählt werden. Ebenso ist die gleichzeitige Wahl eines Fa- ches als Schwerpunkt- und Ergänzungsfach ausgeschlossen. Die Wahl von Musik oder Bildnerischem Gestalten als Schwerpunktfach schliesst die Wahl von Musik, Bildnerischem Gestalten oder Sport als Ergänzungsfach aus.
6 Für die Ausbildungsangebote der Maturitätsschulen in den Grundlagen-,
55 - 1.9.1995 sprache als "zweite Landessprache" bestimmt werden.

Artikel 10 Maturaarbeit

Schülerin nen und Schüler müssen allein oder in einer Gruppe eine grössere ei- genständige schriftliche oder schriftlich kommentierte Arbeit erstellen und münd- lich präsentieren.

Artikel 11 Anteile der verschiedenen Lern- und Wahlbereiche

Der Zeitanteil beträgt:
a. für die Grundlagenfächer:
1. Bereich Sprachen: 30–40%
2. Bereich Mathematik und Naturwissenschaften: 20–30%
3. Bereich Geistes- und Sozialwissenschaften: 10–20%
4. Bereich Kunst: 5–10%
b. für den Wahlbereich: Schwerpunkt- und Ergänzungsfach sowie Maturaarbeit: 15-25 %

Artikel 12 Dritte Landessprache

Ne ben dem Angebot der Landessprachen im Bereich der Grundlagen- und Schwerpunktfächer muss auch eine dritte Landessprache als Freifach angeboten werden. Die Kenntnis und das Verständnis der regionalen und kulturellen Be- sonderheiten des Landes sind durch geeignete Massnahmen zu fördern.

Artikel 13 Rätoromanisch

Im Kanton Graubünden kann die rätoromanische Sprache zusammen mit der Unterrichtssprache als Erstsprache (Artikel 9, Absatz 2 Buchstabe a) bezeichnet werden.

Artikel 14 Prüfungsfächer

1 Eine Maturitätsprüfung findet in mindestens fünf Maturitätsfächern statt. Die Prü- fungen sind schriftlich; es kann zusätzlich mündlich geprüft werden.
2 Prüfungsfächer sind:
a. die Erstsprache;
b. eine zweite Landessprache oder eine zweite Kantonssprache nach Artikel 9, Absatz 7;

Artikel 15 Maturitätsnoten und Bewertung der Maturaarbeit

1 Die Maturitätsnoten werden gesetzt:
a. in den Fächern, in denen eine Maturitätsprüfung stattfindet, je zur Hälfte auf- grund der Leistungen im letzten Ausbildungsjahr und der Leistungen an der Maturitätsprüfung;
b. in den übrigen Fächern aufgrund der Leistungen im letzten Ausbildungsjahr, in dem das Fach unterrichtet worden ist.
2 Bei der Bewertung der Maturaarbeit werden die erbrachten schriftlichen und mündlichen Leistungen berücksichtigt.

Artikel 16 Bestehensnormen

1 Die Leistungen in den Maturitätsfächern werden in ganzen und halben Noten ausgedrückt. 6 ist die höchste, 1 die tiefste Note. Noten unter 4 stehen für unge- nügende Leistungen.
2 Die Maturität ist bestanden, wenn in den neun Maturitätsfächern:
a. die doppelte Summe aller Notenabweichungen von 4 nach unten nicht grös- ser ist als die Summe aller Notenabweichungen von 4 nach oben;
b. nicht mehr als drei Noten unter 4 erteilt wurden.
3 Zur Erlangung des Maturitätsausweises sind zwei Versuche zulässig.

Artikel 17 Grundkurs in Englisch

Für Schülerinnen und Schüler, die Englisch nicht als Maturitätsfach gewählt ha- ben, muss ein Grundkurs in Englisch angeboten werden.
3. Abschnitt: Besondere Bestimmungen

Artikel 18 Zweisprachige Maturität

Die von einem Kanton nach eigenen Vorschriften erteilte zweisprachige Maturität kann ebenfalls anerkannt werden.

Artikel 19 Schulversuche

Abweichungen von Bestimmungen dieses Reglements im Rahmen von Schul- versuchen können bewilligt werden.

Artikel 20 Formerfordernisse an den Ausweis

55 - 1.9.1995 rates und der EDK über die Anerkennung von gymnasialen Maturitätsaus- weisen vom 16. Januar/15. Februar 1995";
c. den Namen der Schule, die ihn ausstellt;
d. den Namen, Vornamen, Heimatort (für Ausländerinnen und Ausländer: Staatsangehörigkeit und Geburtsort) und das Geburtsdatum der Inhaberin oder des Inhabers;
e. die Angaben der Zeit, während der die Inhaberin oder der Inhaber die Schule besucht hat;
f. die Noten der neun Maturitätsfächer nach Artikel 9;
g. das Thema und die Bewertung der Maturaarbeit;
h. gegebenenfalls einen Hinweis auf die Zweisprachigkeit der Maturität mit Angabe der zweiten Sprache;
i. die Unterschrift der zuständigen kantonalen Behörde und der Rektorin oder des Rektors der Schule.
2 Die Noten für kantonal vorgeschriebene oder andere belegte Fächer können im Maturitätsausweis ebenfalls aufgeführt werden.
4. Abschnitt: Schweizerische Maturitätskommission

Artikel 21 Aufgaben und Zusammensetzung der Schweizerischen Maturitätskommission

richten sich nach der Verwaltungsvereinbarung vom 16. Januar / 15. Februar
1995 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Schweizerischen Kon- ferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren.
5. Abschnitt: Verfahren

Artikel 22 Zuständigkeit

1 Der Kanton richtet sein Gesuch an die Schweizerische Maturitätskommission.
2 Über Gesuche entscheiden das Eidgenössische Departement des Innern und der Vorstand der EDK auf Antrag der Schweizerischen Maturitätskommission.

Artikel 23 Rechtsschutz

1 Lehnt der Vorstand ein Anerkennungsgesuch ab, können der gesuchstellende Kanton und der betroffene Träger der Schule innert 60 Tagen den Entscheid bei der Plenarversammlung der EDK anfechten. das Bundesgericht (Artikel 84, Buchstaben a und b OG) zur Verfügung.
6. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Artikel 24 Aufhebung bisherigen Rechts

Es wird davon Kenntnis genommen, dass der Schweizerische Bundesrat die Ver- ordnung vom 22. Mai 1968 über die Anerkennung von Maturitätsausweisen durch eine neue Verordnung ersetzt.

Artikel 25 Übergangsbestimmungen

Der Kanton hat bis spätestens acht Jahre nach Inkrafttreten dieses Reglements den Nachweis zu erbringen, dass seine Maturitätszeugnisse oder die von ihm anerkannten Maturitätszeugnisse den Bestimmungen dieses Reglements ent- sprechen.

Artikel 26 Inkrafttreten

Dieses Reglement tritt am 1. August 1995 in Kraft.
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