Protokoll (0.141.113.6)
CH - Schweizer Bundesrecht

Protokoll

Abgeschlossen am 20. August 2009 Ratifikationsurkunden ausgetauscht am 24. August 2011 In Kraft getreten am 1. Oktober 2011 (Stand am 1. Oktober 2011)
Die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Bundesrepublik Deutschland,
im Bestreben, die doppelte Heranziehung von Personen zur Erfüllung der Wehrpflicht zu vermeiden,
aus der Erkenntnis, dass die Probleme, die sich hierbei aus den beiderseitigen unter­schiedlichen Wehrpflichtsystemen ergeben, nur durch ein bilaterales Abkommen gelöst werden können,
im Bestreben, die bilateralen Beziehungen zu fördern und zu vertiefen,
sind wie folgt übereingekommen:
Art. 1 Gegenstand
Dieses Abkommen regelt Fragen der gesetzlichen Wehrpflicht von Personen, die zugleich schweizerische Staatsangehörige und Deutsche im Sinne des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland sind (Doppelbürger/Doppelstaater¹) und in beiden Vertragsstaaten der Wehrpflicht unterliegen.
¹ In Deutschland «Doppelstaater».
Art. 2 Begriffe
In diesem Abkommen bedeuten:
1. Erfüllen der Wehrpflicht: a. in der Bundesrepublik Deutschland: Leisten des Grundwehrdienstes oder des Zivildienstes als Ersatzdienst oder eines anderen gleichwer­tigen Dienstes,
b. in der Schweizerischen Eidgenossenschaft: Leisten des Militärdienstes oder des Zivildienstes oder Entrichten der Wehrpflichtersatzabgabe;
2. Ständiger Aufenthalt: Ort, an dem der Wehrpflichtige sich niedergelassen hat in der Absicht, dort den Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse zu bilden und auf Dauer zu bleiben;
3. Aufenthaltsstaat: Vertragsstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Wehrpflichtige seinen ständigen Aufenthalt hat.
Art. 3 Grundsätze
(1)  Der Doppelbürger braucht seine Wehrpflicht nur gegenüber einem der Vertragsstaaten zu erfüllen.
(2)  Er hat seine Wehrpflicht grundsätzlich gegenüber dem Staat zu erfüllen, in dem er seinen ständigen Aufenthalt hat.
(3)  Er kann jedoch nach Massgabe des Artikels 4 wählen, seine Wehrpflicht frei­willig gegenüber dem anderen Vertragsstaat zu erfüllen.
Art. 4 Wahlrecht
(1)  Das Wahlrecht nach Artikel 3 Absatz 3 wird durch schriftliche Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde des Aufenthaltsstaates ausgeübt. Hierzu ist das Formular «Erklärung über die Wahl» (Anlage 1) zu verwenden. Die zuständige Behörde leitet eine Abschrift an die nach Artikel 7 zuständige Behörde des anderen Vertragsstaates weiter.
(2)  Hat der Doppelbürger eine Erklärung nach Absatz 1 erster Satz abgegeben, ist er im Hinblick auf das Erfüllen der Wehrpflicht so anzusehen, als ob er seinen ständigen Aufenthalt im Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates hätte.
(3)  Das Wahlrecht erlischt:
1. mit der Begründung eines Dienstverhältnisses nach Artikel 2 Nummer 1 im Aufenthaltsstaat;
2. mit Vollendung des 19. Lebensjahres, wenn nicht ein Dienstverhältnis nach Ar­tikel 2 Nummer 1 vorher angetreten wird; die zuständige Behörde des Aufent­haltsstaates soll auf Antrag einen Aufschub bewilligen, wenn der Betroffene we­gen persönlicher Härtegründe über den vorgenannten Zeitpunkt hinaus vom Dienstverhältnis befristet zurückgestellt ist.
(4)  Ein Doppelbürger, der sich ständig im Hoheitsgebiet eines Drittstaates aufhält, kann wählen, bei welchem Vertragsstaat er seine Wehrpflicht erfüllen will. Die Erklärung ist gegenüber der Auslandsvertretung des Vertragsstaates abzugeben, dem gegenüber die Wehrpflicht erfüllt werden soll. Im Übrigen gelten die Absätze 1‒3 sinngemäss.
Art. 5 Erfüllen der Wehrpflicht; Verpflichtung zu weiteren Leistungen aufgrund der Wehrpflicht
(1)  Hat ein Wehrpflichtiger mit dem Erfüllen der Wehrpflicht gegenüber dem einen Vertragsstaat begonnen, bleibt er diesem gegenüber zum weiteren Erfüllen der Wehr­pflicht auch dann verpflichtet, wenn er erst danach die Staatsangehörigkeit des anderen Vertragsstaates erwirbt oder seinen ständigen Aufenthalt in dessen Hoheitsgebiet ver­legt.
(2)  Hat ein Doppelbürger seine Wehrpflicht nach Massgabe der Artikel 3 und 4 gegen­über dem einen Vertragsstaat erfüllt, so gilt seine Wehrpflicht auch gegenüber dem an­deren Vertragsstaat als erfüllt.
(3)  Hat ein Doppelbürger seine Wehrpflicht nach diesem Abkommen gegenüber einem Vertragsstaat erfüllt, so kann er nur von diesem zu weiteren Leistungen aufgrund der Wehrpflicht herangezogen werden. Das gilt insbesondere auch im Falle der Mobilma­chung.
(4)  Der Doppelbürger hat nach Ausübung des Wahlrechts auf Verlangen der zuständi­gen Behörde des Aufenthaltsstaates Auskunft über den Stand des Erfüllens der Wehr­pflicht gegenüber dem anderen Vertragsstaat zu erteilen und die dazu erforderlichen Nachweise vorzulegen. Hierzu ist das Formular «Bescheinigung über den Stand der Leistung der Wehrpflicht» (Anlage 2) zu verwenden.
Art. 6 Missbrauch
Der Doppelbürger, der sich dem Erfüllen der Wehrpflicht entzieht, wird von den Vor­teilen des vorliegenden Abkommens auf Verlangen des Vertragsstaates, in dem er sie leisten muss, ausgeschlossen.
Art. 7 Zusammenarbeit der Behörden
In Vollzug dieses Abkommens arbeiten das deutsche Bundesamt für Wehrverwaltung und das deutsche Bundesamt für den Zivildienst einerseits sowie der schweizerische Führungsstab der Armee andererseits unmittelbar zusammen.
Art. 8 Schwierigkeiten bei der Anwendung
Schwierigkeiten, die sich bei der Anwendung dieses Abkommens ergeben und die nicht im Rahmen der unmittelbaren Zusammenarbeit der zuständigen Behörden gelöst werden können, werden von den Vertragsstaaten auf diplomatischem Wege geregelt.
Art. 9 Datenschutz
(1)  Soweit für die Durchführung dieses Abkommens nach Artikel 1 personenbezogene Daten zu übermitteln sind, dürfen diese Informationen ausschliesslich betreffen:
1. die in den Anlagen 1 und 2 aufgeführten Daten und Angaben über den Doppelbürger;
2. gegebenenfalls den Personalausweis oder den Reisepass oder eine beglaubigte Kopie davon (Nummer, Gültigkeitsdauer, Ausstellungsdatum, ausstellende Behörde, Ausstellungsort) des Doppelbürgers;
3. gegebenenfalls eine Erklärung des Aufenthaltsstaates des Doppelbürgers über eine bewilligte, befristete Zurückstellung vom Dienstverhältnis;
4. gegebenenfalls den Antrag eines der Vertragsstaaten auf Ausschluss des Doppelbürgers von den Vorteilen dieses Abkommens;
5. gegebenenfalls eine schriftliche Erklärung des Doppelbürgers über die Wahl des Vertragsstaates, dem gegenüber er künftig die Wehrpflicht erfüllen will.
(2)  Diese Daten dürfen nur zwischen den für den Vollzug dieses Abkommens zuständigen Behörden übermittelt werden.
(3)  Für den Umgang mit diesen Daten sind die im Protokoll zu diesem Abkommen aufgeführten Grundsätze zu beachten. Das Protokoll ist Bestandteil dieses Abkommens.
Art. 10 Übergangsbestimmungen
(1)  Ein Doppelbürger, der bei Inkrafttreten dieses Abkommens bereits von einem Ver­tragsstaat zum Erfüllen der Wehrpflicht herangezogen worden ist, hat sie nur diesem gegenüber weiterhin zu erfüllen.
(2)  Ist er bereits von beiden Vertragsstaaten herangezogen worden, so kann er innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Abkommens durch schriftliche Erklärung den Vertragsstaat wählen, dem gegenüber er künftig die Wehrpflicht erfüllen will. Gibt er eine solche Erklärung nicht ab, bleibt er gegenüber dem Vertragsstaat wehrpflichtig, in dessen Hoheitsgebiet er sich bei Inkrafttreten dieses Abkommens ständig aufhielt. Liegt der ständige Aufenthalt in einem Drittstaat, so bleibt der Doppelbürger dem Vertrags­staat gegenüber wehrpflichtig, von dem er erstmals zum Erfüllen der Wehrpflicht he­rangezogen worden ist.
Art. 11 Inkrafttreten und Kündigung
(1)  Dieses Abkommen bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden werden so­bald wie möglich ausgetauscht. Das Abkommen tritt am ersten Tag des zweiten Monats nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.
(2)  Dieses Abkommen wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Jeder Vertrags­staat kann es jederzeit schriftlich auf diplomatischem Wege kündigen. Eine solche Kündigung tritt nach zwölf Monaten, vom Datum des Empfanges der Mitteilung durch den anderen Vertragsstaat an gerechnet, in Kraft.
(3)  Die Registrierung des Abkommens beim Sekretariat der Vereinten Nationen nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen² wird unverzüglich nach seinem Inkrafttreten von deutscher Seite veranlasst. Der andere Vertragsstaat wird unter Angabe der VN-Registrierungsnummer von der erfolgten Registrierung unterrichtet, sobald diese vom Sekretariat der Vereinten Nationen bestätigt worden ist.
Geschehen zu Bern am 20. August 2009 in zwei Urschriften in deutscher Sprache.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Für die
Bundesrepublik Deutschland:

Ueli Maurer

Axel Berg

² SR 0.120

Anlage 1

Erklärung über die Wahl
vorgesehen in den Artikeln 3 und 4 des Abkommens vom 20. August 2009 über die Wehrpflicht der Doppelbürger/Doppelstaater

Ich, der Unterzeichner (Name, Vorname)

........................................................................................................................................

geboren in  ...........................................,

am  .........................................................,

mit ständigem Aufenthalt in ........................................................................................

erkläre hiermit gemäss Artikel 4 Absatz 1 / Artikel 4 Absatz 4³ des o.g. Abkommens, meine Wehrpflicht in⁴ .......................................................... erfüllen zu wollen.

Ort  ........................................................,

Datum  ....................................................

Unterschrift: ..................................................................................................................

Wir, die unterzeichnende Behörde ⁵

.......................................................................................................................................

bestätigen hiermit die Richtigkeit der obenstehenden Erklärung und die Genauigkeit der Angaben, die in ihr enthalten sind.

Ort  .........................................................,

Datum  ....................................................

........................................................................................................................................

³ Nichtzutreffendes streichen.
⁴ Deutschland oder Schweiz.
⁵ Offizielle Bezeichnung der Behörde, die die Richtigkeit der Erklärung zu bestätigen hat: In Deutschland: Kreiswehrersatzamt / Bundesamt für den Zivildienst. In der Schweiz: der Bereich Personelles der Armee (J1) im Führungsstab der Armee. In einem Drittstaat : zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung des Staates, den der Wahlberechtigte gewählt hat.
⁶ Unterschrift und Stempel der Behörde, die die Richtigkeit der Erklärung bestätigt hat.

Protokoll

Bescheinigung über den Stand der Leistung der Wehrpflicht
vorgesehen in Artikel 5 Absatz 4 des Abkommens vom 20. August 2009 über die Wehrpflicht der Doppelbürger/Doppelstaater

Das/Die⁷

.......................................................................................................................................

bescheinigt, dass (Name und Vornamen)

.......................................................................................................................................

geboren in  ...........................................,

am  .........................................................,

der zugleich die deutsche und die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt und verpflichtet ist, seine Wehrpflicht in⁸ ........................................................................... zu erfüllen, folgenden Stand ausweist:⁹
– Er wurde noch nicht zum Erfüllen seiner Wehrpflicht einberufen; er ist den Gesetzen über die Stellung/Rekrutierung¹⁰ in ¹¹........................................................ nachgekommen.
– Er wurde zur Leistung seiner Wehrpflicht einberufen
vom ..............  bis  ..............  Gesamte Dauer:  ........................................................
– Er wurde befreit oder dispensiert am .......................................................................
– Er leistet Zivildienst.
– Er leistet einen anderen gleichwertigen Dienst.
– Er entrichtet die Wehrpflichtersatzabgabe.

Ort  .........................................................,

Datum  ....................................................

¹²
........................................................................................................................................
In Ergänzung des Abkommens vom 20. August 2009 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Wehrpflicht der Doppelbürger/Doppelstaater haben die Vertragsparteien Folgendes vereinbart:
Für die Übermittlung personenbezogener Daten nach Artikel 9 sind die folgenden Grundsätze zu beachten:
a. Die empfangende Stelle eines Vertragsstaates unterrichtet die übermittelnde Stelle des anderen Vertragsstaates auf Ersuchen über die Verwendung der übermittelten Daten und die dadurch erzielten Ergebnisse.
b. Die Verwendung der Daten durch die empfangende Stelle ist nur zu den in diesem Ab­kommen bezeichneten Zwecken und zu den durch die über­mittelnde Stelle vorgegebenen Bedingungen zulässig. Die Verwendung ist darüber hinaus zur Verhütung und Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung sowie zum Zwecke der Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit zulässig.
c. Die übermittelnde Stelle ist verpflichtet, auf die Richtigkeit der zu übermittelnden Daten sowie auf die Erforderlichkeit und Verhältnismässigkeit in Bezug auf den mit der Über­mittlung verfolgten Zweck zu achten. Dabei sind die nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht geltenden Übermittlungsverbote zu beachten. Die Übermittlung der Daten unter­bleibt, wenn die übermittelnde Stelle Grund zu der Annahme hat, dass dadurch gegen den Zweck eines innerstaatlichen Gesetzes verstossen würde oder schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen beeinträchtigt würden. Erweist es sich, dass unrichtige Daten oder Daten, die nicht hätten übermittelt werden dürfen, übermit­telt worden sind, so ist dies der empfangenden Stelle unverzüglich mitzuteilen. Sie ist verpflichtet, die Daten unverzüglich zu berichtigen oder zu löschen.
d. Der Betroffene ist über die Empfänger seiner Daten zu unterrichten, soweit er nicht mit der Übermittlung an diese rechnen muss oder nicht auf andere Weise Kenntnis da­von er­halten hat.
e. Dem Betroffenen ist auf Antrag Auskunft über die zu seiner Person vorhandenen Daten sowie über ihren vorgesehenen Verwendungszweck zu erteilen. Das Recht auf Auskunfterteilung richtet sich nach dem innerstaatlichen Recht des Vertragsstaates, in dessen Hoheitsgebiet die Auskunft beantragt wird. Die Erteilung der Auskunft kann verweigert werden, wenn das Inte­resse des Staates, die Auskunft nicht zu erteilen, das Interesse des Antrag­stellers überwiegt.
f. Wird jemand im Zusammenhang mit Datenübermittlungen aufgrund dieses Abkommens rechtswidrig geschädigt, ist ihm die empfangende Stelle nach Massgabe ihres innerstaat­lichen Rechts zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Sie kann sich gegenüber dem Ge­schädigten nicht darauf berufen, dass der Schaden durch die übermittelnde Stelle verur­sacht worden ist. Leistet die empfangende Stelle Schadensersatz wegen eines Schadens, der durch die Verwendung von unrichtig übermittelten Daten verursacht wurde, erstattet die übermittelnde Stelle der empfangenden Stelle den Betrag des geleisteten Ersatzes.
g. Die übermittelnde Stelle weist bei der Übermittlung von Daten auf die nach ihrem inner­staatlichen Recht vorgesehenen Fristen für die Aufbewahrung der Daten hin, nach deren Ablauf sie gelöscht werden müssen. Unabhängig von diesen Fristen sind die übermittelten Daten zu löschen, sobald sie für den Zweck, für den sie übermittelt worden sind, nicht mehr erforderlich sind.
h. Die übermittelnde und die empfangende Stelle stellen sicher, dass die Übermittlung und der Empfang der Daten aktenkundig gemacht werden.
i. Die übermittelnde und die empfangende Stelle sind verpflichtet, die übermittelten Daten wirksam gegen unbefugten Zugang, unbefugte Veränderung und unbefugte Bekanntgabe zu schützen.
⁷ Offizielle Bezeichnung der Behörde, die die Bescheinigung ausgestellt hat: In Deutschland: Kreiswehrersatzamt / Bundesamt für den Zivildienst. In der Schweiz: der Bereich Personelles der Armee (J1) im Führungsstab der Armee.
⁸ Deutschland oder Schweiz.
⁹ Nichtzutreffendes streichen.
¹⁰ Nichtzutreffendes streichen.
¹¹ Deutschland oder Schweiz.
¹² Unterschrift und Stempel der Behörde, die die Bescheinigung ausgestellt hat.
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