Reglement für die Einfuhr der Erzeugnisse der Freizonen in die Schweiz (0.631.256.934.953)
CH - Schweizer Bundesrecht

Reglement für die Einfuhr der Erzeugnisse der Freizonen in die Schweiz

Vom 1. Dezember 1933² In Kraft seit 1. Januar 1934³ (Stand am 1. Mai 2008) ¹ BS 11 152 ² Beilage zum Schiedsspruch vom 1. Dez. 1933 betreffend die Einfuhr der Erzeugnisse der Freizonen Hochsavoyens und der Landschaft Gex in die Schweiz ( SR 0.631.256.934.952 ). ³ BRB vom 22. Dez. 1933 (AS 49 1002)
Art. 1
Die Einfuhr aus den Freizonen der Landschaft Gex und Hochsavoyens in die Schweiz wird sich gemäss den in diesem Reglement vorgesehenen Bedingungen abwickeln.
Art. 2 ⁴
Andere aus den Freizonen stammende und von dort herkommende Erzeugnisse als die in Artikel 3 umschriebenen sind bei der Einfuhr, ohne Beschränkung mit Bezug auf die Menge, von allen Zollabgaben befreit, namentlich:
die Erzeugnisse der Landwirtschaft und der ihr verwandten Zweige;
die mineralischen Rohstoffe;
das in den Zonen erlegte Wild und die daselbst gefangenen Fische.
Zu Artikel 2. Die Tiere des Rinder‑ und Schweinegeschlechts werden unter den nachfolgenden Bedingungen als aus den Zonen stammende Erzeugnisse betrachtet:
Stiere und Ochsen müssen entweder in den Zonen geworfen und aufgezogen oder seit mehr als zwei Jahren dorthin verbracht worden sein;⁵
Kühe müssen entweder in den Zonen geworfen und aufgezogen oder in einem Alter von weniger als zwei Jahren dorthin verbracht worden sein;⁶
Kälber müssen in den Zonen geworfen und aufgezogen worden sein und
Schweine müssen entweder in den Zonen geworfen und aufgezogen oder seit mehr als drei Monaten dorthin verbracht worden sein.
⁴ Die in der Anmerkung zu Ziff. II der Anlage hiernach aufgezählten Erzeugnisse fallen unter Art. 2, nicht unter Art. 3.
⁵ Durch Notenaustausch vom 4. Juni 1937 (BS 11 157) erhielt Abs. 2 (Stiere und Ochsen) folgende Fassung: «Stiere, Ochsen und Kühe müssen entweder in den Zonen geworfen und aufgezogen oder seit mehr als zwei Jahren dorthin verbracht worden sein.» – Abs. 3 (Kühe) wurde aufgehoben.
⁶ Durch Notenaustausch vom 4. Juni 1937 (BS 11 157) erhielt Abs. 2 (Stiere und Ochsen) folgende Fassung: «Stiere, Ochsen und Kühe müssen entweder in den Zonen geworfen und aufgezogen oder seit mehr als zwei Jahren dorthin verbracht worden sein.» – Abs. 3 (Kühe) wurde aufgehoben.
Art. 3 ⁷
Die Fabrik‑ und Gewerbeerzeugnisse, die aus in den Freizonen gelegenen Indu­s­triebetrieben stammen⁸ und herkommen, können im Rahmen von Einfuhrkontingenten⁹, welche periodisch festzusetzen sind, zollfrei in die Schweiz eingeführt werden. Für die Festsetzung der Einfuhrkontingente ist einerseits der Produktionsfähigkeit der Zonen beim Inkraftsetzen dieses Reglements und der normalen industriellen Entwicklung der Zonen, anderseits den Absatzgebieten ausserhalb der Schweiz, sei es in den Zonen, sei es im französischen Hoheitsgebiet, sei es in Drittländern, Rechnung zu tragen.
Was die neuen Industrien anbelangt, so ist ihren Erzeugnissen ein Kontingent zuzugestehen, insoweit die Einführung dieser Industrien als der normalen wirtschaft­lichen Entwicklung der Zonen entsprechend betrachtet werden kann.
⁷ Die in der Anmerkung zu Ziff. II der Anlage hiernach aufgezählten Erzeugnisse fallen unter Art. 2, nicht unter Art. 3.
⁸ Für die Umschreibung dieses Begriffes siehe den Notenaustausch vom 31. Dez. 1938 (BS 11 158).
⁹ Für die Zeit vom 1. Jan. 1934 bis 31. Dez. 1943 haben die Schiedsrichter in der Anlage hiernach (Ziff. II) die Einfuhrkontingente festgesetzt. In der Folge wurden die Kontingente durch Notenaustausch festgesetzt (siehe SR 0.631.256.934.953.1 /.2 ).
Art. 4
In Abweichung von den Bestimmungen von Artikel 2 können jedoch Kontingentierungen oder andere Beschränkungen in Bezug auf die Einfuhr gewisser besonders bezeichneter Erzeugnisse in die Schweiz vorübergehend¹⁰ fortgesetzt werden, falls ihre Einfuhr:
a) wegen unvorhergesehenen und aussergewöhnlichen Umständen ernstliche Nachteile für den Markt der benachbarten Schweizerkantone zur Folge hätten;
b) infolge übersteigerter oder industrialisierter Erzeugung in übermassiger Weise zunehmen sollte.
¹⁰ Für die Zeit vom 1. Jan. 1934 bis 31. Dez. 1943 haben die Schiedsrichter in der Anlage hiernach (Ziff. 1) die Beschränkung festgesetzt, denen die Einfuhr der in Art. 2 erwähnten Erzeugnisse aus den Freizonen unterliegt. Für die Folgezeit siehe SR 0.631.256.934.953.1 /2.
Art. 5
Um den gegenseitigen Reparatur‑ und Veredlungsverkehr zwischen dem schweizerischen Gebiet und den Freizonen zu erleichtern, werden sich die beiden Regierungen hierüber verständigen.
Art. 6
Die beiden Regierungen werden die zur Verhinderung von Zollvergehen geeigneten Kontroll‑ und Strafmassnahmen treffen. Die Kontrolle muss in der Weise gehandhabt werden, dass sie die reibungslose Durchführung der vom Reglement vorgesehenen Ordnung nicht beeinträchtigt.
Art. 7
Beim Inkrafttreten dieses Reglements wird eine ständige französisch‑schweizerische Kommission geschaffen. Sie ist aus drei französischen und drei schweizerischen Mitgliedern zu bilden. Als Vorsitzenden bestimmt die Kommission selbst abwechslungsweise ein französisches oder ein schweizerisches Mitglied. Der Stichentscheid kommt ihm nicht zu.
Die Aufgaben dieser Kommission sind:
1. Schwierigkeiten zu beheben, die aus der Anwendung der in diesem Reglement vorgesehenen Ordnung entstehen sollten;
2. die zur Verhütung von Zollvergehen bei der zollfreien Einfuhr in die Schweiz geeigneten Kontrollmassnahmen vorzuschlagen;
3. im Einvernehmen mit den Zollbehörden beider Länder die Durchführung der Kontrollmassnahmen zu überwachen;
4. die an den auf Grund von Artikel 3 festgesetzten industriellen Kontingenten notwendigen Abänderungen vorzuschlagen;
5. ein Gutachten über die allfällige Anwendung von Artikel 4 abzugeben.
Falls in der Kommission keine Einigung erzielt werden kann, wird die Frage unverzüglich den beiden Regierungen unterbreitet zwecks Regelung auf diplomatischem Wege oder, nötigenfalls, in dem in Artikel 8 vorgesehenen Verfahren.
Art. 8
Streitigkeiten, die über die Auslegung oder Anwendung dieses Reglements oder seiner Anlage zwischen den beiden Regierungen entstehen sollten und die innerhalb angemessener Frist weder von der gemischten Kommission noch auf diplomatischem Wege beigelegt werden können, werden auf Antrag einer der Parteien vor einen einzelnen Schiedsrichter gebracht, der von beiden Regierungen gemeinsam oder, in Ermangelung einer Einigung, nach den für die Ernennung der Mitglieder des Schiedsgerichts hiernach aufgestellten Grundsätzen zu bezeichnen ist.
Jeder Teil kann indessen verlangen, dass die Streitigkeit vor ein Schiedsgericht gebracht werde, das aus fünf Mitgliedern besteht, wovon je eines von Frankreich und von der Schweiz und die drei andern von beiden Parteien im Einvernehmen miteinander bezeichnet werden. Kommt über diese Ernennung eine Einigung zwischen den Parteien nicht zustande oder bezeichnet eine der Parteien ihren Schiedsrichter nicht innerhalb der Frist von drei Monaten seit dem diesbezüglichen Ersuchen eines Teils an den andern, so werden die notwendigen Ernennungen auf Ersuchen auch nur eines der beiden Teile durch den Präsidenten des Ständigen Internationalen Gerichtshofs oder, falls dieser französischer oder schweizerischer Staatsangehöriger ist, durch den Vizepräsidenten oder, wenn nötig, durch das dienstälteste Mitglied des Gerichtshofs vorgenommen.
Bei Tod, Rücktritt oder Verhinderung eines der Schiedsrichter wird dieser gemäss dem für die Ernennung geltenden Verfahren ersetzt.
Das Schiedsgericht wird selbst sein Verfahren festsetzen; es muss kontradiktorisch sein. Das Schiedsgericht befindet selber über seine Zuständigkeit, falls sie bestritten wird. Streitfragen können durch einseitiges Parteibegehren bei ihm anhängig gemacht werden.
Das Schiedsgericht wird über die strittigen Punkte, die nicht rechtlicher Natur sind, nach billigem Ermessen befinden.
Der Entscheid des Schiedsgerichts ist endgültig.
Art. 9
Mit diesem Reglement, das am 1. Januar 1934 in Kraft tritt, werden alle früheren mit ihm unvereinbaren Bestimmungen aufgehoben.
Es kann nur durch Übereinkunft beider Teile abgeändert werden.
In sofortiger Anwendung von Artikel 4 sind Einschränkungen der Zollfreiheit in der Anlage zu diesem Reglement vorgesehen.

O. U.

J. B.

L. O.

Anlage

I
Die Einfuhr der hiernach erwähnten Erzeugnisse aus den Zonen in die Schweiz ist während der Geltungsdauer dieser Anlage¹¹ folgenden Beschränkungen unterworfen:
A

Milch¹²

25 300 Liter täglich

zollfrei

Käse

  2 500 Zentner jährlich

zollfrei

Butter¹³

     650 Zentner jährlich

zollfrei

Wein

  8 000 hl jährlich

zollfrei

Stiere

zum Zollansatz

Ochsen

  1 000 Stück jährlich

von 15 Schweizerfranken

Kühe

das Stück;

Kälber

  3 000 Stück jährlich

zum Zollansatz von
7 Schweizerfranken das Stück;

Schweine

  1 000 Stück jährlich

zum Zollansatz von
5 Schweizerfranken das Stück.

Anmerkung: Die Rahmeinfuhr wird auf das Milchkontingent mit 10 kg für einen Liter Rahm angerechnet.
B
Brot, Geflügel, frische Eier und Honig¹⁴ werden zollfrei nur zugelassen, soweit es sich um die Versorgung des Marktes handelt. Diese Erzeugnisse müssen daher vom Verkäufer selber in die Schweiz getragen oder geführt werden; Sendungen mit Frachtbrief sind von der zollfreien Einfuhr in die Schweiz ausgeschlossen.
Das Gewicht jeder Einfuhr der genannten Erzeugnisse darf 500 kg nicht übersteigen.
II
Die Einfuhrkontingente für die Fabrik‑ und Gewerbeerzeugnisse werden, in den aus beiliegendem Verzeichnis ersichtlichen Mengen erstmals für die Dauer von fünf Jahren¹⁵ festgesetzt.
III
Diese Anlage tritt am 1. Januar 1934 in Kraft und bleibt bis zum 31. Dezember 1934 anwendbar.
Während dieser Zeitdauer kann Artikel 4 des Reglements nicht zugunsten anderer als der unter Ziff. 1 angegebenen Beschränkungen bezüglich der Einfuhr aus den Zonen in die Schweiz angerufen werden.

O. U.

J. B.

L. O.

Notenaustausch vom 31. Dezember 1938 betreffend die zollfrei zugelassenen industriellen Erzeugnisse aus den Freizonen

Mit Notenwechsel vom 31. Dezember 1938 haben sich die schweizerische und die französische Regierung geeinigt, vom 1. Januar 1939 an, für die Dauer von drei Jahren, im Rahmen der im beigehefteten Verzeichnis¹⁶ aufgeführten Mengen, die Einfuhrkontingente festzusetzen für die Fabrik‑ und Gewerbeerzeugnisse, auf die in Artikel 3 des dem Schiedsspruch vom 1. Dezember 1933¹⁷ betreffend die Einfuhr der Erzeugnisse der Freizonen Hochsavoyens und der Landschaft Gex in die Schweiz angefügten Reglements¹⁸ hingewiesen wird.
Es wurde vereinbart, dass die Zonenerzeugnisse, um der Vorteile des Artikels 3 des Reglements teilhaftig zu werden, nachstehende Begriffsmerkmale aufweisen müssen:
«Als aus der Freizone stammend gelten: 1. die industriellen Erzeugnisse, die in der Freizone eine vollständige Umarbeitung erfahren haben, so dass sie ihre ursprüngliche Beschaffenheit verloren haben;
2. Die Erzeugnisse, die in der Freizone eine erhebliche Bearbeitung erfahren haben und bei welchen der aus der Freizone stammende Rohstoff, die in der Freizone vorgenommene Bearbeitung und der daraus entstandene Kostenaufwand grundsätzlich mindestens 50 % des Gestehungspreises betragen.
Dabei werden ebenfalls die Herkunft der hauptsächlichen Bestandteile der Erzeugnisse, die Bedeutung des Fabrikationsprozesses, die Herkunft des geistigen Eigentums und die Sonderheiten des einzelnen Fabrikationszweiges in Betracht gezogen.»
¹⁶ Dieses Verzeichnis ist nicht mehr in Kraft und wird daher in der SR nicht veröffentlicht. Die Einfuhrkontingente für die Jahre 1981–1985 wurden durch Notenaustausch vom 7. Okt./8.Dez. 1982/12. Jan. 1983 festgesetzt ( SR 0.631.256.934.953.2 ).
¹⁷ SR 0.631.256.934.952
¹⁸ Siehe hiervor.
¹¹ Die in Ziff. 1 aufgestellten Beschränkungen wurden durch Notenaustausch zwischen der Schweiz und Frankreich beibehalten (siehe SR 0.631.256.934.953.1 /.2
¹² Heute: 62'128 Liter (siehe SR 0.631.256.934.953.3 ).
¹³ Heute: 800'000 kg (siehe SR 0.631.256.934.953.3 ).
¹⁴ In Bezug auf den Honig haben die Schweiz und Frankreich diesen Bst. B in gemeinsamen Einvernehmen geändert durch Notenaustausch vom 22./31. März 1950 ( SR 0.631.256.934.953.1 ).
¹⁵ Das Verzeichnis der industriellen Kontingente, das dieser Anlage beigegeben war, wird hier nicht mehr wiedergegeben. Diese Kontingente wurden anfänglich beibehalten und später neu festgesetzt durch verschiedene aufeinanderfolgende Notenwechsel zwischen der Schweiz und Frankreich (siehe SR 0.631.256.934.935.2 ).
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