Verordnung über die Gebäude- und Grundstückversicherung (862.11)
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Verordnung über die Gebäude- und Grundstückversicherung

Verordnung über die Gebäude- und Grundstückversicherung (Assekuranzverordnung) vom 17. Dezember 2019 (Stand 1. Januar 2020) Der Regierungsrat von Appenzell Ausserrhoden, gestützt auf Art. 40 Abs. 1 des Gesetzes vom 30. April 1995 über die Ge - bäude- und Grundstückversicherung 1 ) , verordnet:
1. Organisation (1.)

Art. 1 Verwaltungsrat

1 Der Verwaltungsrat genehmigt den Geschäftsbericht und die Jahresrech - nung der Assekuranz zuhanden des Regierungsrates und des Kantonsrates.
2 Er erlässt Richtlinien über das Versicherungsverhältnis, über die Ermittlung der Versicherungswerte und der Schäden sowie einen Prämientarif.
3 Er wählt die Schätzerinnen und Schätzer und die leitenden Angestellten der Assekuranz.

Art. 2 Direktion

1 Die Direktion führt die Geschäfte nach den Weisungen des Verwaltungsra - tes und vertritt die Assekuranz nach aussen, soweit Gesetz und Verordnun - gen nichts anderes bestimmen.
1) Assekuranzgesetz (bGS 862.1 ) * vgl. Änderungstabelle am Schluss des Erlasses

Art. 3 Revisionsstelle

1 Die von der kantonalen Verwaltung und von den Organen der Assekuranz unabhängige Revisionsstelle erstattet dem Verwaltungsrat zuhanden des Regierungsrates und des Kantonsrates einen schriftlichen Bericht über ihre Prüfung und über die Jahresrechnung.
2 Der Regierungsrat, der Verwaltungsrat und die Direktion können die Revisi - onsstelle beauftragen, Zwischenberichte zu erstatten.
2. Versicherte Gefahren (2.)

Art. 4 Elementarschadenversicherung

1 Keine Elementarschäden im Sinne des Gesetzes sind insbesondere Schä - den, die auf schlechten Baugrund, ungenügende Fundamente, fehlerhafte Arbeit oder Konstruktion, mangelhaften Unterhalt, künstlich vorgenommene Bodenveränderungen oder Grundwasserabsenkungen, Bodensenkungen, Feuchtigkeit, Frost, Grundwasser oder ähnliche Einwirkungen zurückzufüh - ren sind.
2 Nicht als Hochwasser- oder Überschwemmungsschäden gelten insbeson - dere Schäden, die durch Wasser aus Stauseen, durch Rückstau aus Abwas - serkanalisationen oder von Grundwasser verursacht werden.

Art. 5 Haftungsbeschränkung

1 Die jeweils massgebende Haftungsgrenze wird im Geschäftsbericht be - kanntgegeben.
3. Umfang der Versicherung (3.)

Art. 6 Abgrenzung

1 Mit dem Gebäude versichert sind seine Bestandteile sowie die baulichen Einrichtungen, die so eingebaut sind, dass sie ohne Beschädigung des Ge - bäudes oder der Einrichtung nicht entfernt werden können.
2 Der Verwaltungsrat regelt die Abgrenzung zwischen Gebäude- und Fahrha - beversicherung im Einzelnen und befolgt dabei die branchenüblichen Grund - sätze.

Art. 7 Nichtversicherte Objekte

1 Nicht obligatorisch versichert werden Gebäude, deren Neuwert zwei Pro - zent des durchschnittlichen Wertes aller im Kanton versicherten Gebäude nicht erreicht. Dieser Wert wird im Geschäftsbericht veröffentlicht.
2 Gebäude, deren Wert zehn Prozent des durchschnittlichen Wertes aller im Kanton versicherten Gebäude nicht erreicht, können auf Verlangen des Eigentümers oder der Eigentümerin von der Versicherung ausgenommen werden, wenn allfällige Grundpfandgläubiger damit einverstanden sind.

Art. 8 Freiwillige Versicherung

1 Gebäude bis zu einem Wert von zwei Prozent des durchschnittlichen Wer - tes aller im Kanton versicherten Gebäude und gebäudeähnliche Objekte können freiwillig versichert werden.
2 Als gebäudeähnliche Objekte gelten selbständige bauliche Anlagen, die aus dauerhaftem Material erstellt sind, wie Wasserzisternen, Brunnen, Trep - pen, Schwimmbassins, Stützmauern und dergleichen, soweit sie nicht Ge - genstand der Grundstückversicherung sind; sie müssen nach den anerkann - ten Regeln der Baukunde erstellt sein.

Art. 9 Ausschluss aus der Versicherung

1 Der Ausschluss aus der Versicherung bezieht sich auf die Feuergefahr oder auf einzelne Elementargefahren.
2 Wird ein Gebäude nur für einzelne Gefahren von der Versicherungsde - ckung ausgeschlossen, ist die ganze Prämie zu entrichten.
3 Bei vollständigem Ausschluss ist die Prämie während zwei Jahren zu ent - richten.
4. Versicherungsverhältnis (4.)
4.1 Grundsatz (4.1)

Art. 10 Beginn der Versicherung

1 Die Versicherten melden der Assekuranz den Baubeginn vor der Bauaus - führung zur Versicherung an. Wird die Anmeldung unterlassen, sind der Baubeginn und der Umfang der ausgeführten Arbeiten nachzuweisen.
2 Wesentliche Erneuerungen sind wertvermehrende Bauarbeiten im Wert von fünf Prozent des durchschnittlichen Wertes aller im Kanton versicherten Gebäude.

Art. 11 Bauzeitversicherung

1 Für die Versicherung während der Bauzeit gilt der Kostenvoranschlag für die wertvermehrenden Aufwendungen. Fehlt ein Kostenvoranschlag, ist die Schätzung nach Vollendung der Bauarbeiten massgebend.

Art. 12 Neuwertversicherung

1 Grundsätzlich sind alle Gebäude zum Neuwert versichert. Der Neuwert ist der Kostenaufwand, der für die Erstellung eines gleichartigen Gebäudes zur Zeit der Schätzung erforderlich wäre.

Art. 13 Zeitwertversicherung

1 Wenn sich der Wert eines Gebäudes infolge mangelnden Unterhalts oder Abnützung um mehr als die Hälfte des Neuwertes vermindert hat, wird es zum Zeitwert versichert.

Art. 14 Feste Versicherungssumme

1 Zu einer festen Versicherungssumme können Gebäude versichert werden, die der Eigentümer oder die Eigentümerin nach einem Schadenfall nur mit unverhältnismässigem Aufwand in gleicher Ausführung wiederaufbauen könnte.

Art. 15 Abbruchwert

1 Die Assekuranz kann den Versicherungswert von Abbruchobjekten auf den Abbruchwert herabsetzen.
4.2 Ermittlung der Versicherungswerte (4.2)

Art. 16 Schätzung

1 Die Assekuranz ermittelt den Neuwert und den Zeitwert der Gebäude, die Bauweise, die Nutzung, die besondere Gefährdung und die entsprechenden Schutzmassnahmen.
2 Die Versicherten und die Assekuranz können jederzeit eine Neuschätzung verlangen.

Art. 17 Vereinfachtes Schätzungsverfahren

1 Bei Neubauten kann die Assekuranz den Wert des Gebäudes aufgrund der Baukostenabrechnung und der Pläne ermitteln. Sie kontrolliert die übrigen für die Versicherung massgebenden Angaben.

Art. 18 Auskunftspflicht

1 Die Versicherten haben der Assekuranz alle für die Versicherung massge - benden Auskünfte zu erteilen. Verweigern sie die Mitwirkung, werden die Schätzungsdaten aufgrund von Erfahrungswerten von der Assekuranz fest - gelegt.

Art. 19 Anpassung der Versicherungswerte

1 Die Assekuranz schätzt jedes Gebäude in der Regel nach zehn Jahren neu.
2 Der Verwaltungsrat passt die Neuwertversicherung auf den Beginn eines Kalenderjahres an, wenn sich die Baukosten wesentlich ändern.

Art. 20 Kosten

1 Der Verwaltungsrat erlässt einen Tarif über die Schätzungsgebühren.

Art. 21 Selbstbehalte

1 Die Versicherten können verlangen, dass Schäden bis höchstens zwei Pro - zent des Versicherungswertes des Gebäudes nicht versichert sind. Die Prä - mienreduktion richtet sich nach einem besonderen Tarif, die übrigen Modali - täten werden nach Richtlinien des Verwaltungsrates vertraglich geregelt.
2 Dem Grundpfandgläubiger haftet die Assekuranz auch für den Selbstbe - halt, wenn ein Pfandausfall entsteht.
5. Prämien (5.)

Art. 22 Grundsätze des Prämientarifs

1 Der Verwaltungsrat erlässt einen Prämientarif, der folgende Grundsätze berücksichtigt: a) Massgebend für die Prämien sind die Bauart des Gebäudes, die Zweckbestimmung sowie die Gefährlichkeit infolge der Nutzung oder der Lage; b) ist ein Gebäude einer erhöhten Feuer- oder Elementargefahr ausge - setzt, werden Zuschläge auf den Prämien erhoben; c) wirkt sich die Gefahrerhöhung auf Nachbargebäude aus, ist der Zu - schlag auch für diese zu entrichten; d) die Prämie oder Prämienzuschläge werden reduziert, wenn die Si - cherheit des Gebäudes freiwillig verbessert wird; e) Selbstbehalte bewirken eine Prämienermässigung nach einem be - sonderen Tarif. Die Prämie ist in dem Umfang zu ermässigen, als die Haftung der Assekuranz versicherungstechnisch vermindert wird.

Art. 23 Teilprämien

1 Besteht die Versicherung nur während eines Teils des Jahres, ist die Prä - mie anteilmässig und nach vollen Monaten gerechnet zu entrichten.
2 Nach einem Schadenfall ist die Prämie für das ganze laufende Jahr ge - schuldet.

Art. 24 Haftung für Prämien bei Handänderung

1 Bei Handänderungen haften die Vertragsparteien der Assekuranz für die ausstehenden Prämien solidarisch.

Art. 25 Prämienrechnung

1 Prämienrechnungen sind einem vollstreckbaren Urteil im Sinne des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes gleichgestellt.

Art. 26 Verjährung

1 Der Assekuranz entgangene oder von ihr zu Unrecht bezogene Prämien können höchstens für das laufende Jahr und für die vergangenen fünf Jahre nach- oder zurückgefordert werden.
6. Prävention vor Elementarschadengefahren (6.)

Art. 27 Beiträge

1 Zum Beitrag berechtigen bauliche Präventionsmassnahmen am Gebäude oder dessen unmittelbarer Umgebung.
2 Der Beitrag beträgt 30 bis 50 Prozent im Rahmen der verfügbaren Mittel.
7. Reserven und Rückversicherung (7.)

Art. 28 Verhältnis zwischen Reserven und Rückversicherung

1 Die Assekuranz achtet darauf, dass die Prämieneinnahmen, die Reserven und die Rückversicherung in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, damit die Leistungsfähigkeit der Assekuranz ständig gewährleistet bleibt. Sie lässt ihre Finanzierung periodisch von Fachleuten begutachten und gibt im Geschäftsbericht das Ergebnis der Prüfung bekannt.
8. Schadenfall (8.)
8.1 Schadenermittlung (8.1)

Art. 29 Sicherheitsvorkehren

1 Sicherheitsvorkehren wie der Abbruch des Gebäudes oder einzelner Ge - bäudeteile oder der Aufbau eines Notdaches werden von der Direktion ange - ordnet.

Art. 30 Schätzung

1 Die Assekuranz ermittelt unverzüglich und auf ihre Kosten den Schaden.
8.2 Entschädigung (8.2)

Art. 31 Totalschaden

1 Wenn das Gebäude vollständig beschädigt ist, bezahlt die Assekuranz nach Abschluss der Untersuchung den Verkehrswert aus. Der Verkehrswert entspricht dem Marktwert des Gebäudes ohne den Wert des Bodens und der dinglichen Rechte.
2 Die Restzahlungen werden nach Massgabe des Fortschritts beim Wieder - aufbau ausgerichtet.

Art. 32 Teilschaden

1 Die Behebung von Teilschäden wird aufgrund der Bauabrechnungen ver - gütet. Es können Pauschalvergütungen vereinbart werden.
2 Wenn die Reparaturkosten in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Be - schädigung stehen, werden für Schäden, welche die Gebrauchstauglichkeit eines Gebäudeteiles nicht vermindern, Pauschalen vergütet.

Art. 33 Schäden an unvollendeten Gebäuden

1 - denereignisses eingebauten und mit dem Gebäude zu versichernden Teile und Einrichtungen vergütet.

Art. 34 Abbruchobjekte

1 Wird ein Gebäude beschädigt, das für die Eigentümerin oder für den Eigentümer wirtschaftlich wertlos geworden, zum Abbruch vorgesehen oder nicht mehr benutzbar ist, wird der Abbruchwert vergütet, auch wenn das Ge - bäude wiederhergestellt wird.

Art. 35 Nebenleistungen

1 Die vom Verwaltungsrat festgelegte Höchstgrenze für die Abbruch- und Entsorgungskosten für das Gebäude wird im Geschäftsbericht der Asseku - ranz veröffentlicht.
2 Sie kann auf Verlangen der Versicherten und gegen einen angemessenen Prämienzuschlag höhere Deckung gewähren.
3 Für besondere Hilfeleistungen in Schadenfällen kann die Assekuranz eine Belohnung ausrichten.

Art. 36 Auszahlung

1 Die Assekuranz zahlt ihre Versicherungsleistung dem Grundbuchamt zu - handen der Grundpfandgläubiger und der Versicherten aus.
2 Versicherungsleistungen, die höher als ein Fünftel des durchschnittlichen Versicherungswertes aller im Kanton versicherten Gebäude sind, werden vom Zeitpunkt der rechtskräftigen Schadenschätzung an verzinst. Der Ver - waltungsrat legt den Zinssatz fest.
9. Grundstückversicherung (9.)
9.1 Gegenstand und Umfang (9.1)

Art. 37 Ausgeschlossene Objekte

1 Von der Grundstückversicherung sind ausgeschlossen: a) Tiefbauten, die zu mehr als zwei Dritteln von einer Gemeinde oder vom Kanton unterhalten werden; b) Tiefbauten, die vom Bund unterhalten werden;
c) technischen Zwecken dienende Grundstücke, auf denen sich Anla - gen wie Eisenbahn- und Seilbahnanlagen, Stark- und Schwachstro - manlagen befinden; d) Anlagen wie Tunnels, Stützmauern, Wehre, Talsperren, Stauvorrich - tungen, Sohlen- und Uferverbauungen fliessender Gewässer, Kanali - sationen und Wasserleitungen.
9.2 Finanzierung (9.2)

Art. 38 Prämien

1 Der Verwaltungsrat erlässt den Prämientarif nach folgenden Finanzierungs - grundsätzen: a) Der Aufwand der Grundstückversicherung soll langfristig je hälftig aus Prämien und aus einem jährlichen Beitrag der Gebäudeversicherung finanziert werden; b) der Grundbeitrag bemisst sich nach der Schadenbelastung und soll mindestens die Hälfte des Prämienertrages ausmachen; c) der Flächenbeitrag soll höchstens die Hälfte des Prämienertrages ausmachen.

Art. 39 Eigene Rechnung und Reserven

1 Für die Grundstückversicherung wird eine eigene Rechnung geführt, und es werden gesonderte Reserven ausgewiesen.
9.3 Schadenermittlung (9.3)

Art. 40 Anmeldung

1 Die Grundstückschäden sind der Assekuranz unverzüglich zu melden. Es dürfen nur Schäden vergütet werden, die von der Assekuranz noch feststell - bar sind.

Art. 41 Schätzung

1 Die Schadenschätzung wird von Fachleuten durchgeführt, die von der As - sekuranz bezeichnet werden. Im Übrigen gelten dieselben Grundsätze wie für die Gebäudeversicherung.
9.4 Entschädigung (9.4)

Art. 42 Kosten der Wiederherstellung

1 Wenn die Wiederherstellungskosten sich im Verhältnis zum Wert des be - schädigten Grundstückes nicht rechtfertigen, wird der entstandene Minder - wert vergütet.

Art. 43 Ausschluss der Ersatzleistung

1 Keine Leistungen werden erbracht bei a) periodisch wiederkehrendem Abschwemmen von Humus an Hängen und beim Abschwemmen von Kies an Strassen und Plätzen; b) mangelhaftem Unterhalt an Tiefbauten und Anlagen.
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