Verordnung über die Aufsicht über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten (VAND)
(VAND) vom 16. August 2017 (Stand am 1. September 2017)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf die Artikel 79 Absatz 4, 80 Absatz 2 Buchstabe b, 82 Absätze 5 und 6 sowie 84 des Nachrichtendienstgesetzes vom 25. September 2015¹ (NDG) und Artikel 150 Absatz 1 des Militärgesetzes vom 3. Februar 1995²,
verordnet:
¹ SR 121 ² SR 510.10
1. Abschnitt: Gegenstand
Art. 1
Diese Verordnung regelt:
a. die administrative Zuordnung der unabhängigen Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten (AB-ND) und die relevanten Verwaltungsabläufe;
b. die Organisation und die Aufgabe der unabhängigen Kontrollinstanz für die Funk- und Kabelaufklärung (UKI);
c. die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den kantonalen Dienstaufsichtsorganen;
d. die Mindestanforderungen an die Aufsicht in den Kantonen;
e. die Zusammenarbeit der Aufsichtsorgane.
2. Abschnitt: Unabhängige Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten
Art. 2 Zuordnung und Sitz
Die AB-ND ist dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (GS-VBS) administrativ zugeordnet. Sie hat ihren Sitz in Bern.
Art. 3 Geschäftsordnung
Die AB-ND gibt sich eine Geschäftsordnung; diese wird veröffentlicht.
Art. 4 Budget
Die AB-ND reicht den Entwurf ihres Budgets jährlich via das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) dem Bundesrat ein. Dieser leitet ihn unverändert an die Bundesversammlung weiter.
Art. 5 Zustellung von Unterlagen
¹ Unterlagen betreffend nachrichtendienstliche Aktivitäten zuhanden der Vorsteherin oder des Vorstehers des VBS, des Sicherheitsausschusses des Bundesrats, des Bundesrats oder der Organe der parlamentarischen Oberaufsicht nach Artikel 81 Absatz 1 NDG werden der AB-ND angeboten; diese entscheidet, welche Unterlagen ihr in welchen Abständen zugestellt werden.
² Das Bundesverwaltungsgericht stellt der AB-ND den Tätigkeitsbericht nach Artikel 29 Absatz 8 NDG zu.
Art. 6 Erteilung von Auskünften
¹ Wer als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter einer beaufsichtigten oder einer weiteren Verwaltungseinheit oder als Angehörige oder Angehöriger der Armee von der AB‑ND befragt wird, ist verpflichtet, vollständig und wahrheitsgetreu Auskunft zu erteilen.
² Werden mündliche Auskünfte protokolliert, so kann die befragte Person das Protokoll auf Wunsch gegenlesen. Die AB-ND kann sich die Richtigkeit des Protokolls von der befragten Person mit Unterschrift bestätigen lassen.
³ Die AB-ND kann bei beaufsichtigten Verwaltungseinheiten schriftliche Stellungnahmen einholen.
⁴ Auskunft erteilenden Personen dürfen aufgrund von wahrheitsgemässen Auskünften keinerlei Nachteile erwachsen.
3. Abschnitt: Unabhängige Kontrollinstanz für die Funk- und Kabelaufklärung
Art. 7 Zusammensetzung
¹ Die UKI setzt sich aus drei bis fünf Angehörigen der Bundesverwaltung zusammen.
² Die Mitglieder der UKI müssen über Fachkenntnisse in den Bereichen Telekommunikation, Sicherheitspolitik und Grundrechtsschutz verfügen.
³ Das VBS stellt weder den Vorsitz noch die Mehrheit der Mitglieder der UKI.
⁴ Es schlägt dem Bundesrat die Mitglieder der UKI zur Wahl vor.
Art. 8 Organisation
¹ Die UKI organisiert sich selbst; sie legt ihr Prüfprogramm fest.
² Sie verfügt über ein Sekretariat; die Mittel dafür stellt das VBS zur Verfügung.
³ Entscheide der UKI bedürfen der Zustimmung der Mehrheit ihrer Mitglieder.
Art. 9 Meldepflicht der kontrollierten Stellen
¹ Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) und der Nachrichtendienst der Armee (NDA) melden der UKI jeden neuen Funk- und Kabelaufklärungsauftrag. Sie übermitteln gleichzeitig die aktuelle und vollständige Liste aller Suchbegriffe, teilen sämtliche Änderungen dieser Liste mit und informieren über die Beendigung des Auftrags.
² Die Funk- und Kabelaufklärung beginnt unabhängig von der Aufnahme der Prüfung durch die UKI.
Art. 10 Tätigkeiten
¹ Die UKI kann zur Ausübung ihres Kontrollauftrags insbesondere folgende Prüfhandlungen durchführen:
a. Sie überprüft die Funkaufklärungsaufträge, die der NDB und der NDA dem Zentrum für elektronische Operationen (ZEO) erteilen, auf ihre Rechtmässigkeit.
b. Sie sieht die Anträge zur Kabelaufklärung, die Entscheide über Genehmigungen und Freigaben sowie die Kabelaufklärungsaufträge ein.
c. Sie sieht die Dokumente des ZEO zu Planung, Aufbau und Nutzen der Funk- und Kabelaufklärungsaufträge ein.
d. Sie untersucht die Resultate der Funk- und Kabelaufklärung stichprobenweise.
e. Sie untersucht Abläufe, Daten und Systeme des ZEO, die sie sich nach ihren Weisungen separat dokumentieren lassen kann.
f. Sie kann die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB und des NDA sowie des ZEO mündlich oder schriftlich befragen.
² Sie prüft die Funkaufklärungsaufträge in der Regel jährlich. Sie prüft den Vollzug der Kabelaufklärungsaufträge innerhalb von sechs Monaten ab Beginn der Aufklärung. Dauert die Ausführung eines Kabelaufklärungsauftrags länger als sechs Monate, so prüft sie den Vollzug mindestens jährlich.
³ Sie erstattet dem VBS jährlich Bericht über ihre Prüfungen. Das VBS stellt dem Bundesrat den Bericht zu und informiert ihn über die Empfehlungen der UKI sowie die Umsetzung der Empfehlungen.
4. Abschnitt: Kantonale Dienstaufsicht
Art. 11 Bezeichnung und Gesuche
¹ Die Kantone bezeichnen die Stellen und Aufsichtsorgane, die für die kantonale Dienstaufsichtstätigkeit verantwortlich sind, und melden diese dem GS-VBS zuhanden des NDB und der AB-ND. Änderungen müssen umgehend gemeldet werden. Das GS-VBS veröffentlicht jährlich die Liste der Stellen und Aufsichtsorgane.
² Gesuche nach Artikel 82 Absatz 4 NDG um Einsicht in Daten, die der Kanton im Auftrag des Bundes bearbeitet, können mündlich oder schriftlich an den NDB gerichtet werden.
³ Wenn wesentliche Sicherheitsinteressen es erfordern, kann der NDB der Vorsteherin oder dem Vorsteher des VBS beantragen, dem kantonalen Dienstaufsichtsorgan die Einsicht zu verweigern oder diese aufzuschieben.
⁴ Die Vorsteherin oder der Vorsteher des VBS entscheidet innerhalb von 30 Tagen über den Antrag.
Art. 12 Mindestanforderungen
¹ Das kantonale Dienstaufsichtsorgan übt seine Aufgaben nach den Kriterien der Rechtmässigkeit, der Wirksamkeit und der Zweckmässigkeit aus.
² Es prüft insbesondere, wie das kantonale Vollzugsorgan selbstständig oder aufgrund eines Auftrags des NDB Informationen beschafft, bearbeitet und weitergibt.
³ Es überprüft die Bearbeitung von Personendaten durch das kantonale Vollzugsorgan. Es kontrolliert insbesondere, ob die Daten in Übereinstimmung mit Artikel 46 Absätze 1 und 2 NDG bearbeitet werden und ob die Anforderungen des Datenschutzes, insbesondere zu Persönlichkeitsschutz und Datensicherheit, eingehalten werden.
⁴ Es überprüft die Zusammenarbeit des kantonalen Vollzugsorgans mit den kantonalen Polizeistellen.
⁵ Es informiert seine vorgesetzte Stelle jährlich oder nach Bedarf über seine Tätigkeit.
Art. 13 Zusammenarbeit mit Aufsichtsorganen des Bundes
¹ Die AB-ND informiert das kantonale Dienstaufsichtsorgan über Empfehlungen, die sie an die kantonalen Vollzugsorgane richtet.
² Sie kann das kantonale Dienstaufsichtsorgan bei Bedarf auf Antrag unterstützen.
5. Abschnitt: Zusammenarbeit der Aufsichtsorgane
Art. 14
¹ Die AB-ND und die UKI koordinieren ihre Aufsichts- und Prüftätigkeiten.
² Die UKI informiert die AB-ND über ihre Aufsichts- und Prüfergebnisse und stellt ihr die Empfehlungen und Anträge nach Artikel 79 Absatz 3 NDG sowie ihre Berichte zu.
³ Die AB-ND informiert die UKI über diejenigen Aufsichts- und Prüfergebnisse, die für die Tätigkeit der UKI relevant sind, und stellt ihr insbesondere den jährlichen Bericht nach Artikel 78 Absatz 3 NDG zu.
⁴ Die AB-ND, die UKI, die Eidgenössische Finanzkontrolle und die weiteren zuständigen Aufsichtsorgane des Bundes und der Kantone können Informationen über ihre Aufsichts- und Prüftätigkeit sowie daraus hervorgehende Erkenntnisse austauschen, sofern dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.
⁵ Das Bundesverwaltungsgericht kann sich von der AB-ND über die Einhaltung von Auflagen in Genehmigungsverfügungen sowie von der UKI über die Ergebnisse ihrer Prüftätigkeit im Bereich der Kabelaufklärung gesamthaft oder zu einzelnen Kabelaufklärungsaufträgen informieren lassen.
6. Abschnitt: Schlussbestimmungen
Art. 15 Änderung anderer Erlasse
Die Änderung anderer Erlasse wird im Anhang geregelt.
Art. 16 Übergangsbestimmung
Die Mitglieder der UKI, die nach den Bestimmungen der Verordnung vom 17. Oktober 2012³ über die elektronische Kriegsführung und die Funkaufklärung gewählt wurden, bleiben bis zum Ablauf der ordentlichen Amtsdauer im Amt.
³ SR 510.292
Art. 17 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. September 2017 in Kraft.
Anhang
(Art. 15)
Änderung anderer Erlasse
Die nachstehenden Verordnungen werden wie folgt geändert:
…⁴
⁴ Die Änderungen können unter AS 2017 4231 konsultiert werden.
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