Vereinbarung zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung von Kanada... (0.443.923.2)
CH - Schweizer Bundesrecht

Vereinbarung zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung von Kanada über die Beziehungen auf dem Gebiete des Films und der Audiovision

Abgeschlossen am 22. Oktober 1987 In Kraft getreten durch Notenaustausch am 7. April 1988 ¹  AS 1988 1351 ² Der französische Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung.
Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung von Kanada,
in Erwägung, dass die Errichtung eines Rahmens für ihre Beziehungen auf dem Gebiete des Films und der Audiovision wünschenswert ist, insbesondere auf dem­jenigen der Koproduktionen,
im Bewusstsein, dass wertvolle Koproduktionen zur Förderung der Filmkultur, der Filmindustrien und der Audiovision sowie zur Intensivierung des kulturellen und wirtschaftlichen Austausches beitragen können,
in der Überzeugung, dass diese kulturelle und wirtschaftliche Zusammenarbeit auf jeden Fall die Beziehungen zwischen den beiden Staaten verstärken wird,
sind wie folgt übereingekommen:

I. Koproduktionen

Art. I
Zum Zweck dieser Vereinbarung bezeichnen die Begriffe «Koproduktion auf dem Gebiete des Films und der Audiovision» Projekte jeder Länge und jedes Formats, einschliesslich Animations‑ und Dokumentarfilme, auf Rohfilm, Magnetoskopband oder Videoplatte, bestimmt zum Verleih an Kinos, an das Fernsehen, durch Videokassetten, Videoplatten oder jedes andere Vertriebsmittel.
Die im Rahmen der vorliegenden Vereinbarung hergestellten Koproduktionen müssen von den folgenden zuständigen Behörden gutgeheissen werden:

in Kanada:

der Ministre des Communications,

in der Schweiz:

das Bundesamt für Kulturpflege.

Diese Koproduktionen werden von jedem der beiden Staaten und innerhalb derselben als nationale Produktionen betrachtet. Unter Vorbehalt des in den beiden Staaten geltenden Rechts geniessen sie alle Vergünstigungen, die in den Film‑ und Audiovisuellen Industrien aufgrund der geltenden oder allenfalls künftigen Bestimmungen in beiden Staaten vorgesehen sind. Diese Vergünstigungen stehen nur demjenigen Produzenten zu, der aus dem Land stammt, das sie gewährt.
Art. II
Die in der vorliegenden Vereinbarung vorgesehenen Vergünstigungen finden nur auf Koproduktionen Anwendung, deren Produzenten über eine gute technische und finanzielle Organisation und über eine anerkannte Berufserfahrung verfügen.
Art. III
Die Produzenten, Drehbuchautoren und Regisseure der Koproduktionen sowie die Techniker, Darsteller und andere an der Realisation beteiligten Personen müssen kanadischer oder schweizerischer Staatsangehörigkeit sein, oder in Kanada ihren ständigen Wohnsitz haben oder in der Schweiz Ausländer im Besitze einer Niederlassungsbewilligung sein.
Die Mitwirkung von Darstellern, die nicht in Artikel 1 bezeichnet sind, kann im Hinblick auf die Bedürfnisse der Koproduktion und nach Vereinbarung unter den zuständigen Behörden beider Staaten zugelassen werden.
Art. IV
Das Verhältnis der jeweiligen Beteiligung der Koproduzenten beider Staaten kann von zwanzig (20) bis achtzig (80) Prozent des Budgets jeder Koproduktion betragen.
Die Dreharbeiten in natürlichem Dekor, aussen oder innen, in einem Land, das nicht an der Koproduktion beteiligt ist, kann gestattet werden, wenn es das Drehbuch oder die Handlung verlangen und wenn die Techniker von Kanada und der Schweiz an den Dreharbeiten teilnehmen. Die Laborarbeiten werden entweder in Kanada oder in der Schweiz durchgeführt, es sei denn, dies sei technisch nicht möglich.
Die Beteiligung des Minderheitsproduzenten muss sowohl technisch wie künstlerisch ein fühlbares Ausmass haben. Grundsätzlich soll der Minderheitsproduzent Techniker und Darsteller proportional zu seiner Beteiligung stellen. Diese Beteiligung soll mindestens aus drei Technikern, einem Darsteller in einer Hauptrolle und zwei Darstellern in Nebenrollen bestehen. Abweichungen können durch die zuständigen Behörden beider Staaten gestattet werden. Diese Behörden unterstützen den Austausch von Praktikanten.
Art. V
Die Realaufnahmen und die Animationsarbeiten wie Storyboard, Layout, Key Animation, Intervalle und die Aufnahme der Stimmen sollen in der Regel abwechslungsweise in Kanada und in der Schweiz durchgeführt werden.
Art. VI
Die zuständigen Behörden beider Staaten stehen der Realisation von Koproduktionen durch Produzenten von Kanada und der Schweiz, sowie aus Ländern, mit denen Kanada oder die Schweiz durch Koproduktionsvereinbarungen verbunden ist, wohlwollend gegenüber.
Das Verhältnis der Minderheitsbeteiligung an diesen Koproduktionen darf für jede Koproduktion nicht weniger als zwanzig (20) Prozent betragen.
Die Beteiligung des Minderheitsproduzenten muss sowohl technisch wie künstlerisch ein fühlbares Ausmass haben.
Art. VII
Jede Koproduktion muss das Schutz‑ und das Reproduktionsmaterial im Doppel aufweisen. Jeder Koproduzent ist Besitzer eines Exemplars des Schutz‑ und des Reproduktionsmaterials und berechtigt, dieses zur Anfertigung weiterer Kopien zu benutzen. Jeder Produzent hat ausserdem Zugang zum Originalmaterial, gemäss den unter den Koproduzenten vereinbarten Bedingungen. Auf Antrag der beiden Koproduzenten und unter Vorbehalt der Bewilligung der zuständigen Behörden beider Staaten, dürfen sich Koproduktionen mit kleinem Budget mit einem einzigen Exemplar von Schutz‑ und Reproduktionsmaterial begnügen. In diesem Fall würde sich das Material im Land des Mehrheitskoproduzenten befinden. Der Minderheitskoproduzent würde jederzeit Zugang zum Material haben.
Art. VIII
Das Originalband jeder Koproduktion muss in französischer oder englischer oder in deutscher oder in italienischer Sprache sein. Es kann auch gleichzeitig in zwei dieser Sprachen gedreht werden. Es können auch Dialoge in anderen Sprachen in die Koproduktion aufgenommen werden, wenn es das Drehbuch erfordert.
Die Synchronisierung oder die Untertitelung in französischer, englischer, deutscher und italienischer Sprache jeder Koproduktion findet in Kanada oder in der Schweiz statt. Jede Abweichung ist durch die zuständigen Behörden beider Staaten zu genehmigen.
Art. IX
Unter Vorbehalt des geltenden Rechts erleichtern Kanada und die Schweiz die Einreise und den Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet des den Produzenten des anderen Staates unterstellten technischen und künstlerischen Personals. Ebenso gestatten sie die zeitweilige Einfuhr und die Wiederausfuhr des für die gemäss vorliegender Vereinbarung realisierten Koproduktionen notwendigen Materials.
Art. X
Die Einnahmen werden grundsätzlich im Verhältnis zum Gesamtbeitrag jedes Produzenten aufgeteilt, mit der Genehmigung der zuständigen Behörden beider Staaten. Die Verteilung erfolgt entweder durch eine Teilung der Erlöse oder durch eine Teilung der Märkte oder durch eine Kombination beider Möglichkeiten, wobei die unterschiedlichen Marktgrössen der Unterzeichnerstaaten zu berücksichtigen sind.
Art. XI
Die Genehmigung eines Koproduktionsprojektes durch die zuständigen Behörden beider Staaten verpflichtet keines von ihnen zur Erteilung einer Vorführerlaubnis der so realisierten Koproduktion.
Art. XII
Soll eine Koproduktion nach einem Land exportiert werden, wo die Einfuhr von Filmen und audiovisuellen Produktionen kontingentiert ist, wird:
a) diese Koproduktion grundsätzlich dem Kontingent des Landes mit mehrheitlicher Beteiligung angerechnet;
b) diese Koproduktion dem Kontingent des Landes, das über die besseren Ausfuhrmöglichkeiten verfügt, angerechnet, falls beide Koproduzenten die gleiche Beteiligung aufweisen;
c) diese Koproduktion dem Kontingent des Landes, dessen Staatsangehöriger der Regisseur ist, angerechnet, falls die Anwendung der Klauseln a und b Schwierigkeiten bereitet.
Art. XIII
Eine Koproduktion muss mit dem Hinweis «Koproduktion Kanada‑Schweiz» oder «Koproduktion Schweiz‑Kanada» vorgeführt werden, je nach Herkunft des Mehrheitskoproduzenten oder gemäss Vereinbarung unter den Koproduzenten.
Dieser Hinweis muss im Titelvorspann und im Werbematerial der Koproduktion und bei seiner Vorführung ersichtlich sein.
Art. XIV
Die Vorführung von Koproduktionsfilmen im Rahmen von Filmfestivals erfolgt durch das Land des Mehrheitskoproduzenten, es sei denn, die Koproduzenten haben anders entschieden oder, bei gleichen finanziellen Beteiligungen, durch das Herkunftsland des Regisseurs.
Art. XV
Die zuständigen Behörden beider Staaten bestimmen zusammen die Verfahrens­regeln für die Koproduktion unter Berücksichtigung des in Kanada und der Schweiz geltenden Rechts. Diese Verfahrensregeln liegen dieser Vereinbarung bei.

II. Filmaustausch

Art. XVI
Die Einfuhr, der Vertrieb und die Auswertung der schweizerischen Filme und audio­visuellen Produktionen in Kanada und der kanadischen Filme und audiovisuellen Produktionen in der Schweiz unterliegen keiner Einschränkung, unter Vorbehalt des in beiden Staaten geltenden Rechts.
Es wäre wünschenswert, wenn die Synchronisierung oder die Untertitelung ins Englische für jede in Kanada verliehene und ausgewertete schweizerische Produk­tion in diesem Land ausgeführt würde und die Synchronisierung oder die Untertitelung ins Deutsche oder Italienische für jede in der Schweiz verliehene und ausgewertete kanadische Produktion in diesem Land ausgeführt würde.

III. Allgemeine Bestimmungen

Art. XVII
Während der Geltungsdauer dieser Vereinbarung soll ein generelles Gleichgewicht sowohl betreffend die finanzielle Beteiligung angestrebt werden, als auch betreffend das filmgestaltende Personal, die Techniker, die Darsteller und die technischen Mittel (Ateliers und Labors), unter Beachtung der Eigenheiten eines jeden der beiden Länder.
Die zuständigen Behörden der beiden Staaten prüfen die Anwendungsbedingungen der vorliegenden Vereinbarung, um die durch ihre Umsetzung entstehenden Schwierigkeiten zu beheben. Sie empfehlen die allenfalls notwendigen Änderungen zur Förderung der Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Films und der audiovisuellen Produktion im gemeinsamen Interesse beider Staaten.
Es wird eine Gemischte Kommission zur Überprüfung der Anwendung der Vereinbarung eingesetzt. Die Gemischte Kommission prüft, ob dieses Gleichgewicht beachtet wurde und entscheidet im gegenteiligen Fall die zur Herstellung dieses Gleichgewichts notwendigen Massnahmen. Sie tritt in der Regel alle zwei Jahre abwechslungsweise im einen und dem anderen Land zusammen. Sie kann jedoch auf Antrag einer der zuständigen Behörden einberufen werden, insbesondere bei wichtigen Änderungen der für den Film und die audiovisuelle Produktion in dem einen oder anderen Staat geltenden rechtlichen Bestimmungen, oder für den Fall, dass die Anwendung der Vereinbarung besonders schwerwiegende Probleme verursachen sollte. Die Gemischte Kommission soll in einer Zeitspanne von sechs (6) Monaten nach ihrer Einberufung durch eine der beiden Parteien zusammentreten.
Art. XVIII
Die vorliegende Vereinbarung ist vom Tage der Unterzeichnung provisorisch anwendbar. Sie tritt in Kraft sobald die Parteien sich gegenseitig den Abschluss der internen Verfahren notifiziert haben.
Diese Vereinbarung wird für die Dauer von drei Jahren ab Datum des Inkrafttretens geschlossen; sie wird stillschweigend für den gleichen Zeitraum erneuert, sofern sie nicht durch eine der Vertragsparteien sechs (6) Monate vor Ablauf gekündigt wird. Die zur Zeit der Kündigung der Vereinbarung laufenden Koproduktionen geniessen bis zu ihrer vollständigen Realisierung alle ihre Vergünstigungen. Nach dem für den Ablauf der vorliegenden Vereinbarung vorgesehenen Datum wird diese weiterhin die Liquidation der Erlöse der Koproduktionen bestimmen.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten, jeder von seiner Regierung hiezu gehörig befugt, die vorliegende Vereinbarung unterzeichnet.
So vereinbart und in zwei Exemplaren in französischer und englischer Sprache am 22. Oktober 1987 in Bern ausgefertigt, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Für die
Regierung von Kanada:

Flavio Cotti

Flora MacDonald

Anhang

Verfahrensregeln

Um in den Genuss der in der vorliegenden Vereinbarung vorgesehenen Vergünstigungen zu gelangen, müssen die Bewerber ihre Gesuche gleichzeitig bei beiden Behörden mindestens dreissig (30) Tage vor Beginn der Dreharbeiten der Koproduktion hinterlegen. Die Behörden des Landes des Produzenten mit Mehrheitsbeteiligung müssen ihren Vorschlag denjenigen des Landes des Produzenten mit Minderheitsbeteiligung innerhalb von zwanzig (20) Tagen, gerechnet von der Einreichung der vollständigen Unterlagen wie unten bezeichnet, unterbreiten. Die Behörden des Staates mit Minderheitsbeteiligung müssen ihrerseits ihren Entscheid innerhalb der zwanzig (20) folgenden Tage übermitteln.
Die Zulassungsunterlagen müssen folgende Dokumente beinhalten, abgefasst in französischer oder englischer Sprache für Kanada und in französischer, deutscher oder italienischer Sprache für die Schweiz:
I. Das endgültige Drehbuch.
II. Der Nachweis über den gesetzlichen Erwerb der die Koproduktion be­tref­fenden Autorenrechte.
III. Ein Exemplar des durch die Koproduzenten unterzeichneten Koproduk­tionsvertrages.
Der Vertrag muss folgendes enthalten: 1. den Titel der Koproduktion;
2. den Namen des Drehbuchautors oder des Bearbeiters, wenn es sich um die Bearbeitung eines literarischen Werkes handelt;
3. den Namen des Regisseurs (wobei für seine allfällige Ersetzung ein Vorbehalt gestattet ist);
4. den Kostenvoranschlag;
5. den Finanzierungsplan;
6. die Verteilung der Erlöse oder der Märkte;
7. die Beteiligung jedes Koproduzenten an allfälligen Überschreitungen oder Einsparungen. Grundsätzlich steht diese Verteilung im Verhältnis zur jeweiligen Beteiligung. Der Anteil des Minderheitskoproduzenten an den Überschreitungen kann jedoch auf einen niedrigeren Prozentsatz oder auf einen bestimmten Betrag beschränkt werden, sofern das in Artikel IV der Vereinbarung vorgesehene Mindestverhältnis eingehalten wird,
8. eine Klausel, die anerkennt, dass die Zulassung zu den Vergünstigungen der Vereinbarung die zuständigen Behörden der beiden Länder nicht verpflichtet, eine Vorführerlaubnis zu gewähren;
9. eine Klausel, die bestimmt, was geschehen soll, wenn (a) nach Untersuchung der vollständigen Unterlagen die zuständigen Behörden des einen oder des anderen Staates die Genehmigung der Vergünstigungen nicht erteilen;
(b) die zuständigen Behörden die Auswertung der Koproduktion in dem einen oder dem anderen Staate oder ihre Ausfuhr nach Drittländern nicht gestattet;
(c) die eine oder die andere Partei ihren Verpflichtungen nicht nachkommt;
10. den Zeitpunkt, an dem die Dreharbeiten beginnen sollen;
11. eine Klausel, die bestimmt, dass der Mehrheitskoproduzent eine Versicherung über «alle Produktionsrisiken» und «alle Originalmaterialrisiken» abschliessen muss.
IV. Den Verleihvertrag, sofern er schon unterzeichnet ist.
V. Eine Liste des künstlerischen und technischen Personals unter Angabe ihrer Staatsangehörigkeit und die den Darstellern zugedachten Rollen.
Vl. Einen Arbeitsplan.
VII. Einen detaillierten, die Verteilung der Kosten unter den beiden Staaten aufzeigenden Kostenvoranschlag.
VIII. Eine Synopsis.
Die beiden zuständigen Behörden können überdies alle Dokumente und alle zusätzlichen für notwendig erachteten Angaben verlangen.
Das Script (Einstellungsliste) und die Dialoge der Koproduktionen müssen grundsätzlich den zuständigen Behörden vor Beginn der Dreharbeiten zugestellt werden.
Änderungen, einschliesslich der Wechsel eines Koproduzenten, können in der Originalvereinbarung vorgenommen werden. Sie müssen den zuständigen Behörden der beiden Staaten vor Beendigung der Koproduktion unterbreitet werden. Das Ersetzen eines Koproduzenten ist nur in Ausnahmefällen, für Gründe, die von beiden zuständigen Behörden als gültig anerkannt werden, zulässig.
Die zuständigen Behörden halten sich gegenseitig über ihre Entscheide auf dem Laufenden.
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