Reglement über die Archivierung beim Bundesstrafgericht (152.12)
CH - Schweizer Bundesrecht

Reglement über die Archivierung beim Bundesstrafgericht

vom 17. Januar 2006 (Stand am 21. November 2006)
Das Bundesstrafgericht,
gestützt auf Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d und 4 Absatz 4 des Archivierungsgesetzes vom 26. Juni 1998¹ (BGA),
beschliesst:
¹ SR 152.1

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Zweck und Geltungsbereich
(Art. 1 BGA)
¹ Dieses Reglement regelt die Archivierung von Unterlagen des Bundesstrafgerichts und die Einsichtnahme in die Unterlagen durch Dritte.
² Für laufende Verfahren bleibt das Prozessrecht vorbehalten.
³ Im Übrigen finden das BGA und die Archivierungsverordnung vom 8. September 1999² Anwendung.
² SR 152.11

2. Abschnitt: Archivierung und Sicherung der Unterlagen

Art. 2 Grundsatz
(Art. 2 BGA)
¹ Archivwürdige Unterlagen des Bundesstrafgerichts werden dauerhaft archiviert.
² Rechtlich, politisch, wirtschaftlich, historisch, sozial oder kulturell für die Geschichte und die Entwicklung des Bundesstrafgerichts wertvolle Akten werden archiviert.
Art. 3 Strafakten
¹ Entscheidet das Bundesstrafgericht als Beschwerdeinstanz oder erstinstanzlich, so werden die Verfahrensakten dauerhaft archiviert.
² Der Präsident oder die Präsidentin des Spruchkörpers kann in einem konkreten Fall weitere Akten beilegen.
Art. 4 Akten über Telefonkontrollen und verdeckte Ermittlungen
Akten über Telefonkontrollen und verdeckte Ermittlungen werden separat aufbewahrt. Sie können vorbehältlich einer gesetzlichen Regelung nicht durch Dritte eingesehen werden.
Art. 5 Personal- und Buchhaltungsakten
¹ Die Personalakten werden nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992³ über den Datenschutz archiviert.
² Die Buchhaltungsakten werden unter Berücksichtigung des geltenden Bundesrechts archiviert.
³ SR 235.1
Art. 6 Bibliothek und Informatik
Für die Bibliothek und die Informatik gelten besondere Bestimmungen.
Art. 7 Weitere Administrativunterlagen
Der Gerichtspräsident oder die Gerichtspräsidentin und der Generalsekretär oder die Generalsekretärin entscheiden in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich über die Modalitäten der Archivierung weiterer Administrativunterlagen.
Art. 8 Von anderen Behörden zur Verfügung gestellte Akten
Akten (Verfahrensakten, Beweismittel usw.), welche von anderen Behörden zur Verfügung gestellt wurden, werden nach Abschluss des Verfahrens der zustellenden Behörde zurückgegeben.
Art. 9 Zuständigkeiten
¹ Der Generalsekretär oder die Generalsekretärin ist für die Organisation und die Verwaltung des Archivs zuständig. Er oder sie erlässt die entsprechenden Weisungen.
² Die Kanzlei bereitet die zu archivierenden Akten vor.
³ Der oder die Verantwortliche für Logistik und Sicherheit ist für die sichere Aufbewahrung der Akten zuständig und betreut die dafür vorgesehenen Räumlichkeiten.

3. Abschnitt: Zugänglichkeit des Archivguts für Dritte

Art. 10 Schutzfrist
(Art. 9 und 11 BGA)
¹ Grundsätzlich gilt die Schutzfrist von 30 Jahren nach Artikel 9 BGA.
² Verfahrensakten unterstehen der längeren Schutzfrist von 50 Jahren nach Artikel 11 BGA, sofern am Verfahren nicht ausschliesslich öffentlich-rechtliche Institutionen oder Anstalten teilgenommen haben.
³ Für andere Unterlagen beträgt die Schutzfrist 50 Jahre, sofern sie besonders schützenswerte Personendaten enthalten.
⁴ Für die Protokolle des Gesamtgerichts, der Gerichtsleitung und der Kammern beträgt die Schutzfrist 50 Jahre.
Art. 11 Berechnung der Schutzfrist
(Art. 10 BGA)
¹ Grundsätzlich gilt die Schutzfrist für alle Verfahrensakten.
² Die Schutzfrist beginnt für die Verfahrensakten mit dem Entscheiddatum zu laufen; für die übrigen Akten ist die Datumsangabe des jüngsten Dokuments massgebend.
³ Beigefügte Unterlagen, die keine relevanten Informationen enthalten, sind für die Berechnung der Schutzfrist nicht massgebend.
Art. 12 Verlängerung der Schutzfrist
(Art. 12 BGA)
¹ Besteht im Einzelfall bei Archivgut ein überwiegendes, schutzwürdiges öffent­liches oder privates Interesse gegen die Einsichtnahme durch Dritte, so kann die Schutzfrist durch Beschluss der Gerichtsleitung verlängert werden.
² Der Generalsekretär oder die Generalsekretärin führt eine der Öffentlichkeit zugängliche Liste über die Akten, für welche eine solche Verlängerung beschlossen wurde.
Art. 13 Einsichtnahme während der Schutzfrist
(Art. 13 BGA)
¹ Die Einsichtnahme während der Schutzfrist kann, sofern der Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin ein schutzwürdiges Interesse nachweist, insbesondere gewährt werden, wenn:
a. ein Einverständnis der betroffenen Personen vorliegt;
b. die betroffenen Personen seit mindestens drei Jahren verstorben sind;
c. die Unterlagen bereits der Öffentlichkeit zugänglich waren und keine neuen Erkenntnisse einer Einsichtnahme entgegenstehen; oder
d. es für eine wissenschaftliche Tätigkeit unter Wahrung des Schutzzwecks gerechtfertigt erscheint.
² Aus Gründen des Persönlichkeits- und Geheimnisschutzes kann die Einsichtnahme auf einen Teil der Akten beschränkt werden. Die zur Einsicht herausgegebenen Akten können anonymisiert werden.
Art. 14 Einsichtnahme nach Ablauf der Schutzfrist
¹ Nach Ablauf der Schutzfrist kann jede Person das Archivgut einsehen.
² Grundsätzlich hat die Einsichtnahme in den Räumlichkeiten des Gerichts zu erfolgen.
Art. 15 Gesuch um Einsichtnahme
¹ Das Gesuch um Einsichtnahme ist beim Generalsekretariat schriftlich einzureichen.
² Das Gesuch hat folgende Angaben zu enthalten:
a. die Personalien des Gesuchstellers oder der Gesuchstellerin;
b. eine möglichst genaue Angabe der Akten, auf welche sich das Gesuch bezieht;
c. den Einsichtsgrund, sofern das Gesuch vor Ablauf der Schutzfrist gestellt wird.
Art. 16 Entscheid
¹ Der Generalsekretär oder die Generalsekretärin entscheidet über Gesuche um Einsichtnahme.
² Die Abweisung des Gesuchs oder die Beschränkung der Einsichtnahme muss begründet werden. Auf Verlangen ist ein anfechtbarer Entscheid zu erlassen.
Art. 17 Beschränkungen
¹ Die Berechtigung, Akten einzusehen, befreit den Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin nicht von der Pflicht zur Wahrung des Persönlichkeits- und Geheimnisschutzes.
² Die Einsichtnahme kann im Einzelfall weiteren Beschränkungen unterstehen.
³ Vom Gesuchsteller oder von der Gesuchstellerin kann verlangt werden, die Kenntnisnahme der Beschränkungen schriftlich zu bestätigen.

4. Abschnitt: Rechtsmittel, Gebühren und Inkrafttreten

Art. 18 ⁴ Beschwerde
Die Beschwerdemöglichkeit richtet sich nach den Artikeln 82−89 des Bundes­gerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005⁵.
⁴ Fassung gemäss Ziff. I der V des BstGer vom 29. Aug. 2006, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2006 4457 ).
⁵ SR 173.110
Art. 19 Gebühren
¹ Die Dienstleistungen des Gerichts, welche die Einsichtnahme betreffen, sind unentgeltlich, soweit sie keinen aussergewöhnlichen Aufwand erfordern.
² Weitergehende Dienstleistungen und das Kopieren von Unterlagen werden nach Zeit- und Materialaufwand berechnet.
³ Im Übrigen gilt die Verordnung vom 24. August 1994⁶ über die Verwaltungs­gebühren des Bundesgerichts sinngemäss.
⁶ SR 173.118.2
Art. 20 Inkrafttreten
Dieses Reglement tritt rückwirkend am 1. Januar 2006 in Kraft.
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