Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht (0.211.312.1)
CH - Schweizer Bundesrecht

Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht

Abgeschlossen in Den Haag am 5. Oktober 1961 Von der Bundesversammlung genehmigt am 8. Juni 1971¹ Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 18. August 1971 In Kraft getreten für die Schweiz am 17. Oktober 1971 (Stand am 14. Februar 2014) ¹ AS 1971 1369
Die Unterzeichnerstaaten dieses Übereinkommens,
in dem Wunsch, gemeinsame Regeln zur Lösung der Frage des auf die Form letzt­williger Verfügungen anzuwendenden Rechtes aufzustellen,
haben beschlossen, zu diesem Zweck ein Übereinkommen zu schliessen, und die folgenden Bestimmungen vereinbart:
Art. 1
Eine letztwillige Verfügung ist hinsichtlich ihrer Form gültig, wenn diese dem innerstaatlichen Recht entspricht:
a) des Ortes, an dem der Erblasser letztwillig verfügt hat, oder
b) eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes besessen hat, oder
c) eines Ortes, an dem der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz gehabt hat, oder
d) des Ortes, an dem der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat, oder
e) soweit es sich um unbewegliches Vermögen handelt, des Ortes, an dem sich dieses befindet.
Ist die Rechtsordnung, die auf Grund der Staatsangehörigkeit anzuwenden ist, nicht vereinheitlicht, so wird für den Bereich dieses Übereinkommens das anzuwendende Recht durch die innerhalb dieser Rechtsordnung geltenden Vorschriften, mangels solcher Vorschriften durch die engste Bindung bestimmt, die der Erblasser zu einer der Teilrechtsordnungen gehabt hat, aus denen sich die Rechtsordnung zusam­men­setzt.
Die Frage, ob der Erblasser an einem bestimmten Ort einen Wohnsitz gehabt hat, wird durch das an diesem Orte geltende Recht geregelt.
Art. 2
Artikel 1 ist auch auf letztwillige Verfügungen anzuwenden, durch die eine frühere letztwillige Verfügung widerrufen wird.
Der Widerruf ist hinsichtlich seiner Form auch dann gültig, wenn diese einer der Rechtsordnungen entspricht, nach denen die widerrufene letztwillige Verfügung gemäss Artikel 1 gültig gewesen ist.
Art. 3
Dieses Übereinkommen berührt bestehende oder künftige Vorschriften der Vertrags­staaten nicht, wodurch letztwillige Verfügungen anerkannt werden, die der Form nach entsprechend einer in den vorangehenden Artikeln nicht vorgesehenen Rechts­ordnung errichtet worden sind.
Art. 4
Dieses Übereinkommen ist auch auf die Form letztwilliger Verfügungen anzu­wen­den, die zwei oder mehrere Personen in derselben Urkunde errichtet haben.
Art. 5
Für den Bereich dieses Übereinkommens werden die Vorschriften, welche die für letztwillige Verfügungen zugelassenen Formen mit Beziehung auf das Alter, die Staatsangehörigkeit oder andere persönliche Eigenschaften des Erblassers beschrän­ken, als zur Form gehörend angesehen. Das gleiche gilt für Eigenschaften, welche die für die Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung erforderlichen Zeugen besitzen müssen.
Art. 6
Die Anwendung der in diesem Übereinkommen aufgestellten Regeln über das anzuwendende Recht hängt nicht von der Gegenseitigkeit ab. Das Übereinkommen ist auch dann anzuwenden, wenn die Beteiligten nicht Staatsangehörige eines Ver­tragsstaates sind oder das auf Grund der vorangehenden Artikel anzuwendende Recht nicht das eines Vertragsstaates ist.
Art. 7
Die Anwendung eines durch dieses Übereinkommen für massgebend erklärten Rechtes darf nur abgelehnt werden, wenn sie mit der öffentlichen Ordnung offen­sichtlich unvereinbar ist.
Art. 8
Dieses Übereinkommen ist in allen Fällen anzuwenden, in denen der Erblasser nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens gestorben ist.
Art. 9
Jeder Vertragsstaat kann sich, abweichend von Artikel 1 Absatz 3, das Recht vorbe­halten, den Ort, an dem der Erblasser seinen Wohnsitz gehabt hat, nach dem am Gerichtsort geltenden Rechte zu bestimmen.
Art. 10
Jeder Vertragsstaat kann sich das Recht vorbehalten, letztwillige Verfügungen nicht anzuerkennen, die einer seiner Staatsangehörigen, der keine andere Staats­ange­hörigkeit besass, ausgenommen den Fall aussergewöhnlicher Umstände, in münd­licher Form errichtet hat.
Art. 11
Jeder Vertragsstaat kann sich das Recht vorbehalten, bestimmte Formen im Ausland errichteter letztwilliger Verfügungen auf Grund der einschlägigen Vorschriften sei­nes Rechtes nicht anzuerkennen, wenn sämtliche der folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
a) Die letztwillige Verfügung ist hinsichtlich ihrer Form nur nach einem Rechte gültig, das ausschliesslich auf Grund des Ortes anzuwenden ist, an dem der Erblasser sie errichtet hat,
b) der Erblasser war Staatsangehöriger des Staates, der den Vorbehalt erklärt hat,
c) der Erblasser hatte in diesem Staat einen Wohnsitz oder seinen gewöhn­li­chen Aufenthalt und
d) der Erblasser ist in einem anderen Staate gestorben als in dem, wo er letztwil­lig verfügt hatte.
Dieser Vorbehalt ist nur für das Vermögen wirksam, das sich in dem Staate befindet, der den Vorbehalt erklärt hat.
Art. 12
Jeder Vertragsstaat kann sich das Recht vorbehalten, die Anwendung dieses Über­einkommens auf Anordnungen in einer letztwilligen Verfügung auszuschliessen, die nach seinem Rechte nicht erbrechtlicher Art sind.
Art. 13
Jeder Vertragsstaat kann sich, abweichend von Artikel 8, das Recht vorbehalten, dieses Übereinkommen nur auf letztwillige Verfügungen anzuwenden, die nach dessen Inkrafttreten errichtet worden sind.
Art. 14
Dieses Übereinkommen liegt für die bei der Neunten Tagung der Haager Konferenz für internationales Privatrecht vertretenen Staaten zur Unterzeichnung auf.
Es bedarf der Ratifizierung; die Ratifikationsurkunden sind beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu hinterlegen.
Art. 15
Dieses Übereinkommen tritt am sechzigsten Tage nach der gemäss Artikel 14 Absatz 2 vorgenommenen Hinterlegung der dritten Ratifikationsurkunde in Kraft.
Das Übereinkommen tritt für jeden Unterzeichnerstaat, der es später ratifiziert, am sechzigsten Tage nach Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft.
Art. 16
Jeder bei der Neunten Tagung der Haager Konferenz für internationales Privatrecht nicht vertretene Staat kann diesem Übereinkommen beitreten, nachdem es gemäss Artikel 15 Absatz 1 in Kraft getreten ist. Die Beitrittsurkunde ist beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu hinterlegen.
Das Übereinkommen tritt für den beitretenden Staat am sechzigsten Tage nach Hinterlegung seiner Beitrittsurkunde in Kraft.
Art. 17
Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung, bei der Ratifizierung oder beim Beitritt erklären, dass dieses Übereinkommen auf alle oder auf einzelne der Gebiete ausge­dehnt werde, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt. Eine solche Erklä­rung wird wirksam, sobald das Übereinkommen für den Staat, der sie abgegeben hat, in Kraft tritt.
Später kann dieses Übereinkommen auf solche Gebiete durch eine an das Ministe­rium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande gerichtete Notifikation aus­gedehnt werden.
Das Übereinkommen tritt für die Gebiete, auf die sich die Ausdehnung erstreckt, am sechzigsten Tage nach der in Absatz 2 vorgesehenen Notifikation in Kraft.
Art. 18
Jeder Staat kann spätestens bei der Ratifizierung oder beim Beitritt einen oder meh­rere der in den Artikeln 9, 10, 11, 12 und 13 vorgesehenen Vorbehalte erklären. Andere Vorbehalte sind nicht zulässig.
Ebenso kann jeder Vertragsstaat bei der Notifikation einer Ausdehnung des Über­einkommens gemäss Artikel 17 einen oder mehrere dieser Vorbehalte für alle oder einzelne der Gebiete, auf die sich die Ausdehnung erstreckt, erklären.
Jeder Vertragsstaat kann einen Vorbehalt, den er erklärt hat, jederzeit zurückziehen. Diese Zurückziehung ist dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren.
Die Wirkung des Vorbehalts erlischt am sechzigsten Tage nach der in Absatz 3 vorgesehenen Notifikation.
Art. 19
Dieses Übereinkommen gilt für die Dauer von fünf Jahren, gerechnet von seinem Inkrafttreten gemäss Artikel 15 Absatz 1, und zwar auch für Staaten, die es später ratifiziert haben oder ihm später beigetreten sind.
Die Geltungsdauer des Übereinkommens verlängert sich, ausser im Falle der Kün­digung, stillschweigend um jeweils fünf Jahre.
Die Kündigung ist spätestens sechs Monate, bevor der Zeitraum von fünf Jahren jeweils abläuft, dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren.
Sie kann sich auf bestimmte Gebiete, auf die das Übereinkommen anzuwenden ist, beschränken.
Die Kündigung wirkt nur für den Staat, der sie notifiziert hat. Für die anderen Ver­tragsstaaten bleibt das Übereinkommen in Kraft.
Art. 20
Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande notifiziert den in Artikel 14 bezeichneten Staaten sowie den Staaten, die gemäss Artikel 16 beigetre­ten sind:
a) die Unterzeichnungen und Ratifikationen gemäss Artikel 14;
b) den Tag, an dem dieses Übereinkommen gemäss Artikel 15 Absatz 1 in Kraft tritt;
c) die Beitrittserklärungen gemäss Artikel 16 sowie den Tag, an dem sie wirk­sam werden;
d) die Erklärungen über die Ausdehnung gemäss Artikel 17 sowie den Tag, an dem sie wirksam werden;
e) die Vorbehalte und Zurückziehungen von Vorbehalten gemäss Artikel 18;
f) die Kündigungen gemäss Artikel 19 Absatz 3.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die gehörig bevollmächtigten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.
Geschehen in Den Haag, am 5. Oktober 1961, in englischer und französischer Spra­che, wobei im Falle von Abweichungen der französische Wortlaut massgebend ist, in einer einzigen Ausfertigung, die im Archiv der Regierung der Niederlande hin­terlegt und von der jedem bei der Neunten Tagung der Haager Konferenz für inter­nationales Privatrecht vertretenen Staat eine beglaubigte Abschrift auf diplomati­schem Weg übermittelt wird.
(Es folgen die Unterschriften)

Geltungsbereich am 14. Februar 2014 ²

² AS 1971 1370 , 1976 1944 , 1978 803 , 1979 1014 , 1982 1359 , 1983 1434 , 1985 1374 , 1987 497 , 1988 2025 , 1994 1795 , 2005 4939 , 2009 3149 und 2014 545 . Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereiches findet sich auf der Internetseite des EDA (www.eda.admin.ch/vertraege).

Vertragsstaaten

Ratifikation

Beitritt (B)

Nachfolge­erklärung (N)

Inkrafttreten

Albanien*

25. Oktober

2013 B

24. Dezember

2013

Antigua und Barbuda

17. Mai

1985 N

  1. November

1981

Armenien*

  1. März

2007 B

30. April

2007

Australien*

22. September

1986 B

21. November

1986

    Australisches Antarktis-    Territorium

22. September

1986 B

21. November

1986

    Bundesstaaten Australiens und     Territorien Australiens auf dem     Kontinent

22. September

1986 B

21. November

1986

    Korallensee-Territorium

22. September

1986 B

21. November

1986

    Territorium der Insel Heard und     der Mc Donald-Inseln

22. September

1986 B

21. November

1986

Belgien*

20. Oktober

1971

19. Dezember

1971

Bosnien und Herzegowina

  1. Oktober

1993 N

  6. März

1992

Botsuana*

18. November

1968 B

17. Januar

1969

Brunei

10. Mai

1988 B

  9. Juli

1988

China

    Hongkonga

16. Juni

1997

  1. Juli

1997

Dänemark

21. Juli

1976

19. September

1976

Deutschland

  2. November

1965

  1. Januar

1966

Estland*

13. Mai

1998 B

12. Juli

1998

Fidschi*

19. Juli

1971 N

10. Oktober

1970

Finnland

24. Juni

1976

23. August

1976

Frankreich*

20. September

1967

19. November

1967

    Europäische Departemente,
    Überseeische Departemente und     Gebiete

20. September

1967 B

19. November

1967

Grenada

  3. Juni

1985 N

  7. Februar

1974

Griechenland

  3. Juni

1983

  2. August

1983

Irland

  3. August

1967 B

  2. Oktober

1967

Israel

11. November

1977 B

10. Januar

1978

Japan

  3. Juni

1964

  2. August

1964

Kroatien

23. April

1993 N

  8. Oktober

1991

Lesotho

  1. Juni

1977 N

  4. Oktober

1966

Luxemburg*

  7. Dezember

1978

  5. Februar

1979

Mauritius

24. August

1970 N

12. März

1968

Mazedonien

23. September

1993 N

  8. September

1991

Moldau*

11. August

2011 B

10. Oktober

2011

Montenegro

  1. März

2007 N

  3. Juni

2006

Niederlande*

  2. Juni

1982

  1. August

1982

    Aruba

  1. Januar

1986

  2. März

1986

Norwegen

  2. November

1972

  1. Januar

1973

Österreich*

28. Oktober

1963

  5. Januar

1964

Polen*

  3. September

1969 B

  2. November

1969

Schweden

  9. Juli

1976

  7. September

1976

Schweiz*

18. August

1971

10. Oktober

1971

Serbien

26. April

2001 N

  5. Januar

1964

Slowenien

  8. Juni

1992 N

25. Juni

1991

Spanien

11. April

1988

10. Juni

1988

Südafrika*

  5. Oktober

1970 B

  4. Dezember

1970

Swasiland*

23. November

1970 B

22. Januar

1971

Tonga*

10. August

1978 N

14. Februar

1965

Türkei*

23. August

1983 B

22. Oktober

1983

Ukraine*

15. März

2011 B

14. Mai

2011

Vereinigtes Königreich*

  6. November

1963

  5. Januar

1964

    Anguilla*

  6. November

1963

  5. Januar

1964

    Bermudas*

  6. November

1963

  5. Januar

1964

    Britische Jungferninseln*

16. Dezember

1964 B

14. Februar

1965

    Falklandinseln*

  6. November

1963

  5. Januar

1964

    Gibraltar*

  6. November

1963

  5. Januar

1964

    Insel Man*

  6. November

1963

  5. Januar

1964

    Kaimaninseln*

  6. November

1963

  5. Januar

1964

    Montserrat*

  6. November

1963

  5. Januar

1964

    St. Helena und Nebengebiete
    (Ascension und Tristan da
    Cunha)*

  6. November

1963

  5. Januar

1964

    Turks- und Caicosinseln*

  6. November

1963

  5. Januar

1964

* Vorbehalte und Erklärungen.
Die Vorbehalte und Erklärungen werden in der AS nicht veröffentlicht, mit Ausnahme jener der Schweiz. Die französischen und englischen Texte können auf der Internetseite der Haager Konferenz: http://hcch.e-vision.nl/index_fr.php eingesehen oder bei der Direktion für Völkerrecht, Sektion Staatsverträge, 3003 Bern, bezogen werden
a
Vom 23. August 1968 bis zum 30. Juni 1997 war das Übereinkommen auf Grund einer Ausdehnungserklärung des VereinigtenKönigreichs in Hongkong anwendbar. Seit dem 1. Juli 1997 bildet Hongkong eine besondere Verwaltungsregion (SAR) der Volksrepublik China. Auf Grund der chinesischen Erklärung vom 16. Juni 1997 ist das Übereinkommen seit dem 1. Juli 1997 auch in der SAR Hongkong anwendbar.

Vorbehalte und Erklärungen

Schweiz ³
Anlässlich der Ratifikation des Übereinkommens hat die Schweiz den Vorbehalt gemäss Artikel 10 geltend gemacht. Sie wird infolge dessen letztwillige Verfügun­gen nicht anerkennen, die einer ihrer Staatsangehörigen, der keine andere Staats­angehörigkeit besass, ausgenommen den Fall aussergewöhnlicher Umstände, in mündlicher Form errichtet hat.
³ BB vom 8. Juni 1971 ( AS 1971 1369 )
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