Vereinbarung (0.512.145.41)
CH - Schweizer Bundesrecht

Vereinbarung

zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der italienischen Republik über die Durchführung von gemeinsamen Aktivitäten im Rahmen der militärischen Schulung und Ausbildung ihrer Streitkräfte Abgeschlossen am 24. Mai 2004 In Kraft getreten durch Notenaustausch am 11. April 2006 (Stand am 11. April 2006)
Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der italienischen Republik,
nachfolgend als «die Parteien» bezeichnet:
Präambel
bekräftigen ihre Bindung an die Charta der Vereinten Nationen¹,
vom Wunsche geleitet, die Ausbildungszusammenarbeit innerhalb der Partnerschaft für den Frieden der NATO auszubauen und zu verstärken,
unter Hinweis auf die bestehende Ausbildungszusammenarbeit zwischen den Streitkräften der Schweiz und der Italienischen Republik,
und im Wunsche, die bilateralen Beziehungen zwischen den Streitkräften der Par­teien zu vertiefen, wodurch ihre Erfahrung, ihr Fachwissen und die Ausbildungsdoktrin im möglichen Rahmen von Politik, Gesetzgebung und Vorschriften in der Schweiz und in der Italienischen Republik beiden Parteien gleichermassen zu Gute kommen,
in dem Bestreben, die Kooperationsfähigkeit insbesondere im Bereich friedensunterstützender Operationen zu erlangen,
vom Wunsche geleitet, den gegenseitigen Informationsaustausch unter den Streitkräften namentlich durch Besuche und Personalaustausche zu fördern,
im Bewusstsein, dass die Streitkräfte beider Parteien auf dem Hoheitsgebiet der anderen Partei Schulungen und Übungen durchführen dürfen,
im Wunsche, die Verfahren für Vorbereitung und Durchführung der militärischen Schulung und Ausbildung zu erleichtern,
in der Überzeugung, dass eine bilaterale Ausbildungszusammenarbeit den Parteien dabei nützlich sein wird, die sich im Militärbereich stellenden Fragen besser zu verstehen, ihre jeweiligen Verteidigungskapazitäten zu steigern und den Einsatz der vorhandenen Ressourcen im Bereich Ausbildung noch effizienter zu gestalten,
auf der Grundlage des Übereinkommens vom 19. Juni 1995² zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen sowie des Zusatzprotokolls vom 19. Juni 1995³ zu eben diesem Übereinkommen, beide abgeschlossen in Brüssel, für die Schweiz am 9. Mai 2003 und für Italien am 23. Oktober 1998 in Kraft getreten,
sind wie folgt übereingekommen:
¹ SR 0.120 ² SR 0.510.1 ³ SR 0.510.11
Art. 1
Für den Zweck dieser Vereinbarung gelten folgende Definitionen:
a. als Aufnahmestaat (hiernach: AS) wird jene Partei bezeichnet, auf deren Hoheitsgebiet die vereinbarte militärische Schulung und Ausbildung stattfindet;
b. als Entsendestaat (hiernach: ES) wird jene Partei bezeichnet, welche Personal zwecks Teilnahme an einer solchen militärischen Schulung und Ausbildung in den AS entsendet;
c. als Personal werden die Angehörigen der Streitkräfte beider Parteien bezeichnet, sowie die zivilen Angestellten, die solch eine Streitkraft begleiten.
Art. 2
1.  Die Parteien fördern und entwickeln die militärische Schulung und Ausbildung und erleichtern den Zugang dazu; dabei handeln sie sowohl auf der Grundlage der Reziprozität als auch im Einklang und in Übereinstimmung mit ihren jeweiligen Gesetzgebungen und internationalen Verpflichtungen.
2.  Diese Vereinbarung legt die allgemeinen Bedingungen und Verantwortlichkeiten für die Durchführung von Aktivitäten der Streitkräfte im Rahmen militärischer Schulung und Ausbildung sowie auch für den Erfahrungs- und Personalaustausch dar.
3.  Alle Aktivitäten der Parteien nach dieser Vereinbarung sind durch nationale Prioritäten bedingt sowie durch die Verfügbarkeit von finanziellen Mitteln, die für solche Aktivitäten bereitgestellt werden.
Art. 3
1.  Die Organisation und Durchführung von konkreten Ausbildungs- und Schulungsaktivitäten erfolgen unter der Leitung des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport der Schweizerischen Eidgenossenschaft und des Verteidigungsministeriums der Italienischen Republik.
2. Je nach den Umständen werden in Technischen Vereinbarungen (TV) Detailvereinbarungen betreffend die jeweilige Schulungs- und Ausbildungsaktivität getroffen sowie die logistischen, finanziellen und organisatorischen Modalitäten geregelt.
Art. 4
Die Schulungs- und Ausbildungszusammenarbeit zwischen den Parteien schliesst die folgenden Bereiche ein, ohne sich jedoch auf diese zu beschränken:
a. allgemeine militärische Schulung und Ausbildung für Angehörige/Verbände der Gesamtsstreitkräfte der Parteien;
b. Personalaustausch;
c. Gemeinsame Übungen;
d. Erfahrungsaustausch und Entwicklung von Ausbildungsmodellen und mili­tärischen Übungsprogrammen;
e. Übungen für friedensunterstützende Operationen;
f. Ausbildung des Personals für die Umsetzung der internationalen Abkommen über Abrüstung und Rüstungskontrolle;
g. Information über Organisation der Streitkräfte, Struktur und Ausrüstung von Militäreinheiten, Personalmanagement;
h. Militärpolizeiliche Fragen;
i. Militärärztlicher Dienst;
j. Ausbildung der Luftwaffe;
k. Militärsport.
Art. 5
Die Zusammenarbeit zwischen den Parteien kann namentlich gefördert werden durch:
a. Sitzungen der Verteidigungsminister, der Generalstabschefs, deren Stellver­treter und anderen Bevollmächtigten;
b. Praktischer und theoretischer Erfahrungsaustausch;
c. Organisation und Durchführung von gemeinsamen Übungen und Ausbildungs­aktivitäten;
d. Beteiligung von Beobachtern an militärischen Übungen;
e. Kontakte zwischen gleichartigen militärischen Institutionen;
f. Meinungsaustausch, Beratungen, Versammlungen und Teilnahme an Seminaren, Konferenzen, Kursen;
g. Besuche von Militärschiffen, Militärbasen und anderen Strukturen;
h. Austausch von Informationen sowie von Publikationen über Militärausbildung und -taktik;
i. Sportliche Aktivitäten.
Art. 6
Die Vertreter der Parteien ziehen regelmässig Bilanz über die bilaterale Zusam­menarbeit und sind um deren Koordinierung bemüht. Alljährlich vereinbaren sie zusammen ein Programm über die Ausbildungszusammenarbeit.
Art. 7
Vorbehaltlich der Bestimmungen dieser Vereinbarung richtet sich die Rechtsstellung des Personals der Parteien dieser Vereinbarung nach dem Übereinkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen sowie dessen Zusatzprotokoll (NATO/PfP SOFA), beide abgeschlossen in Brüssel am 19. Juni 1995, welche auf das Übereinkommen zwischen den Parteien des Nordatlantik­vertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen, abgeschlossen am 19. Juni 1951 in London (NATO SOFA), verweisen.
Art. 8
Die Parteien sind für den internen Schutz der zugewiesenen Anlagen und für die sichere Verwahrung von Material und Munition selbst verantwortlich. Diesbezüglich arbeitet das Personal des ES in Übereinstimmung mit der nationalen Gesetzgebung des AS mit dessen Behörden zusammen. Ausserhalb dieser Anlagen kommt dem Personal des ES keinerlei Polizeigewalt zu und es darf keine bewaffneten Wachen aufstellen.
Art. 9
1.  Waffen und Munition dürfen nur zu den in dieser Vereinbarung vorgesehenen Zwecken in den AS eingeführt und auf dessen Hoheitsgebiet verwendet werden. Der ES stellt den für die Ausbildungszusammenarbeit verantwortlichen Behörden des AS rechtzeitig die Informationen, die für die Beurteilung der Verwendbarkeit von Waffen und Munition nach den dort geltenden Bestimmungen erforderlich sind.
2.  Das Personal beider Parteien befolgt seine nationalen militärischen und zivilen Sicherheitsvorschriften betreffend Aufbewahrung und Handhabung von Waffen, Fahrzeugen, Gerät und Munition, soweit der AS diesbezüglich keine strikteren Sicherheitsvorschriften erlassen hat.
3.  Bei gemeinsamen Übungen und Ausbildungsprojekten vereinbaren die Parteien im Voraus den beiderseits anwendbaren Sicherheitsstandard.
4.  Die Umweltschutzvorschriften des AS finden besondere Berücksichtigung.
5.  Werden im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Vereinbarung besondere Vorkommnisse oder Unfälle durchs Militär technisch untersucht, gewährleistet die untersuchende Partei der anderen Partei rechtzeitig eine hinreichende Beteiligung an der Untersuchung.
Art. 10
Beabsichtigt eine Partei, Angehörigen dritter Staaten die Teilnahme an einem Ausbildungsvorhaben auf dem Hoheitsgebiet der jeweils anderen Partei zu ermögli­chen, so hat sie die vorherige Zustimmung der anderen Partei einzuholen und – falls nötig – auf den Abschluss einer Vereinbarung zwischen den betroffenen Parteien hin zu wirken.
Art. 11
1.  Gestützt auf den Grundsatz der Reziprozität trägt jede Partei die eigenen Kosten für die Ausbildungszusammenarbeit selbst.
2.  Der ES übernimmt die Reise- und Lohnkosten sowie alle Entschädigungen, welche nach seinen eigenen Personalvorschriften seinem eigenen Personal zugute kommen.
3.  Bei Expertentreffen übernimmt der AS für Delegationen bis zu zehn Personen die Kosten für Transporte vor Ort sowie für Unterkunft und Verpflegung, wenn möglich in Militäranlagen.
4.  Bei ungeplanten Besuchen kommt der ES für die durch sein Personal verursachten Kosten auf.
Art. 12
1.  Die jeweiligen Rechtsordnungen der Parteien regeln die medizinische Versorgung sowie die diesbezüglichen Ausgaben innerhalb des Hoheitsgebiets jeder Partei.
2.  Jede Partei stellt sicher, dass ihr Personal ausreichend kranken- und unfallver­sichert ist.
3.  Dem Personal des ES steht die gleiche medizinische und zahnärztliche Versorgung zu wie dem Personal des AS. Der AS erbringt die notwendige notfallme­dizinische Versorgung. Die Kosten für alle weiterführenden notwendigen Behandlungen werden vom ES getragen.
Art. 13
Alle im Zusammenhang mit dieser Vereinbarung ausgetauschten oder erstellten klassifizierten Informationen und Materialien werden in Übereinstimmung mit den entsprechenden zwischen der Schweiz und der Italienischen Republik bestehenden Sicherheitsabkommen verwendet, übermittelt, gelagert, behandelt und verwahrt.
Art. 14
Die Parteien legen alle Streitigkeiten, die in Zusammenhang mit der Auslegung oder Anwendung dieser Vereinbarung entstehen, auf dem Verhandlungswege oder durch bilaterale Konsultationen bei, wenn nötig auch auf diplomatischem Weg.
Art. 15
1.  Diese Vereinbarung tritt mit dem Datum des Erhalts der letzten der zwei Notifi­kationen in Kraft, durch welche die Parteien einander offiziell über die Erfüllung der jeweiligen Ratifikationsverfahren informieren.
2.  Diese Vereinbarung kann jederzeit durch Diplomatische Noten geändert werden. Sämtliche Änderungen treten nach demselben Verfahren in Kraft wie die Verein­barung selbst.
3.  Diese Vereinbarung wird für die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen und wird automatisch für weitere fünf Jahre erneuert, falls die eine Partei der anderen durch schriftliche Mitteilung nicht die Absicht des Rücktritts bekannt gibt; in diesem Fall verliert sie ihre Wirkung sechs Monate nach Erhalt einer solchen Mitteilung.
4.  Im Falle des Rücktritts unternehmen die Parteien alles, um angefangene Aktivitäten abzuschliessen und beginnen mit den Beratungen für die Bereinigung allfälliger Streitfragen.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die als Vertreter ihrer Behörden ordnungsgemäss ermächtigten Unterzeichnenden diese Vereinbarung persönlich unterzeichnet.
So geschehen zu Bern am 24. Mai 2004 in zwei Originalschriften, jede in italienischer Sprache.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Samuel Schmid

Für die Regierung
der italienischen Republik:

Antonio Martino

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