Abkommen (0.741.619.163)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen

zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich über den grenzüberschreitenden Verkehr mit Motorfahrzeugen auf öffentlichen Strassen Abgeschlossen am 22. Oktober 1958 Ratifikationsurkunden ausgetauscht am 4. April 1959 In Kraft getreten am 4. April 1959
Der Schweizerische Bundesrat und der Bundespräsident der Republik Österreich,
von dem gleichen Wunsche geleitet, den Strassenverkehr zwischen den beiden Staaten zu regeln, haben beschlossen, zu diesem Zwecke ein Abkommen über den grenzüberschreitenden Verkehr mit Motorfahrzeugen auf öffentlichen Strassen abzuschliessen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt:
(Es folgen die Namen der Bevollmächtigten)
die nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten folgendes vereinbart haben:

1. Allgemeine Bestimmungen

Art. 1
Der Motorfahrzeugverkehr und die Transporte auf der Strasse zwischen der Schweiz und Österreich unterstehen den Bestimmungen dieses Abkommens. Vorbehalten bleiben die internationalen Verträge, denen beide Staaten beigetreten sind, soweit sie Fragen regeln, die in diesem Abkommen nicht behandelt werden oder freiheitlichere Bestimmungen enthalten. Im übrigen unterliegen Verkehr und Beförderung auf der Strasse – namentlich auch hinsichtlich des Zolles und der Polizei – den Gesetzen und Vorschriften des Vertragsstaates, auf dessen Gebiet sie stattfinden.

II. Personentransport Verwendung von Personenwagen zu unentgeltlichem Transport

Art. 2
Die unentgeltliche Beförderung von Personen mit Personenwagen unterliegt diesem Abkommen nur hinsichtlich der Artikel 11, 12 und 13.

Gewerbsmässiger Gelegenheitsverkehr mit Autobussen und Personenwagen

Art. 3
Die gewerbsmässige, jedoch nicht regelmässige Beförderung von Personen mit Motorfahrzeugen, die in einem der Vertragsstaaten zur Personenbeförderung zugelassen sind, ist im Gebiet des anderen Staates ohne Bewilligung zulässig, wenn dieselben Personen in demselben Fahrzeug befördert werden und es sich
a) um eine Rundreise handelt, die im Lande, in dem das Fahrzeug zugelassen ist, beginnt und wieder endigt;
b) um eine Reise handelt, die in einem Lufthafen des Landes, in dem das Fahrzeug zugelassen ist, beginnt und in einem anderen derartigen Hafen im anderen Lande endigt und das Fahrzeug leer zum Abfahrtsort zurückkehrt.
Art. 4
(1)  Auf die Beförderung mit Personenwagen bis zu acht Sitzplätzen ausser dem Führersitz finden die Beschränkungen des Artikels 3 Buchstabe a und b keine Anwendung. Jedoch ist die Beförderung mit Personenwagen nur gestattet, wenn im anderen Vertragsstaat keine neuen Reisenden aufgenommen werden.
(2)  Das Verbot auf dem Gebiet des anderen Vertragsstaates, neue Reisende aufzunehmen, gilt nicht für Personenwagen bis zu acht Sitzplätzen ausser dem Führersitz, sofern der Unternehmer seinen Geschäftssitz innerhalb einer Zone von 10 km beiderseits der Grenze hat, die Fahrt auf Bestellung und nur in einem Bereich von nicht mehr als 10 km diesseits und jenseits der Grenze durchgeführt wird und die Fahrgäste nicht im anderen Vertragsstaat abgesetzt werden. Die Distanz von 10 km wird von der Grenzübergangsstelle aus gemessen.
Art. 5
(1)  Gewerbsmässige, nicht regelmässige Beförderungen von Personen, die nicht den Vorschriften von Artikel 3 und 4 entsprechen, bedürfen im Einzelfall der Bewilligung des anderen Vertragsstaates.
(2)  Der Antrag auf die Erteilung der Bewilligung ist vom Unternehmer in zwei­facher Ausfertigung an die zuständige Behörde des Vertragsstaates zu richten, in dem er seinen Geschäftssitz hat. Die Bewilligung kann nur erteilt werden, wenn das Einverständnis des Vertragsstaates vorliegt, in dem der Unternehmer seinen Geschäftssitz hat.

Linienmässiger Personenverkehr

Art. 6
(1)  Für die grenzüberschreitende linienmässige Beförderung von Personen gelten die in beiden Vertragsstaaten bestehenden gesetzlichen Vorschriften.
(2)  Gesuche um eine Konzession zur linienmässigen Beförderung von Personen über die Grenze sind an die zuständige Behörde des Staates zu richten, in welchem das Fahrzeug zugelassen ist. Die Gesuche samt einer Stellungnahme der zuständigen Behörde des Heimatstaates sind dem anderen Vertragsstaat zu übermitteln.
(3)  Die Konzession für die linienmässige Beförderung von Personen über die Grenze wird erst erteilt, wenn die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten über die Zweckmässigkeit, die Notwendigkeit und über die wichtigsten Konzessionsbedingungen der Linie einig geworden sind und der Grundsatz der Gegenseitigkeit gewahrt ist.
Wird in einem Vertragsstaat eine Linie eingestellt, ist der andere Vertragsstaat davon zu benachrichtigen.

Transitlinienverkehr

Art. 7
(1)  Als Transitlinienverkehr im Sinne dieses Abkommens gilt der Verkehr von einem der Vertragsstaaten durch den anderen Vertragsstaat in einen dritten Staat, ohne dass im durchfahrenen Staat Fahrgäste aufgenommen oder abgesetzt werden.
(2)  Für die Erteilung der Berechtigung (Genehmigung, Konzession) eines solchen Transitlinienverkehrs gelten die nationalen Gesetze des durchfahrenen Staates. Anträge sind bei der zuständigen Behörde des Heimatstaates einzureichen; diese übersendet sie mit einer Stellungnahme der zuständigen Behörde des anderen Vertragsstaates.

III. Transport von Gütern

Art. 8
(1)  Mit Motorfahrzeugen, die in einem der Vertragsstaaten eingetragen sind, ist es Unternehmern, die zur Güterbeförderung befugt sind, gestattet:
a) Sachen von oder nach einem Vertragsstaat zu befördern;
b) Sachen im Transit durch den anderen Vertragsstaat zu befördern.
(2)  Durch Vereinbarung kann jedoch die Ausweis‑ oder Bewilligungspflicht eingeführt werden.

IV. Landesinterne Transporte

Art. 9
Beförderungen von Gütern und gewerbsmässige Personenbeförderungen, die in einem der Vertragsstaaten beginnen und im selben Staate enden, sind mit Motorfahrzeugen, die im anderen Vertragsstaate zugelassen sind, verboten.
Art. 10
Das Verbot von Artikel 9 gilt nicht für den land‑ und forstwirtschaftlichen Bewirt­schaftungsverkehr gemäss Artikel 2 Ziffer (1) Absatz 1 des schweizerisch‑öster­reichischen Abkommens über den Grenzverkehr vom 30. April 1947¹.
¹ SR 0.631.256.916.31

V. Führer‑ und Fahrzeugausweise

Art. 11
(1)  Motorfahrzeuge, die im Gebiet des einen Vertragsstaates eingetragen sind, werden zum vorübergehenden Verkehr auf dem Gebiete des anderen Vertragsstaates zugelassen, wenn der nationale Zulassungsschein vorliegt und das Fahrzeug mit den nationalen Polizeikennzeichen versehen ist. Das Fahrzeug muss ausserdem das dem Polizeikennzeichen entsprechende internationale Unterscheidungszeichen tragen.
(2)  Die nationalen Führerscheine jedes Vertragsstaates berechtigen den Inhaber, der sich vorübergehend im Gebiet des anderen Vertragsstaates aufhält, Motorfahrzeuge der Kategorie zu führen, für die der Führerschein gilt, ohne Rücksicht darauf, wo das Fahrzeug eingetragen ist. Ein für die Führung von Kraftfahrzeugen angestellter Arbeitnehmer kann sich bei der Ausübung seines Berufes auf diese Bestimmung nur berufen, sofern das Fahrzeug in einem anderen als dem Besuchslande eingetragen ist. Die Berechtigung entfällt ganz allgemein, sobald der Betreffende seinen ständigen Wohnsitz in das Besuchsland verlegt.
(3)  Das Recht, von den nationalen Führerscheinen eines Vertragsstaates auf dem Gebiet des anderen Gebrauch zu machen, kann nach den Vorschriften des Besuchslandes, allenfalls im Einklang mit den Bestimmungen der jeweils geltenden inter­nationalen Abkommen, entzogen werden. …²
² Satz 2 aufgehoben durch Art. 12 des Vertrages vom 23. Mai 1979 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich über die wechselseitige Amtshilfe in Strassenverkehrs‑(Kraftfahr‑)angelegenheiten ( SR 0.741.531.916.3 ).

Vl. Versicherung

Art. 12
(1)  Bei der Einreise von Motorfahrzeugen aus dem Gebiet des einen Vertragsstaates in das Gebiet des anderen kann jeder Staat vom Halter des Motorfahrzeuges verlangen, dass in angemessener Weise Sicherheit geleistet wird für die Deckung des Schadens, den das Fahrzeug verursachen könnte. Die verlangte Sicherheit darf nicht höher sein als die von den Haltern oder Führern der einheimischen Fahrzeuge der gleichen Kategorie geforderte. Die Sicherheit kann geleistet werden durch die Internationale Versicherungskarte oder auf eine andere Weise, die vom Staat, der die Sicherheit verlangt, anerkannt ist. Wird keine solche Sicherheit geleistet, so kann der Motorfahrzeugführer zur Entrichtung eines angemessenen, zur Deckung allfälliger Schäden dienenden Beitrages verhalten werden.
(2)  Jeder Vertragsstaat kann die Erteilung der Konzession für regelmässige Fahrten an Unternehmungen des anderen Vertragsstaates davon abhängig machen, dass ihm die Erklärung einer in seinem Gebiet zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Haftpflichtversicherungsgesellschaft vorgelegt wird, wonach diese Unternehmung bei Unfällen auf Linienfahrten im Gebiet des betreffenden Vertragsstaates die Schäden nach den für die im Unfall‑Land eingetragenen Fahrzeuge geltenden Haftungs‑ und Versicherungsbestimmungen deckt, sei es auch auf Rechnung eines im Gebiet des anderen Vertragsstaates tätigen Haftpflichtversicherers.

VII. Abgaben

Art. 13
(1)  Motorfahrzeuge, die in einem Vertragsstaat eingetragen sind, können im anderen Vertragsstaat frühestens nach einem Aufenthalt von mindestens 90 aufeinanderfolgenden Tagen seit dem letzten Überschreiten der Grenze einer Kraftfahrzeugsteuer unterworfen werden. Diese kann dann für die ganze Aufenthaltsdauer erhoben werden.
(2)  Die Konzessions‑, Stempel‑ und Verwaltungsabgaben richten sich nach dem Recht des Staates, der sie erhebt.
(3)  Die Steuern, Gebühren und sonstigen Abgaben, die ein Vertragsstaat auf die im Gebiete des anderen eingetragenen Fahrzeuge oder auf Beförderungsleistungen von Unternehmern des anderen Vertragsstaates erhebt, dürfen jene nicht übersteigen, die den in seinem Gebiet eingetragenen Fahrzeugen oder seinen Unternehmern auferlegt sind. Über die Durchführung dieser Bestimmung werden sich die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten gegenseitig unterrichten.

VIII. Schlussbestimmungen

Art. 14
(1)  Dieses Abkommen ersetzt das Übereinkommen zwischen der Schweiz und Österreich vom 21. November 1936³ betreffend den Verkehr mit Kraftfahrzeugen, einschliesslich der der allgemeinen Benützung zugänglichen Betriebe zur gemeinsamen Personenbeförderung.
(2)  Das Abkommen wird für unbestimmte Zeit geschlossen. Es kann jederzeit von jedem der beiden Vertragsstaaten mit einer Frist von 3 Monaten zum Ablauf des Ka­len­derjahres gekündigt werden.
(3)  Das Abkommen wird ratifiziert und die Ratifikationsurkunden werden in Wien ausgetauscht werden. Es tritt mit dem Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft.
³ [BS 13 607]

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet.
Geschehen in Bern, den 22. Oktober 1958, in doppelter Ausfertigung.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Für die
Republik Österreich:

Max Petitpierre

Johannes Coreth

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