Abkommen (0.742.140.28)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen

zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Italienischen Republik über die Entwicklung der Bahninfrastruktur auf den Strecken zwischen der Schweiz und Italien auf der Lötschberg-Simplon-Achse Abgeschlossen am 3. September 2020 In Kraft getreten durch Notenaustausch am 1. Dezember 2020 (Stand am 1. Dezember 2020)
Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Italienischen Republik, nachstehend Parteien genannt,
in Anbetracht der Vereinbarung vom 2. November 1999¹ zwischen dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation und dem Ministerium für Verkehr und Schifffahrt der Republik Italien über die Gewährleistung der Kapazität der wichtigsten Anschlussstrecken der neuen schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) an das italienische Hochleistungsnetz (HLN) (nachfolgend: Vereinbarung vom 2. November 1999),
in Anbetracht des Abkommens vom 28. Januar 2014² zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Italienischen Republik über die Entwicklung der Bahninfrastruktur auf den Strecken zwischen der Schweiz und Italien,
in Anbetracht der Absichtserklärung vom 17. Dezember 2012³ zwischen der Schweiz und Italien über die bilaterale Zusammenarbeit bei der Realisierung der Aus­bauvorhaben im Bereich der Bahninfrastruktur und der Bahntransportleistungen bis 2020,
in der Erwägung, dass die Verbesserung der grenzüberschreitenden Bahnverbindungen zwischen der Schweiz und der Italienischen Republik ein strategisches Ziel bei­der Länder ist, um die Voraussetzungen für die Entwicklung des Personenverkehrs und des Gütertransports auf der Schiene zu schaffen,
im gemeinsamen Bestreben, die Umwelt und die Landschaft zu schützen und die Erreichbarkeit der urbanen Zentren zu verbessern,
im Bewusstsein, dass leistungsfähige Verkehrsinfrastrukturen die Grundlage für die Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit der nationalen und regionalen Wirtschaft darstellen,
insbesondere in der Überzeugung, dass die nötigen baulichen Massnahmen für die Durchfahrt von Zügen mit Gütern von 4 Metern Eckhöhe auf den südlichen Zulaufstrecken zur NEAT prioritär und von strategischer Bedeutung sind,
haben Folgendes vereinbart:
¹ SR 0.742.140.345.43 ² SR 0.742.140.345.432 ³ Die Absichtserklärung ist im Internet unter folgender Adresse abrufbar: www.news.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > UVEK > 17. Dezember 2012.
Art. 1 Gegenstand
¹ Dieses Abkommen regelt die Modalitäten der Finanzierung und Ausführung der Infrastrukturmassnahmen, die zur Gewährleistung der Streckenkapazität und für die Durchfahrt von Zügen mit Gütern von 4 Metern Eckhöhe entlang der Lötschberg-Simplon-Achse auf der südlichen Zulaufstrecke zur NEAT nötig sind, bis zu ihrer Inbetriebnahme im Jahr 2028.
² Für die Zwecke dieses Abkommens werden die auf den Strecken Brig – Domo­dossola und Domodossola – Premosello – Arona – Sesto Calende – Oleggio – Vignale – Novara ermittelten Infrastrukturmassnahmen berücksichtigt, mit denen die im Ingress erwähnten Ziele verwirklicht werden sollen. Die Massnahmen sind im tech­nischen Anhang, der diesem Abkommen beigefügt ist, schematisch dargestellt; er enthält auch die aktuellen Kostenschätzungen. Der Gesamtbetrag der Massnahmen wird auf 237,5 Millionen Euro geschätzt.
Art. 2 Verpflichtungen
¹ Der Schweizerische Bundesrat stellt finanzielle Mittel nach Massgabe der Artikel 5 und 6 in Höhe von insgesamt 134,5 Millionen Euro für die Realisierung der Infrastrukturmassnahmen auf italienischem Staatsgebiet nach Artikel 1 Absatz 2 zur Verfügung.
² Die Regierung der Italienischen Republik, vertreten durch das Ministerium für Infrastruktur und Verkehr, verpflichtet sich, die RFI S. p. A., Infrastrukturbetreiberin des nationalen Eisenbahnnetzes, (als ausführende Akteurin) mit der Realisierung der Massnahmen auf italienischem Staatsgebiet zu beauftragen, um den in diesem Abkommen vereinbarten Verpflichtungen nachzukommen.
³ Die Regierung der Italienischen Republik stellt für die Realisierung der Infrastrukturmassnahmen auf italienischem Staatsgebiet nach Artikel 1 Absatz 2 den Betrag von 103 Millionen Euro bereit, die durch das Programmabkommen zwischen der Regierung der Italienischen Republik und der RFI S. p. A. bereits verfügbar sind. Die Massnahmen nach Artikel 1 Absatz 2 sind daher in Anbetracht der in Absatz 1 genannten Mittel vollständig finanziert. Die von der Regierung der Italienischen Republik zu tragenden Kosten, die sich aus der Durchführung dieses Abkommens ergeben, werden durch die in der geltenden Gesetzgebung garantierten Verfügbarkeiten gedeckt.
⁴ Der Schweizerische Bundesrat finanziert im Rahmen des strategischen Entwicklungsprogramms der Bahninfrastruktur (STEP Bahninfrastruktur) die zur Gewährleistung der Kapazität auf der Lötschberg-Simplon-Strecke erforderlichen Massnahmen auf schweizerischem Staatsgebiet.
Art. 3 Projektaufsicht
¹ Die Massnahmen nach Artikel 1 werden von der Projektierung bis zum Bau und der Inbetriebnahme vom Lenkungsausschuss gemäss der Vereinbarung vom 2. November 1999 überwacht. Dabei kann der Lenkungsausschuss auf bestehende Organisationseinheiten zurückgreifen.
² Zur Überwachung des Fortschritts bei der Projektierung und Ausführung der Mass­nahmen setzt der Lenkungsausschuss eine bilaterale Kommission auf ministerieller Ebene ein; die ausführende Akteurin erstattet der bilateralen Kommission regelmässig Bericht.
³ Die bilaterale Kommission informiert den Lenkungsausschuss jährlich über die Einhaltung der mit der ausführenden Akteurin in einem separaten Übereinkommen nach Artikel 5 Absatz 2 vereinbarten Terminpläne und über eine allfällige finanzielle Unterdeckung oder Kostensteigerung.
⁴ Der bilateralen Kommission und den von ihr beauftragten Stellen wird volles Einsichtsrecht in die Projektunterlagen gewährt, damit sie die Ausführung der Massnahmen nach Artikel 1 beurteilen können.
Art. 4 Bauvergabe
Die Regierung der Italienischen Republik, vertreten durch das Ministerium für In­frastruktur und Verkehr, stellt sicher, dass die ausführende Akteurin für die Haupt­lose ordnungs­gemässe öffentliche Ausschreibungen nach dem Abkommen vom 22. Juni 1999⁴ zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens durchführt, an denen Bieter aus der Europäischen Union und aus der Schweizerischen Eidgenossenschaft teilnehmen können.
⁴ SR 0.172.052.68
Art. 5 Finanzierungsmodalitäten
¹ Die Schweiz stellt zur Finanzierung der Erweiterung des Lichtraumprofils auf 4 Meter und der für die Kapazitätssteigerung notwendigen Anpassungsarbeiten an den Code P80 auf der Simplon-Strecke zwischen der Landesgrenze und Premo­sello – Arona – Sesto Calende – Oleggio – Vignale – Novara einen Gesamtbetrag von 134,5 Millionen Euro zur Verfügung.
² Die finanziellen Mittel nach Absatz 1 werden der ausführenden Akteurin nach Abschluss einer Vereinbarung zwischen dem Bundesamt für Verkehr und der ausführenden Akteurin zur Verfügung gestellt. Die Vereinbarung regelt den Terminplan für die Ausführung der Arbeiten, die gegenseitigen Verpflichtungen und die Art, wie die Finanzmittel ausgezahlt werden.
³ Die Unterzeichnung der Vereinbarung nach Absatz 2 setzt die Ausarbeitung eines Plans voraus, in dem die schweizerische und die italienische Infrastrukturbetreiberin gemeinsam festhalten, wie sie die Erweiterungsmassnahmen und das Leistungsangebot im Güter- und Personenverkehr auf den Strecken zwischen der Schweiz und Italien während der Realisierungsphasen aufeinander abstimmen.
Art. 6 Finanzierungsbedingungen
¹ Die Finanzierung nach Artikel 5 wird sämtlichen Arbeiten in Zusammenhang mit der Erweiterung des Lichtraumprofils nach Artikel 5 Absatz 1 zugewiesen.
² Die schweizerische Finanzierung wird als A-fonds-perdu-Beitrag gewährt. Die Finanzmittelplanung ist im Anhang dargestellt.
³ Der Terminplan für die Ausführung der Arbeiten und der Finanzierungsplan sind im technischen Anhang festgelegt, der Bestandteil des von den Parteien unterzeichneten Abkommens ist.
Art. 7 Streitbeilegung
¹ Alle Streitigkeiten zwischen den Parteien über die Anwendung oder die Auslegung dieses Abkommens oder der Vereinbarung mit der ausführenden Akteurin nach Arti­kel 5 Absatz 2 werden dem Lenkungsausschuss nach Artikel 3 unterbreitet. Dies schliesst auch Streitigkeiten zwischen den Infrastrukturbetreiberinnen ein, die diese nicht einvernehmlich beilegen konnten.
² Kommt innerhalb des Lenkungsausschusses keine Einigkeit zustande, soll die Streitigkeit nach den Schiedsregeln der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht endgültig beigelegt werden.
Art. 8 Schlussbestimmungen
¹ Dieses Abkommen wird im Einklang mit den geltenden schweizerischen und italienischen Rechtsvorschriften sowie dem anwendbaren internationalen Recht und den Verpflichtungen der Italienischen Republik aus der Mitgliedschaft in der Europäischen Union durchgeführt.
² Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des Folgemonats nach Erhalt der zweiten Notifizierung in Kraft, mit der sich die Parteien offiziell über den Abschluss der jeweiligen innerstaatlichen Verfahren, die für das Inkrafttreten erforderlich sind, in Kenntnis gesetzt haben.
³ Das Abkommen gilt bis zum Abschluss der Arbeiten und der Inbetriebnahme. Jede Partei kann der anderen Partei bis zum 30. Juni eines jeden Jahres ihre Absicht mitteilen, das Abkommen zu kündigen. In diesem Fall tritt das Abkommen am darauffolgenden 31. Dezember ausser Kraft.
⁴ Das Abkommen kann von den Parteien im gegenseitigen Einvernehmen geändert werden; die so vereinbarten Änderungen treten nach den in Absatz 2 vorgesehenen Verfahren in Kraft.

Unterschriften

Zu Urkund dessen   haben die Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet.
Geschehen zu Locarno, am 3. September 2020, in zwei Originalausfertigungen in italienischer Sprache.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Simonetta Sommaruga

Für die
Regierung der Italienischen Republik

Paola de Micheli:

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