Strafrechtsübereinkommen über Korruption (0.311.55)
CH - Schweizer Bundesrecht

Strafrechtsübereinkommen über Korruption

Abgeschlossen in Strassburg am 27. Januar 1999 Von der Bundesversammlung genehmigt am 7. Oktober 2005¹ Ratifikationsurkunde von der Schweiz hinterlegt am 31. März 2006 In Kraft getreten für die Schweiz am 1. Juli 2006 (Stand am 4. Juli 2018) ¹ Art. 1 Abs. 1 des BB vom 7. Okt. 2005 ( AS 2006 2371 ).
Präambel
Die Mitgliedstaaten des Europarats und die anderen Staaten,
die die dieses Übereinkommen unterzeichnen,
in der Erwägung, dass es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbindung zwi­schen seinen Mitgliedern herbeizuführen;
in Anerkennung der Bedeutung einer verstärkten Zusammenarbeit mit den anderen Unterzeichnerstaaten dieses Übereinkommens;
überzeugt von der Notwendigkeit, mit Vorrang eine auf den Schutz der Gesellschaft vor Korruption gerichtete gemeinsame Strafrechtspolitik zu verfolgen, unter ande­rem durch Annahme geeigneter Rechtsvorschriften und Ergreifung geeigneter Vorbeugungsmassnahmen;
unter Hinweis darauf, dass die Korruption eine Bedrohung der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Menschenrechte darstellt, die Grundsätze verantwortungs­bewussten staatlichen Handelns, der Billigkeit und der sozialen Gerechtigkeit unter­gräbt, den Wettbewerb verzerrt, die wirtschaftliche Entwicklung behindert und die Stabilität der demokratischen Institutionen und die sittlichen Grundlagen der Gesell­schaft gefährdet;
in der Überzeugung, dass es für eine wirksame Bekämpfung der Korruption einer verstärkten, zügigen und sachgerechten internationalen Zusammenarbeit in Straf­sachen bedarf;
erfreut über jüngste Entwicklungen, die auf internationaler Ebene zu einem ge­schärften Bewusstsein und besserer Zusammenarbeit im Kampf gegen die Korrup­tion beitragen, einschliesslich der Massnahmen der Vereinten Nationen, der Welt­bank, des Internationalen Währungsfonds, der Welthandelsorganisation, der Organisation Amerikanischer Staaten, der OECD und der Europäischen Union;
im Hinblick auf das Aktionsprogramm gegen Korruption, das im November 1996 vom Ministerkomitee des Europarats auf die Empfehlungen der 19. Konferenz der europäischen Justizminister (La Valletta 1994) hin angenommen worden ist;
unter Hinweis darauf, wie wichtig in diesem Zusammenhang die Teilnahme der Nichtmitgliedstaaten an den Tätigkeiten des Europarats zur Bekämpfung der Kor­ruption ist, und erfreut über deren wertvollen Beitrag zur Verwirklichung des Akti­onsprogramms gegen Korruption;
ferner unter Hinweis darauf, dass in der von den europäischen Justizministern auf ihrer 21. Konferenz (Prag 1997) angenommenen Entschliessung Nr. 1 die rasche Umsetzung des Aktionsprogramms gegen Korruption gefordert und insbesondere die Ausarbeitung eines Strafrechtsübereinkommens über Korruption empfohlen wird, in dem das koordinierte Kriminalisieren von Korruptionsdelikten, eine ver­stärkte Zusammenarbeit bei der Verfolgung solcher Delikte und ein wirkungsvoller Überwachungsmechanismus, zu dem Mitgliedstaaten und Nichtmitgliedstaaten gleichberechtigt Zugang haben, vorgesehen sind;
eingedenk dessen, dass die Staats- und Regierungschefs des Europarats bei ihrem Zweiten Gipfel vom 10. und 11. Oktober 1997 in Strassburg beschlossen haben, gemeinsame Antworten auf die Herausforderungen zu suchen, die sich durch die Ausbreitung der Korruption stellen, und einen Aktionsplan angenommen haben, mit dem die Zusammenarbeit im Kampf gegen die Korruption, einschliesslich ihrer Verbindungen zum organisierten Verbrechen und zur Geldwäscherei, gefördert werden soll und das Ministerkomitee insbesondere beauftragt wird, die Ausarbei­tung völkerrechtlicher Übereinkünfte entsprechend dem Aktionsprogramm gegen Korruption rasch abzuschliessen;
ferner in der Erwägung, dass in der Entschliessung (97) 24 über die 20 Leitlinien zur Bekämpfung der Korruption, angenommen vom Ministerkomitee auf seiner 101. Tagung am 6. November 1997, die Notwendigkeit unterstrichen wird, die Ausarbeitung völkerrechtlicher Übereinkünfte entsprechend dem Aktionsprogramm gegen Korruption rasch abzuschliessen;
in Anbetracht der am 4. Mai 1998 auf der 102. Tagung des Ministerkomitees er­folgten Annahme der Entschliessung (98) 7 zur Genehmigung des erweiterten Teil­abkommens über die Einrichtung der «Staatengruppe gegen Korruption – GRECO», deren Ziel es ist, die Fähigkeit ihrer Mitglieder zur Bekämpfung der Korruption zu verbessern, indem sie die Erfüllung ihrer Verpflichtungen in diesem Bereich über­wacht;
sind wie folgt übereingekommen:

Kapitel I: Begriffsbestimmungen

Art. 1 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Übereinkommens:
a. wird der Ausdruck «Amtsträger» entsprechend der Bestimmung des Begriffs «Beamter», «Bediensteter im öffentlichen Dienst», «Bürgermeister», «Mi­nis­ter» oder «Richter» im innerstaatlichen Recht des Staates, in dem die betreffende Person die entsprechenden Aufgaben wahrnimmt, und so, wie er in dessen Strafrecht verwendet wird, ausgelegt;
b. umfasst der unter Buchstabe a genannte Ausdruck «Richter» auch Angehö­rige der Staatsanwaltschaft und Personen, die richterliche Aufgaben wahr­nehmen;
c. kann der verfolgende Staat im Fall eines Verfahrens wegen einer Straftat, an der ein Amtsträger eines anderen Staates beteiligt ist, die Bestimmung des Begriffs «Amtsträger» nur insoweit anwenden, als sie mit seinem inner­staatlichen Recht vereinbar ist;
d. bedeutet «juristische Person» jeden Rechtsträger, der auf Grund des anwendba­ren innerstaatlichen Rechts diese Rechtsstellung innehat, mit Aus­nahme von Staaten oder anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts, die staatliche Befugnisse ausüben, und der öffentlichrechtlichen internationalen Organisationen.

Kapitel II: Innerstaatlich zu treffende Massnahmen

Art. 2 Aktive Bestechung inländischer Amtsträger
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Mass­nahmen, um folgende Handlungen, wenn vorsätzlich begangen, nach ihrem inner-staatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben: das unmittelbare oder mittelbare Versprechen, Anbieten oder Gewähren eines unbilligen Vorteils an einen Amtsträ­ger dieser Vertragspartei für diesen selbst oder für einen Dritten, damit er in Aus­übung seiner Funktion eine Handlung vornimmt oder unterlässt.
Art. 3 Passive Bestechung inländischer Amtsträger
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Mass­nahmen, um folgende Handlungen, wenn vorsätzlich begangen, nach ihrem inner­staatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben: das unmittelbare oder mittelbare Fordern oder Annehmen eines unbilligen Vorteils oder das Annehmen eines Ange­bots oder Versprechens eines solchen Vorteils durch einen Amtsträger dieser Ver­tragspartei für ihn selbst oder einen Dritten, damit er in Ausübung seiner Funktion eine Handlung vornimmt oder unterlässt.
Art. 4 Bestechung von Mitgliedern inländischer öffentlichrechtlicher Versammlungen
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Mass­nahmen, um die in den Artikeln 2 und 3 genannten Handlungen, wenn ein Mitglied einer inländischen öffentlichrechtlichen Versammlung, die Gesetzgebungs- oder Verwaltungsbefugnisse ausübt, beteiligt ist, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben.
Art. 5 Bestechung ausländischer Amtsträger
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Mass­nahmen, um die in den Artikeln 2 und 3 genannten Handlungen, wenn ein Amts­träger eines anderen Staates beteiligt ist, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben.
Art. 6 Bestechung von Mitgliedern ausländischer öffentlichrechtlicher Versammlungen
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Mass­nahmen, um die in den Artikeln 2 und 3 genannten Handlungen, wenn ein Mitglied einer öffentlichrechtlichen Versammlung eines anderen Staates, die Gesetzgebungs- oder Verwaltungsbefugnisse ausübt, beteiligt ist, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben.
Art. 7 Aktive Privatbestechung
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Mass­nahmen, um folgende Handlungen, wenn vorsätzlich im Rahmen einer Geschäfts­tätigkeit begangen, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben: das unmittelbare oder mittelbare Versprechen, Anbieten oder Gewähren eines unbil­ligen Vorteils an eine Person, die einen privatrechtlichen Rechtsträger leitet oder für einen solchen in irgendeiner Eigenschaft tätig ist, für diese selbst oder für einen Dritten, damit sie unter Verletzung ihrer Pflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt.
Art. 8 Passive Privatbestechung
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Mass­nahmen, um folgende Handlungen, wenn vorsätzlich im Rahmen einer Geschäfts­tätigkeit begangen, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben: das unmittelbare oder mittelbare Fordern oder Annehmen eines unbilligen Vorteils oder das Annehmen eines Angebots oder Versprechens eines solchen Vorteils durch eine Person, die einen privatrechtlichen Rechtsträger leitet oder für eine solche in irgendeiner Eigenschaft tätig ist, für sie selbst oder einen Dritten, damit sie unter Verletzung ihrer Pflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt.
Art. 9 Bestechung von Amtsträgern internationaler Organisationen
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Mass­nahmen, um die in den Artikeln 2 und 3 genannten Handlungen, wenn eine Person, die im Sinne des Personalstatuts der betreffenden Organisation Amtsträgerin oder Angestellte einer internationalen oder supranationalen Organisation ist, der die Vertragspartei angehört, oder eine Person, die als entsandte oder nichtentsandte Kraft bei einer solchen Organisation Aufgaben wahrnimmt, die denjenigen der genannten Beamten oder Bediensteten vergleichbar sind, beteiligt ist, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben.
Art. 10 Bestechung von Mitgliedern internationaler parlamentarischer Versammlungen
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Mass­nahmen, um die in Artikel 4 genannten Handlungen, wenn ein Mitglied einer parla­mentarischen Versammlung einer internationalen oder supranationalen Organisa­tion, der die Vertragspartei angehört, beteiligt ist, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben.
Art. 11 Bestechung von Richtern und Amtsträgern internationaler Gerichtshöfe
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Mass­nahmen, um die in den Artikeln 2 und 3 genannten Handlungen, wenn eine Person, die bei einem internationalen Gerichtshof, dessen Zuständigkeit von der betreffen­den Vertragspartei anerkannt wird, richterliche Aufgaben wahrnimmt, oder ein Amtsträger eines solchen Gerichtshofs beteiligt ist, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben.
Art. 12 Missbräuchliche Einflussnahme
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Mass­nahmen, um folgende Handlungen, wenn vorsätzlich begangen, nach ihrem inner­staatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben: das unmittelbare oder mittelbare Versprechen, Anbieten oder Gewähren eines unbilligen Vorteils als Gegenleistung an eine Person, die behauptet oder bestätigt, Einfluss auf die Entscheidungsfindung einer der in den Artikeln 2, 4–6 und 9–11 genannten Personen ausüben zu können, wobei der Vorteil für diese selbst oder für einen Dritten besteht, sowie das Fordern oder Annehmen eines unbilligen Vorteils oder das Annehmen des Angebots oder Versprechens eines solchen Vorteils durch eine solche Person als Gegenleistung für eine solche Einflussnahme, unabhängig davon, ob die Einflussnahme erfolgt ist oder die vermeintliche Einflussnahme zu dem gewünschten Ergebnis führt.
Art. 13 Geldwäsche ² bei Erträgen aus Korruptionsdelikten
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Mass­nahmen, um die in Artikel 6 Ziffern 1 und 2 des Europaratübereinkommens über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten (SEV Nr. 141) aufgeführten Handlungen unter den dort vorgesehenen Bedingungen nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben, wenn die Vortat in einer Straftat gemäss den Artikeln 2–12 des vorliegenden Überein­kommens besteht und soweit die betreffende Vertragspartei zu diesen Straftaten keinen Vorbehalt gemacht und keine Erklärung abgegeben hat oder diese Straftaten nicht als schwere Straftaten im Sinne ihrer Bestimmungen über Geldwäsche be­trachtet.
² CH: Geldwäscherei.
Art. 14 Buchführungsdelikte
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Mass­nahmen, um folgende vorsätzlich begangene Handlungen oder Unterlassungen, die auf das Begehen, Verbergen oder Verschleiern der in den Artikeln 2–12 aufgeführ­ten Straftaten abzielen, mit strafrechtlichen oder sonstigen Sanktionen zu bedrohen, soweit die betreffende Vertragspartei keinen Vorbehalt gemacht und keine Erklä­rung abgegeben hat:
a. Erstellen und Verwenden einer Rechnung oder sonstiger Buchführungs­unterla­gen mit falschen oder unvollständigen Angaben;
b. rechtswidriges Unterlassen der Buchung einer Zahlung.
Art. 15 Teilnahmehandlungen
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Mass­nahmen, um jede Mittäterschaft und Beihilfe³ zur Begehung einer auf Grund dieses Übereinkommens umschriebenen Straftat nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftat zu umschreiben.
³ CH: Gehilfenschaft.
Art. 16 Immunität
Dieses Übereinkommen berührt nicht die Bestimmungen von Verträgen, Protokollen oder Satzungen über die Aufhebung der Immunität sowie der entsprechenden Aus­führungsbestimmungen.
Art. 17 Gerichtsbarkeit
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Massnahmen zur Begründung ihrer Gerichtsbarkeit über eine auf Grund der Artikel 2–14 umschriebenen Straftat:
a. wenn die Straftat ganz oder teilweise in ihrem Hoheitsgebiet begangen wird;
b. wenn der Straftäter Staatsangehöriger, Amtsträger oder Mitglied einer inländi­schen öffentlichrechtlichen Versammlung der betreffenden Vertrags­partei ist;
c. wenn an der Straftat ein Amtsträger oder ein Mitglied einer inländischen öf­fentlichrechtlichen Versammlung der betreffenden Vertragspartei oder eine in den Artikeln 9–11 genannte Person, die zugleich Staatsangehörige dieser Vertragspartei ist, beteiligt ist.
2.  Jede Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung mitteilen, dass sie sich das Recht vorbehält, die Vorschriften über die Gerichtsbarkeit nach Ziffer 1 Buchsta­ben b und c insgesamt oder teilweise nicht oder nur in bestimmten Fällen oder unter bestimmten Bedingungen anzuwenden.
3.  Hat eine Vertragspartei von den Vorbehaltsmöglichkeiten nach Ziffer 2 Gebrauch gemacht, so trifft sie die erforderlichen Massnahmen, um ihre Gerichtsbarkeit über die auf Grund dieses Übereinkommens umschriebenen Straftaten zu begründen, wenn der mutmassliche Straftäter sich in ihrem Hoheitsgebiet befindet und nach einem Auslieferungsersuchen einzig wegen seiner Staatsangehörigkeit nicht an eine andere Vertragspartei ausgeliefert werden kann.
4.  Dieses Übereinkommen schliesst die Ausübung einer nach innerstaatlichem Recht begründeten Strafgerichtsbarkeit durch eine Vertragspartei nicht aus.
Art. 18 Verantwortlichkeit juristischer Personen
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Massnahmen, um sicherzustellen, dass juristische Personen für die gemäss diesem Über-einkommen umschriebenen Straftaten der aktiven Bestechung, missbräuchli­chen Einflussnahme und Geldwäsche verantwortlich erklärt werden können, wenn die jeweilige Straftat zu ihrem Vorteil von einer Einzelperson oder als Mitglied eines Organs der juristischen Person handelnden natürlichen Person begangen wird, die innerhalb der juristischen Person eine leitende Stellung auf folgender Grundlage innehat:
– Vollmacht, die juristische Person zu vertreten; oder
– Befugnis, für die juristische Person Entscheidungen zu treffen; oder
– Befugnis, innerhalb der juristischen Person eine Kontrolle auszuüben,
sowie für die Teilnahme einer solchen natürlichen Person zur Begehung der oben genannten Straftaten als Gehilfe oder Anstifter.
2.  Neben den in Ziffer 1 bereits vorgesehenen Fällen trifft jede Vertragspartei die erforderlichen Massnahmen, um sicherzustellen, das eine juristische Person verant­wortlich erklärt werden kann, wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle durch eine natürliche Person nach Ziffer 1 es ermöglicht hat, dass eine der juristischen Person unterstellte natürliche Person die in Ziffer 1 genannten Straftaten zum Vor­teil der juristischen Person begeht.
3.  Die Verantwortlichkeit einer juristischen Person auf Grund der Ziffern 1 und 2 schliesst die Strafverfolgung natürlicher Personen als Täter, Anstifter oder Gehilfen bei den in Ziffer 1 genannten Straftaten nicht aus.
Art. 19 Sanktionen und Massnahmen
1.  In Anbetracht der Schwere der gemäss diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten sieht jede Vertragspartei für die nach den Artikeln 2–14 umschriebenen Straftaten wirksame, verhältnismässige und abschreckende Sanktionen und Mass­nahmen vor, einschliesslich freiheitsentziehender Sanktionen, die zur Auslieferung führen können, wenn die Straftaten von natürlichen Personen begangen werden.
2.  Jede Vertragspartei stellt sicher, dass juristische Personen, die auf Grund von Artikel 18 Ziffern 1 und 2 verantwortlich erklärt werden, mit wirksamen, verhält­nismässigen und abschreckenden strafrechtlichen oder nichtstrafrechtlichen Sank­tionen, einschliesslich Geldsanktionen, bedroht werden.
3.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Massnahmen, um Tatwerkzeuge und Erträge aus den gemäss diesem Übereinkom­men umschriebenen Straftaten oder Vermögenswerte in der Höhe dieser Erträge einziehen oder in anderer Weise entziehen zu können.
Art. 20 Spezialisierte Behörden
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen Massnahmen für die Spezialisierung von Personen oder Einrichtungen auf die Korruptionsbekämpfung. Diese geniessen, im Rahmen der Grundprinzipien der Rechtsordnung der betreffenden Vertragspartei, die erforderliche Unabhängigkeit, um ihre Aufgaben wirksam und frei von jedem unzulässigen Druck wahrnehmen zu können. Die Vertragsparteien sorgen dafür, dass das Personal dieser Einrichtungen über eine ihren Aufgaben entsprechende Ausbildung und finanzielle Ausstattung verfügt.
Art. 21 Zusammenarbeit zwischen innerstaatlichen Behörden
Jede Vertragspartei trifft, in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht, die erforderlichen Massnahmen, um sicherzustellen, dass die Behörden sowie jeder Amtsträger mit den für die Ermittlung und Verfolgung von Straftaten zuständigen Behörden zusammenarbeiten:
a. indem sie die betreffenden Behörden von sich aus unterrichten, wenn begrün­deter Anlass zu der Vermutung besteht, dass eine auf Grund der Arti­kel 2–14 umschriebene Straftat begangen wurde; oder
b. indem sie den betreffenden Behörden auf Ersuchen alle erforderlichen Aus­künfte erteilen.
Art. 22 Schutz von Informanten und Zeugen
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Mass­nahmen, um einen wirksamen und angemessenen Schutz folgender Personen zu gewährleisten:
a. Personen, die Angaben über gemäss den Artikeln 2–14 umschriebene Strafta­ten machen oder in anderer Weise mit den für die Ermittlung oder Strafverfolgung zuständigen Behörden zusammenarbeiten;
b. Zeugen, die eine Aussage in Bezug auf solche Straftaten machen.
Art. 23 Massnahmen zur Erleichterung der Beweisaufnahme und der Einziehung von Erträgen
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Massnahmen einschliesslich solcher, welche die Anwendung besonderer Ermitt­lungs­methoden im Einklang mit dem innerstaatlichen Recht ermöglichen, um die Sammlung von Beweisen für gemäss Artikel 2–14 umschriebene Straftaten zu erleichtern und um Tatwerkzeuge und Erträge aus Korruption oder Vermögenswert in Höhe dieser Erträge ermitteln, nachverfolgen, einfrieren und beschlagnahmen zu können, soweit auf diese Tatwerkzeuge und Erträge Massnahmen nach Artikel 19 Ziffer 3 Anwendung finden können.
2.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Massnahmen, um ihren Gerichten oder sonstigen zuständigen Behörden die Befug­nis zu erteilen anzuordnen, dass Bank-, Finanz- oder Geschäftsunterlagen zum Zweck der Durchführung der in Ziffer 1 genannten Massnahmen zur Verfügung gestellt oder beschlagnahmt werden.
3.  Das Bankgeheimnis steht Massnahmen nach den Ziffern 1 und 2 des Artikels nicht im Wege.

Kapitel III: Überwachung der Durchführung

Art. 24 Überwachung
Die Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) überwacht die Durchführung dieses Übereinkommens durch die Vertragsparteien.

Kapitel IV: Internationale Zusammenarbeit

Art. 25 Allgemeine Grundsätze und Massnahmen der internationalen Zusammenarbeit
1.  Die Vertragsparteien arbeiten untereinander im grösstmöglichen Umfang zusam­men nach Massgabe der einschlägigen völkerrechtlichen Übereinkünfte über die internationale Zusammenarbeit in Strafsachen oder nach Massgabe der auf der Grundlage einheitlicher oder gegenseitiger Rechtsvorschriften getroffenen Verein­barungen sowie nach Massgabe ihres innerstaatlichen Rechts, zwecks Ermittlungen und Verfahrens in Bezug auf gemäss diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten
2.  Ist zwischen den Vertragsparteien keine völkerrechtliche Übereinkunft oder Vereinbarung gemäss Ziffer 1 in Kraft, so finden Artikel 26–31 dieses Kapitels Anwendung.
3.  Artikel 26–31 dieses Kapitels finden ferner Anwendung, wenn sie günstiger als die völkerrechtlichen Übereinkünfte oder Vereinbarungen nach Ziffer 1 sind.
Art. 26 Rechtshilfe
1.  Die Vertragsparteien gewähren einander im grösstmöglichen Umfang Rechtshilfe mittels unverzüglichem Bearbeiten der Ersuchen von Behörden, die auf Grund ihrer innerstaatlichen Gesetze ermächtigt sind, gemäss diesem Übereinkommen umschrie­bene Straftaten zu ermitteln oder zu verfolgen.
2.  Die Rechtshilfe nach Ziffer 1 kann verweigert werden, wenn nach Auffassung der ersuchten Vertragspartei die Erledigung des Ersuchens ihre grundlegenden Interessen, nationale Souveränität, nationale Sicherheit oder öffentliche Ordnung (ordre public) beeinträchtigen würde.
3.  Die Vertragsparteien dürfen eine Zusammenarbeit nach diesem Kapitel nicht unter Berufung auf das Bankgeheimnis ablehnen. Wenn ihr inländisches Recht dies erfordert, kann eine Vertragspartei verlangen, dass ein Ersuchen um Zusammen­arbeit, das die Aufhebung des Bankgeheimnisses umfassen würde, von einem Straf­richter oder einer anderen in Strafsachen tätigen Justizbehörde einschliesslich der Staatsanwaltschaft genehmigt wird.
Art. 27 Auslieferung
1.  Die gemäss diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten gelten als in jeden zwischen oder unter Vertragsparteien in Kraft befindlichen Auslieferungsvertrag einbezogene auslieferungsfähige Straftaten. Die Vertragsparteien verpflichten sich, diese Straftaten als auslieferungsfähige Straftaten in jeden künftig zwischen oder unter ihnen zu schliessenden Auslieferungsvertrag aufzunehmen.
2.  Erhält eine Vertragspartei, welche die Auslieferung vom Bestehen eines Vertrags abhängig macht, ein Auslieferungsersuchen von einer Vertragspartei, mit der sie keinen solchen Vertrag hat, so kann sie dieses Übereinkommen als Rechtsgrundlage für die Auslieferung in Bezug auf alle gemäss diesem Übereinkommen umschriebe­nen Straftaten ansehen.
3.  Vertragsparteien, welche die Auslieferung nicht vom Bestehen eines Vertrags abhängig machen, anerkennen die gemäss diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten als auslieferungsfähige Straftaten.
4.  Die Auslieferung unterliegt den im Recht der ersuchten Vertragspartei oder in den anwendbaren Auslieferungsverträgen vorgesehenen Bedingungen, einschliess­lich der Gründe, aus denen die ersuchte Vertragspartei die Auslieferung ablehnen kann.
5.  Wird die Auslieferung wegen einer gemäss diesem Übereinkommen umschriebe­nen Straftat einzig auf Grund der Staatsangehörigkeit der von dem Ersuchen betrof­fenen Person oder weil sich die ersuchte Vertragspartei in dem betreffenden Fall als zuständig betrachtet, abgelehnt, so unterbreitet die ersuchte Vertragspartei den Fall ihren zuständigen Behörden zum Zweck der Strafverfolgung, sofern mit der ersu­chenden Vertragspartei nichts anderes vereinbart wurde, und teilt der ersuchenden Vertragspartei zu gegebener Zeit das endgültige Ergebnis mit.
Art. 28 Unaufgeforderte Übermittlung von Informationen
Unbeschadet ihrer eigenen Ermittlungen oder Verfahren kann eine Vertragspartei einer anderen Vertragspartei ohne vorheriges Ersuchen Tatsacheninformationen übermitteln, wenn sie der Auffassung ist, dass die Offenlegung dieser Informationen der anderen Vertragspartei bei der Einleitung oder Durchführung von Ermittlungen oder Verfahren betreffend gemäss diesem Übereinkommen umschriebenen Straf­taten hilfreich sein oder dazu führen könnte, dass diese Vertragspartei ein Ersuchen nach diesem Kapitel stellt.
Art. 29 Zentrale Behörde
1.  Die Vertragsparteien bestimmen eine oder, soweit angemessen, mehrere zentrale Behörden, welche dafür verantwortlich sind, die nach diesem Kapitel gestellten Ersuchen zu versenden, zu beantworten, zu erledigen oder an die für die Erledigung zuständigen Behörden weiterzuleiten.
2.  Jede Vertragspartei teilt dem Generalsekretär des Europarats bei der Unterzeich­nung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde die Bezeichnung und Anschrift der nach Ziffer 1 bestimmten Behörden mit.
Art. 30 Unmittelbarer Schriftverkehr
1.  Die zentralen Behörden verkehren unmittelbar miteinander.
2.  In dringenden Fällen können Rechtshilfeersuchen und damit in Zusammenhang stehende Mitteilungen unmittelbar von Justizbehörden der ersuchenden Vertrags­partei, einschliesslich Staatsanwaltschaften, an entsprechende Behörden der ersuch­ten Vertragspartei übermittelt werden. In diesen Fällen ist gleichzeitig über die zentrale Behörde der ersuchenden Vertragspartei eine Kopie an die zentrale Behörde der ersuchten Vertragspartei zu senden.
3.  Jedes Ersuchen oder jede Mitteilung nach den Ziffern 1 und 2 kann über die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation (Interpol) übermittelt werden.
4.  Wird ein Ersuchen nach Ziffer 2 übermittelt und ist die Behörde für die Erledi­gung nicht zuständig, so leitet sie das Ersuchen an die zuständige Behörde ihres Landes weiter und setzt die ersuchende Vertragspartei unmittelbar davon in Kennt­nis.
5.  Ersuchen oder Mitteilungen nach Ziffer 2, die keine Zwangsmassnahmen umfas­sen, können unmittelbar von der zuständigen Behörde der ersuchenden Vertrags­partei der zuständigen Behörde der ersuchten Vertragspartei übermittelt werden.
6.  Jede Vertragspartei kann dem Generalsekretär des Europarats bei der Unter­zeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmi­gungs- oder Beitrittsurkunde mitteilen, dass nach diesem Kapitel gestellte Ersuchen aus Effizienzgründen an ihre zentrale Behörde zu richten sind.
Art. 31 Information
Die ersuchte Vertragspartei unterrichtet die ersuchende Vertragspartei unverzüglich über die auf ein nach diesem Kapitel gestelltes Ersuchen hin getroffenen Massnah­men und das endgültige Ergebnis dieser Massnahmen. Die ersuchte Vertragspartei unterrichtet die ersuchende Vertragspartei ferner unverzüglich über alle Umstände, welche die Durchführung der ersuchten Massnahmen verunmöglichen oder sie wahrscheinlich erheblich verzögern werden.

Kapitel V: Schlussbestimmungen

Art. 32 Unterzeichnung und Inkrafttreten
1.  Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats und für Nichtmitgliedstaaten, die sich an der Ausarbeitung des Übereinkommens beteiligt haben, zur Unterzeichnung auf. Diese Staaten können ihre Zustimmung, gebunden zu sein, ausdrücken:
a. indem sie es ohne Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnen; oder
b. indem sie es unter Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnen und später ratifizieren, annehmen oder genehmigen.
2.  Ratifikations-, Annahme oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsek­retär des Europarats hinterlegt.
3.  Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem vierzehn Staaten ihre Zustimmung nach Ziffer 1 ausgedrückt haben, durch das Übereinkommen gebunden zu sein. Ist ein solcher Staat bei der Ratifikation nicht Mitglied der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO), so wird er am Tag des Inkrafttretens des Übereinkom­mens automatisch Mitglied.
4.  Für jeden Unterzeichnerstaat, der später seine Zustimmung ausdrückt, durch das Übereinkommen gebunden zu sein, tritt dieses am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem er nach Ziffer 1 seine Zustimmung ausgedrückt hat, durch das Übereinkommen gebunden zu sein. Ist ein Unterzeichnerstaat bei der Ratifikation nicht Mitglied der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO), so wird er an dem Tag, an dem das Übereinkommen für ihn in Kraft tritt, automatisch Mitglied.
Art. 33 Beitritt zum Übereinkommen
1.  Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Euro­parats nach Konsultation der Vertragsstaaten des Übereinkommens durch einen mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats⁴ vorgesehenen Mehrheit und mit einhelliger Zustimmung der Vertreter der Vertragsstaaten, die Anspruch auf einen Sitz im Ministerkomitee haben, gefassten Beschluss die Europäische Gemein­schaft sowie jeden Staat, der nicht Mitglied des Rats ist und der sich nicht an der Ausarbeitung des Übereinkommens beteiligt hat, einladen, dem Übereinkommen beizutreten.
2.  Für die Europäische Gemeinschaft und für jeden unter Ziffer 1 beitretenden Staat tritt das Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeit­abschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim General­sekretär des Europarats folgt. Die Europäische Gemeinschaft und jeder beitretende Staat werden an dem Tag, an dem das Übereinkommen für sie in Kraft tritt, automa­tisch GRECO-Mitglieder, sofern sie dies nicht bereits beim Beitritt sind.
⁴ SR 0.192.030
Art. 34 Räumlicher Geltungsbereich
1.  Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifi­kations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet.
2.  Jeder Staat kann jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europa­rats gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Übereinkommens auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken. Das Übereinkommen tritt für dieses Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Erklärung beim Generalsekretär des Europarats folgt.
3.  Jede nach den Ziffern 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in Bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär gerichtete Noti­fikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifika­tion beim Generalsekretär folgt.
Art. 35 Verhältnis zu anderen Übereinkommen und Vereinbarungen
1.  Dieses Übereinkommen lässt die Rechte und Pflichten aus mehrseitigen völker­rechtlichen Übereinkommen für besondere Fragen unberührt.
2.  Die Vertragsparteien des Übereinkommens können untereinander zwei- oder mehrseitige Vereinbarungen über Fragen schliessen, die in diesem Übereinkommen geregelt sind, um seine Bestimmungen zu ergänzen oder zu verstärken oder die Anwendung der darin enthaltenen Grundsätze zu erleichtern.
3.  Haben zwei oder mehr Vertragsparteien bereits eine Vereinbarung oder einen Vertrag über einen Gegenstand geschlossen, der in diesem Übereinkommen geregelt ist, oder haben sie ihre Beziehungen hinsichtlich dieses Gegenstands anderweitig geregelt, so sind sie berechtigt, anstelle dieses Übereinkommens die Vereinbarung, den Vertrag oder die Regelung anzuwenden, wenn dies die internationale Zusam­menarbeit erleichtert.
Art. 36 Erklärungen
Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifika­tions-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde erklären, dass er die aktive und passive Bestechung ausländischer Amtsträger nach Artikel 5, Amtsträger inter­nationaler Organisationen nach Artikel 9 oder von Richtern und Amtsträgern inter­nationaler Gerichtshöfe nach Artikel 11 nur insoweit als Straftat umschreiben wird, als der Amtsträger oder Richter eine Handlung unter Verletzung seiner Pflichten vornimmt oder unterlässt.
Art. 37 Vorbehalte
1.  Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifi­kations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde sein Recht vorbehalten, die in den Artikeln 4, 6–8, 10 und 12 genannten Handlungen oder die in Artikel 5 genannten Straftaten der passiven Bestechung insgesamt oder teilweise nicht nach seinem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben.
2.  Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifi­kations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde erklären, dass er von dem in Artikel 17 Ziffer 2 vorgesehenen Vorbehalt Gebrauch macht.
3.  Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifi­kations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde erklären, dass er ein Rechtshilfeersuchen nach Artikel 26 Ziffer 1 ablehnen kann, wenn das Ersuchen ein Delikt betrifft, welches die ersuchte Vertragspartei als politisches Delikt betrachtet.
4.  Kein Staat darf, in Anwendung der Ziffern 1, 2 und 3 dieses Artikels, Vorbehalte zu mehr als fünf erwähnten Bestimmungen machen. Andere Vorbehalte sind nicht zulässig. Gleichartige Vorbehalte zu den Artikeln 4, 6 und 10 sind als einziger Vorbehalt zu betrachten.
Art. 38 Gültigkeit und Überprüfung von Erklärungen und Vorbehalten
1.  Erklärungen nach Artikel 36 und Vorbehalte nach Artikel 37 sind vom Tag des Inkrafttretens dieses Übereinkommens für den betreffenden Staat an drei Jahre lang gültig. Diese Erklärungen und Vorbehalte können jedoch für Zeitabschnitte dersel­ben Dauer erneuert werden.
2.  Zwölf Monate vor Erlöschen der Erklärung oder des Vorbehalts unterrichtet der Generalsekretär des Europarats den betreffenden Staat über dieses Erlöschen. Spä­testens drei Monate vor dem Erlöschen notifiziert der Staat dem Generalsekretär, dass er die Erklärung oder den Vorbehalt aufrecht erhält, ändert oder zurücknimmt. Erfolgt keine Notifikation, unterrichtet der Generalsekretär diesen Staat, dass seine Erklärung oder sein Vorbehalt automatisch um sechs Monate verlängert wird. Noti­fiziert der betreffende Staat seine Absicht, seine Erklärung oder seinen Vorbehalt aufrecht zu erhalten oder zu ändern, nicht vor Ablauf dieser Frist, so erlischt die Erklärung oder der Vorbehalt.
3.  Wenn eine Vertragspartei nach den Artikeln 36 und 37 eine Erklärung oder einen Vorbehalt abgibt, erläutert sie GRECO vor der Erneuerung oder auf Ersuchen die Gründe für die Aufrechterhaltung.
Art. 39 Änderungen
1.  Jede Vertragspartei kann Änderungen dieses Übereinkommens vorschlagen; der Generalsekretär des Europarats übermittelt jeden Vorschlag den Mitgliedstaaten des Europarats und jedem Nichtmitgliedstaat, der nach Artikel 33 diesem Übereinkom­men beigetreten oder zum Beitritt eingeladen worden ist.
2.  Jede von einer Vertragspartei vorgeschlagene Änderung wird dem Europäischen Lenkungsausschuss für Strafrechtsfragen (CDPC) übermittelt; dieser unterbreitet dem Ministerkomitee seine Stellungnahme zu dem Änderungsvorschlag.
3.  Das Ministerkomitee prüft den Änderungsvorschlag und die vom CDPC unter­breitete Stellungnahme und kann, nach Konsultation der Nichtmitgliedstaaten, die Vertragsparteien des Übereinkommens sind, die Änderung annehmen.
4.  Der Wortlaut jeder vom Ministerkomitee nach Ziffer 3 angenommenen Änderung wird den Vertragsparteien zur Annahme übermittelt.
5.  Jede nach Ziffer 3 angenommene Änderung tritt am dreissigsten Tag nach dem Tag in Kraft, an dem alle Vertragsparteien dem Generalsekretär des Europarats mitgeteilt haben, dass sie sie angenommen haben.
Art. 40 Beilegung von Streitigkeiten
1.  Der Europäische Lenkungsausschuss für Strafrechtsfragen des Europarats wird über die Auslegung und Anwendung dieses Übereinkommens auf dem Laufenden gehalten.
2.  m Fall einer Streitigkeit zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens bemühen sich die Vertragsparteien, die Strei­tigkeit durch Verhandlungen oder andere friedliche Mittel ihrer Wahl beizulegen, einschliesslich der Unterbreitung der Streitigkeit an den Europäischen Lenkungsaus­schuss für Strafrechtsfragen, an ein Schiedsgericht, dessen Entscheidung für die Streitparteien bindend ist, oder an den Internationalen Gerichtshof, je nach Verein­barung der betroffenen Vertragsparteien.
Art. 41 Kündigung
1.  Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen.
2.  Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeit­abschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär des Europarats erfolgt.
Art. 42 Notifikation
Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Europarats und jedem Staat, der diesem Übereinkommen beigetreten ist:
a. jede Unterzeichnung;
b. jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Bei­trittsurkunde;
c. jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach den Arti­keln 32 und 33;
d. jede Erklärung oder jeden Vorbehalt nach Artikel 36 oder 37;
e. jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Über­einkommen unterschrieben.
Geschehen zu Strassburg am 27. Januar 1999 in französischer und englischer Spra­che, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermit­telt allen Mitgliedstaaten des Europarats, den Nichtmitgliedstaaten, die sich an der Ausarbeitung des Übereinkommens beteiligt haben, sowie jedem zum Beitritt zu diesem Übereinkommen eingeladenen Staat beglaubigte Abschriften.
(Es folgen die Unterschriften)

Geltungsbereich am 4. Juli 2018 ⁵

⁵ AS 2006 2375 , 2008 657 , 2010 789 , 2013 2077 , 2015 5947 , 2018 2699 . Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereiches findet sich auf der Internetseite des EDA (www.eda.admin.ch/vertraege).

Vertragsstaaten

Ratifikation

Beitritt (B)

Inkrafttreten

Albanien*

19. Juli

2001

  1. Juli

2002

Andorra*

  6. Mai

2008

  1. September

2008

Armenien*

  9. Januar

2006

  1. Mai

2006

Aserbaidschan*

11. Februar

2004

  1. Juni

2004

Belarus*

  6. November

2007

  1. März

2008

Belgien*

23. März

2004

  1. Juli

2004

Bosnien und Herzegowina*

30. Januar

2002

  1. Juli

2002

Bulgarien*

  7. November

2001

  1. Juli

2002

Dänemark* a

  2. August

2000

  1. Juli

2002

Deutschland*

10. Mai

2017

  1. September

2017

Estland*

  6. Dezember

2001

  1. Juli

2002

Finnland*

  3. Oktober

2002

  1. Februar

2003

Frankreich*

25. April

2008

  1. August

2008

Georgien*

10. Januar

2008

  1. Mai

2008

Griechenland*

10. Juli

2007

  1. November

2007

Irland*

  3. Oktober

2003

  1. Februar

2004

Island*

11. Februar

2004

  1. Juni

2004

Italien*

13. Juni

2013

  1. Oktober

2013

Kroatien*

  8. November

2000

  1. Juli

2002

Lettland*

  9. Februar

2001

  1. Juli

2002

Liechtenstein*

  9. Dezember

2016

  1. April

2017

Litauen*

  8. März

2002

  1. Juli

2002

Luxemburg*

13. Juli

2005

  1. November

2005

Malta*

15. Mai

2003

  1. September

2003

Mazedonien

28. Juli

1999

  1. Juli

2002

Moldau*

14. Januar

2004

  1. Mai

2004

Monaco*

19. März

2007

  1. Juli

2007

Montenegro*

  6. Juni

2006 B

  6. Juni

2006

Niederlande* b

11. April

2002

  1. August

2002

    Karibische Gebiete (Bonaire,
    Sint Eustatius und Saba)

10. Oktober

2010

10. Oktober

2010

Norwegen*

  2. März

2004

  1. Juli

2004

Österreich*

25. September

2013

  1. Januar

2014

Polen*

11. Dezember

2002

  1. April

2003

Portugal*

  7. Mai

2002

  1. September

2002

Rumänien*

11. Juli

2002

  1. November

2002

Russland*

  4. Oktober

2006

  1. Februar

2007

San Marino

30. August

2016

  1. Dezember

2016

Schweden*

25. Juni

2004

  1. Oktober

2004

Schweiz* c

31. März

2006

  1. Juli

2006

Serbien*

18. Dezember

2002 B

  1. April

2003

Slowakei*

  9. Juni

2000

  1. Juli

2002

Slowenien*

12. Mai

2000

1. Juli

2002

Spanien*

28. April

2010

1. August

2010

Tschechische Republik*

  8. September

2000

  1. Juli

2002

Türkei

29. März

2004

  1. Juli

2004

Ukraine*

27. November

2009

  1. März

2010

Ungarn*

22. November

2000

  1. Juli

2002

Vereinigtes Königreich*

  9. Dezember

2003

  1. April

2004

    Jersey*

13. Juni

2013

  1. Oktober

2013

Zypern*

17. Januar

2001

  1. Juli

2002

* Vorbehalte und Erklärungen.
Die Vorbehalte und Erklärungen werden in der AS nicht veröffentlicht, mit Ausnahme jener der Schweiz. Die französischen und englischen Texte können auf der Internetseite des Europarates: http://conventions.coe.int eingesehen oder bei der Direktion für Völker­recht, Sektion Staatsverträge, 3003 Bern bezogen werden.
a
Das Übereink. gilt nicht für die Färöer und Grönland.
b
Für das Königreich in Europa.
c
Mittels Schreiben vom 25. März 2015 hat die Schweiz dem Depositar mitgeteilt, dass sie die Erklärung gemäss Art. 36 und die Vorbehalte gemäss Art. 37 in Anwendung des Artikels 38 des Übereinkommens für weitere drei Jahre in ihrer Gesamtheit aufrechterhält und dies vom 1. Juli 2015 bis zum 1. Juli 2018.

Vorbehalte und Erklärungen

Schweiz ⁶
Die Schweiz behält sich das Recht vor, Artikel 12 nur insoweit anzuwenden, als die dort umschriebenen Sachverhalte nach schweizerischem Recht eine strafbare Hand­lung bilden.
Die Schweiz behält sich das Recht vor, Artikel 17 Ziffer 1 Buchstaben b und c nur insoweit anzuwenden, als die Tat auch am Begehungsort strafbar ist und der Täter oder die Täterin sich in der Schweiz befindet und nicht an das Ausland ausgeliefert wird.
Die Schweiz erklärt, dass sie aktive und passive Bestechung im Sinne der Artikel 5, 9 und 11 nur insoweit bestraft, als das Verhalten der bestochenen Person eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung bildet.
Gemäss Artikel 29 bestimmt die Schweiz das Bundesamt für Justiz CH-3003 Bern als zentrale Behörde.
⁶ Art. 1 Abs. 1 des BB vom 7. Okt. 2005 ( AS 2006 2371 ).
Markierungen
Leseansicht