Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Demokratischen B... (0.975.234.1)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

Abgeschlossen am 26. Juni 1998 In Kraft getreten durch Notenaustausch am 7. Dezember 1998 (Stand am 7. Dezember 1998) ¹ Übersetzung des englischen Originaltextes.
Präambel
Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien,
vom Wunsche geleitet, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten zum beiderseitigen Nutzen zu verstärken,
im Bestreben, günstige Bedingungen für Investitionen von Investoren der einen Vertragspartei auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei zu schaffen und zu erhalten,
in der Erkenntnis, dass Förderung und Schutz von Investitionen zur Mehrung des wirtschaftlichen Wohlstandes in beiden Staaten beitragen,
haben Folgendes vereinbart:
Art. 1 Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieses Abkommens:
(1)  Bezieht sich der Begriff «Investor» hinsichtlich beider Vertragsparteien auf
(a) jede natürliche Person, die nach dem Recht der betreffenden Vertragspartei als deren Staatsangehörige betrachtet wird;
(b) jede juristische Person, die nach dem Recht der betreffenden Vertragspartei konstituiert oder sonstwie organisiert ist und wesentliche wirtschaftliche Tätig­keiten im Hoheitsgebiet dieser Vertragspartei ausübt;
(c) jede juristische Person, die nicht nach dem Recht dieser Vertragspartei gegründet ist, (i) sofern mehr als 50 Prozent des Gesellschaftskapitals im Eigentum von Personen dieser Vertragspartei liegen;
(ii) sofern Personen dieser Vertragspartei die Möglichkeit haben, eine Mehr­­heit der Geschäftsleitung zu ernennen oder deren Tätigkeiten sonst­wie rechtlich bestimmen können.
(2)  Umfasst der Begriff «Investitionen» alle Arten von Vermögenswerten, insbesondere
(a) bewegliche und unbewegliche Vermögenswerte sowie sämtliche dinglichen Rechte wie Dienstbarkeiten, Grundlasten, Grund- und Fahrnispfandrechte;
(b) Aktien, Anteile und andere Formen der Beteiligung an Gesellschaften;
(c) Forderungen auf Geld oder auf irgendwelche Leistungen, die einen wirtschaft­lichen Wert aufweisen;
(d) Urheberrechte, gewerbliche Eigentumsrechte (wie Patente, Gebrauchsmus­ter, gewerbliche Muster und Modelle, Handels- und Dienstleistungsmarken, Handelsnamen, Herkunftsbezeichnungen), Know-how und Goodwill;
(e) Konzessionen oder ähnliche durch Gesetz oder Vertrag verliehene Rechte, ein­schliesslich solcher zur Erforschung, Gewinnung und Verwertung von na­tür­lichen Ressourcen.
(3)  Umfasst der Begriff «Erträge» diejenigen Beträge, die eine Investition erbringt, insbesondere Gewinne, Zinsen, Kapitalgewinne, Dividenden, Lizenz- und andere Gebühren.
(4)  Umfasst der Begriff «Hoheitsgebiet» das Gebiet des betreffenden Staates, über das er Souveränität oder Gerichtsbarkeit in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht ausüben kann.
Art. 2 Anwendungsbereich
Dieses Abkommen ist anwendbar auf Investitionen im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei, die in Übereinstimmung mit deren Gesetzen und übrigen Rechtsvorschriften von Investoren der anderen Vertragspartei vor oder nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens getätigt wurden. Es ist nicht anwendbar auf Ansprüche, die sich aus Tat­sachen ergeben, die vor seinem Inkrafttreten eingetreten sind.
Art. 3 Förderung, Zulassung
(1)  Jede Vertragspartei fördert auf ihrem Hoheitsgebiet Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei und lässt diese Investitionen in Übereinstimmung mit ihren Gesetzen und übrigen Rechtsvorschriften zu.
(2)  Jede Vertragspartei erleichtert, in Übereinstimmung mit ihren Gesetzen und übrigen Rechtsvorschriften, die Erteilung der erforderlichen Bewilligungen im Zusam­menhang mit einer solchen Investition, einschliesslich solcher für die Durchführung von Lizenzverträgen über die technische, kommerzielle oder administrative Unterstützung, sowie die Genehmigungen, die für die Tätigkeit von Beratern und Experten vorgeschrieben sind.
Art. 4 Schutz, Behandlung
(1)  Investitionen und Erträge von Investoren jeder Vertragspartei sind jederzeit gerecht und billig zu behandeln und geniessen auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei vollen Schutz und Sicherheit. Keine Vertragspartei behindert auf irgendeine Weise, durch ungerechtfertigte oder diskriminierende Massnahmen, die Ver­waltung, den Unterhalt, den Gebrauch, die Nutzung, die Erweiterung und die Ver­äusserung solcher Investitionen .
(2)  Jede Vertragspartei gewährt auf ihrem Hoheitsgebiet Investitionen und Erträgen von Investoren der anderen Vertragspartei eine nicht weniger günstige Behandlung, als jene, welche sie Investitionen und Erträgen ihrer eigenen Investoren oder Inves­titionen und Erträgen von Investoren irgendeines Drittstaates angedeihen lässt, je nachdem welche für den betroffenen Investor günstiger ist.
(3)  Jede Vertragspartei gewährt auf ihrem Hoheitsgebiet Investoren der anderen Ver­tragspartei hinsichtlich Verwaltung, Unterhalt, Gebrauch, Nutzung und Veräus­se­rung ihrer Investitionen eine nicht weniger günstige Behandlung als jene, welche sie ihren eigenen Investoren oder Investoren irgendeines Drittstaates angedeihen lässt, je nachdem welche für den betroffenen Investor günstiger ist.
(4)  Gewährt eine Vertragspartei den Investoren eines Drittstaates besondere Vorteile auf Grund eines Abkommens zur Gründung einer Freihandelszone, einer Zoll­union oder eines gemeinsamen Marktes oder auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens, so ist sie nicht verpflichtet, solche Vorteile den Investoren der anderen Vertragspartei einzuräumen.
(5)  Zur Vermeidung von Missverständnissen sei festzuhalten, dass der in den Absätzen 2 und 3 dieses Artikels vorgesehene Grundsatz der Inländergleichbehandlung sich auf Investitionen bezieht, die rechtlich zugelassen wurden, unabhängig davon, ob dies durch eine spezielle Genehmigung geschehen ist oder nicht.
Art. 5 Freier Transfer
(1)  Jede Vertragspartei, auf deren Hoheitsgebiet Investoren der anderen Vertragspar­tei Investitionen getätigt haben, gewährt diesen Investoren den freien Transfer von Be­trägen im Zusammenhang mit diesen Investitionen, insbesondere von:
(a) Erträgen;
(b)
Zahlungen im Zusammenhang mit Darlehen und anderen für die Investition eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen;
(c) Erlösen aus der teilweisen oder vollständigen Veräusserung oder Liquida­tion einer Investition, einschliesslich allfälliger Wertzunahmen;
(d) Einkommen und anderen Entgelten des Personals, das im Zusammenhang mit der Investition aus dem Ausland angeworben wurde;
(e) dem ursprünglichen Kapital und zusätzlichen Beträgen für den Unterhalt und die Ausweitung der Investition.
(2)  Sofern mit dem Investor nichts anderes vereinbart wurde, erfolgt ein Transfer zum Wechselkurs, der am Tag der Überweisung gemäss den geltenden Wechselkurs­vorschriften der Vertragspartei, in deren Territorium die Investition getätigt wur­de, anwendbar ist.
Art. 6 Besitzesentziehung, Entschädigung
(1)  Keine Vertragspartei darf Enteignungs- oder Verstaatlichungsmassnahmen oder irgendwelche andere Massnahmen derselben Art oder Wirkung gegenüber Investi­tio­nen treffen, welche Investoren der anderen Vertragspartei gehören, es sei denn, solche Massnahmen erfolgten im öffentlichen Interesse, seien nicht diskriminierend und entsprächen den gesetzlichen Vorschriften. Zudem wird vorausgesetzt, dass eine wertentsprechende und tatsächlich verwertbare Entschädigung vorgesehen ist. Die Entschädigung hat dem Marktwert vor der Enteignung oder vor dem öffentlichen Bekanntwerden der Enteignung, je nachdem welcher Fall früher eingetreten ist, zu entsprechen. Der Entschädigungsbetrag unterliegt für die Zeitspanne zwischen der Besitzesentziehung und der Zahlung einer bankenüblichen Verzinsung, erfolgt in einer frei konvertierbaren Währung und wird ohne Verzug an die berechtigte Person, unabhängig von ihrem Wohnsitz oder Geschäftssitz, überwiesen.
(2)  Investoren einer Vertragspartei, deren Investitionen als Folge eines Krieges oder eines anderen bewaffneten Konfliktes, einer Revolution, eines Ausnahmezustandes oder einer Rebellion auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei Schaden genommen haben, haben Anspruch darauf, von der letzteren hinsichtlich Rückerstattung, Entschädigung, Abfindung oder anderer Entgelte nicht weniger günstig behandelt zu werden als deren eigene Investoren oder jene irgendeines Drittstaates.
Art. 7 Subrogationsprinzip
Hat eine der Vertragsparteien für Investitionen, die durch einen Investor auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei getätigt wurden, eine finanzielle Garantie gegen nichtkommerzielle Risiken gewährt und wurde auf Grund dieser Garantie eine Zahlung geleistet, so anerkennt die andere Vertragspartei auf Grund des Subroga­-tionsprinzips den Übergang der Rechte des Investors auf die erste Vertragspartei.
Art. 8 Streitigkeiten zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei
(1)  Zur Lösung von Streitigkeiten über Investitionen zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei finden zwischen den betroffenen Par­teien Beratungen statt mit dem Ziel einer freundschaftlichen Beilegung der Angelegenheit.
(2)  Führen diese Beratungen innerhalb von sechs Monaten, seit der schriftlichen Auf­forderung solche aufzunehmen, nicht zu einer Lösung, so kann der Investor die Streitigkeit nach seiner Wahl einer der folgenden Instanzen zur Entscheidung vorlegen:
(a) dem zuständigen Gericht der Vertragspartei auf deren Gebiet die Investition getätigt wurde oder
(b) dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID), das unter dem Washingtoner Übereinkommen zur Beilegung von Inves­titionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten, zur Unterzeichnung aufgelegt am 18. März 1965², errichtet wurde, sofern beide Vertragsparteien Mitglieder dieser Konvention geworden sind oder
(c) einem Ad-hoc-Schiedsgericht, welches, sofern von den Streitparteien nichts anderes vereinbart wurde, gemäss den Schiedsgerichtsregeln der Kommis­sion der Vereinten Nationen für Internationales Handelsrecht (UNCITRAL) ge­bildet wird.
(3)  Die an der Streitigkeit beteiligte Vertragspartei kann sich zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens über die Investitionsstreitigkeit auf ihre Immunität berufen oder den Einwand erheben, der Investor habe auf Grund eines Versicherungsvertrages eine Ent­schädigung für einen Teil oder die Gesamtheit des entstandenen Schadens oder Verlustes erhalten.
(4)  Keine der Vertragsparteien wird eine Streitigkeit, die der internationalen Schieds­­gerichtsbarkeit unterbreitet wurde, auf diplomatischem Weg weiterverfolgen, es sei denn, die andere Vertragspartei komme einem Schiedsspruch nicht nach.
(5)  Der Schiedsspruch ist für die Streitparteien endgültig und bindend; er wird gemäss nationalem Recht vollstreckt.
² SR 0.975.2
Art. 9 Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien
(1)  Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien bezüglich Auslegung oder Anwendung der Bestimmungen dieses Abkommens sind auf diplomatischem Wege beizulegen.
(2)  Falls sich die beiden Vertragsparteien nicht innerhalb von sechs Monaten nach Entstehung der Streitigkeiten verständigen können, sind sie auf Ersuchen der einen oder anderen Vertragspartei einem aus drei Mitgliedern bestehenden Schiedsgericht zu unterbreiten. Jede Vertragspartei bezeichnet einen Schiedsrichter; diese beiden Schiedsrichter ernennen einen Angehörigen eines Drittstaates zum Vorsitzenden.
(3)  Falls eine Vertragspartei ihren Schiedsrichter nicht bezeichnet und der Aufforderung der anderen Vertragspartei, innerhalb von zwei Monaten diese Bezeichnung vor­zunehmen, nicht nachkommt, so wird der Schiedsrichter auf Ersuchen der letzteren Vertragspartei vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes ernannt.
(4)  Können sich die beiden Schiedsrichter nicht innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Bezeichnung auf die Wahl des Vorsitzenden einigen, so wird dieser auf Verlan­gen einer der beiden Vertragsparteien vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes ernannt.
(5)  Ist der Präsident des Internationalen Gerichtshofes in den in den Absätzen 3 und 4 dieses Artikels erwähnten Fällen an seiner Mandatsausübung verhindert, oder ist er Staatsangehöriger einer der beiden Vertragsparteien, so werden die Ernennungen vom Vizepräsidenten vorgenommen. Ist auch dieser verhindert oder Staatsangehöriger einer der beiden Ver­tragsparteien, so werden die Ernennungen durch das amts­älteste Mitglied des Ge­richtshofes vorgenommen, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist.
(6)  Sofern die Vertragsparteien nichts anderes bestimmen, regelt das Schiedsgericht sein Verfahren selber.
(7)  Die Entscheide des Schiedsgerichts sind für die Vertragsparteien endgültig und bindend.
Art. 10 Andere Verpflichtungen
(1)  Sofern Bestimmungen in der Gesetzgebung einer Vertragspartei oder in einem beide Vertragsparteien verpflichtenden internationalen Abkommen Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei eine günstigere Behandlung zuerkennen als jene, die in diesem Abkommen vorgesehen ist, so gehen solche Bestimmungen, soweit sie günstiger sind, diesem Abkommen vor.
(2)  Jede Vertragspartei erfüllt alle Verpflichtungen, die sie hinsichtlich Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei auf ihrem Hoheitsgebiet eingegangen ist.
Art. 11 Schlussbestimmungen
(1)  Das vorliegende Abkommen tritt am Tage in Kraft, an dem sich die beiden Vertragsparteien mitgeteilt haben, dass die rechtlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten von internationalen Abkommen erfüllt sind und gilt für die Dauer von zehn Jahren. Wird es nicht durch schriftliche Anzeige zwölf Monate vor Ablauf dieses Zeitraumes gekündigt, verlängert sich seine Laufzeit um jeweils weitere fünf Jahre.
(2)  Im Falle der schriftlichen Kündigung dieses Abkommens werden für Investitionen, die vor seiner Kündigung getätigt wurden, die in den Artikeln 1–10 enthaltenen Bestimmungen noch während der Dauer von zehn Jahren angewandt.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die jeweiligen Bevollmächtigten der beiden Regierungen dieses Abkommen unterzeichnet.
Geschehen zu Crans Montana am 26. Juni 1998 im Doppel in englischer Sprache.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Franz Blankart

Für die
Demokratische Bundesrepublik Äthiopien:

Haile Tadesse

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