Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Ukraine übe... (0.975.276.7)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Ukraine über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

Abgeschlossen am 20. April 1995 In Kraft getreten durch Notenaustausch am 21. Januar 1997 (Stand am 21. Januar 1997) ¹ Übersetzung des französischen Originaltextes.
Präambel
Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Ukraine,
im Folgenden «Vertragsparteien» genannt,
vom Wunsche geleitet, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten zum beiderseitigen Nutzen zu verstärken,
im Bestreben, günstige Bedingungen für Investitionen von Investoren der einen Vertragspartei auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei zu schaffen und zu erhalten,
in der Erkenntnis, dass Förderung und Schutz von Investitionen zur Mehrung des wirtschaftlichen Wohlstandes in beiden Staaten beitragen,
haben folgendes vereinbart:
Art. 1 Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieses Abkommens:
(1)  bezieht sich der Begriff «Investor» hinsichtlich jedweder Vertragspartei auf
(a) natürliche Personen, die gemäss der Gesetzgebung der betreffenden Vertrags­partei als deren Staatsangehörige betrachtet werden;
(b) juristische Personen, einschliesslich Gesellschaften, Körperschaften, Rechts­gemeinschaften und andere Organisationen, die nach dem Rechte der betreffen­den Vertragspartei konstituiert oder sonst wie rechtmässig organisiert sind und ihren Sitz im Hoheitsgebiet derselben Vertragspartei haben und dort tatsächlich wirtschaftliche Tätigkeiten entfalten;
(c) juristische Personen, die nicht nach dem Recht einer Vertragspartei gegründet sind, jedoch durch natürliche Personen wie unter (a) definiert oder durch juri­stische Personen wie unter (b) definiert tatsächlich kontrolliert werden.
(2)  umfasst der Begriff «Investitionen» alle Arten von Vermögenswerten, insbeson­dere
(a) bewegliche und unbewegliche Vermögenswerte sowie sämtliche dinglichen Rechte wie Dienstbarkeiten, Grundlasten, Grund- und Fahrnispfandrechte;
(b) Aktien, Anteile und andere Formen der Beteiligung an Gesellschaften;
(c) Forderungen auf Geld oder auf irgendwelche Leistungen, die einen wirtschaft­lichen Wert aufweisen;
(d) Urheberrechte, gewerbliche Eigentumsrechte (wie Patente, Gebrauchsmus­ter, gewerbliche Muster und Modelle, Fabrik‑, Handels- und Dienstleis­tungsmar­ken, Handelsnamen, Ursprungsbezeichnungen), «Know-how» und «Good­will»;
(e) öffentlich-rechtliche Konzessionen, einschliesslich solcher zur Prospektion, Gewinnung und Verwertung von natürlichen Ressourcen, sowie sämtliche anderen Rechte, die durch Gesetz, Vertrag oder Entscheid einer Behörde in Anwendung des Gesetzes verliehen werden;
(3)  bezeichnet der Begriff «Erträge» diejenigen Beträge, die eine Investition ein­bringt, wobei er insbesondere, jedoch nicht ausschliesslich, Gewinne, Zinsen, Kapi­talgewinne, Dividenden, Lizenz- und andere Gebühren umfasst.
(4)  umfasst der Begriff «Hoheitsgebiet» das Territorium jeder Vertragspartei ein­schliesslich die dem Anrainerstaat angrenzenden Seezonen, d. h. die ausschliessliche Wirtschaftszone und den Festlandsockel, über das er die Souveränität oder die Gerichtsbarkeit gemäss Völkerrecht ausüben kann.
Art. 2 Anwendungsbereich
Dieses Abkommen ist anwendbar auf Investitionen auf dem Hoheitsgebiet einer Vertragspartei, die in Übereinstimmung mit deren Gesetzen und übrigen Rechtsvor­schriften von Investoren der anderen Vertragspartei vor oder nach Inkrafttreten die­ses Abkommens getätigt wurden.
Art. 3 Förderung, Zulassung
(1)  Jede Vertragspartei fördert auf ihrem Hoheitsgebiet nach Möglichkeit Investitio­nen von Investoren der anderen Vertragspartei und lässt diese Investitionen in Über­einstimmung mit ihren Gesetzen und übrigen Rechtsvorschriften zu.
(2)  Hat eine Vertragspartei auf ihrem Hoheitsgebiet eine Investition zugelassen, so erteilt sie, in Übereinstimmung mit ihren Gesetzen und übrigen Rechtsvorschriften, die im Zusammenhang mit der Investition erforderlichen Bewilligungen, ein­schliesslich solcher für die Durchführung von Lizenzverträgen über technische, kommerzielle oder administrative Unterstützung. Jede Vertragspartei ist bestrebt, die Bewilligungen zu erteilen, die gegebenenfalls für die Tätigkeit von Beratern und anderen qualifizierten Personen fremder Staatsangehörigkeit erforderlich sind.
Art. 4 Schutz, Behandlung
(1)  Jede Vertragspartei schützt auf ihrem Hoheitsgebiet die in Übereinstimmung mit ihren Gesetzen und übrigen Rechtsvorschriften von Investoren der anderen Ver­tragspartei getätigten Investitionen und unterlässt es, die Verwaltung, den Unterhalt, den Gebrauch, die Nutzung, die Erweiterung, den Verkauf und allenfalls die Liqui­dation solcher Investitionen durch ungerechtfertigte oder diskriminierende Mass­nahmen zu behindern.
(2)  Jede Vertragspartei stellt auf ihrem Hoheitsgebiet eine gerechte und billige Behandlung der Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei sicher. Diese Behandlung darf nicht weniger günstig sein als jene, welche die Vertragspar­tei Investitionen angedeihen lässt, die auf ihrem Hoheitsgebiet von eigenen Investo­ren getätigt wurden, oder als die Behandlung, die Investitionen von Investoren der am meisten begünstigten Nation geniessen, sofern diese Behandlung günstiger ist.
(3)  Gewährt eine Vertragspartei den Investoren eines Drittstaates besondere Vorteile aufgrund eines Abkommens zur Gründung einer Freihandelszone, einer Zoll­union, eines gemeinsamen Marktes oder einer ähnlichen regionalen Organisation oder auf­grund eines Doppelbesteuerungsabkommens, so ist sie nicht verpflichtet, solche Vorteile den Investoren der anderen Vertragspartei einzuräumen.
Art. 5 Transfer
(1)  Jede Vertragspartei, auf deren Hoheitsgebiet Investoren der anderen Vertrags­partei Investitionen getätigt haben, gewährt diesen Investoren den ungehinderten Transfer von Zahlungen im Zusammenhang mit diesen Investitionen, insbesondere von:
(a) Investitionserträgen;
(b) Zahlungen im Zusammenhang mit erhaltenen Darlehen oder anderen bezüglich der Investition eingegangenen vertraglichen Pflichten;
(c) zusätzlichen Kapitalleistungen, die für den Unterhalt oder den Ausbau der Investitionen erforderlich sind;
(d) Erlösen aus dem Verkauf oder der teilweisen oder vollständigen Liquidation einer Investition, einschliesslich allfälliger Wertzunahmen.
(2)  Der Transfer hat ohne Verzögerung in einer frei konvertierbaren Währung zu erfolgen. Er ist zum anwendbaren Wechselkurs am Tag des Transfers gemäss den geltenden Wechselkursbestimmungen zu tätigen.
Art. 6 Besitzesentziehung, Entschädigung
(1)  Keine Vertragspartei darf direkt oder indirekt Enteignungs- oder Verstaat­lichungsmassnahmen oder irgendwelche andere Massnahmen derselben Art oder Wirkung gegenüber Investitionen treffen, die Investoren der anderen Vertragspartei gehören, es sei denn, solche Massnahmen erfolgten im öffentlichen Interesse, seien nicht diskriminierend und entsprächen den gesetzlichen Vorschriften. Zudem wird vorausgesetzt, dass eine wertentsprechende und tatsächlich verwertbare Entschädi­gung vorgesehen ist. Der Entschädigungsbetrag einschliesslich Zinsen ist in derjeni­gen Währung, in der die Investition erfolgte, oder in irgendeiner anderen vom Inve­stor akzeptierten Währung zu zahlen. Sie ist dem berechtigten Investor ohne Verzö­gerung und unabhängig von seinem Wohn- oder Geschäftssitz zu überweisen.
(2)  Investoren einer Vertragspartei, deren Investitionen als Folge eines Krieges oder eines anderen bewaffneten Konfliktes, einer Revolution, eines Ausnahmezustandes oder einer Rebellion auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei Schaden genommen haben, haben Anspruch darauf, von der letzteren hinsichtlich Rück­erstattung, Entschädigung, Abfindung oder anderer Entgelte gemäss Artikel 4 Absatz (2) dieses Abkommens behandelt zu werden.
Art. 7 Günstigere Bedingungen
Ungeachtet der Vorschriften dieses Abkommens finden günstigere Bedingungen Anwendung, die zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei vereinbart worden sind oder werden.
Art. 8 Subrogationsprinzip
Hat eine der Vertragsparteien für Investitionen, die durch einen Investor auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei getätigt wurden, eine finanzielle Garantie gegen nichtkommerzielle Risiken gewährt und wurde aufgrund dieser Garantie eine Zahlung geleistet, so anerkennt die andere Vertragspartei aufgrund des Subrogationsprinzips den Übergang der Rechte des Investors auf die erste Vertragspartei.
Art. 9 Meinungsverschiedenheiten zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei
(1)  Im Hinblick auf eine gütliche Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwi­schen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei und unbe­schadet von Artikel 10 dieses Abkommens (Beilegung von Meinungsverschieden­heiten zwischen Vertragsparteien) finden Beratungen zwischen den betroffenen Parteien statt.
(2)  Führen diese Beratungen innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Unterbreitung eines Gesuches, Beratungen aufzunehmen, nicht zu einer Lösung, kann der Investor die Meinungsverschiedenheit einem Ad-hoc-Schiedsgericht unter­breiten, welches, soweit durch die Streitparteien innerhalb von drei Monaten nichts anderes vereinbart wurde, gemäss den Schiedsgerichtsregeln der UNO-Kommission für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) einberufen wird.
(3)  Wenn beide Vertragsparteien der Washingtoner Konvention zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten, wel­che seit dem 18. März 1965² zur Unterzeichnung in Washington aufliegt, beigetre­ten sind, können Meinungsverschiedenheiten gemäss diesem Artikel, auf Verlangen des Investors, als Alternative zum Schiedsgericht nach Absatz 2 dieses Artikels dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) unterbreitet werden.
(4)  Die Vertragsparteien geben hiermit ihr Einverständnis, dass Investitionsstreitig­keiten der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen werden können.
(5)  Die am Streit beteiligte Vertragspartei kann in keiner Phase des Streitbei­legungsverfahrens den Einwand ihrer Immunität geltend machen oder vorbringen, der Investor habe aufgrund eines Versicherungsvertrages eine Entschädigung für die Gesamtheit oder einen Teil des entstandenen Schadens erhalten.
² SR 0.975.2
Art. 10 Meinungsverschiedenheiten zwischen Vertragsparteien
(1)  Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien bezüglich Aus­legung oder Anwendung der Bestimmungen dieses Abkommens sind auf diplomatischem Wege beizulegen.
(2)  Falls sich die beiden Vertragsparteien nicht innerhalb von zwölf Monaten nach Entstehung der Meinungsverschiedenheit verständigen können, ist sie auf Ersuchen der einen oder anderen Vertragspartei einem aus drei Mitgliedern bestehenden Schiedsgericht zu unterbreiten. Jede Vertragspartei bezeichnet einen Schiedsrichter; diese beiden Schiedsrichter ernennen einen Angehörigen eines Drittstaates zum Vorsitzenden.
(3)  Falls eine Vertragspartei ihren Schiedsrichter nicht bezeichnet und der Aufforde­rung der anderen Vertragspartei, innerhalb von zwei Monaten diese Bezeichnung vorzunehmen, nicht nachkommt, so wird der Schiedsrichter auf Ersuchen der letzte­ren Vertragspartei vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes ernannt.
(4)  Können sich die beiden Schiedsrichter nicht innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Bezeichnung auf die Wahl des Vorsitzenden einigen, so wird dieser auf Ver­langen einer der beiden Vertragsparteien vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes ernannt.
(5)  Ist der Präsident des Internationalen Gerichtshofes in den in Absatz (3) und Absatz (4) erwähnten Fällen an seiner Mandatsausübung verhindert oder ist er Staatsangehöriger einer der beiden Vertragsparteien, so werden die Ernennungen vom Vizepräsidenten vorgenommen. Ist auch dieser verhindert oder Staatsangehöri­ger einer der beiden Vertragsparteien, so werden die Ernennungen durch das amts­älteste Mitglied des Gerichtshofes vorgenommen, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist.
(6)  Sofern die Vertragsparteien nichts anderes bestimmen, regelt das Schiedsgericht sein Verfahren selber.
(7)  Die Entscheide des Schiedsgerichts sind für die Vertragsparteien endgültig und bindend.
Art. 11 Einhaltung von Verpflichtungen
Jede Vertragspartei gewährleistet zu jedem Zeitpunkt die Einhaltung der durch sie eingegangenen Verpflichtungen mit Bezug auf Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei.
Art. 12 Schlussbestimmungen
(1)  Das vorliegende Abkommen tritt am Tage in Kraft, an dem sich die beiden Regierungen mitteilen, dass die verfassungsmässigen Vorschriften für den Abschluss und das Inkrafttreten von internationalen Abkommen erfüllt sind, und gilt für die Dauer von zehn Jahren. Wird es nicht durch schriftliche Anzeige sechs Monate vor Ablauf dieses Zeitraumes gekündigt, verlängert sich seine Laufzeit um jeweils wei­tere zwei Jahre.
(2)  Im Falle der Kündigung dieses Abkommens werden für Investitionen, die vor seiner Kündigung getätigt wurden, die in den Artikeln 1 bis 11 enthaltenen Bestim­mungen noch während der Dauer von zehn Jahren angewandt.
Geschehen zu Kiew, am 20. April 1995, im Doppel in Französisch, Ukrainisch und Englisch, wobei jeder Text gleichermassen verbindlich ist. Im Falle von Meinungs­verschiedenheiten gilt der englische Text.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

F. Blankart

Für die
Regierung der Ukraine:

S. G. Ossyka

Protokoll

Bei der Unterzeichnung des vorliegenden Abkommens zwischen der Schweizer­ischen Eidgenossenschaft und der Ukraine über die Förderung und den gegenseiti­gen Schutz von Investitionen haben die unterzeichneten Bevollmächtigten folgende Bestimmungen vereinbart, die als Bestandteile des erwähnten Abkommens gelten:

Zu Artikel 1

(1)  Um von einer Vertragspartei, auf deren Hoheitsgebiet eine Investition getätigt wurde oder getätigt werden soll, als Investor der anderen Vertragspartei anerkannt zu werden, kann ein Investor gemäss Artikel 1 Absatz (1) Buchstabe (c) ersucht werden, Beweise über eine solche Kontrolle beizubringen.
(2)  Investoren gemäss Artikel 1 Absatz (1) Buchstabe (c) können sich nicht auf Artikel 6 des vorliegenden Abkommens berufen, wenn eine Entschädigung aufgrund einer ähnlichen Bestimmung in einem anderen Investitionsschutzabkommen gelei­s­tet worden ist, welches von der Vertragspartei, auf deren Hoheitsgebiet die Investi­tion getätigt wurde, abgeschlossen wurde.

Zu Artikel 4

Das Prinzip der Inländerbehandlung gemäss Artikel 4 Absatz (2) gilt unbeschadet der besonderen Bedingungen, welche gemäss der Gesetzgebung der Vertragspar­teien auf ausländische Investoren betreffend den Erwerb von Land oder natürlichen Ressourcen im jeweiligen Hoheitsgebiet anwendbar sind.
Geschehen zu Kiew, am 20. April 1995, im Doppel in Französisch, Ukrainisch und Englisch, wobei jeder Text gleichermassen verbindlich ist. Im Falle von Meinungs­verschiedenheiten gilt der englische Text.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

F. Blankart

Für die
Regierung der Ukraine:

S. G. Ossyka

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