Abkommen (0.741.619.214)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen

zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Volksrepublik Bulgarien über die internationalen Beförderungen auf der Strasse ² Abgeschlossen am 30. Mai 1974 In Kraft getreten durch Notenaustausch am 3. Oktober 1974 ¹ Der französische Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der entsprechenden Ausgabe dieser Sammlung. ² Mit Noten vom 21. Juni 1991/23. Febr./8. März/10. April 1996 haben die Schweiz und Bulgarien den Anwendungsbereich dieses Abk. mit Wirkung ab dem 23. Febr. 1996 und solange dieser Staat mit der Schweiz durch einen Zollanschlussvertrag (siehe SR 0.631.112.514 ) verbunden ist, auf das Fürstentum Liechtenstein ausgedehnt (siehe AS 1996 1926 ).
Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Volksrepublik Bulgarien
haben im Bestreben, die Personen‑ und Güterbeförderungen auf der Strasse zwischen den beiden Staaten und im Transit durch ihr Gebiet zu erleichtern, folgendes vereinbart:
Art. 1 Geltungsbereich
Die Bestimmungen dieses Abkommens sind anwendbar auf Personen‑ und Güter­beförderungen, die von oder nach dem Gebiet einer der Vertragsparteien oder im Transit durch eines dieser Gebiete mit Fahrzeugen ausgeführt werden, die im Gebiet der andern Vertragspartei zum Verkehr zugelassen sind.
Art. 2 Begriffsbestimmungen
1.  Der Begriff «Unternehmer» bezeichnet eine natürliche oder juristische Person, die entweder in der Schweiz oder in der Volksrepublik Bulgarien gemäss den in ihrem Staat geltenden Vorschriften berechtigt ist, Personen oder Güter auf der Strasse zu befördern.
2.  Der Begriff «Fahrzeug» bezeichnet ein Strassenfahrzeug mit mechanischem Antrieb sowie gegebenenfalls dessen Anhänger oder Auflieger, die für die Beförderung
a) von mehr als acht Personen (mehr als acht Sitzplätze ohne Führersitz);
b) von Gütern
eingerichtet sind.
3.  Der Begriff «Genehmigung» bezeichnet jede nach dem anwendbaren Recht jeder Vertragspartei erforderliche Zulassung, Konzession oder Genehmigung.
Art. 3 Personenbeförderungen
1.  Die Personenbeförderungen, die unter den nachfolgenden Voraussetzungen ausgeführt werden, sind von der Genehmigungspflicht ausgenommen:
a) die Beförderung der gleichen Personen mit dem gleichen Fahrzeug während einer ganzen Fahrt, deren Ausgangs‑ und Endpunkt in dem Staat gelegen sind, in dem das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, sofern unterwegs oder bei Halten ausserhalb dieses Staatsgebietes Personen weder aufgenommen noch abgesetzt werden (geschlossene Rundfahrt) oder
b) die Beförderung von Personengruppen von einem Ort des Staates, in dem das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, an einem Ort im Gebiet der andern Vertragspartei, sofern das Fahrzeug leer in den Staat zurückkehrt, in dem es zum Verkehr zugelassen ist oder
c) die Transitfahrten durch das Gebiet der andern Vertragspartei mit Ausnahme der Pendelfahrten, die in regelmässigen Abständen von weniger als 16 Tagen ausgeführt werden; bei Leertransitfahrten hat der Unternehmer nachzuweisen, dass er das Gebiet der andern Vertragspartei leer durchfährt.
2.  Andere als in Ziffer 1 erwähnte Beförderungen sind nach Massgabe des nationalen Rechts der Vertragsparteien genehmigungspflichtig.
Art. 4 Güterbeförderungen
1.  Jeder Unternehmer einer Vertragspartei ist berechtigt, vorübergehend ein leeres oder beladenes Fahrzeug in das Gebiet der andern Vertragspartei einzuführen, um Güter zu befördern:
a) zwischen einem beliebigen Ort im Gebiet der einen Vertragspartei und einem beliebigen Ort im Gebiet der andern Vertragspartei oder
b) vom Gebiet der andern Vertragspartei nach einem Drittstaat oder von einem Drittstaat nach dem Gebiet der andern Vertragspartei oder
c) im Transit durch das Gebiet der andern Vertragspartei.
2.  Für die unter Ziffer 1b) erwähnten Beförderungen ist eine Genehmigung nur dann erforderlich, wenn das Fahrzeug das Gebiet des Staates, in dem es zum Verkehr zugelassen ist, nicht durchfährt.
Art. 5 Anwendung nationalen Rechts
In allen Belangen, die dieses Abkommen nicht regelt, haben die Unternehmer und die Fahrzeugführer einer Vertragspartei bei Fahrten im Gebiet der andern Vertragspartei die dort geltenden Gesetze und Reglemente einzuhalten.
Art. 6 Verbot landesinterner Beförderungen
Keine Bestimmung dieses Abkommens ermächtigt einen Unternehmer einer Vertragspartei, auf dem Gebiet der andern Vertragspartei Personen oder Güter aufzunehmen, um sie auf dem gleichen Gebiet wieder abzusetzen.
Art. 7 Widerhandlungen
1.  Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien sind dafür besorgt, dass die Bestimmungen dieses Abkommens von den Unternehmern eingehalten werden.
2.  Gegen Unternehmer und Fahrzeugführer, die auf dem Gebiet der andern Vertragspartei Bestimmungen dieses Abkommens oder dort geltende Gesetze und Reglemente über die Strassenbeförderungen oder den Strassenverkehr verletzt haben, können auf Verlangen der zuständigen Behörden dieses Staates folgende Massnahmen angeordnet werden, die durch die Behörden des Staates, in dem das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, zu vollziehen sind:
a) Verwarnung;
b) befristeter, teilweiser oder vollständiger Entzug der Berechtigung, Beförderungen auf dem Gebiet der Vertragspartei, in dem die Widerhandlung begangen wurde, auszuführen.
Vorbehalten bleiben Sanktionen, die gestützt auf das nationale Recht durch die Gerichte oder die zuständigen Behörden der Vertragspartei ergriffen werden können, auf deren Gebiet solche Widerhandlungen begangen wurden.
3.  Die Behörde, die eine solche Massnahme getroffen hat, unterrichtet hierüber die zuständige Behörde der andern Vertragspartei.
Art. 8 Ausführungsbestimmungen
Die Ausführungsbestimmungen zu diesem Abkommen werden von den zuständigen Behörden der Vertragsparteien in einem gleichzeitig mit dem Abkommen erstellten Protokoll vereinbart.
Art. 9 Gemischte Kommission
Die zuständige Behörde einer Vertragspartei kann die Einberufung einer gemischten Kommission, die sich aus Vertretern der beiden Vertragsparteien zusammensetzt, zur Behandlung von Fragen betreffend die Anwendung dieses Abkommens verlangen; diese Kommission ist für Änderungen des in Artikel 8 erwähnten Protokolls zuständig.
Art. 10 Inkraftsetzung und Geltungsdauer
1.  Dieses Abkommen tritt in Kraft, sobald jede Vertragspartei die andere davon in Kenntnis gesetzt hat, dass die verfassungsrechtlichen Bestimmungen über den Abschluss und die Inkraftsetzung internationaler Verträge befolgt wurden.
2.  Das Abkommen gilt für eine unbestimmte Dauer; es kann von jeder Vertragspartei unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist auf das Ende eines Kalenderjahres schriftlich gekündigt werden.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die von ihren Regierungen gehörig Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet.
Geschehen zu Sofia am 30. Mai 1974 in französischer und bulgarischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Für die Regierung
der Volksrepublik Bulgarien:

Giorgetti

Mutaftchiev

Protokoll

Gestützt auf Artikel 8 des am 30. Mai 1974 in Sofia unterzeichneten Abkommens zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Volksrepublik Bulgarien über die intemationalen Beförderungen auf der Strasse wird folgendes vereinbart:

1. Personenbeförderungen (Artikel 3)

zu Ziffer 2
Genehmigungsgesuche für Beförderungen, welche die in Artikel 3 Ziffer 1 des Abkommens erwähnten Bedingungen nicht erfüllen (zum Beispiel Pendelfahrten oder Leereinfahrten), sind den zuständigen Behörden der andern Vertragspartei schriftlich zu unterbreiten.
Die Behörde, die eine Genehmigung erteilt hat, unterrichtet hierüber die zuständige Behörde der andern Vertragspartei durch Zustellung einer Kopie der erteilten Genehmigung.
Die Genehmigungen sind auf den Fahrzeugen mitzuführen und auf Verlangen der Kontrollorgane vorzuweisen.

2. Güterbeförderungen (Artikel 4)

Die Bestimmungen des Abkommens sind auf Lastenzüge nur anwendbar, sofern das Zugfahrzeug im Gebiet einer Vertragspartei zum Verkehr zugelassen ist.

3. Anwendung nationalen Rechts (Artikel 5)

Die Vertragsparteien stellen fest, dass sich Artikel 5 des Abkommens insbesondere auf die Gesetzgebung über die Strassenbeförderungen, den Strassenverkehr, die Masse und Gewichte der Fahrzeuge, die Arbeits‑ und Ruhezeit der Fahrzeugbesatzung und die Lenkdauer bezieht.

4. Zuständige Behörden

Zuständige Behörden für die Durchführung des Abkommens sind:
für die Schweiz:
Eidgenössisches Verkehrs‑ und Energiewirtschaftsdepartement, Amt für Verkehr³, CH‑3003 Bern, Telex 33 179 eav ch⁴, Tel. Bern 61 41 11;
für Bulgarien:
Verkehrsministerium, Departement für internationale Beziehungen, Levsky Strasse 9, Sofia C, Tel. 87 49 42 oder 88 03 92, Telex Nr. 22 553 Mintransport.
³ Heute: Bundesamt für Verkehr.
⁴ Heute: Telex 912 791 bar ch.

5. Erteilung der Einreisevisa

Die zuständigen Behörden beider Vertragsparteien erteilen den Motorfahrzeugführern und dem Personal im Dienste von Unternehmen, die intemationalen Personen‑ oder Güterverkehr betreiben, in einem beschleunigten Verfahren die für eine bestimmte Dauer und für eine unbeschränkte Anzahl von Fahrten gültigen Einreisevisa.

6. Masse und Gewichte der Fahrzeuge

Jede Vertragspartei verpflichtet sich, die Fahrzeuge, die im Gebiet der andern Vertragspartei zum Verkehr zugelassen sind, keinen strengeren Vorschriften über Masse und Gewichte zu unterstellen als die im eigenen Gebiet zum Verkehr zugelassenen Fahrzeuge.
Für den Fall, dass die Fahrzeuge die Masse und Gewichte übersteigen, die im nationalen Recht jeder Vertragspartei festgesetzt sind, finden die folgenden Verfahren Anwendung:
für die Schweiz:
Die in Bulgarien zum Verkehr zugelassenen Fahrzeuge dürfen mit einer vom schweizerischen Zollamt oder von der Eidgenössischen Polizeiabteilung, Abteilung Strassenverkehr⁵, Bem, ausgestellten Bewilligung in die vom Eidgenössischen Justiz‑ und Polizeidepartement festgelegte Grenzzone einfahren.
Für Beförderungen über diese Grenzzone hinaus erteilt die Eidgenössische Polizeiabteilung, Abteilung Strassenverkehr⁶, CH‑3003 Bern (Telex 32 153⁷, Sonderbewilligungen nur für die unteilbaren Ladegüter, sofern die Strassenverhältnisse die Erteilung der Bewilligung gestatten. Die Gesuche sind dieser Behörde im voraus zu unterbreiten.
Das im Fahrzeugausweis eingetragene Gesamtgewicht darf in keinem Fall überschritten werden.
für Bulgarien:
Die in der Schweiz zum Verkehr zugelassenen Fahrzeuge dürfen nur mit einer vom Verkehrsministerium, Departement für internationale Beziehungen, Sofia C, erteilten Bewilligung in bulgarisches Gebiet einfahren. Die Gesuche sind dieser Behörde spätestens einen Monat vor der Ausführung der Beförderung zu unterbreiten.
⁵ Heute: Bundesamt für Polizeiwesen, Hauptabteilung Strassenverkehr.
⁶ Heute: Bundesamt für Polizeiwesen, Hauptabteilung Strassenverkehr.
⁷ Heute: Telex 912 240 bap ch.

7. Zoll

Der Treibstoff, der sich in den normalen Fahrzeugtanks der vorübergehend eingeführten Fahrzeuge befindet, wird frei von Einfuhrabgaben und frei von Einfuhrverboten und Einfuhrbeschränkungen zugelassen.
Ersatzteile, die zur Instandsetzung eines bestimmten, bereits vorübergehend eingeführten Fahrzeuges dienen, werden frei von Einfuhrabgaben und frei von Einfuhrverboten und Einfuhrbeschränkungen zur vorübergehenden Einfuhr Zugelassen. Die Vertragsparteien können für diese Ersatzteile die Abfertigung mit Ausweis für die vorübergehende Einfuhr vorsehen. Die ersetzten Teile sind zu verzollen, auszuführen oder unter Aufsicht der Zollorgane zu vernichten.

8. Befreiung von Steuern und Abgaben

Die bulgarischen Unternehmer, die mit in Bulgarien zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen in der Schweiz unter die Bestimmungen des Abkommens fallende Beförderungen ausführen, unterliegen nach der geltenden schweizerischen Gesetzgebung weder Beförderungs‑ noch Verkehrssteuern. Nach dem Grundatz der Gegenseitigkeit gewährt Bulgarien den schweizerischen Unternehmern, die mit in der Schweiz zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen auf bulgarischem Gebiet unter das Abkommen fallende Beförderungen ausführen, die gleiche Steuerfreiheit.
Vorbehalten bleiben Konzessionsgebühren sowie, gegebenenfalls, Abgaben für die Zulassung von Abweichungen von den Vorschriften der Strassenverkehrsgesetz­gebung wie die Bewilligung von Übermassen und Übergewichten der Fahrzeuge oder die Befreiung vom Sonntagsfahrverbot.
Für die Durchfahrt durch den italienisch‑schweizerischen Tunnel des Grossen St. Bernhard ist die jeweils geltende Gebühr zu entrichten.
Sofia, den 30. Mai 1974

Der schweizerische
Delegationsleiter:

Der bulgarische
Delegationsleiter:

Giorgetti

Mutaftchiev

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