Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Guatema... (0.975.237.6)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Guatemala über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

Abgeschlossen am 9. September 2002 In Kraft getreten durch Notenaustausch am 3. Mai 2005 (Stand am 3. Mai 2005) ¹ Übersetzung des französischen Originaltextes.
Präambel
Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Republik Guatemala,
im Folgenden als die Vertragsparteien bezeichnet,
im Bestreben, günstige Bedingungen für eine engere wirtschaftliche Zusammen­arbeit zwischen ihnen und insbesondere für Investitionen von Investoren der einen Vertragspartei auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei zu schaffen und zu erhalten,
in der Erkenntnis, dass die Förderung und der gegenseitige Schutz solcher Investi­tionen durch internationale Abkommen zur Belebung wirtschaftlicher Initiativen beitragen und den Wohl­stand in beiden Staaten mehren,
haben Folgendes vereinbart:
Art. 1 Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieses Abkommens:
(1)  umfasst der Begriff «Investitionen» alle Arten von Vermögenswerten, und insbesondere, jedoch nicht ausschliesslich:
(a) bewegliche und unbewegliche Vermögenswerte sowie sämtliche anderen dinglichen Rechte wie Dienstbarkeiten, Hypotheken, Grundlasten, Grund- und Fahrnis­pfandrechte sowie Nutzniessungen;
(b) Aktien, Anteile und andere Formen der Beteiligung an Gesellschaften;
(c) Forderungen auf Geld, einschliesslich Anleihen und Obligationen, oder auf irgendwelche Leistungen, die einen wirtschaftlichen Wert aufweisen;
(d) Urheberrechte, gewerbliche Eigentumsrechte (wie Patente, Gebrauchs­mu­s­ter, gewerbliche Muster und Modelle, Handels- und Dienstleistungs­marken, Handelsnamen, Herkunftsangaben), technische Verfahren, «Know-how» und «Goodwill»;
(e) Konzessionen oder ähnliche Rechte, die durch Gesetz oder Vertrag verliehen werden, ein­schliess­­lich Konzessionen zur Prospektion, Gewinnung und Verwertung von natürlichen Ressourcen.
(2)  bezieht sich der Begriff «Investor» hinsichtlich jeder Vertragspartei auf:
(a) natürliche Personen, die nach dem Recht der betreffenden Ver­trags­­partei als ihre Staatsangehörigen betrachtet werden;
(b) juristische Personen, die nach dem Recht der betreffenden Vertragspartei gegründet sind und auf deren Hoheitsgebiet ihren Sitz haben, sowie juristische Personen, die von Staatsangehörigen der betreffenden Vertrags­partei oder von juristischen Personen, die nach dem Recht der betreffenden Vertragspartei gegründet sind und auf deren Hoheitsgebiet ihren Sitz haben, direkt oder indirekt kontrolliert werden.
(3)  umfasst der Begriff «Erträge» diejenigen Beträge, die eine Investition erbringt, und insbesondere, jedoch nicht ausschliesslich Gewinne, Zinsen, Kapitalgewinne, Dividenden, Lizenz- und an­dere Gebühren.
(4)  umfasst der Begriff «Hoheitsgebiet» das Gebiet jeder Vertragspartei, einschliess­lich der angrenzenden Seezonen, über welche die betreffende Vertragspartei gemäss Landesrecht und Völkerrecht souveräne Rechte oder Gerichtsbarkeit ausüben kann.
Art. 2 Anwendungsbereich
Dieses Abkommen ist anwendbar auf Investitionen auf dem Hoheitsgebiet einer Vertrags­partei, die in Übereinstimmung mit deren Gesetzen und übrigen Rechts­vorschriften von Investoren der anderen Vertragspartei vor oder nach dem Inkrafttreten des Abkommens getätigt wurden. Es ist jedoch nicht anwendbar auf Forderungen, die sich aus Ereignissen ergeben, welche vor seinem Inkrafttreten entstanden sind.
Art. 3 Förderung, Zulassung
(1)  Jede Vertragspartei fördert auf ihrem Hoheitsgebiet Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei und lässt diese Investitionen in Übereinstimmung mit ihren Gesetzen und übrigen Rechtsvorschriften zu.
(2)  Jede Vertragspartei ist, in Übereinstimmung mit ihren Gesetzen und übrigen Rechts­vor­schriften, bei der Ausstellung der erforderlichen Bewilli­gungen im Zusammenhang mit einer solchen Investition behilflich, einschliesslich der Bewilli­gungen für die Ausführung von Lizenz­verträgen und Verträgen über techni­sche, kommer­zielle oder administrative Unterstützung, sowie bei Genehmigungen, die für die Tätigkeit von Beratern und Experten erforderlich sind.
Art. 4 Schutz, Behandlung
(1)  Investitionen und Erträge von Investoren jeder Vertragspartei sind auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei jederzeit gerecht und billig zu behandeln und geniessen dort vollen Schutz und Sicherheit. Keine Vertragspartei behindert auf irgendeine Weise durch ungerechtfertigte oder diskriminierende Massnahmen die Verwaltung, den Unterhalt, den Gebrauch, die Nutzung, die Erweiterung oder die Veräusserung solcher Investitionen.
(2)  Jede Vertragspartei gewährt auf ihrem Hoheitsgebiet Investitionen und Erträgen von Investoren der anderen Vertragspartei eine nicht weniger günstige Behandlung als jene, welche sie Investitionen und Erträgen ihrer eigenen Investoren oder Investitionen und Erträgen von Investoren irgendeines Drittstaates angedeihen lässt, je nachdem welche für den betroffenen Investor günstiger ist.
(3)  Jede Vertragspartei gewährt auf ihrem Hoheitsgebiet Investoren der anderen Vertragspartei hinsichtlich Verwaltung, Unterhalt, Gebrauch, Nutzung oder Veräusserung ihrer Investitionen eine nicht weniger günstige Behandlung als jene, welche sie ihren eigenen Investoren oder den Investoren irgendeines Drittstaates angedeihen lässt, je nachdem welche für den betroffenen Investor günstiger ist.
(4)  Gewährt eine Vertragspartei den Investoren eines Drittstaates besondere Vorteile aufgrund eines Abkommens zur Gründung einer Freihandelszone, einer Zollunion oder eines gemeinsamen Marktes oder aufgrund eines Doppelbesteuerungs­abkommens, so ist sie nicht verpflichtet, solche Vorteile den Investoren der anderen Vertragspartei einzuräumen.
Art. 5 Freier Transfer
(1)  Jede Vertragspartei gewährt Investoren der anderen Vertragspartei den unver­züglichen Transfer in einer frei konvertierbaren Währung von Zahlungen im Zusammenhang mit einer Investition, insbesondere, jedoch nicht ausschliesslich von:
(a) Erträgen;
(b) Zahlungen in Bezug auf Darlehen oder andere vertragliche Verpflichtun­gen, welche hinsichtlich der Investition einge­gangen wurden;
(c) Erlösen aus der teilweisen oder vollständigen Veräusserung oder Liquidation der Investition, einschliesslich allfälliger Wertzu­nahmen;
(d) Einkommen und anderen Vergütungen von Personal, das im Zusammen­hang mit der Investition aus dem Ausland beigezogen wurde;
(e) dem Anfangskapital und weiteren Beiträgen für den Unterhalt oder die Ausweitung der Investition.
(2)  Sofern nicht anders mit dem Investor vereinbart, erfolgen Transfers zum Wechsel­kurs, der am Tag des Transfers gemäss den geltenden Wechselkurs­bestim­mungen derjenigen Vertragspartei anwendbar ist, auf deren Hoheitsgebiet die Investition getätigt wurde.
Art. 6 Enteignung
(1)  Keine Vertragspartei trifft Enteignungs- oder Verstaat­lichungs­massnahmen oder irgendwelche andere Massnahmen, deren Wirkungen einer Enteignung oder Nationa­­lisierung gleichkommen, gegenüber Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei, es sei denn, solche Massnahmen erfolgen im öffentlichen Interesse, gegen umgehende und wertentsprechende Entschädigung und unter der Bedingung, dass sie nicht diskriminierend und in Übereinstimmung mit allgemein anwendbaren innerstaatlichen Rechtsvorschriften erfolgen. Die Rechtmässigkeit einer solchen Enteignung und der Betrag der Entschädigung sind auf Begehren des Investors Gegenstand einer Überprüfung gemäss den gesetzlichen Vorschriften.
(2)  Die in Absatz (1) genannte Entschädigung entspricht dem angemessenen Markt­wert der Investition, wie er in Übereinstimmung mit anerkannten Bewertungs­grundsätzen bestimmt wird, wie, unter anderem, dem investierten Kapital, dem Ersatzwert, dem Wertzuwachs, den laufenden Erträgen, dem «Goodwill» und anderen relevanten Faktoren, unmittelbar vor dem Zeitpunkt, als die Entscheidung zur Enteignung angekündigt oder öffentlich bekannt wurde, je nachdem welcher Fall früher eingetreten ist. Der Entschädigungsbetrag schliesst handelsübliche Zinsen ein, vom Zeitpunkt der Enteignung bis zur Zahlung gerechnet, wird in einer frei konvertierbaren Währung geleistet und unverzüglich an die berechtigte Person gezahlt, unabhängig von deren Wohn- oder Geschäftssitz.
(3)  Investoren einer Vertragspartei, deren Investitionen Verluste erlitten haben als Folge eines Krieges oder eines anderen bewaffneten Konfliktes, einer Revolution, eines Ausnahme­zustandes oder einer Rebellion, die auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertrags­partei stattfanden, wird seitens der letzteren Vertragspartei hinsichtlich Rückerstattung, Entschä­digung, Vergütung oder einer sonstigen Regelung eine nicht weniger günstige Behandlung als jene gewährt, welche sie ihren eigenen Investoren oder jenen irgendeines Drittstaates angedeihen lässt.
Art. 7 Subrogationsprinzip
Hat eine Vertragspartei in Bezug auf eine Investition eines ihrer Investoren auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei eine finanzielle Garantie gegen nicht­kommerzielle Risiken geleistet, so anerkennt die letztere Vertragspartei aufgrund des Subrogationsprinzips die Rechte der ersten Vertragspartei auf die Rechte des Investors, wenn aufgrund dieser Garantie eine Zahlung durch die erste Vertrags­partei geleistet wurde.
Art. 8 Streitigkeiten zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei
(1)  Zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei über Investitionen finden Beratungen zwischen den betroffenen Parteien statt.
(2)  Führen diese Beratungen innerhalb von sechs Monaten seit dem Begehren um Beratungen nicht zu einer Lösung, so kann der Investor die Streitigkeit zur Beilegung unterbreiten:
(a) den zuständigen Gerichten der Vertragspartei, auf deren Hoheitsgebiet die Investition getätigt wurde; oder
(b) dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitions­streitigkeiten (ICSID), welches durch das am 18. März 1965² in Washington zur Unterzeichnung aufgelegte Übereinkommen zur Beilegung von Investitions­streitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten geschaffen wurde; oder
(c) einem Ad-hoc-Schiedsgericht, welches, sofern von den Streitparteien nicht anders vereinbart, gemäss den Schiedsregeln der UNO-Kommission für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) geschaf­fen wird.
(3)  Jede Vertragspartei erteilt hiermit ihre Zustimmung, Streitigkeiten über Investitionen internationaler Schlichtung oder Schiedsgerichtsbarkeit zu unter­breiten.
(4)  Die am Streit beteiligte Vertragspartei macht in keinem Zeitpunkt während des Verfahrens als Einwand ihre Immunität geltend oder den Umstand, dass der Investor aufgrund eines Versicherungs­vertrages eine Entschädigung für die Gesamtheit oder einen Teil des erlittenen Schadens erhalten hat.
(5)  Keine Vertragspartei verfolgt eine der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit unter­breitete Streitigkeit auf diplomatischem Wege weiter, es sei denn, die andere Vertragspartei befolge den Schiedsspruch nicht.
(6)  Der Schiedsspruch ist endgültig und für die Streitparteien bindend und wird gemäss nationalem Recht vollzogen.
² SR 0.975.2
Art. 9 Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien
(1)  Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien in Bezug auf die Auslegung oder die Anwen­dung der Bestimmungen dieses Abkommens werden auf diplomatischem Wege beigelegt.
(2)  Kann die Streitigkeit zwischen den Vertragsparteien innerhalb von sechs Monaten seit dem Tag, an welchem die Streitfrage von einer Vertrags­partei schriftlich aufgebracht wurde, nicht beigelegt werden, wird sie auf Begehren einer Vertragspartei einem Schiedsgericht unterbreitet.
(3)  Ein solches Schiedsgericht wird für jeden einzelnen Streitfall wie folgt errichtet. Innerhalb von zwei Monaten seit dem Empfang des Begehrens um Schiedsgerichts­barkeit ernennt jede Vertragspartei ein Mitglied des Gerichts. Diese beiden Mitglieder wählen innerhalb von zwei Monaten den Vorsitzenden des Gerichts, der Angehöriger eines Drittstaates ist, mit welchem beide Vertragsparteien diploma­tische Beziehungen unterhalten.
(4)  Sind die erforderlichen Ernennungen innerhalb der in Absatz (3) dieses Artikels festgelegten Fristen nicht erfolgt, so kann jede Vertragspartei, sofern nicht anders vereinbart, den Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes ersuchen, die erforder­lichen Ernennungen vorzunehmen. Ist der Präsident Staats­ange­höriger einer Vertrags­partei oder ist er aus einem anderen Grund verhindert, die besagte Aufgabe wahrzunehmen, wird der Vizepräsident ersucht, die erforderlichen Ernennungen vorzu­nehmen. Ist der Vizepräsident Staatsangehöriger einer Vertragspartei oder ist auch er aus einem anderen Grund verhindert, die besagte Aufgabe wahrzunehmen, wird das amtsälteste Mitglied des Internationalen Gerichtshofes, das kein Staats­angehöriger einer Vertragspartei ist, ersucht, die erforder­lichen Ernennungen vorzunehmen.
(5)  Das Schiedsgericht regelt sein Verfahren selber, sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren. Es fällt seine Entscheide mit der Mehrheit der Stimmen. Diese Entscheide sind endgültig und bindend für beide Vertragsparteien.
(6)  Jede Vertragspartei trägt die Kosten für ihr Mitglied des Schiedsgerichts und für ihre Vertretung im Schiedsverfahren; die Kosten des Vorsitzenden und die übrigen Kosten werden von den Vertragsparteien zu gleichen Teilen getragen.
Art. 10 Andere Verpflichtungen
(1)  Erkennen Vorschriften in der Gesetzgebung einer Vertragspartei oder Regeln des Völkerrechts Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei eine günstigere Behandlung zu als jene, die in diesem Abkommen vorgesehen ist, so sind solche Vorschriften oder Regeln in dem Masse anwendbar, als sie günstiger sind.
(2)  Jede Vertragspartei hält alle Verpflichtungen ein, die sie in Bezug auf Investitionen auf ihrem Hoheitsgebiet von Investoren der anderen Vertragspartei eingegangen ist.
Art. 11 Schlussbestimmungen
(1)  Dieses Abkommen tritt am Tage in Kraft, an dem die beiden Vertragsparteien sich mitgeteilt haben, dass die rechtlichen Erfordernisse für das Inkrafttreten von internationalen Abkommen erfüllt sind, und bleibt in Kraft für die Dauer von zehn Jahren. Wird das Abkommen nicht durch schriftliche Mitteilung mit einer Frist von zwölf Monaten vor Ablauf dieses Zeitraumes gekündigt, verlängert es sich unverändert um jeweils weitere fünf Jahre.
(2)  Im Falle der Kündigung dieses Abkommens durch schriftliche Mitteilung, gelten die Bestimmungen der Artikel 1 bis 10 während weiteren zehn Jahren für Investi­tionen, die vor der Kündigung getätigt wurden.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die von ihren Regierungen gehörig dazu ermächtigten Unterzeichneten dieses Abkommen unterzeichnet.
Geschehen zu Guatemala am 9. September 2002, im Doppel je in Französisch, Spanisch und Englisch, wobei jeder Text gleichermassen verbindlich ist. Im Falle von Abweichun­gen geht der englische Text vor.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

David Syz

Für die
Regierung der Republik Guatemala:

Patricia Ramírez Ceberg

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