Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Bundesrepu... (0.975.259.4)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Bundesrepublik Nigeria über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen

Abgeschlossen am 30. November 2000 In Kraft getreten durch Notenaustausch am 1. April 2003 (Stand am 1. April 2003)
Präambel
Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Bundesrepublik Nigeria,
nachfolgend als die «Vertragsparteien» bezeichnet,
vom Wunsche geleitet, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten zum beiderseitigen Nutzen zu verstärken,
entschlossen, günstige Bedingungen für vermehrte Investitionen von Investoren der einen Vertragspartei auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei zu schaffen,
in der Erkenntnis, dass die gegenseitige Förderung und der Schutz solcher Investi­tionen die unternehmerische Initiative anregen und einen Beitrag zur Entwicklung der Wirtschaft und zur Mehrung des Wohlstandes in beiden Staaten leisten,
in Anerkennung des Rechts beider Vertragsparteien, die Voraussetzungen festzu­legen, unter denen ausländische Investitionen zugelassen werden können, und der Pflicht des Investors, die Souveränität und das Recht des Gaststaates zu achten,
haben Folgendes vereinbart:
Art. 1 Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieses Abkommens:
(a) bezieht sich der Begriff «Investor» hinsichtlich beider Vertragsparteien auf (i) natürliche Personen, die gemäss der Gesetzgebung der betreffenden Vertragspartei als ihre Staatsangehörigen betrachtet werden;
(ii) juristische Gebilde, einschliesslich Gesellschaften, Körperschaften, geschäftliche Vereinigungen und andere Organisationen, die nach dem Rechte der betreffenden Vertragspartei konstituiert oder sonstwie rechtmässig organisiert sind und ihren Sitz im Hoheitsgebiet derselben Vertragspartei haben und dort eine echte Wirtschaftstätigkeit entfalten;
(iii) juristische Gebilde, die nach dem Recht eines beliebigen Staates gegründet sind und direkt oder indirekt von Staatsangehörigen der betreffenden Vertragspartei oder von juristischen Gebilden kontrolliert werden, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet der betreffenden Vertragspartei haben und dort eine echte Wirtschaftstätigkeit entfalten.
(b) umfasst der Begriff «Investitionen» alle Arten von Vermögenswerten, im besondern, aber nicht ausschliesslich (i) bewegliche und unbewegliche Vermögenswerte sowie sämtliche ding­lichen Rechte wie Hypotheken, Pfandrechte, Nutzniessungen und ähnliche Rechte;
(ii) Aktien, Unternehmensanteile und Schuldverschreibungen einer Gesellschaft;
(iii) Ansprüche auf Geld oder auf irgendwelche Leistungen, die einen wirtschaftlichen Wert aufweisen;
(iv) Urheberrechte, gewerbliche Eigentumsrechte (wie Patente, gewerbliche Muster und Modelle, Fabrik‑, Handels- und Dienstleistungsmarken, Handelsnamen, Ursprungsbezeichnungen), Know-how und Goodwill;
(v) öffentlich-rechtliche Konzessionen, einschliesslich solcher zur Prospektion, Gewinnung und Verwertung von natürlichen Ressourcen, sowie sämtliche anderen Rechte, die durch Gesetz, Vertrag oder Entscheid einer Behörde in Anwendung des Gesetzes verliehen werden.
(c) bedeutet der Begriff «Ertrag» den Erlös, den eine Investition erbringt und umfasst insbesondere, aber nicht ausschliesslich Gewinne, Zinsen, Kapitaleinkünfte, Dividenden, Lizenz- und andere Gebühren.
(d) umfasst der Begriff «Hoheitsgebiet» auch die Territorialgewässer und jene ausserhalb der Territorialgewässer des betreffenden Staates liegenden Meereszonen, die nach nationalem Recht in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht als Zonen bezeichnet werden, in denen dieser Staat Rechte in bezug auf den Meeresboden, den Meeresuntergrund und die Naturschätze ausüben kann.
Art. 2 Förderung und Zulassung
(1)  Jede Vertragspartei fördert auf ihrem Hoheitsgebiet nach Möglichkeit Investi­tionen von Investoren der anderen Vertragspartei und lässt diese Investitionen im Rahmen der Befugnisse, die ihr gesetzlich übertragen sind, zu.
(2)  Hat eine Vertragspartei auf ihrem Hoheitsgebiet eine Investition zugelassen, so erteilt sie gemäss ihren Gesetzen die im Zusammenhang mit der Investition erforderlichen Bewilligungen, einschliesslich solcher für die Durchführung von Lizenzverträgen über technische, kommerzielle oder administrative Unterstützung. Jede Vertragspartei ist bestrebt, die Bewilligungen zu erteilen, die gegebenenfalls für die Tätigkeit von Beratern und anderen qualifizierten Personen fremder Staatsangehörigkeit erforderlich sind.
Art. 3 Schutz und Behandlung
(1)  Investitionen von Investoren einer Vertragspartei erfahren im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei jederzeit eine gerechte und billige Behandlung und geniessen vollen Schutz und volle Sicherheit.
(2)  Keine der Vertragsparteien gewährt in ihrem Hoheitsgebiet Investitionen oder Erträgen eines Investors der anderen Vertragspartei eine weniger günstige Behandlung, als Investitionen von eigenen Investoren oder Investitionen oder Erträgen von Investoren eines Drittstaates.
(3)  Keine Vertragspartei gewährt in ihrem Hoheitsgebiet Investoren der anderen Vertragspartei in bezug auf die Verwaltung, den Unterhalt, den Gebrauch, die Nutzung oder die Veräusserung ihrer Investitionen eine weniger günstige Behandlung als ihren eigenen Investoren oder Investoren eines Drittstaates.
(4)  Ungeachtet der Absätze 2 und 3 dieses Artikels kann jede Vertragspartei im Rahmen ihrer Entwicklungspolitik ihren eigenen Investoren besondere, die Entstehung von örtlichen Gewerben fördernde Anreize gewähren, sofern diese Anreize die Investitionen und die damit zusammenhängende Tätigkeit der Investoren der anderen Vertragspartei nicht wesentlich beeinträchtigen.
(5)  Die Meistbegünstigung gemäss den Absätzen 2 und 3 dieses Artikels verpflichtet eine Vertragspartei nicht, die Vorteile einer Behandlung, eines Vorrechts oder einer Vergünstigung auf Investoren der anderen Vertragspartei auszudehnen, wenn diese wie folgt begründet sind:
(a) durch ein bestehendes oder künftiges Freihandelsabkommen oder die Zugehörigkeit dieser Vertragspartei zu einer Zoll- oder Wirtschaftsunion oder einer ähnlichen regionalen Organisation;
(b) durch ein internationales Abkommen oder eine internationale Vereinbarung, die ausschliesslich oder hauptsächlich die Besteuerung betrifft.
Art. 4 Freier Transfer
(1)  Jede Vertragspartei gewährt den Investoren der anderen Vertragspartei den uneingeschränkten Transfer von Zahlungen im Zusammenhang mit einer Investition, namentlich von:
(a) Erträgen;
(b) Rückzahlungen von Darlehen;
(c) Beträgen, die zur Deckung der Kosten der Investitionsverwaltung bestimmt sind;
(d) Lizenzgebühren und anderen Zahlungen für Rechte, die in Artikel 1 Buchstabe b (iii), (iv), (v) aufgezählt sind;
(e) zusätzlichen Kapitalleistungen, die für den Unterhalt einer Investition erforderlich sind;
(f) Erlösen aus dem Verkauf oder der teilweisen oder vollständigen Liquidation einer Investition.
(2)  Überweisungen werden ohne Verzögerung und in frei konvertierbarer Währung ausgeführt. Sie erfolgen zum Wechselkurs, der am Tag der Überweisung gemäss den geltenden Wechselkursregelungen Anwendung findet.
Art. 5 Enteignung
(1)  Keine Vertragspartei trifft Enteignungs- oder Verstaatlichungsmassnahmen oder irgendwelche andere Massnahmen von derselben Art oder derselben Wirkung (nachfolgend «Enteignung» genannt) gegenüber Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei, es sei denn, solche Massnahmen erfolgten im öffentlichen Interesse, seien nicht diskriminierend, entsprächen den gesetzlichen Vorschriften und es werde eine wertentsprechende und tatsächlich verwertbare Entschädigung vorgesehen. Der Entschädigungsbetrag wird zum Zeitpunkt der Enteignung bestimmt und ist in einer frei konvertierbaren Währung ohne ungebührliche Verzögerung zu entrichten.
(2)  Investoren einer Vertragspartei, deren Investitionen als Folge eines Krieges oder eines anderen bewaffneten Konfliktes, einer Revolution, eines Ausnahmezustandes oder einer Rebellion auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei Schaden genommen haben, haben Anspruch darauf, von der letzteren hinsichtlich Rückerstattung, Entschädigung, Abfindung oder anderer Entgelte gemäss Artikel 3 dieses Abkommens behandelt zu werden.
Art. 6 Subrogation
Hat eine der Vertragsparteien für Investitionen, die durch einen Investor auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei getätigt wurden, eine finanzielle Garantie gegen nichtkommerzielle Risiken gewährt und wurde aufgrund dieser Garantie eine Zahlung geleistet, so anerkennt die andere Vertragspartei aufgrund des Subroga­tions­prinzips den Übergang der Rechte des Investors auf die erste Vertragspartei.
Art. 7 Andere Verpflichtungen
(1)  Berechtigt die Gesetzgebung einer Vertragspartei Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei zu einer günstigeren Behandlung als dieses Abkommen, so geht diese Gesetzgebung dem vorliegenden Abkommen insoweit vor, als sie günstiger ist.
(2)  Jede Vertragspartei beachtet jede andere Verpflichtung, die sie in bezug auf Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei in ihrem Hoheitsgebiet eingegangen ist.
Art. 8 Meinungsverschiedenheiten zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei
(1)  Zur Lösung von Meinungsverschiedenheiten über Investitionen zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei finden zwischen den betroffenen Parteien Beratungen im Hinblick auf eine gütliche Einigung statt.
(2)  Führen diese Beratungen innerhalb von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem das Vergleichsbegehren gestellt wurde, nicht zu einer Lösung, kann der Investor die Meinungsverschiedenheit wahlweise folgenden Stellen zur Beurteilung vorlegen:
(a) dem zuständigen Gericht der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Investition liegt;
(b) dem Internationalen Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID), das unter dem Washingtoner Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten vom 18. März 1965¹ errichtet wurde;
(c) einem Ad-hoc-Schiedsgericht, das, vorbehältlich einer abweichenden Vereinbarung der Streitparteien, nach den Schiedsregeln der Kommission für Internationales Handelsrecht der Vereinten Nationen (UNCITRAL) gebildet wird.
(3)  Die Vertragsparteien willigen hiermit in die Beurteilung einer Investitionsstreitigkeit durch ein internationales Schiedsgericht oder eine internationale Schlichtungsstelle ein.
(4)  Die am Streit beteiligte Vertragspartei kann in keinem Zeitpunkt des Verfahrens ihre Immunität oder die Tatsache einwenden, dass der Investor aufgrund eines Versicherungsvertrages eine Entschädigung erhalten hat, die den erlittenen Schaden ganz oder teilweise deckt.
(5)  Keine Vertragspartei wird einen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit unterbreiteten Streitfall auf diplomatischem Wege weiterverfolgen, es sei denn, die andere Vertragspartei befolge den von einem solchen Schiedsgericht erlassenen Schiedsspruch nicht.
¹ SR 0.975.2
Art. 9 Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien
(1)  Meinungsverschiedenheiten bezüglich Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens sind soweit als möglich durch diplomatische Verhandlungen beizulegen.
(2)  Falls sich die beiden Vertragsparteien nicht innerhalb von sechs Monaten verständigen können, ist die Streitigkeit auf Ersuchen der einen oder anderen Vertragspartei einem aus drei Mitgliedern bestehenden Schiedsgericht zu unterbreiten. Jede Vertragspartei beruft einen Schiedsrichter; diese beiden Schiedsrichter ernennen einen Angehörigen eines Drittstaates zum Vorsitzenden. Der Vorsitzende ist innerhalb von zwei Monaten nach der Berufung der anderen beiden Mitglieder zu ernennen.
(3)  Falls innerhalb der in Absatz 2 dieses Artikels genannten Fristen die notwendigen Berufungen nicht vorgenommen worden sind, kann jede Vertragspartei, vor­behältlich einer anderen Abmachung, den Präsidenten des Internationalen Gerichts­hofes ersuchen, die notwendigen Berufungen vorzunehmen. Ist der Präsident Ange­höriger einer Vertragspartei oder ist er sonstwie verhindert, diese Aufgabe wahrzunehmen, wird der Vizepräsident ersucht, die notwendigen Berufungen vorzunehmen. Ist der Vizepräsident Angehöriger einer Vertragspartei oder ist er sonstwie verhindert, diese Aufgabe wahrzunehmen, so wird das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes eingeladen, die notwendigen Berufungen vorzunehmen.
(4)  Das Schiedsgericht fällt seine Entscheidungen mit der Mehrheit der Stimmen. Im übrigen regelt es sein Verfahren selber. Seine Entscheidungen sind für beide Vertragsparteien bindend. Jede Vertragspartei trägt die Kosten für ihren Schiedsrichter und für ihre Vertretung im Schiedsverfahren. Die Kosten für den Vorsitzenden und die verbleibenden Kosten tragen die Vertragsparteien zu gleichen Teilen. Das Gericht kann jedoch in einer für beide Vertragsparteien bindenden Entscheidung bestimmen, dass eine Vertragspartei einen höheren Kostenanteil tragen soll.
Art. 10 Geltungsbereich
Das vorliegende Abkommen ist auch auf Investitionen anwendbar, die vor seinem Inkrafttreten im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei durch Investoren der anderen Vertragspartei getätigt worden sind.
Art. 11 Änderungen
Allfällige Änderungen dieses Abkommens erfolgen schriftlich und treten 30 Tage nach dem Notenwechsel, in dem sich die Vertragsparteien ihre Zustimmung auf amtlichem Wege mitgeteilt haben, in Kraft.
Art. 12 Dauer und Kündigung
(1)  Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des zweiten Monats in Kraft, der auf den Tag folgt, an dem sich die Vertragsparteien mitgeteilt haben, dass die erforderlichen Rechtsverfahren in ihren Ländern abgeschlossen wurden, und bleibt zehn Jahre in Kraft. Danach bleibt dieses Abkommen weiterhin in Kraft, es sei denn, eine Vertragspartei teile der anderen schriftlich die Kündigung mit. Diesfalls wird das Abkommen zwölf Monate nach dem Tag der schriftlichen Mitteilung beendigt.
(2)  Für Investitionen, die vor der Beendigung des Abkommens getätigt wurden, werden die vorstehenden Bestimmungen noch während einer Dauer von zehn Jahren nach der Beendigung angewandt.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig bevollmächtigten Unterzeichner dieses Abkommen unterschrieben.
Geschehen zu Bern, am 30. November 2000, in zwei Originalen, je in englischer und in deutscher Sprache, wobei jeder Text gleichermassen verbindlich ist.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Pascal Couchepin

Für die
Regierung der Bundesrepublik Nigeria:

Stephen Iba Akiga

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