Gesetz über das Erbringen von Sicherheitsdienstleistungen durch Private
1 551.4 Gesetz über das Erbringen von Sicherheitsdienstleistungen durch Private (SDPG) vom 13.06.2018 (Stand 01.01.2020) Der Grosse Rat des Kantons Bern, in Ausführung von Artikel 37 der Kantonsverfassung 1 ) , auf Antrag des Regierungsrates 2 ) , beschliesst:
1 Allgemeine Bestimmung
Art. 1
1 Dieses Gesetz regelt das gewerbsmässige Erbringen von Sicherheitsdienst leistungen durch Private.
2 Bewilligung und Anerkennung
Art. 2
Bewilligungspflicht
1 Natürliche und juristische Personen, die gewerbsmässig Sicherheitsdienst leistungen erbringen (Sicherheitsunternehmen), bedürfen einer Betriebsbewilli gung der zuständigen kantonalen Behörde (Bewilligungsbehörde).
Art. 3
Meldepflicht und Anerkennung
1 Sicherheitsunternehmen aus anderen Kantonen oder aus dem Ausland unter liegen einer vorgängigen Meldepflicht, wenn sie ihre Tätigkeiten im Kanton Bern ausüben wollen.
2 Die Bewilligungsbehörde anerkennt Sicherheitsunternehmen gemäss Absatz
1, die gleichwertigen gesetzlichen Anforderungen unterliegen.
3 Der Regierungsrat bezeichnet die Kantone mit gleichwertigen gesetzlichen Anforderungen durch Verordnung.
1) BSG 101.1
2) Vortrag vom 6. Dezember 2017 , Geschäft des Grossen Rates Nr. 2017POM.593 , Junisession 2018 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses
19-013
551.4 2
Art. 4
Bewilligungspflichtige Sicherheitsdienstleistungen
1 Als bewilligungspflichtige Sicherheitsdienstleistungen gelten a Kontroll- und Aufsichtsdienste, namentlich Zutrittskontrollen, einschliess lich Türsteher-, Steward- und Absperrdienste, b Patrouillendienste im öffentlichen Raum, c Verkehrsdienste, namentlich die Verkehrsregelung auf Strassen und Plät zen sowie die Kontrolle des ruhenden Verkehrs, unter Vorbehalt von Arti kel 67 Absatz 3 der eidgenössischen Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV) 1 ) , d Bewachungs- und Überwachungsdienste, e Schutzdienste für Personen und Güter mit erhöhter Gefährdung, f Sicherheitstransporte von Personen, Gütern und Wertsachen, g Einsätze als Erfüllungsgehilfen von Polizeibehörden sowie h der Betrieb von Alarmzentralen für die Zwecke nach diesem Absatz.
2 Nicht als bewilligungspflichtige Sicherheitsdienstleistungen gelten Kontroll- und Aufsichtsdienste von untergeordneter Bedeutung, namentlich Ticketkon trollen, Kassadienste, Besucherleitdienste und Besucherbetreuungsdienste.
Art. 5
Bewilligungsvoraussetzungen und -modalitäten
1 Die Bewilligung wird einem Sicherheitsunternehmen erteilt, wenn die ge schäftsführende Person nachweist, dass a sie über die schweizerische Staatsangehörigkeit, eine ausländische Staatsangehörigkeit, die gemäss bilateralen Abkommen zum Aufenthalt und zur Erwerbstätigkeit berechtigt, eine Niederlassungsbewilligung oder seit mindestens zwei Jahren über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt, b sie handlungsfähig ist, c gegen sie im Strafregisterauszug für Privatpersonen keine Verurteilung wegen eines Verbrechens oder Vergehens vorliegt, die der ordnungsge mässen Betriebsführung und dem Erbringen von Sicherheitsdienstleistun gen entgegensteht, d sie mit Blick auf ihr Vorleben und ihr Verhalten für die Tätigkeit geeignet erscheint, e sie über eine für ihre Aufgaben angemessene Ausbildung verfügt, f gegen sie keine Konkurse oder Verlustscheine vorliegen, die der ord nungsgemässen Betriebsführung und dem Erbringen von Sicherheits dienstleistungen entgegenstehen,
1) SR 741.21
3 551.4 g eine Betriebshaftpflichtversicherung mit der gesetzlich vorgesehenen De ckungssumme besteht und h keine Verwechslungsgefahr zwischen den Uniformen und Kennzeichen des Sicherheitsunternehmens und denjenigen der Kantonspolizei besteht.
2 Die Bewilligung gilt unbefristet und kann jederzeit mit Auflagen und Bedingun gen verknüpft werden.
3 Sie erlischt, wenn die geschäftsführende Person die Funktion nicht mehr aus übt.
Art. 6
Entzug der Bewilligung oder Anerkennung
1 Die Bewilligungsbehörde kann die Bewilligung oder Anerkennung befristet oder definitiv entziehen, wenn a die Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht mehr erfüllt sind, b gesetzliche Bestimmungen, Auflagen oder Bedingungen verletzt wurden c das Sicherheitsunternehmen oder seine Angestellten die Verhaltens- oder Mitwirkungspflichten wiederholt oder in erheblicher Weise verletzt haben.
2 Wird von einem Entzug abgesehen, kann eine Verwarnung ausgesprochen werden.
3 Verbote und Pflichten
Art. 7
Verbotene Handlungen
1 Sicherheitsunternehmen verfügen über keine hoheitlichen Befugnisse.
2 Die Ausübung jeglicher hoheitlicher Tätigkeiten, namentlich polizeilicher Massnahmen und polizeilichen Zwangs im Sinne von Kapitel 7 des Polizeige setzes vom 27. März 2018 (PolG) 1 ) , ist verboten.
3 Vorbehalten bleiben besondere gesetzliche Regelungen des kantonalen und übergeordneten Rechts.
1) BSG 551.1
551.4 4
Art. 8
Persönliche Voraussetzungen für Angestellte von Sicherheitsun ternehmen
1 Sicherheitsunternehmen dürfen für das Erbringen von Sicherheitsdienstleis tungen nur Personen einsetzen, die a über die schweizerische Staatsangehörigkeit, eine ausländische Staats angehörigkeit, die gemäss bilateralen Abkommen zum Aufenthalt und zur Erwerbstätigkeit berechtigt, eine Niederlassungsbewilligung oder seit min destens zwei Jahren über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen, b handlungsfähig sind und c im Strafregisterauszug für Privatpersonen keine Verurteilung wegen eines Verbrechens oder Vergehens aufweisen, die dem Erbringen von Sicher heitsdienstleistungen entgegensteht.
2 Verurteilungen im Ausland werden berücksichtigt.
Art. 9
Aus- und Weiterbildung
1 Die Sicherheitsunternehmen sorgen für eine für ihre Aufgaben angemessene praktische und theoretische Ausbildung und regelmässige Weiterbildung bei Personen, die a Sicherheitsdienstleistungen erbringen, b Sicherheitsdiensteinsätze planen, c interne Aus- und Weiterbildungen durchführen.
2 Die geschäftsführende Person hat sich regelmässig weiterzubilden.
Art. 10
Verhaltenspflichten
1 Sicherheitsunternehmen und ihre Angestellten sind verpflichtet, a der Kantonspolizei und den Gemeinden Auskunft über getroffene und ge plante Massnahmen zu erteilen sowie alle besonderen Vorkommnisse von polizeilicher Relevanz zu melden, b über ihre Wahrnehmungen aus dem Bereich der Tätigkeit der Kantonspo lizei Stillschweigen zu bewahren, c alles zu unterlassen, was zu ihrer Verwechslung mit Polizeiorganen füh ren oder die Erfüllung der Aufgabe der Kantonspolizei beeinträchtigen könnte, d die Bewilligungsbehörde bei Kontrollen gemäss Artikel 12 zu unterstützen.
2 Sicherheitsunternehmen sind verpflichtet, der Bewilligungsbehörde Meldung zu erstatten, wenn die Voraussetzungen gemäss Artikel 5 Absatz 1 nicht mehr erfüllt sind oder die Tätigkeit beendet wird.
5 551.4
Art. 11
Bewaffnete Sicherheitsdienstleistungen
1 Schusswaffen dürfen nur für den Schutzdienst und für Sicherheitstransporte gemäss Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe e und f getragen und nur in Notwehr- und Notstandssituationen eingesetzt werden. Der Regierungsrat bezeichnet die er laubten Waffen und die erlaubte Munition durch Verordnung.
2 Die geschäftsführende Person entscheidet im Einzelfall über bewaffnete Ein sätze und dokumentiert diese.
3 Im Übrigen gelten für den Erwerb, den Besitz und das Tragen von Waffen die Bestimmungen der Waffengesetzgebung.
4 Behördliche Befugnisse
Art. 12
Kontrollen
1 Die Bewilligungsbehörde hat zur Durchführung von Kontrollen jederzeit Zutritt zu allen Räumlichkeiten der Sicherheitsunternehmen oder ihrer Zweigstellen, bei Einzelfirmen ohne Unternehmenssitz oder Selbstständigerwerbenden auch zu den Arbeitsräumen und Aktenbehältnissen in von ihnen genutzten Wohnun gen.
2 Sie koordiniert soweit notwendig ihre Kontrollen mit anderen Behörden.
Art. 13
Meldepflichten von Behörden und Dritten
1 Gerichts- und Verwaltungsbehörden, die Staatsanwaltschaft sowie Betriebs haftpflichtversicherungen melden der Bewilligungsbehörde vorbehältlich beson derer Geheimhaltungspflichten Umstände, die zum Entzug der Bewilligung oder Anerkennung führen können.
Art. 14
Datenbearbeitung
1 Die Bewilligungsbehörde ist befugt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Personenda ten, einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten, zu bearbeiten. Insbesondere kann sie a Personendaten im Einzelfall Privaten bekannt geben, b Personendaten mit den Bewilligungsbehörden anderer Kantone austau schen und ihnen Angaben über erteilte und verweigerte Bewilligungen so wie Anerkennungen unaufgefordert zugänglich machen, c polizeiliche Informationsberichte einholen.
2 Sie führt und veröffentlicht ein Verzeichnis über die erteilten Bewilligungen und Anerkennungen.
551.4 6
Art. 15
Gebühren
1 Die Bewilligungsbehörde erhebt für ihre Tätigkeiten gemäss Artikel 5, 6 und
12 Gebühren.
5 Privatdetektivinnen und Privatdetektive
Art. 16
1 Privatdetektivinnen und Privatdetektive sind verpflichtet, die Verhaltenspflich ten gemäss Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe a bis c einzuhalten.
2 Die Ausübung jeglicher hoheitlicher Tätigkeiten, namentlich polizeilicher Massnahmen und polizeilichen Zwangs im Sinne von Kapitel 7 des PolG, ist verboten. Vorbehalten bleiben abweichende Bestimmungen des übergeordne ten Rechts.
6 Vollzug, Rechtspflege und Strafbestimmungen
Art. 17
Ausführungsbestimmungen
1 Der Regierungsrat erlässt die notwendigen Ausführungsbestimmungen, in dem er insbesondere a die Bewilligungsbehörde bezeichnet, b das Bewilligungs- und Anerkennungsverfahren regelt, c die Deckungssumme der Betriebshaftpflichtversicherung festlegt, d die Meldepflicht für besondere Vorkommnisse von polizeilicher Relevanz konkretisiert.
Art. 18
Rechtspflege
1 Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach den Vorschriften des Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG) 1 ) .
Art. 19
Strafbestimmungen
1 Mit Busse bis 50'000 Franken wird bestraft, wer a ohne Bewilligung oder Anerkennung Tätigkeiten gemäss Artikel 2 ausübt, b verbotene Handlungen gemäss Artikel 7 Absatz 2 oder Artikel 16 Absatz 2 vornimmt, c gegen die Vorgaben gemäss Artikel 8 bis 11, Artikel 16 Absatz 1 und Arti kel 20 in schwerwiegender Weise verstösst.
1) BSG 155.21
7 551.4
2 Die Busse beträgt in Fällen gemäss Absatz 1 Buchstabe a mindestens
5000 Franken.
3 Fahrlässigkeit, Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar.
7 Übergangs- und Schlussbestimmungen
Art. 20
Übergangsbestimmungen
1 Sicherheitsunternehmen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Geset zes im Kanton Bern tätig sind, haben innerhalb von zwei Jahren eine Bewilli gung zu beantragen.
2 Bis zum Abschluss des Bewilligungsverfahrens können sie die Sicherheits dienstleistungen unter Vorbehalt von Artikel 7 und Absatz 3 weiterhin erbringen.
3 Eine Betriebshaftpflichtversicherung gemäss Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe g ist der Bewilligungsbehörde innert sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes nachzuweisen.
Art. 21
Änderung eines Erlasses
1 Das Gastgewerbegesetz vom 11. November 1993 (GGG) 1 ) wird geändert.
Art. 22
Inkrafttreten
1 Der Regierungsrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens.
Art. 23
Befristung
1 Das Gesetz ist bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens eines entsprechenden Bundesgesetzes zu befristen. Bern, 13. Juni 2018 Im Namen des Grossen Rates Der Präsident: Iseli Der Generalsekretär: Trees
1) BSG 935.11
551.4 8 Auszug aus dem Protokoll des Regierungsrates vom 14. November 2018 Der Regierungsrat stellt fest, dass vom Referendumsrecht zum Gesetz über das Erbringen von Sicherheitsdienstleistungen durch Private (SDPG) innerhalb der festgesetzten Frist kein Gebrauch gemacht worden ist. Das Gesetz ist in die Bernische Amtliche Gesetzessammlung aufzunehmen. Für getreuen Protokollauszug Der Staatsschreiber: Auer RRB Nr. 240 vom 13. März 2019:
1. Die Ziffern I. und III. treten am 1. Januar 2020 in Kraft.
2. Ziffer II: Die Änderung des Gastgewerbegesetzes vom 11. November 1993 (GGG; BSG 935.11) tritt am 1. Mai 2019 in Kraft.
3. Das Gesetz über das Erbringen von Sicherheitsdienstleistungen durch Pri vate gilt bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens eines entsprechenden Bundesge setzes.
9 551.4 Änderungstabelle - nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung BAG-Fundstelle 13.06.2018 01.01.2020 Erlass Erstfassung 19-013
551.4 10 Änderungstabelle - nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung BAG-Fundstelle Erlass 13.06.2018 01.01.2020 Erstfassung 19-013
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