Verordnung über den Normalarbeitsvertrag für milchwirtschaftliche Arbeitnehmer (221.215.329.2)
CH - Schweizer Bundesrecht

Verordnung über den Normalarbeitsvertrag für milchwirtschaftliche Arbeitnehmer

vom 11. Januar 1984 (Stand am 1. Februar 1984)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf Artikel 359 a des Obligationenrechts¹,
verordnet:
¹ SR 220

1. Abschnitt: Geltungsbereich und Wirkung

Art. 1 Geltungsbereich
¹ Dieser Normalarbeitsvertrag gilt für die ganze Schweiz, mit Ausnahme des Kan­tons Wallis.
² Der Normalarbeitsvertrag ist anwendbar auf Arbeitsverhältnisse zwischen örtli­chen Milchsammelstellen und damit verbundenen Milchverarbeitungsbetrieben und den von diesen beschäftigten Arbeitnehmern. Als örtliche Milchsammelstel­len gel­ten Betriebe, die Verkehrsmilch aus einem örtlich beschränkten Einzugs­gebiet unmittelbar von landwirtschaftlichen Betrieben übernehmen und sie ganz oder teil­weise in damit verbundenen Räumlichkeiten verarbeiten oder an andere Betrie­be zur Ver­arbeitung oder zum Verkauf weitergeben.
³ Der Normalarbeitsvertrag ist nicht anwendbar auf:
a. die Alpkäsereien;
b. die Lehrlinge;
c. die Teilzeitarbeitnehmer mit einer täglichen Arbeitszeit unter drei Stun­den;
d. den Ehegatten und die Kinder des Betriebsinhabers oder des Betriebslei­ters;
e. die im Ablöserdienst beschäftigten Arbeitnehmer;
f. die milchwirtschaftlichen Betriebsleiter, soweit sie Arbeitnehmer sind.
Art. 2 Wirkung
Die Bestimmungen dieses Normalarbeitsvertrages gelten, sofern nichts anderes durch Einzel- oder Gesamtarbeitsvertrag verabredet ist.

2. Abschnitt: Allgemeine Rechte und Pflichten

Art. 3 Verbandsfreiheit
Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer wegen seiner Zugehörigkeit oder Nicht­zugehörigkeit zu einem Berufsverband nicht benachteiligen.
Art. 4 Weiterbildung des Arbeitnehmers
Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer zum Besuch von Kursen und Vorträgen zur beruflichen Weiterbildung, mit Ausnahme der Jahres- oder Halbjahreskurse der Molkereischulen, bezahlten Urlaub zu gewähren, soweit dies mit den Interes­sen des Betriebes vereinbar ist.
Art. 5 Sorgfaltspflicht
¹ Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, das ihm anvertraute Gut, wie Milch, Milch­pro­dukte, Werkzeuge, Maschinen und Fahrzeuge, sowie Tiere sorgfältig zu be­handeln.
² Allfällige Schäden oder Mängel an Werkzeugen, Maschinen, Fahrzeugen, Waren usw. sind unverzüglich dem Arbeitgeber oder seinem Stellvertreter zu melden.
Art. 6 Aushändigung des Normalarbeitsvertrages
Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer ein Exemplar dieses Normalarbeitsvertra­ges auszuhändigen.

3. Abschnitt: Arbeits- und Ruhezeit

Art. 7 Arbeitszeit
¹ Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 50 Stunden.
² Der Arbeitgeber hat bei der Festsetzung der Arbeitszeit auf die Interessen des Arbeitnehmers soweit Rücksicht zu nehmen, als dies mit den Interessen des Betriebes vereinbar ist.
Art. 8 Überstunden
¹ Aus dringenden Gründen kann der Arbeitgeber Überstunden anordnen.
² Überstunden sind durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer auszugleichen oder ausnahmsweise mit einem Lohnzuschlag von 25 Prozent zu entschädigen.
Art. 9 Tägliche Ruhezeit
¹ Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf eine tägliche Ruhezeit von wenigstens zehn aufeinanderfolgenden Stunden.
² Bei besonderem Arbeitsandrang darf die tägliche Ruhezeit ausnahmsweise auf acht Stunden herabgesetzt werden.

4. Abschnitt: Freizeit, Ferien

Art. 10 Freizeit
Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf eineinhalb arbeitsfreie Tage pro Woche. Dem Arbeitnehmer ist monatlich wenigstens ein freier Sonntag zu gewähren.
Art. 11 Ferien
¹ Der Arbeitnehmer hat vom vollendeten 20. Altersjahr an Anspruch auf vier Wochen Ferien je Dienstjahr; bis zum 20. Altersjahr beträgt der Anspruch fünf Wochen.
² Arbeitsfreie Tage und Abwesenheiten, für welche der Arbeitgeber nach den Arti­keln 4, 14, 15 und 16 zur Lohnzahlung verpflichtet ist, dürfen nicht an die Ferien angerechnet werden.

5. Abschnitt: Lohn

Art. 12 Lohn
¹ Der Lohn soll dem Aufgabenbereich, dem Ausbildungsstand und den Fähigkei­ten des Arbeitnehmers entsprechen. Er ist jährlich im Hinblick auf die Leistungen, die Dienstjahre sowie die allfällige Teuerung zu überprüfen.
² Der Lohn ist spätestens am letzten Arbeitstag des Monats auszuzahlen.
Art. 13 Naturallohn
Bilden Verpflegung und Unterkunft Teile des Lohnes und gelangt der Arbeitneh­mer wegen Ferien oder Arbeitsverhinderungen gemäss den Artikeln 4, 11, 14, 15 und 16 nicht in den Genuss dieser Leistungen, so ist ihm hiefür eine Entschädi­gung gemäss den Ansätzen der Eidgenössischen Alters- und Hinterlassenenversi­cherung auszu­richten.
Art. 14 Lohn bei Kurzabsenzen
Der Arbeitnehmer hat bei folgenden Ereignissen Anspruch auf bezahlte freie Tage, sofern diese auf einen Arbeitstag fallen:
a. bei eigener Heirat, Niederkunft der Ehegattin:

2 Tage;

b. bei Taufe oder Hochzeit eines eigenen Kindes:

1 Tag;

c. bei Tod des Ehegatten, eigener Kinder, eines Elternteils:

3 Tage;

d. bei Tod von Geschwistern, Schwiegereltern, Schwägerin, Schwager:


1 Tag;

e. bei Wechsel der eigenen Wohnung:

2 Tage.

Art. 15 Lohn bei Arbeitsverhinderung
¹ Wird der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten, ohne sein Verschulden an der Arbeitslei­s­tung verhindert, hat der Arbeitnehmer, unter Vorbehalt von Artikel 16, Lohn­an­spruch für folgende Zeit:
a. bei einer Anstellungsdauer bis zu 3 Monaten:   7 Arbeitstage;
b. bei einer Anstellungsdauer von 3–12 Monaten:21 Arbeitstage;
c. bei einer Anstellungsdauer von 12–24 Monaten:  6 Wochen;
d. bei einer Anstellungsdauer von 2–5 Jahren:   2 Monate;
e. bei einer Anstellungsdauer von 5–9 Jahren:   3 Monate;
f. bei einer Anstellungsdauer von mehr als 9 Jahren:   4 Monate.
² Der Arbeitgeber darf das von einer Lohnausfallversicherung ausbezahlte Taggeld von dem gemäss Absatz 1 zu zahlenden Lohn abziehen.
Art. 16 Lohn bei Militär- und Zivilschutzdienst
¹ Der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen ist, hat bei obligatorischem Militär- und Zivilschutzdienst für die ersten zwei Monate der Dienstleistung Anspruch auf den vollen Lohn. Für die folgende Zeit beträgt der Lohnanspruch 80 Prozent.
² Die Leistungen der Erwerbsersatzordnung kommen dem Arbeitgeber zu.

6. Abschnitt: Ärztliche Untersuchung, Versicherungen

Art. 17 Ärztliche Untersuchung
Der Arbeitnehmer hat sich beim Stellenantritt und später alle zwei Jahre ärztlich untersuchen zu lassen. Die Kosten dieser Untersuchung gehen zu Lasten des Arbeitgebers, sofern der Arbeitnehmer den untersuchenden Arzt nicht selbst be­stimmt.
Art. 18 Krankenversicherung
¹ Der Arbeitnehmer hat sich gegen Krankheit zu versichern.
² Die Versicherung hat mindestens Krankenpflege und Krankengeld im Sinne der Bundesgesetzgebung über die Krankenversicherung zu umfassen.
³ Die Prämien der Krankenversicherung gehen je zur Hälfte zu Lasten des Arbeit­­gebers und des Arbeitnehmers.
Art. 19 Berufliche Vorsorge
¹ Der Arbeitgeber hat für den Arbeitnehmer eine berufliche Alters-, Hinterlasse­nen- und Invalidenversicherung abzuschliessen.
² Die Prämien gehen mindestens zur Hälfte zu Lasten des Arbeitgebers.
³ Die Bestimmungen der Bundesgesetzgebung über die berufliche Alters-, Hinter­lassenen- und Invalidenversicherung bleiben vorbehalten.

7. Abschnitt: Streitigkeiten

Art. 20
Bei Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis können Arbeitgeber und Arbeitneh­mer das Milchwirtschaftliche Sekretariat in Bern oder die regionale milchwirt­schaftli­che Organisation mit der Schlichtung betrauen.

8. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 21 Aufhebung bisherigen Rechts
Der Bundesratsbeschluss vom 22. August 1973² über den Normalarbeitsvertrag für das Käsereipersonal wird aufgehoben.
² [ AS 1973 1207 ]
Art. 22 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Februar 1984 in Kraft.
Markierungen
Leseansicht