Staatsvertrag der Schweizerischen Eidgenossenschaft mit der Republik Österreic... (0.721.191.632)
CH - Schweizer Bundesrecht

Staatsvertrag der Schweizerischen Eidgenossenschaft mit der Republik Österreich über die Regulierung des Rheines von der Illmündung bis zum Bodensee 1

Abgeschlossen am 19. November 1924 Von der Bundesversammlung genehmigt am 15. Juni 1925² Ratfikationsurkunden ausgetauscht am 2. November 1925 In Kraft getreten am 2. November 1925 ¹ Die Weitergeltung dieses Staatsvertrages ist festgestellt worden durch den Noten­austausch vom 7. Juli 1948/11. Okt. 1949 ( AS 1950 87 Bst. A Ziff. 2 Bst. b). ² AS 41 707
Die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Republik Österreich
schliessen über die Fortführung und Vollendung der gemäss dem Staatsvertrage der Schweizerischen Eidgenossenschaft mit der Österreichisch-Ungarischen Monarchie vom 30. Dezember 1892³ unternommenen Regulierung des Rheines von der Illmündung bis zum Bodensee folgenden Vertrag:
³ SR 0.721.191.631
Art. 1
Die von der Schweiz und Österreich gemeinsam auszuführenden Rheinregulierungswerke sind gemäss dem Staatsvertrage vom 30. Dezember 1892⁴ und den spätern Vereinbarungen folgende:
1. der bereits fertiggestellte untere Durchstich bei Fussach;
2. die Normalisierung und Flussbetteintiefung der Zwischenstrecke, d. i. in der Strecke zwischen dem Fussacher- und dem Diepoldsauer-Durchstiche;
3. der obere Durchstich bei Diepoldsau;
4. die Regulierung der Obern Strecke, d. i. der Strecke vom Diepoldsauer-Durchstiche bis zur Illmündung;
5. die durch die Ausführung der vorgenannten Werke notwendig werdende Erstellung, Wiederherstellung oder Abänderung von Brücken, Strassen und Wegen;
6. die zur Schaffung eines genügenden Durchflussprofiles für die Hochwässer nötigen Flutöffnungen bei den bestehenden Brücken sowie die aus diesem Grunde nötigen Zurücksetzungen der Hochwasserdämme;
7. als neues Werk die Vorstreckung der Regulierungswerke des Fussacher-Durchstiches auf dem Schuttkegel im Bodensee.
⁴ SR 0.721.191.631
Art. 2
Von dem Diepoldsauer Gebiet, das zwischen dem alten und neuen Rheinlauf liegt, werden die Tag-, Sicker- und Grundwässer durch das alte Rheinbett hindurch auf österreichisches Gebiet abgeleitet. Das Ableitungsgerinne bis zur österreichischen Grabenanlage ist durch beide Staaten gemeinsam, jedoch einschliesslich der Entschädigungen für beanspruchte Gründe auf Rechnung der Schweizerischen Eid­genossenschaft zu erstellen. Die österreichische Grabenanlage (Neunergraben, Scheibenbach und Lustenauer-Kanal) ist von Österreich auf eigene Kosten so zu erstellen, dass eine einwandfreie Vorflut für das Ableitungsgerinne der Diepoldsauer Gewässer gewährleistet ist.
Art. 3
Als technische Grundlage für die Ausführung der im Artikel 1 dieses Vertrages bezeichneten gemeinsamen Werke gelten:
1. die dem Vertrage vom 30. Dezember 1892⁵ als integrierende Bestandteile desselben beigegebenen Pläne und Normalien des vereinbarten Generalprojektes, soweit diese nicht seither durch einvernehmliche Verfügungen der Regierungen der beiden Vertragsstaaten oder durch von beiden Vertragsstaaten anerkannte Beschlüsse der Internationalen Rheinregulierungskommis­sion abgeändert oder ergänzt worden sind;
2. die in Ziffer 1 hievor angerufenen Abänderungen und Ergänzungen.
⁵ SR 0.721.191.631
Art. 4
Die Bauzeit für die Zwischenstrecke und den Diepoldsauer-Durchstich erstreckt sich bis Ende des Jahres 1929, jene für die Obere Strecke bis Ende des Jahres 1931.
Die Ausgestaltung der Grabenanlage auf österreichischem Gebiete (Art. 2) ist von der österreichischen Regierung so rechtzeitig vorzunehmen, dass die Ableitung der Diepoldsauer Gewässer keine Verzögerung erleidet.
Art. 5
Bei der Bauvergebung und -durchführung soll dasjenige Verfahren eingehalten werden, das unbeschadet der rechtzeitigen und zweckmässigen Durchführung möglichst geringe Baukosten verursacht.
Art. 6
A.  Die Gesamtkosten für alle ab 1. Januar 1920 von den beiden Regierungen auf gemeinsame Kosten noch auszuführenden Werke ausschliesslich der Vorstreckung im Bodensee (Art. 1, Punkt 7) beziffern sich nach dem bezüglichen einvernehmlich genehmigten Voranschlage auf Fr. 13 140 000, von welcher Summe nach Abzug des mit 31. Dezember 1919 verbliebenen Baukredites von rund Fr. 3 740 000 noch ein Betrag von Fr. 9 400 000 von beiden Vertragsstaaten zu gleichen Teilen von je Fr. 4 700 000 aufzubringen ist.
In den gemeinsamen Kosten sind die Auslagen für die Verwaltung, die Kosten der Bauleitung und die Entschädigungen für beanspruchte Gründe und Rechte inbegriffen.
Die beiden Vertragsstaaten kommen überein, dass nicht nur der auf die Schweiz entfallende Kostenanteil von Fr. 4 700 000, der in neun Jahresraten ab 1922 zu je Fr. 500 000 und einer letzten Jahresrate zu Fr. 200 000 abzustatten ist, sondern auch der Österreich treffende Kostenanteil von Fr. 4 700 000, und zwar der letztere Betrag vorschussweise für Österreich seitens der Schweiz der Internationalen Rheinregulierungskommission nach Massgabe des Baufortschrittes in Form von Bauvorschüssen zur Verfügung gestellt wird, wogegen sich Österreich verpflichtet, vom Jahre 1925 angefangen seinen Anteil ohne Zinsvergütung in folgenden Jahresraten an die Schweiz zu leisten:

in den ersten sechs Jahren je

Fr. 100 000

in den weiteren sechs Jahren je

Fr. 150 000

in den weiteren sechs Jahren sodann je

Fr. 200 000

und in den letzten acht Jahren je

Fr. 250 000

Diese Jahresleistungen werden in zwei gleichen Halbjahresraten am 1. Januar und am 1. Juli der bezüglichen Jahre fällig werden.
Die vorgenannten österreichischen Jahresbeiträge stellen Minimalleistungen dar, die in den künftigen Jahren nach Massgabe der Zunahme der finanziellen Leistungs­fähigkeit Österreichs Steigerungen erfahren können, so dass die von Österreich aufzubringende Gesamtsumme von Fr. 4 700 000 eventuell in weniger als 26 Jahren getilgt werden würde.
Die der Internationalen Rheinregulierungskommission a conto der oberwähnten Beiträge der beiden Staaten seitens der Schweiz zu verabfolgenden Vorschusszahlungen sollen unter Berücksichtigung des für das betreffende Baujahr festgestellten Bauprogrammes und Kostenvoranschlages nur den Betrag des Baubedarfes für die Dauer von je ungefähr drei Monaten erreichen.
Diese Bauvorschüsse sind von der Internationalen Rheinregulierungskommission unter gleichzeitiger Einsendung eines periodischen Ausweises über den finanziellen Stand des Unternehmens an die beiden Regierungen beim Eidgenössischen Departement des Innern anzusprechen.
In den Jahresrechnungen des Internationalen Rheinregulierungsunternehmens sind die geleisteten Vorschusszahlungen als Beiträge der beiden Staaten je mit der Hälfte der bezahlten Summe vorzumerken.
Die Tilgung der Bauvorschüsse, die die Gesamtsumme von Fr. 9 400 000 nicht übersteigen dürfen, erfolgt durch die oberwähnten Staatsbeiträge der Schweiz und der Republik Österreich.
B.  Ausser den unter A angeführten Mitteln steht dem Rheinregulierungsunternehmen noch ein im Laufe der Jahre hauptsächlich aus Zinserträgnissen gesammelter Reservefonds zur Verfügung, dem fernerhin die Zinserträgnisse, die Liquidations­erlöse und allfällige Kursgewinne zufallen.
Aus dem Reservefonds sind allfällige Kursverluste zu decken. Weiters findet er für gemeinsame Bau- und Erhaltungsarbeiten Verwendung, die in dem für die Rhein­regulierung genehmigten Projekte nicht vorgesehen waren.
Die Verfügung über diesen Fonds steht beiden Regierungen zu, der Internationalen Rheinregulierungskommission nur insoferne, als es sich um keinen höheren vorauszusehenden Jahresaufwand als Fr. 25 000 oder um die Inangriffnahme sehr dringender, nicht aufschiebbarer Arbeiten handelt.
In den Rechnungsabschlüssen ist der Reservefonds gesondert auszuweisen. Die Gelder des Reservefonds sind in der Schweiz anzulegen.
Art. 7
Die bei der Ausführung der auf gemeinsame Kosten herzustellenden Werke sich ergebenden, von den beiden Regierungen als notwendig erkannten Mehrkosten werden von beiden Staaten zu gleichen Teilen getragen werden. Insbesondere erklären sich die beiden Regierungen bereit, für den Fall, dass sich die Notwendigkeit herausstellen sollte, zum Zwecke vermehrter Geschiebeführung eine weitere Konzentrierung des anfangs zweiteilig angelegten Rheinprofiles durchzuführen, derselben nach gemeinsamer Prüfung der Verhältnisse nachträglich zuzustimmen.
Die von den allfälligen Mehrkosten auf Österreich entfallende Hälfte wird von der Schweiz vorschussweise zur Verfügung gestellt und von Österreich anschliessend an die Abstattung des gemäss Artikel 6 zu vergütenden Kostenanteiles in Jahresraten bis zum Mindestbetrage von Fr. 250 000 rückerstattet werden.
Art. 8
A.  Die Erhaltung der Werke des Fussacher-Durchstiches wurde von Österreich gemäss Artikel 6 und 8 des Staatsvertrages vom 30. Dezember 1892⁶ bereits übernommen.
Die Erhaltungsarbeiten an den zwischen der St. Margrethner Eisenbahnbrücke und der Illmündung gemeinsam ausgeführten Regulierungsbauwerken werden während der Bauzeit (Art. 4) auf Rechnung des Baufonds bewirkt. Nachher obliegt die Erhaltung demjenigen Staate, auf dessen Gebiet sich die betreffenden Werke befinden, wobei sich jede Regierung vorbehält, im eigenen Lande die Erhaltungsarbeiten auch an den früher bestandenen alten Werken in der ihr geeignet erscheinenden Weise zu regeln.
Bei der Obsorge für das Mittelprofil zwischen den Wuhren werden die beiden Vertragsstaaten auch nach Ablauf der Bauzeit (Art. 4) insbesondere darauf achten, dass keine solchen Kiesablagerungen bestehen bleiben, die zu gefährlichen Stauungen Anlass geben.
Die Regierungen beider Staaten erkennen ferner an, dass nicht nur die Erhaltung des Abflussprofiles im eigentlichen Flussbette zwischen den Wuhren, wobei die Arbeiten gemeinschaftlich durchzuführen und die Kosten zu gleichen Teilen zu tragen sind, auch nach Ablauf der Bauzeit (Art. 4) eine Angelegenheit des gemeinsamen Interesses bildet, sondern dass es für den ungefährdeten Bestand der gemeinsam hergestellten Werke notwendig sein wird, auch für die Erhaltung des gesamten normalen Durchflussquerschnittes zu sorgen.
Die beiden Staaten verpflichten sich daher, alle zur Verhütung oder Behebung von Veränderungen der Vorländer, die den normalen Durchflussquerschnitt beeinträchtigen, als notwendig erkannten Arbeiten auf eigene Kosten insoweit durchzuführen, als die Rücksicht auf die Sicherheit der gemeinsam hergestellten Regulierungswerke dies erheischt.
Über die Erhaltung der Vorstreckungswerke (Art. 1, Punkt 7) werden die beiden Vertragsstaaten später ein besonderes Übereinkommen treffen. Bis dahin sind diese Werke auf gemeinsame Kosten zu unterhalten.
Den Unterhalt des offenen Überleitungsgerinnes bei Diepoldsau hat die österreichische Regierung auf ihrem Gebiete binnen einem Jahre nach Einleitung des Wassers zu übernehmen und erhält dafür von der Schweiz einen von beiden Regierungen auf Antrag der Internationalen Rheinregulierungskommission festzusetzenden Betrag.
B.  Beide Staaten verpflichten sich, die im Punkt 7 des Artikels 1 erwähnte Vorstreckung im See jeweils nach Massgabe der Notwendigkeit rechtzeitig durchzuführen.
Die Kosten hiefür werden von beiden Staaten zu gleichen Teilen getragen.
C.  Um durch ein einvernehmliches Vorgehen die klaglose Erhaltung der gemeinsam hergestellten Werke zu sichern, sind alljährlich von Vertretern beider Regierungen gemeinsame Begehungen vorzunehmen und die im Bereiche der Flussstrecke und im Überleitungsgerinne bei Diepoldsau gemachten Wahrnehmungen und die nötigen Massnahmen festzustellen.
Auch die im Artikel 2 erwähnte Grabenanlage (Neunergraben usw.) ist, soweit deren Verhältnisse auf den Abfluss der Diepoldsauer Gewässer Einfluss haben, in diese Besichtigung einzubeziehen. Die österreichische Regierung verpflichtet sich, die dabei allenfalls festgestellten Mängel zu beheben.
⁶ SR 0.721.191.631
Art. 9
A.  Die Ausführung der Rheinregulierung und die Leitung aller damit in einem inneren Zusammenhange stehenden Angelegenheiten obliegt einer aus vier Mitgliedern und vier Ersatzmännern bestehenden Internationalen Rheinregulierungskommission, in welche jede der beiden Regierungen je zwei Vertreter und zwei Ersatzmänner entsendet.
Diese Kommission wählt alljährlich aus ihrer Mitte den Vorsitzenden, wobei diese Wahl aus den schweizerischen und österreichischen Mitgliedern alternierend vorzunehmen ist. Die Kommission hat im Laufe eines jeden Baujahres zur geeigneten Zeit an dem von ihr bestimmten Orte zusammenzutreten und die zur erspriesslichen Durchführung des gemeinsamen Unternehmens erforderlichen Massnahmen zu beraten und zu beschliessen; sie ist berechtigt, die Beschlüsse im Rahmen des vereinbarten Projektes auch ausführen zu lassen und hiebei die Mitwirkung der zuständigen Behörden in Anspruch zu nehmen.
Jedes der vorgenannten Kommissionsmitglieder einschliesslich des Vorsitzenden ist stimmberechtigt. Wenn bei Verhandlungsgegenständen, welche der Befugnis der Rheinreguilerungskommission unterstellt sind, ein Mehrheitsbeschluss nicht zustandekommt, ist der Gegenstand zunächst den beiden Regierungen vorzulegen. Treffen diese keine einvernehmliche Entscheidung, so ist der Gegenstand einem von den beiden Regierungen von Fall zu Fall zu bezeichnenden, einem dritten Staate angehörigen Ingenieur zur Entscheidung vorzulegen.
Die über die Verhandlungen der Kommission geführten Protokolle sind in zwei Exemplaren auszufertigen, wovon eines an den Schweizerischen Bundesrat und eines an das österreichische Bundesministerium für Handel und Verkehr in Wien einzusenden ist.
Die Verwaltungskosten der Kommission mit Inbegriff der Diäten und Reisekosten der Kommissionsmitglieder werden gleichfalls, ebenso wie die Auslagen für die Besorgung der laufenden Geschäfte und für die Leitung und Beaufsichtigung der Bauten, für Rechnung des gemeinsamen Regulierungsunternehmens bestritten.
Die Entschädigung der Kommissionsmitglieder und die Gebühren der Bauleiter werden auf Antrag der Rheinregulierungskommission von den beiderseitigen Regierungen einvernehmlich festgesetzt.
B.  Der Internationalen Rheinregulierungskommission obliegt die Überwachung und Verwaltung des gemeinsamen Unternehmens in technischer, administrativer und finanzieller Hinsicht.
Demnach unterliegen die von den Bauleitungen (Art. 10) zu verfassenden Projekte ihrer Prüfung und Genehmigung.
Ebenso prüft und genehmigt die Kommission die jährlichen Bauanträge und verfügt deren Ausführung, sie genehmigt die Bau- und Lieferungsverträge sowie die Bedingnisse für die Vergebung der Bauten und Materiallieferungen; die Kommission prüft auch die im abgelaufenen Baujahre ausgeführten Bauten, kollaudiert dieselben auf Grund der von den Bauleitungen vorgelegten Abrechnungen und liquidiert die Ausführungskosten nach Massgabe des Befundes.
Die Kommission beschliesst über die Notwendigkeit der Einlösung von Grundstücken, Bauten, Materialerzeugungs- und Lagerplätzen usw., erteilt die zum Abschluss von Vergleichen über Entschädigungen im Enteignungsfalle erforderliche Ermächtigung und genehmigt die bezüglichen Verträge.
Die Kommission ist berechtigt, Änderungen in den Details der gemeinsamen Werke zu beschliessen, doch darf eine Überschreitung des für die Gesamtheit der Werke veranschlagten Aufwandes hiedurch nicht stattfinden.
Im entgegengesetzten Falle, oder wenn bei der Ausführung wesentliche Abweichungen von den im gegenwärtigen Vertrage angeführten Grundlagen notwendig werden, ist die Zustimmung der beiderseitigen Regierungen einzuholen.
Mit Schluss jedes Jahres ist an beide Regierungen über den Fortgang der Arbeiten und über die finanzielle Gebarung Bericht zu erstatten.
Art. 10
Für die Durchführung der nach den Beschlüssen der Internationalen Rheinregulierungskommission noch auszuführenden gemeinsamen Regulierungswerke sind zwei Bauleitungen, und zwar die österreichische Rheinbauleitung in Bregenz und die schweizerische Rheinbauleitung in Rorschach, bestellt, die seitens der Rheinregulierungskommission in zweckentsprechender Verteilung mit der Ausführung der Bauten betraut werden. Dabei sind sämtliche mit dem Diepoldsauer-Durchstich im Zusammenhang stehenden Arbeiten der schweizerischen Bauleitung zuzuweisen.
Jede dieser Bauleitungen ist einem von der betreffenden Regierung bestellten Ingenieur als Bauleiter übertragen.
Von den vorerwähnten Bauleitern werden gemäss der von der Internationalen Rheinregulierungskommission jeweils aufgestellten Dienstesinstruktion die zukommenden Geschäfte mit Unterstützung des ihnen nach Bedarf beigegebenen Personals besorgt.
Art. 11
Den beiden Regierungen wird ausdrücklich das Recht gewahrt, durch speziell hiefür bezeichnete Organe jederzeit die freieste Einsichtnahme und Kontrolle über das gemeinsame Unternehmen sowohl in technischer als in finanzieller Beziehung auszuüben.
Art. 12
Nach Vollendung der in Artikel 1, Punkt 1 bis 6, und der in Artikel 2 bezeichneten gemeinsamen Werke und nach vollständiger Abwicklung der Geschäfte wird die Internationale Rheinregulierungskommission aufgehoben und die Besorgung der verbleibenden gemeinsamen Angelegenheiten in der beiden Regierungen geeignet erscheinenden Weise einvernehmlich geregelt werden.
Art. 13
Die zu den gemeinsamen Arbeiten erforderlichen Baumaterialien sind tunlichst aus inländischen Bezugsorten zu entnehmen.
Es wird wechselseitig vorübergehende Zollfreiheit für die aus dem Gebiete des einen auf das Gebiet des andern Staates zum Zwecke der Vornahme der infolge dieses Vertrages auszuführenden Rheinregulierungsarbeiten einzuführenden Maschinen, Gerätschaften, Werkzeuge u. dgl. unter der Bedingung zugestanden, dass diese Gegenstände gehörig erklärt, zollamtlich identifiziert, die Zollgebühren sicher­gestellt und die Gegenstände binnen angemessener Frist ins Ausland wieder aus­geführt werden.
Für die in der vorgezeichneten Frist nicht ausgeführten Gegenstände sind die entfallenden Zollgebühren zu entrichten.
Art. 14
Das nach erfolgter Ableitung des Rheines durch den Fussacher‑Durchstich verbliebene alte Rheinbett hat den beiderseitigen Binnengewässern, insbesondere aber dem schweizerischen Binnenkanal als Rinnsal bis zum Bodensee zu dienen. Durch die Internationale Rheinregulierungskommission ist die benötigte Breite und die Richtung des erforderlichen Wasserlaufes, soweit es ohne erhebliche Kosten möglich ist, tunlichst in der Mitte desselben festzusetzen.
Die hiebei allfällig zum Zwecke der Erzielung eines gleichmässigen Gefälles erforderliche Durchstechung von Furten und Regulierung des Kanals ist Sache der Schweizerischen Eidgenossenschaft.
Nach erfolgter Regulierung wird der Unterhalt der Ufer dieses Wasserlaufes durch die betreffenden Regierungen besorgt.
Art. 15
Die Landesgrenze zwischen den beiden Staaten verbleibt auch nach Vollendung der beiden Durchstiche unverändert in der bisherigen, der Mitte des alten Rheinstromes entsprechenden Richtung.⁷
Abmachungen über die Zollgrenze, die Fischerei, die Schifffahrt, den Bezug von Sand, Kies und Steinen oder andere Verhältnisse werden, falls solche allfällig wünschenswert erscheinen, ausdrücklich speziellen Verhandlungen überwiesen.
⁷ Für die Einzelheiten siehe den Vertrag vom 20. Juli 1970 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich über den Verlauf der gemeinsamen Staatsgrenze ( SR 0.132.163.1 ).
Art. 16
Wenn sich die Regierungen über die Auslegung oder Anwendung einzelner Vertragsbestimmungen nicht einigen sollten, werden solche Anstände einem Schieds­gericht unterbreitet.
In dieses Schiedsgericht wählt jede der beiden Regierungen ein Mitglied. Der Obmann, der keinem der vertragschliessenden Staaten angehören darf, wird von beiden Regierungen im gemeinsamen Einverständnis bezeichnet.
Findet die gemeinsame Bezeichnung des Obmannes nicht innerhalb 6 Monaten, nachdem eine Partei die schiedsgerichtliche Erledigung des Streitfalles in Vorschlag gebracht hat, statt, so erfolgt die Wahl in sinngemässer Anwendung des in Artikel 45, Absatz 4 ff., des Haager Abkommens zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle von 1907⁸ vorgesehenen Verfahrens.
⁸ SR 0.193.212
Art. 17
Die schweizerische und die österreichische Bundesregierung werden im Interesse der fernern Erhaltung der regulierten Rheinstrecke in jenen seitlichen Zuflüssen des Rheins, die ihm Geschiebe zuführen, Verbauungen und Anlagen in den Flussgerinnen und Quellgebieten vornehmen, die geeignet sind, die Geschiebeführung zu vermindern.
Die Bestimmung des Zeitpunktes und des Umfanges der einzelnen Wildbachverbauungen bleibt zwar jeder Regierung überlassen, doch sollen diese Arbeiten in jenen Zuflüssen möglichst gefördert werden, die durch ihre Geschiebeführung besonders nachteilig wirken.
Art. 18
Der gegenwärtige Vertrag soll ratifiziert werden, der Austausch der Ratifikationsurkunden nach verfassungsmässiger Genehmigung möglichst bald in Wien stattfinden und die Wirksamkeit des Vertrages sogleich nach diesem Austausche eintreten.
Der Vertrag wird in zwei Gleichstücken ausgefertigt. Der ratifizierte Vertrag wird von beiden Staaten in ihrer amtlichen Gesetzessammlung veröffentlicht werden.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten, und zwar: (Es folgen die Namen der Bevollmächtigten) nachdem sie gegenseitig ihre Vollmachten geprüft und nichtig befunden haben, diesen Vertrag unterzeichnet und ihre Siegel beigedrückt.
Geschehen zu Wien, am 19. November 1924.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Für die
Republik Österreich:

C. D. Bourcart

Grünberger

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