Gesetz über den Beitritt des Kantons Bern zum interkantonalen Konkordat vom 8. Oktob... (221.211)
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Gesetz über den Beitritt des Kantons Bern zum interkantonalen Konkordat vom 8. Oktober 1957 über Massnahmen zur Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen

221.211
6. Dezember 1959 Gesetz über den Beitritt des Kantons Bern zum interkantonalen Konkordat vom 8. Oktober 1957 über Massnahmen zur Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen Der Grosse Rat des Kantons Bern, gestützt auf Artikel 6 und Artikel 26 Ziffer 1 der Staatsverfassung des Kantons Bern vom 4. Juni 1893 [Aufgehoben durch Verfassung des Kantons Bern vom 6.6.1993; BSG 101.1] beschliesst:

Art. 1

Der Kanton Bern tritt dem interkantonalen Konkordat vom 8. Oktober 1957 [SR 221.121.1] über Massnahmen zur Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen bei.

Art. 2

Werden zwischen den beteiligten Kantonen im Laufe der Zeit Abänderungen des Konkordates vereinbart, so ist für deren Genehmigung und Inkraftsetzung im Kanton Bern der Grosse Rat zuständig.

Art. 3

Der Grosse Rat ist ermächtigt, das Konkordat zu kündigen.

Art. 4

Die Vorschriften des Gesetzes vom 26. Februar 1888 [Aufgehoben; jetzt G vom 4. 11. 1992 über Handel und Gewerbe; BSG 930.1] über den Gewerbebetrieb der Gelddarleiher, Darlehensvermittler, Pfandleiher und Trödler, die mit den Bestimmungen des interkantonalen Konkordates vom 8. Oktober 1957 im Widerspruch stehen, insbesondere Artikel 33, soweit sich letzterer auf Gelddarleiher bezieht, sind aufgehoben.

Art. 5

Der Regierungsrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens [1. 1. 1960] dieses Gesetzes. Er ist mit dessen Vollzug beauftragt. Bern, 20. Mai 1959 Schlappach Schneider Anhang Interkantonales Konkordat über Massnahmen zur Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen Zur wirksamen Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen schliessen die beteiligten Kantone, gestüzt auf Artikel 7 Absatz 2 und 31 Absatz 2 der Bundesverfassung und Artikel 73 Absatz 2 des Obligationenrechts [SR 220]

Art. 1

Wer auf dem Gebiet der Konkordatskantone in irgendeiner Form Gelddarlehen oder Kredite gewährt, darf als Gesamtentschädigung auf keinen Fall mehr als 1,5 Prozent der zu Beginn jedes Monats nach Anrechnung allfälliger Rückzahlungen tatsächlich geschuldeten Summe fordern, d. h. monatlich höchstens
1 Prozent für Zinsen, Provisionen, Kommissionen und Gebühren, und höchstens 0,5 Prozent für die ausgewiesenen Auslagen und Kosten.

Art. 2

Wer Darlehen oder Kredite vermittelt, darf weder vom Kreditnehmer noch vom Borger eine Entschädigung
oder eine Kostenrückerstattung fordern.

Art. 3

Niemand darf im Gebiete der Konkordatskantone einen andern dazu veranlassen, sich von ausserhalb dieses Gebiets niederlassenen Firmen oder Privaten ein Darlehen oder einen Kredit zu schwereren als zu den durch dieses Konkordat gestatteten Bedingungen gewähren zu lassen.

Art. 4

1 Darleiher oder Kreditgeber dürfen weder eine Schuldanerkennung abfassen noch sich ausstellen lassen, die auf einen höhern Betrag als die wirklich gewährte Darlehens- oder Kreditsumme lautet.
2 Immerhin dürfen bereits getätigte Auslagen und nachgewiesene Kosten sowie Zinsen und Skonti für höchstens drei Monate zum voraus bezogen werden.

Art. 5

[Aufgehoben mit Urteil der Staatsrechtlichen Kammer des Bundesgerichtes vom 4. 3. 1959; AS 1959/626] Der Gläubiger darf die gänzliche oder teilweise Rückerstattung der Schuldsumme vor dem Verfall nicht verweigern.

Art. 6

Das «Schneeballen»-System in irgendeiner Form ist bei Kredit- oder Darlehensgeschäften verboten.

Art. 7

Es ist untersagt, für ein nicht zustandegekommenes Darlehens- oder Kreditgeschäft irgendeine Entschädigung zu fordern.

Art. 8

1 Die Gewährung eines Darlehens oder die Eröffnung eines Kredits darf nicht von persönlichen finanziellen Verpflichtungen des Borgers oder Kreditnehmers abhängig gemacht werden, die dem Darleiher oder dem Kreditgeber mittelbar oder unmittelbar weitere Vorteile bringen, als ihm in Artikel 1 zugestanden werden (beispielsweise Bedingung zur Zeichnung von Aktien, Obligationen oder Genossenschaftsanteilen oder Abschluss eines Versicherungsvertrages).
2 Bei Darlehen oder Krediten von mehr als 2000 Franken, die für mindestens ein Jahr gewährt werden, ist dem Darleiher oder Kreditgeber erlaubt, vom Schuldner den Abschluss einer Versicherung auf das Ableben zu verlangen. Verboten bleibt aber eine Spar- oder gemischte Versicherung. Die Höhe der Versicherungssumme und die Dauer des Vertrages müssen aber mit dem Darlehens- oder Kreditvertrag übereinstimmen. Eine allfällige Verlängerung beider Verträge bleibt vorbehalten. Der Darleiher oder Kreditgeber darf dem Schuldner unter keinen Umständen mehr als die Nettoprämie belasten.

Art. 9

1 Wer Darlehen oder Kredite gibt oder vermittelt, ist verpflichtet, bei jeder Art der Werbung oder Ankündigung folgende Angaben zu machen: a seinen Namen und Vornamen oder die Bezeichnung der Firma; b seinen Beruf (Darleiher oder Kreditgeber oder Vermittler); c seinen Geschäftssitz. Weitere Angaben sind verboten. Bundesgerichtes diesen Absatz insofern als bundesrechtswidrig bezeichnet und aufgehoben, als er auch mit der Wirklichkeit übereinstimmende Angaben über die Geschäftstätigkeit und die auf sie hinweisende Werbung verboten hatte; AS 1959/626]
2 Es ist verboten, im Gebiet der Konkordatskantone Anzeigen, die mit den Bestimmungen dieses Konkordates nicht im Einklang stehen, zu veröffentlichen oder zu verbreiten, gleichgültig, ob diese Anzeigen von Personen ausgehen, die im Konkordatsgebiet oder ausserhalb desselben wohnen.

Art. 10

Es ist verboten, Kunden in Gastwirtschaftsbetrieben oder an Arbeitsstätten oder in dazugehörenden Räumen und Höfen anzuwerben.

Art. 11

Vor jedem Vertragsabschluss sind den Kunden die Darlehens- und Kreditbedingungen schriftlich bekanntzugeben. Sie sind so abzufassen, dass sie auch Personen, die in Kredit- und Darlehensgeschäften keine Erfahrung haben, leicht verständlich sind.

Art. 12

1 Der Darlehens- oder Kreditvertrag ist zweifach auszufertigen und von beiden Parteien zu unterzeichnen. Dem Borger oder Kreditnehmer ist unmittelbar nach der Unterzeichnung eine Ausfertigung zu übergeben.
2 Der Vertrag hat zu enthalten: a Bei Gewährung eines Gelddarlehens: den dem Borger wirklich übergebenen Geldbetrag; den Zinssatz und die Höhe der einzelnen vom Borger geforderten weiteren Leistungen; die Höhe und die Fälligkeit jeder vom Borger geforderten Zahlungen; den Hinweis auf die Möglichkeit der vorzeitigen Rückzahlung; mit Urteil der Staatsrechtlichen Kammer des Bundesgerichtes vom 4. 3. 1959; AS 1959/626, 994.] b Bei Eröffnung eines Kredites: den Höchstbetrag der Kreditsumme; den Zinssatz und die Höhe der einzelnen vom Kreditnehmer geforderten weiteren Leistungen; die Bezugsbedingungen; die Höhe und Fälligkeit jeder vom Kreditnehmer geforderten Zahlung; den Hinweis auf die Möglichkeit der vorzeitigen Rückzahlung; [Ziffer 4 bzw. 5 aufgehoben mit Urteil der Staatsrechtlichen Kammer des Bundesgerichtes vom 4. 3. 1959; AS 1959/626, 994.]

Art. 13

1 Widerhandlungen gegen die Vorschriften dieses Konkordates werden mit Haft oder mit Busse bis zu 10
000 Franken bestraft.
2 Strafbar sind ebenfalls der Versuch und die Gehilfenschaft.
3 Vorbehalten bleibt Artikel 157 des Schweizerischen Strafgesetzbuches [SR 311.0] .

Art. 14

1 In schweren Fällen sowie im Rückfall kann der Richter Haftstrafe und Busse miteinander verbinden und die Veröffentlichung des Urteils auf Kosten des Verurteilten anordnen.
2 In schweren Fällen sowie im Rückfall kann der Richter dem Verurteilten die Ausübung des Berufes eines Darleihers oder Kreditgebers für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren verbieten. Die Wirkung dieses Verbotes beginnt mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils. Es gilt für das Gebiet aller Konkordatskantone.
3 Rückfällig ist, wer innerhalb eines Jahres nach rechtskräftiger Verurteilung wegen Widerhandlung gegen die Vorschriften dieses Konkordates erneut gegen dessen Bestimmungen verstösst.

Art. 15

Die allgemeinen Bestimmungen des Schweizerischen Strafgesetzbuches [SR 311.0] über die Übertretungen bleiben ausdrücklich vorbehalten.

Art. 16

1 Wird die Widerhandlung im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person begangen, so werden die Direktoren, die Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten, die Mitglieder des Verwaltungsrates, der Kontrollstelle oder die Liquidatoren, die sich schuldig gemacht haben, bestraft.
2 Wird die Widerhandlung im Geschäftsbetrieb einer Kollektivgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung begangen, so werden die Gesellschafter, die Direktoren, Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten oder die Liquidatoren, die sich schuldig machten, bestraft.
3 Die Kollektivgesellschaft, die Kommanditgesellschaft oder die juristische Person haftet immer solidarisch für Busse und Kosten.

Art. 17

1 Für die nachfolgend genannten Unternehmen sind die Vorschriften dieses Konkordates nur anwendbar, soweit es sich um die Gewährung von Kleinkrediten handelt: a Unternehmen, die dem Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen unterstellt sind sowie alle in Artikel 1 Absatz 5 dieses Gesetzes erwähnten Unternehmen; b vom Bundesrat konzessionierte Versicherungsgesellschaften; c Kreditkassen auf Wartezeit; d öffentlich- und privatrechtliche Personalversicherungskassen; e Kreditkassen auf Gegenseitigkeit; f Bürgschaftsgenossenschaften.
2 Artikel 8 Absatz 1 dieses Konkordates ist auf Kreditkassen auf Gegenseitigkeit nicht anwendbar, soweit diese für die Darlehens- oder Kreditgewährung den Erwerb eines Anteilscheines oder eine andere gleichartige und gleichwertige Leistung vorsehen.

Art. 18

Allfällige in den Konkordatskantonen geltende strengere Vorschriften sowie die kantonalen Bestimmungen über das Faustpfand bleiben vorbehalten

Art. 19

Das Konkordat tritt in Kraft [1. 7. 1958] beigetretene Kanton kann sechs Monate zum voraus auf das Ende eines Kalenderjahres beim Bundesrat seine Mitgliedschaft kündigen.
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