Übereinkunft mit dem hohen Stande Freiburg zu näherer Bestimmung der kirchlichen Verhältnisse der gemischten Gemeinden Ferenbalm, Kerzers und Murten
1 411.231.91 Übereinkunft mit dem hohen Stande Freiburg zu näherer Bestimmung der kirchlichen Verhältnisse der gemischten Gemeinden Ferenbalm, Kerzers und Murten vom 22.01.1889 (Stand 06.02.1889) Der Regierungsrat des Kantons Bern und der Staatsrat des Kantons Freiburg, in Erwägung, dass der gegenwärtige Stand der kirchlichen Gesetzgebung in den beiden Kantonen Bern und Freiburg die Neuordnung der kirchlichen Ver hältnisse in den gemischten Pfarreien Ferenbalm, Kerzers und Murten erfor derlich macht, in der Absicht, den evangelischen Gottesdienst und das gute Einvernehmen unter den beidseitigen Pfarrgenossen wie bisher zu erhalten, nach Anhörung des evangelisch-reformierten Synodalrates des Kantons Bern und der reformierten Synodalkommission des Kantons Freiburg, haben freundschaftlich abgeschlossen nachstehende Übereinkunft
Art. 1
1 Die zu den Pfarreien Ferenbalm, Kerzers und Murten gehörenden bernischen und freiburgischen Gemeinden bleiben wie bisher zu der gleichen Kirchge meinde vereinigt.
Art. 2
1 Jeder Kanton wird seine Angehörigen in ihrer Konfession nach Mitgabe der jeweil bestehenden Staatsverfassungen beschützen, und es kann an derselben in gedachten Pfarreien keine Abänderung vorgenommen werden ohne Einwilli gung und Mitwirkung der Regierungen beider Kantone.
Art. 3
1 Bezüglich der Teilnahme der Pfarrer von Murten, Kerzers und Ferenbalm an den Sitzungen der respektiven bernischen Kirchgemeinderäte oder der freibur gischen Pfarreiräte macht die jeweilige kirchliche Gesetzgebung des betreffen den Kantons Regel. * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses I d 555 | f 580
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Art. 4
1 Die Pfarrer von Ferenbalm und Kerzers gehören für den freiburgischen Teil dieser Pfarreien der reformierten Kirche des Kantons Freiburg an und stehen für diesen Teil ihrer Kirchgemeinden unter den kirchlichen Behörden und Ord nungen des Kantons Freiburg. Für die bernischen Teile ihrer Kirchgemeinden stehen sie, wie auch der Pfarrer von Murten für Münchenwiler und Clavaleyres, soweit für diesen bernischen Teil der Pfarrei Murten im nachfolgenden nicht ausdrücklich etwas anderes festgesetzt wird, unter den kirchlichen Behörden und Ordnungen des Kantons Bern. (Vorbehalten bleibt Artikel 2 oben.)
Art. 5
1 Wenn in Sachen des öffentlichen Gottesdienstes die bernischen und freiburgi schen Gesetze, Verordnungen und Reglemente nicht übereinstimmen, so sol len die vereinigten Kirchgemeinde(Pfarrei-)räte oder, wenn sie dazu nicht ge setzlich befugt sind, die nach Mitgabe des Artikels 8 konstituierten Kirchge meindeversammlungen eine Verständigung suchen, welche nachher den obern Kirchenbehörden und den Regierungen der beiden Kantone zur Genehmigung zu unterbreiten ist.
Art. 6
1 Die Kirchgemeinde-(Pfarrei-)räte von Ferenbalm, Kerzers und Murten (der Kirchgemeinderat von Bernisch-Murten nur so weit, als in nachfolgendem nicht besonders verfügt ist) haben sich für den bernischen wie für den freiburgischen Teil ihrer Pfarrei nach den Gesetzen, Dekreten und Verordnungen zu richten, welche von den Staatsbehörden der betreffenden Kantone erlassen sind oder noch erlassen werden, und ebenso haben sie sich den Weisungen und Be schlüssen der zuständigen Kirchenbehörden ihres Kantons zu unterziehen in allem was innere kirchliche Angelegenheiten betrifft, wie Seelsorge, kirchlicher Religionsunterricht, kirchliche Buchführung, kirchliche Steuern usw.
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Art. 7
1 Die kirchlichen Verhältnisse und Rechte der Dorfschaften Münchenwiler und Clavaleyres zu der Pfarrei Murten werden denselben vom Stande Freiburg in ihrem bisherigen Bestand fernerhin garantiert, und es bleiben die beiden Ort schaften der Pfarrei Murten einverleibt. Demgemäss wird die Ordnung des öf fentlichen Gottesdienstes in der Pfarrei Murten vom Pfarreirat Murten festge setzt, und die Kinder von Müchenwiler und Clavaleyres haben sich zur Kinder lehre und Unterweisung zu der Zeit und in dem Alter einzufinden, wie die Kin der des freiburgischen Teiles der Pfarrei Murten. Dem besonderen Kirchge meinderat von Münchenwiler und Clavaleyres sodann liegt ob: die Ordnung der innern kirchlichen Verhältnisse, die Verwaltung der Finanzen, die Aufsicht über das sittlich-religiöse Leben, die Aufrechterhaltung der Beziehungen zu den ber nischen Behörden und alles, was durch das Gesetz vom 18. Jänner 1874 1 ) den Kirchgemeinderäten übertragen ist, sofern diese Übereinkunft nicht ausdrück lich anders verfügt.
2 Der Pfarrer von Murten hat für den bernischen Teil der Pfarrei, wie bisher, be sondere Kirchenbücher zu führen nach Massgabe der bernischen Ordnungen. Der Präsident des besondern Kirchgemeinderates von Münchenwiler und Cla valeyres ist von Amtes wegen Mitglied der freiburgischen Kirchensynode und des Pfarreirates von Murten. Nach Mitgabe des freiburgischen Gesetzes vom
8. Mai 1874 und des Organisationsreglementes vom 25. Mai 1874 haben die reformierten Einwohner von Münchenwiler und Clavaleyres bei allfälligen Kir chensteuern in der Pfarrei Murten, aber nur soweit sie für spezielle Bedürfnisse dieser Pfarrei erhoben werden, ihr Betreffnis daran zu leisten. Dagegen wird ih nen das Recht der Stimmgebung in allen kirchlichen Angelegenheiten der Pfar rei zugesichert, im nämlichen Umfang, wie dasselbe von den Stimmberechtig ten des freiburgischen Teiles der Pfarrei ausgeübt wird.
1) Aufgehoben durch G vom 6. 5. 1945 über die Organisation des Kirchenwesens; BSG 410.11
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Art. 8
1 Ist eine der Pfarrstellen von Kerzers oder Ferenbalm erledigt, so ist zu deren Wiederbesetzung in nachfolgender Weise vorzugehen: a Vorerst wird durch die Präsidenten des bernischen und des freiburgischen Kirchgemeinderates der betreffenden Pfarrei nach gepflogenem Einver ständnis eine Ausschreibung eröffnet, in welcher bestimmt anzugeben ist, bis zu welchem Zeitpunkt und an wen die Anmeldungen einzureichen sind. Nach Verfluss der Anmeldungsfrist sind die Bewerberlisten den Staatsbehörden der beiden Kantone mitzuteilen behufs Prüfung der Wahl fähigkeit der Bewerber. Die zur Vornahme der Pfarrwahl einberufenen Krichgemeindeversammlungen wählen nach angehörtem Bericht des betreffenden Kirchgemeinderates den Geistlichen durch absolutes gehei mes Stimmenmehr frei aus der Zahl der Bewerber, die wahlfähig sind. Sollten jedoch nach dem Urteil der betreffenden vereinigten Kirchgemein deversammlungen sämtliche Bewerber zur Bekleidung der Stelle ungeeig net sein, oder ist kein Bewerber vorhanden, so hat sich die Versammlung durch geheimes Stimmenmehr darüber auszusprechen, ob sie die Stelle neuerdings ausschreiben lassen oder einen wahlfähigen Geistlichen beru fen wolle. Im erstern Falle wird gemäss den Bestimmungen dieses Para graphen verfahren. Beschliesst die Kirchgemeinde Berufung, so kann so gleich durch absolutes geheimes Stimmenmehr zur Wahl geschritten oder dies auf eine spätere Kirchgemeindeversammlung verschoben werden. Lehnt der berufene Geistliche die auf ihn gefallene Wahl ab, so findet eine neue Ausschreibung statt. b An den Wahlverhandlungen für die Wiederbesetzung der Pfarrstellen in den Kirchgemeinden Ferenbalm und Kerzers sind (in ihren respektiven Kirchgemeinden) stimmberechtigt 1. die protestantischen Bewohner des bernischen Gebietes dieser Kirchgemeinden, welche nach Artikel 8 des bernischen Gesetzes vom 18. Januar 1874 1 ) und den seitherigen gesetzlichen Erlassen in bernischen Kirchenangelegenheiten das Stimmrecht besitzen; 2. die protestantischen Bewohner des freiburgischen Teiles dieser Kirchgemeinden, welche die in dem Gesetz vom 26. Mai 1879 über die Gemeinden und Kirchgemeinden sowie die in der Kirchenord nung vom 3. Juli 1873 für die evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Freiburg vorgesehenen Bedingungen erfüllen. Die Kirchgemeindeversammlungen von Ferenbalm und Kerzers zur Vor nahme der Pfarrwahlen finden in ihren respektiven Kirchen statt.
1) Aufgehoben durch G vom 6. 5. 1945 über die Organisation des Kirchenwesens; BSG 410.11
5 411.231.91 c Die Stimmregister über die Stimmberechtigten des bernischen Teiles der zwei Kirchgemeinden werden durch die betreffenden bernischen Kirchge meinderäte aufgestellt, die Pfarreiräte des freiburgischen Teiles der bei den Kirchgemeinden errichten die Stimmregister über die Stimmberechtig ten ihrer Teile. d Die Tage, an welchen die Wahlversammlungen zusammenzutreten ha ben, werden durch die Präsidenten der respektiven bernischen und frei burgischen Kirchgemeinderäte in gegenseitigem Einverständnis festge setzt. e Jeder Kirchgemeindepräsident besorgt die Ausschreibung der Versamm lung in seinem Kirchgemeindebezirk, wie auch die Verteilung der Eintritts karten zu der Versammlung. f Die Wahlversammlung von Ferenbalm wird geleitet durch den Präsiden ten des bernischen Kirchgemeinderates oder, falls derselbe verhindert sein sollte, durch ein Mitglied dieser Behörde, die Wahlversammlung von Kerzers dagegen durch den Präsidenten oder ein Mitglied des freiburgi schen Pfarreirates. g An der Kirchgemeindeversammlung von Kerzers ernennen der Versamm lungspräsident und der Präsident des bernischen Kirchgemeinderates, und an derjenigen von Ferenbalm der Versammlungspräsident und der Präsident des freiburgischen Pfarreirates zur Vervollständigung des Bure aus zwei Stimmenzähler, einen aus den bernischen und einen aus den freiburgischen Wählern. Der Sekretär wird an der Versammlung in Ker zers aus den bernischen Wählern, und an derjenigen in Ferenbalm aus den freiburgischen Wählern ernannt. h Das auf diese Weise zusammengesetzte, aus einem Präsidenten und zwei Stimmenzählern bestehende Wahlbureau entscheidet, vorbehältlich des Rekurses an die Staatsbehörden, über alle Beschwerden betreffend die Führung der Stimmregister und die Verteilung der Stimmkarten. Die Pfarrwahl endlich geschieht in Ferenbalm nach den durch die bernischen Gesetze vorgeschriebenen Formen und in Kerzers nach denjenigen der freiburgischen Gesetze. i Die Protokolle über die Wahlverhandlungen werden in zwei Doppeln aus gefertigt und durch die respektiven Kirchgemeinderäte den Staatsbehör den der beiden Kantone je in einem Doppel mitgeteilt. k Die getroffenen Pfarrwahlen unterliegen der Anerkennung der kompe tenten Staatsbehörden beider Kantone.
411.231.91 6 l Die neuerwählten Pfarrer von Ferenbalm und Kerzers werden ihren Gemeinden durch die staatlichen Behörden der beiden Kantone vorge stellt. Bei dieser Installation führen in Ferenbalm die bernischen, in Ker zers die freiburgischen Abgeordneten den Vorsitz.
Art. 9
1 Der Stand Bern übernimmt die Verpflichtung, die Kirchengebäude von Feren balm und Kerzers samt Chor, sowie die Pfarrhäuser dieser beiden Kirchge meinden auch fernerhin anständig zu unterhalten, er führt die Aufsicht über die dortigen Kirchengüter und besoldet die beiden Pfarrer nach Mitgabe des Arti kels 50 des bernischen Gesetzes vom 18. Januar 1874 1 ) für Kerzers jedoch un ter den Vorbehälten des Artikels 4 Absatz 4 des bernischen Besoldungsdekre tes vom 26. November 1875 2 )
Art. 10
1 Der Stand Freiburg verpflichtet sich, als Gegenleistung für das ihm zugekom mene sogenannte Kirchenhölzli zu Kerzers, dem dortigen Pfarrer das zur Ein fristung der auf freiburgischem Gebiet liegenden Pfrundgüter notwendige Holz auch fernerhin aus den nächstgelegenen staatlichen Waldungen zu liefern, für soweit als diese Einfristungspflicht dem Pfarrer und nicht urbarmässig den An stössern obliegt.
Art. 11
1 Die Kirchengüter von Ferenbalm und Kerzers dürfen ihrem Zwecke nicht ent fremdet und in ihrem Bestand nicht verändert werden ohne Zustimmung der Staatsbehörden beider Kantone. Den letztern sind auch die jährlichen Kirchen gutsrechnungen zur Genehmigung vorzulegen.
Art. 12
1 Solange die Dorfschaften Münchenwiler und Clavaleyres nach gegenwärtiger Übereinkunft mit der Pfarrei Murten verbunden bleiben, überlässt die Regie rung von Bern derjenigen von Freiburg zur Nutzniessung des deutschen Pfar rers von Murten das Kapital von Franken 3000 a. W., welches vormals von Bern dem erwähnten Pfarrer zu nutzen überlassen, im Jahre 1805 aber wieder zurückgezogen worden war.
1) Aufgehoben durch G vom 6. 5. 1945 über die Organisation des Kirchenwesens; BSG 410.11
2) Aufgehoben durch Dekret BAG 00-5
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Art. 13
1 Die beiden hohen Stände Bern und Freiburg behalten sich vor, an dieser Übe reinkunft zu jeder Zeit im gegenseitigen Einverständnis diejenigen Veränderun gen vorzunehmen, welche Zeit und Umstände erforderlich machen sollten.
Art. 14
1 Die gegenwärtige Übereinkunft tritt sofort in Kraft, und es werden durch die selbe aufgehoben: die Übereinkünfte vom 3./20. Januar 1812, vom 21. Juli
1824 und vom 23. April/8. Mai 1880, alle abgeschlossen zwischen den Ständen Bern und Freiburg in betreff der kirchlichen Verhältnisse in den gemischten Pfarreien Ferenbalm, Kerzers und Murten.
2 Zu Urkund dessen ist diese Übereinkunft in zwei Doppeln ausgefertigt und mit dem Siegel und den Unterschriften der kompetenten Staatsbehörden der bei den Kantone versehen worden. Also gegeben in Freiburg, 22. Jänner 1889 Im Namen des Staatsratesdes Kantons Frei burg Der Präsident: Menoud Der Staatsschreiber: Bise Bern, 6. Hornung 1889 Im Namen des Regierungsrates des Kantons Bern Der Präsident: Schär Der Staatsschreiber: Berger
411.231.91 8 Änderungstabelle - nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung BAG-Fundstelle
22.01.1889 06.02.1889 Erlass Erstfassung I d 555 | f 580
9 411.231.91 Änderungstabelle - nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung BAG-Fundstelle Erlass 22.01.1889 06.02.1889 Erstfassung I d 555 | f 580
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