Internationales Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung einzelner Regeln üb... (0.747.363.1)
CH - Schweizer Bundesrecht

Internationales Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung einzelner Regeln über den Zusammenstoss von Schiffen

Abgeschlossen in Brüssel am 23. September 1910 Von der Bundesversammlung genehmigt am 17. März 1954² Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 28. Mai 1954 In Kraft getreten für die Schweiz am 15. August 1954 (Stand am 21. März 2012) ¹ AS 1954 768 ; BBl 1953 III 749 Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung. ² Ziff. 3 des BB vom 17. März 1954 ( AS 1954 749 )
Art. 1
Im Falle eines Zusammenstosses von Seeschiffen oder von Seeschiffen und Binnenschiffen bestimmt sich die Ersatzpflicht wegen des den Schiffen oder den an Bord befindlichen Sachen oder Personen zugefügten Schadens nach den folgenden Vorschriften, ohne Rücksicht darauf, in welchen Gewässern der Zusammenstoss statt­gefunden hat.
Art. 2
Ist der Zusammenstoss durch Zufall oder höhere Gewalt herbeigeführt oder besteht Ungewissheit über seine Ursache, so wird der Schaden von denen getragen, die ihn erlitten haben.
Dies gilt auch dann, wenn die Schiffe oder eines von ihnen zur Zeit des Unfalls vor Anker gelegen haben.
Art. 3
Ist der Zusammenstoss durch Verschuldung eines der Schiffe herbeigeführt, so liegt der Ersatz des Schadens dem Schiffe ob, dem das Verschulden zur Last fällt.
Art. 4
Bei gemeinsamem Verschulden sind die Schiffe nach Verhältnis der Schwere des ihnen zur Last fallenden Verschuldens zum Ersatz des Schadens verpflichtet; kann jedoch nach den Umständen ein solches Verhältnis nicht festgesetzt werden oder erscheint das beiderseitige Verschulden als gleich schwer, so sind die Schiffe zu gleichen Teilen ersatzpflichtig.
Den Schaden, der den Schiffen oder ihrer Ladung oder dem Reisegut oder sonstigen Eigentum der Besatzung, der Reisenden oder anderer an Bord befindlicher Personen zugefügt ist, tragen die schuldigen Schiffe nach dem bezeichneten Verhältnis, ohne den Beschädigten als Gesamtschuldner zu haften.
Die schuldigen Schiffe haften Dritten gegenüber für den durch Tötung oder Körperverletzung entstandenen Schaden als Gesamtschuldner, vorbehältlich des Rückgriffsrechts desjenigen Schiffes, das mehr bezahlt hat, als ihm nach Absatz 1 endgültig zur Last fällt.
Der Landesgesetzgebung bleibt überlassen, zu bestimmen, welche Tragweite und Wirkung in bezug auf dieses Rückgriffsrecht die vertraglichen oder gesetzlichen Bestimmungen haben, durch welche die Haftung der Schiffseigentümer gegenüber den an Bord befindlichen Personen beschränkt wird.
Art. 5
Die in den vorhergehenden Artikeln vorgesehene Haftung tritt auch ein, falls der Zusammenstoss durch das Verschulden eines Lotsen verursacht wird, selbst wenn dieser ein Zwangslotse ist.
Art. 6
Der Anspruch auf Ersatz eines infolge eines Zusammenstosses entstandenen Schadens ist weder von der Erhebung eines Protestes noch von der Beobachtung einer anderen besonderen Förmlichkeit abhängig.
In bezug auf die Haftung für den Zusammenstoss bestehen keine gesetzlichen Schuldvermutungen.
Art. 7
Die Ansprüche auf Schadenersatz verjähren in zwei Jahren von dem Ereignis ab.
Die Frist für die Verjährung des im Artikel 4 Absatz 3 zugelassenen Rückgriffs­anspruchs beträgt ein Jahr. Diese Frist läuft erst vom Tage der Zahlung ab.
Die Gründe für die Hemmung und Unterbrechung dieser Verjährungen bestimmen sich nach dem Rechte des Gerichts, das mit dem Anspruch befasst ist.
Die Hohen vertragsschliessenden Teile behalten sich das Recht vor, in ihrer Gesetzgebung eine Verlängerung der vorstehend festgesetzten Fristen auf Grund des Umstandes zuzulassen, dass das in Anspruch genommene Schiff in den Hoheits­gewässern des Staates, in dem der Kläger seinen Wohnsitz oder seine Hauptniederlassung hat, nicht hat in Beschlag genommen werden können.
Art. 8
Nach einem Zusammenstosse von Schiffen ist der Kapitän jedes der Schiffe verpflichtet, dem anderen Schiffe und dessen Besatzung und Reisenden Beistand zu leisten, soweit er dazu ohne ernste Gefahr für sein Schiff und für dessen Besatzung und Reisende imstande ist.
Ebenso ist er verpflichtet, dem anderen Schiffe, soweit möglich, den Namen und den Heimathafen seines Schiffes sowie den Ort, von dem es kommt, und den Ort, nach dem es geht, anzugeben.
Eine Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Bestimmungen begründet für sich allein keine Haftung des Schiffseigentümers.
Art. 9
Die Hohen vertragsschliessenden Teile, deren Gesetzgebung keine Vorschriften zur Bekämpfung von Zuwiderhandlungen gegen den vorstehenden Artikel enthält, verpflichten sich, die zur Bekämpfung dieser Zuwiderhandlungen erforderlichen Massnahmen zu treffen oder ihren gesetzgebenden Körperschaften vorzuschlagen.
Die Hohen vertragsschliessenden Teile werden sich sobald wie möglich die Gesetze und Verordnungen mitteilen, die zur Ausführung der vorstehenden Bestimmungen in ihren Staatsgebieten schon erlassen worden sind oder künftig noch erlassen werden.
Art. 10
Vorbehältlich späterer Vereinbarungen werden die in den einzelnen Ländern bestehenden Vorschriften über die Beschränkung der Haftung der Schiffseigentümer sowie die Rechtsverhältnisse aus Beförderungsverträgen und anderen Verträgen durch die gegenwärtigen Bestimmungen nicht berührt.
Art. 11
Dieses Übereinkommen findet auf Kriegsschiffe sowie auf Staatsschiffe, die ausschliesslich für einen öffentlichen Dienst bestimmt sind, keine Anwendung.
Art. 12
Die Bestimmungen dieses Übereinkommens finden auf alle Beteiligten Anwendung, wenn die sämtlichen beteiligten Schiffe den Staaten der Hohen vertragsschliessenden Teile angehören; sie kommen ferner in den durch die Landesgesetze bestimmten Fällen zur Anwendung.
Jedoch besteht Einverständnis darüber:
1. dass jeder Vertragsstaat die Anwendung der bezeichneten Bestimmungen auf Beteiligte, die einem Staate angehören, der dem Übereinkommen nicht beigetreten ist, von der Voraussetzung der Gegenseitigkeit abhängig machen kann;
2. dass die Landesgesetzgebung und nicht das Übereinkommen Anwendung findet, wenn alle Beteiligten demselben Staate angehören wie das mit der Sache befasste Gericht.
Art. 13
Dieses Übereinkommen findet auf den Ersatz des Schadens, den ein Schiff durch Ausführung oder Unterlassung eines Manövers oder durch Nichtbeobachtung einer Verordnung einem anderen Schiffe oder den an Bord der Schiffe befindlichen Personen oder Sachen zugefügt hat, auch dann Anwendung, wenn ein Zusammenstoss nicht stattgefunden hat.
Art. 14
Jeder der Hohen vertragsschliessenden Teile ist befugt, drei Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens den Zusammentritt einer neuen Konferenz zu veranlassen, um etwaige Verbesserungen des Übereinkommens herbeizuführen und insbesondere sein Anwendungsgebiet, wenn möglich, zu erweitern.
Will eine Macht von dieser Befugnis Gebrauch machen, so hat sie ihre Absicht den anderen Mächten durch Vermittlung der belgischen Regierung anzuzeigen, die es übernehmen wird, eine neue Konferenz binnen sechs Monaten einzuberufen.
Art. 15
Die Staaten, welche dieses Übereinkommen nicht gezeichnet haben, werden auf ihren Antrag zum Beitritt zugelassen. Der Beitritt wird auf diplomatischem Wege der belgischen Regierung und von dieser den Regierungen der anderen vertragsschliessenden Teile angezeigt; er wird wirksam mit dem Ablauf eines Monats, nachdem die belgische Regierung die Anzeige abgesendet hat.
Art. 16
Dieses Übereinkommen soll ratifiziert werden.
Spätestens ein Jahr nach dem Tage der Zeichnung des Übereinkommens tritt die belgische Regierung mit den Hohen vertragsschliessenden Teilen, die sich zur Ratifikation bereit erklärt haben, im Verbindung, um zu entscheiden, ob das Übereinkommen in Kraft gesetzt werden soll.
Die Ratifikationsurkunden werden gegebenenfalls unverzüglich in Brüssel hinterlegt werden; das Übereinkommen tritt einen Monat nach dieser Hinterlegung in Wirksamkeit.
Das Protokoll bleibt während eines weiteren Jahres für die auf der Konferenz in Brüssel vertretenen Staaten offen. Nach Ablauf dieser Frist können sie nur in Gemässheit der Bestimmungen des Artikels 15 beitreten.
Art. 17
Falls der eine oder der andere der Hohen vertragsschliessenden Teile dieses Übereinkommen kündigt, wird die Kündigung erst ein Jahr nach dem Tage, an dem sie der belgischen Regierung angezeigt worden ist, wirksam; das Übereinkommen bleibt zwischen den anderen vertragsschliessenden Teilen in Geltung.

Zusatzartikel

In Abänderung des vorstehenden Artikels 16 wird vereinbart, dass die Bestimmung des Artikels 5 über die Haftung für einen Zusammenstoss, der durch Verschulden eines Zwangslotsen herbeigeführt ist, erst dann in Kraft tritt, wenn die Hohen vertragsschliessenden Teile eine Übereinkunft über die Beschränkung der Haftung der Schiffseigentümer geschlossen haben.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten der Hohen vertragsschliessenden Teile dieses Übereinkommen unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.
Geschehen in Brüssel, in einer einzigen Ausfertigung, am 23. September 1910.
(Es folgen die Unterschriften)

Geltungsbereich am 21. März 2012 ³

³ AS 2012 1659 . Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereiches findet sich auf der Internetseite des EDA (www.eda.admin.ch/vertraege).

Vertragsstaaten

Ratifikation
Beitritt (B)
Nachfolgeerklärung (N)

Inkrafttreten

Ägypten

29. November

1943 B

29. Dezember

1943

Angolaa

20. Juli

1914 B

30. August

1914

Antigua und Barbudab

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Argentinien

28. Februar

1922 B

15. April

1922

Australienb

  9. September

1930 B

24. Oktober

1930

    Norfolk-Inselb

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Bahamasb

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Barbadosb

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Belgien

  1. Februar

1913

  1. März

1913

Belizeb

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Brasilien

31. Dezember

1913

31. Januar

1914

China

28. September

1994 B

18. November

1994

    Hongkongc

10. Juni

1997

31. Juli

1997

    Macaud

  8. Oktober

1999

20. Dezember

1999

Deutschland

  1. Februar

1913

  1. März

1913

Dominicab

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Dominikanische Republik

23. Juli

1958 B

25. September

1958

Dänemark

18. Juni

1913

18. Juli

1913

Estland

15. Mai

1929 B

20. Februar

1930

Fidschi

22. August

1972 N

10. Oktober

1970

Finnland

17. Juli

1923 B

28. August

1923

Frankreich

  1. Februar

1913

  1. März

1913

Gambiab

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Ghanab

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Grenadab

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Griechenland

29. September

1913

29. Oktober

1913

Guinea-Bissaua

20. Juli

1914 B

30. August

1914

Guyanab

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Haiti

18. August

1951 B

  1. November

1951

Indienb

  1. Februar

1913 B

  1. März

1913

Iran

26. April

1966 B

26. Mai

1966

Irland

  1. Februar

1913

  1. März

1913

Italien

  2. Juni

1913

  2. Juli

1913

Jamaikab

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Japan

12. Januar

1914

12. Februar

1914

Kanadab

25. September

1914 B

28. Oktober

1914

Kap Verdea

20. Juli

1914 B

30. August

1914

Keniab

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Kiribatib

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Kongo (Kinshasa)

17. Juli

1967 B

17. August

1967

Kroatien

30. Juli

1992 N

  8. Oktober

1991

Lettland

  2. August

1932 B

16. September

1932

Libyene

  9. November

1934 B

  5. Januar

1935

Luxemburg

18. Februar

1991 B

22. Mai

1991

Madagaskar

13. Juli

1965 N

26. Juni

1960

Malaysiab

  3. Februar

1913

  3. März

1913

Maltab

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Mauritiusb

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Mexiko

  1. Februar

1913

  1. März

1913

Mosambika

20. Juli

1914 B

30. August

1914

Neuseelandb

19. Mai

1913 B

26. Juni

1913

Nicaragua

18. Juli

1913

18. August

1913

Niederlande

  1. Februar

1913

  1. März

1913

Nigeriab

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Norwegen

12. November

1913

12. Dezember

1913

Österreich

  1. Februar

1913

  1. März

1913

Papua-Neuguinea

14. März

1980 N

16. September

1975

Paraguay

22. November

1967 B

22. Dezember

1967

Polen

  2. Juni

1922 B

15. Juli

1922

Portugal

25. Juli

1913

25. August

1913

Rumänien

  1. Februar

1913

  1. März

1913

Russland

10. Juli

1936 B

27. August

1936

Salomoninseln

17. September

1981 N

  7. Juli

1978

Schweden

12. November

1913

12. Dezember

1913

Schweiz

28. Mai

1954 B

15. August

1954

Serbien

31. Dezember

1931 B

12. Februar

1932

Seychellenb

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Singapur

18. Juni

1974 N

  9. August

1965

Slowenien

13. Oktober

1993 N

25. Juni

1991

Somaliab

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Spanien

17. November

1923 B

30. Dezember

1923

Sri Lankab

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

St. Kitts und Nevisb

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

St. Lucia

21. März

1990 N

22. Februar

1979

St. Vincent und die Grenadinen

21. September

2001 N

28. Oktober

1979

São Tomé und Príncipea

20. Juli

1914 B

30. August

1914

Timor-Lestea

20. Juli

1914 B

30. August

1914

Tonga

13. Juni

1978 B

13. Juli

1978

Trinidad und Tobagob

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Tuvalub

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Türkei

  4. Juli

1955 B

16. September

1955

Ungarn

  1. Februar

1913

  1. März

1913

Uruguay

21. Juli

1915 B

24. August

1915

Vereinigtes Königreich

  1. Februar

1913

  1. März

1913

    Anguilla

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

    Bermudas

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

    Britische Jungferninseln

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

    Falkland-Inseln und abhängige
    Gebiete (Südgeorgien und
    Südliche Sandwich-Inseln)

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

    Gibraltar

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

    Guernsey

  1. Februar

1913 B

  1. März

1913

    Insel Man

  1. Februar

1913 B

  1. März

1913

    Jersey

  1. Februar

1913 B

  1. März

1913

    Kaimaninseln

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

    Montserrat

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

    St. Helena

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

    Turks- und Caicosinseln

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

Zypernb

  1. Februar

1913 B

  3. März

1913

a

Beitrittserklärung durch Portugal.

b

Beitrittserklärung durch Grossbritannien.

c

Vom 3. März 1913 bis zum 30. Juni 1997 war das Übereinkommen auf Grund einer Ausdehnungserklärung des Vereinigten Königreichs in Hongkong anwendbar. Seit dem 1. Juli 1997 bildet Hongkong eine Besondere Verwaltungsregion (SAR) der Volks­republik China. Auf Grund der chinesischen Erklärung vom 10. Juni 1997 ist das Übereinkommen seit dem 1. Juli 1997 auch in der SAR Hongkong anwendbar.

d

Vom 30. August 1914 bis zum 19. Dezember 1999 war das Übereinkommen auf
Grund einer Ausdehnungserklärung Portugals in Macau anwendbar. Seit dem
20. Dezember 1999 bildet Macau eine Besondere Verwaltungsregion (SAR) der Volks­republik China. Auf Grund der chinesischen Erklärung vom 13. Dezember 1999 ist das Übereinkommen seit dem 20. Dezember 1999 auch in der SAR Macau anwendbar.

e

Beitrittserklärung durch Italien.

Markierungen
Leseansicht