Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Föderativen Republik Brasilien über soziale Sicherheit
Abgeschlossen am 3. April 2014 Von der Bundesversammlung genehmigt am 9. Juni 2015¹ In Kraft getreten durch Notenaustausch am 1. Oktober 2019 (Stand am 1. Oktober 2019) ¹ AS 2019 2863
Die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Föderative Republik Brasilien,
nachstehend «Vertragsstaaten» genannt,
vom Wunsch geleitet, die Beziehungen zwischen den beiden Staaten auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit zu regeln,
haben Folgendes vereinbart:
Titel I Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Begriffsbestimmungen
(1) In diesem Abkommen bedeuten die Ausdrücke:
a. «Schweiz» die Schweizerische Eidgenossenschaft und «Brasilien» die Föderative Republik Brasilien;
b. «zuständige Behörde» – in Bezug auf Brasilien das Ministerium für soziale Vorsorge,
– in Bezug auf die Schweiz das Bundesamt für Sozialversicherungen;
c. «Leistungen» die in den Rechtsvorschriften gemäss Artikel 2 dieses Abkommens vorgesehenen Geldleistungen;
d. «Familienangehörige», «Hinterlassene» und «Anspruchsberechtigte», die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als solche bestimmt oder anerkannt sind;
e. «zuständiger Träger» – in Bezug auf Brasilien das Nationale Institut für soziale Sicherheit,
– in Bezug auf die Schweiz das mit der Durchführung der in Artikel 2 erwähnten Rechtsvorschriften betraute Organ;
f. «Verbindungsstelle» der von der zuständigen Behörde jedes Vertragsstaats zur Sicherstellung von Koordination, Informationsaustausch und Verwaltungshilfe bezeichnete Träger zwecks Anwendung dieses Abkommens bei den Organen beider Vertragsstaaten und auf die in Artikel 3 bezeichneten Personen;
g. «Rechtsvorschriften» die in Artikel 2 dieses Abkommens aufgeführten Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen;
h. «Versicherungszeiten» jede Beitrags- oder Versicherungszeit, die aufgrund der Rechtsvorschriften, nach denen sie zurückgelegt wurde, als solche anerkannt ist, sowie alle Zeiten, die nach diesen Rechtsvorschriften einer Versicherungszeit gleichgestellt sind;
i. «Wohnsitz» der Ort, an dem sich eine Person mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält;
j. «Wohnort» der Ort, an dem sich eine Person gewöhnlich aufhält;
k. «Flüchtlinge» Flüchtlinge im Sinne des Übereinkommens vom 28. Juli 1951² und des Protokolls vom 31. Januar 1967³ über die Rechtsstellung der Flüchtlinge;
l. «Staatenlose» staatenlose Personen im Sinne des Übereinkommens vom 28. September 1954⁴ über die Rechtsstellung der Staatenlosen.
(2) Andere, in Absatz 1 nicht definierte Ausdrücke haben die Bedeutung, die ihnen nach den anwendbaren Rechtsvorschriften der Vertragsparteien zukommt.
² SR 0.142.30
³ SR 0.142.301
⁴ SR 0.142.40
Art. 2 Sachlicher Geltungsbereich
(1) Dieses Abkommen ist anwendbar auf folgende Rechtsvorschriften:
A) in Brasilien:
auf die Gesetzgebung über das allgemeine System der sozialen Vorsorge und die Vorsorgesysteme für Beamte im öffentlichen Dienst in Bezug auf: a) Altersleistungen,
b) Hinterlassenenrenten,
c) Invalidenleistungen;
B) in der Schweiz: a) auf das Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946⁵ über die Alters- und Hinterlassenenversicherung,
b) auf das Bundesgesetz vom 19. Juni 1959⁶ über die Invalidenversicherung.
(2) Soweit dieses Abkommen nichts anderes bestimmt, gehören zu den Rechtsvorschriften im Sinne von Absatz 1 weder Verträge oder andere zwischenstaatliche Vereinbarungen noch zwischen einem Vertragsstaat und einem Drittstaat vereinbarte überstaatliche Rechtsvorschriften zur sozialen Sicherheit noch die zu deren Anwendung erlassenen Gesetzesbestimmungen.
(3) Dieses Abkommen ist auf alle Rechtsvorschriften anwendbar, welche die in Absatz 1 aufgeführten Rechtsvorschriften ändern, ergänzen, konsolidieren oder ersetzen, es sei denn, die zuständige Behörde des Vertragsstaats, der seine Rechtsvorschriften geändert hat, unterrichtet die zuständige Behörde des anderen Vertragsstaats innerhalb von 6 Monaten nach der amtlichen Veröffentlichung der neuen Rechtsvorschriften schriftlich darüber, dass das Abkommen nicht darauf anwendbar ist.
(4) Dieses Abkommen bezieht sich nur dann auf Rechtsvorschriften, die eine neue Kategorie von Sozialversicherungsleistungen einführen, wenn dies zwischen den Vertragsstaaten so vereinbart wird.
⁵ SR 831.10
⁶ SR 831.20
Art. 3 Persönlicher Geltungsbereich
Dieses Abkommen gilt:
A) in Bezug auf die Schweiz: a) für Staatsangehörige der Vertragsparteien, die den Rechtsvorschriften einer Vertragspartei unterstellt sind oder waren, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterlassenen,
b) für Flüchtlinge und Staatenlose sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterlassenen, soweit diese Personen im Gebiet einer der Vertragsparteien wohnen; günstigere innerstaatliche Rechtsvorschriften bleiben vorbehalten,
c) in Bezug auf die Artikel 6–9 und die Artikel 11–13 für alle Personen ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit;
B) in Bezug auf Brasilien:
für alle Personen, die den Rechtsvorschriften eines der beiden Vertragsstaaten unterstellt sind oder waren, sowie für Anspruchsberechtigte, die ihre Rechte nach den anwendbaren Rechtsvorschriften von diesen Personen ableiten.
Art. 4 Gleichbehandlung
(1) Soweit dieses Abkommen nichts anderes bestimmt, sind die in Artikel 3 bezeichneten Personen bei der Anwendung der Rechtsvorschriften eines der beiden Vertragsstaaten hinsichtlich Rechte und Pflichten den Staatsangehörigen dieses Vertragsstaats gleichgestellt.
(2) Absatz 1 gilt nicht in Bezug auf die schweizerischen Rechtsvorschriften über:
a) die freiwillige Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung;
b) die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung von schweizerischen Staatsangehörigen, die im Ausland im Dienste der Eidgenossenschaft oder einer vom Bundesrat bezeichneten Organisation tätig sind;
c) die freiwillige Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung für Schweizer Angestellte eines institutionellen Begünstigten nach Artikel 2 Absatz 1 des Gaststaatgesetzes vom 22. Juni 2007⁷, die Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen geniessen.
⁷ SR 192.12
Art. 5 Auslandszahlung der Leistungen
(1) Die aufgrund der in Artikel 2 aufgeführten Rechtsvorschriften des einen Vertragsstaats an eine der in Artikel 3 genannten Personen – mit Ausnahme der in Absatz A Buchstabe c aufgeführten Personen – gewährten Leistungen können nicht gekürzt, sistiert, geändert oder aufgehoben werden, mit der alleinigen Begründung, dass die Leistungsbezügerin oder der Leistungsbezüger im Gebiet des anderen Vertragsstaats wohnt.
(2) Ordentliche Renten der schweizerischen Invalidenversicherung für Versicherte, die zu weniger als 50 Prozent invalid sind, sowie die ausserordentlichen Renten und die Hilflosenentschädigungen der schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung werden nur an Personen ausgerichtet, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.
(3) Geldleistungen nach den Rechtsvorschriften des einen Vertragsstaats werden den in einem Drittstaat wohnenden Staatsangehörigen des anderen Vertragsstaats sowie deren Familienangehörigen, Hinterlassenen und Anspruchsberechtigten unter denselben Voraussetzungen und in gleichem Umfang gewährt wie den eigenen Staatsangehörigen beziehungsweise deren Familienangehörigen, Hinterlassenen und Anspruchsberechtigten, die in diesem Drittstaat wohnen.
Titel II Bestimmungen über die anwendbaren Rechtsvorschriften
Art. 6 Allgemeiner Grundsatz
Unter Vorbehalt abweichender Bestimmungen dieses Abkommens ist eine Person, die im Gebiet eines der beiden Vertragsstaaten eine Erwerbstätigkeit ausübt, für jede Tätigkeit den Rechtsvorschriften des Vertragsstaats unterstellt, in dessen Gebiet sie die Erwerbstätigkeit ausübt.
Art. 7 Entsendung
(1) Wird eine Person, die gewöhnlich auf dem Gebiet eines der Vertragsstaaten beschäftigt ist, von ihrem Arbeitgeber mit Sitz im Gebiet dieses Vertragsstaats vorübergehend in das Gebiet des anderen Vertragsstaats entsandt, so bleibt sie ausschliesslich den Rechtsvorschriften dieses Staates unterstellt, als wäre sie dort beschäftigt, vorausgesetzt die voraussichtliche Dauer der Beschäftigung beträgt längstens fünf Jahre.
(2) Für den Nachweis der Entsendung wird eine Bescheinigung gemäss Verwaltungsvereinbarung ausgestellt.
Art. 8 Personal von international tätigen Luftverkehrsunternehmen
Personen, die im Gebiet beider Vertragsstaaten als Mitglied der Besatzung von Luftverkehrsunternehmen beschäftigt werden, unterstehen nur den Rechtsvorschriften des Vertragsstaats, in dessen Gebiet das Unternehmen seinen Sitz hat, ausser sie sind bei einer Filiale, Zweigniederlassung oder ständigen Vertretung dieses Unternehmens auf dem Gebiet des anderen Vertragsstaats beschäftigt.
Art. 9 Angestellte von Seefahrtsunternehmen
(1) Für die Besatzung eines Seeschiffes, das die Flagge einer Vertragspartei führt, gelten nur die Rechtsvorschriften dieses Vertragsstaats. Für die Anwendung des vorliegenden Artikels wird eine Tätigkeit, die an Bord eines Seeschiffes ausgeübt wird, das die Flagge einer Vertragspartei führt, einer auf dem Gebiet dieses Vertragsstaats ausgeübten Tätigkeit gleichgestellt. Werden diese Personen jedoch von einem Arbeitgeber mit Sitz auf dem Gebiet des anderen Vertragsstaats beschäftigt, so sind sie nur den Rechtsvorschriften dieses Vertragsstaats unterstellt.
(2) Für die mit der Beladung, Entladung sowie mit Reparaturarbeiten und anderen Hafentätigkeiten beschäftigen Personen gelten nur die Rechtsvorschriften des Vertragsstaats, auf dessen Gebiet der Arbeitshafen liegt.
Art. 10 Mitglieder von diplomatischen oder konsularischen Vertretungen
(1) Das vorliegende Abkommen hat keine Auswirkungen auf die Anwendung der Bestimmungen des Wiener Übereinkommens vom 18. April 1961⁸ über die diplomatischen Beziehungen und des Wiener Übereinkommens vom 24. April 1963⁹ über konsularische Beziehungen.
(2) Staatsangehörige des einen Vertragsstaats, die als Mitglieder einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung in das Gebiet des anderen Vertragsstaats entsandt werden, unterstehen den Rechtsvorschriften des ersten Vertragsstaats.
(3) Staatsangehörige des einen Vertragsstaats, die im Gebiet des anderen Vertragsstaats im Dienste einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung des ersten Vertragsstaats beschäftigt sind, sind nach den Rechtsvorschriften des zweiten Vertragsstaats versichert. Sie können innert drei Monaten nach Beginn ihrer Tätigkeit oder nach Inkrafttreten dieses Abkommens die Anwendung der Rechtsvorschriften des ersten Vertragsstaats wählen.
(4) Absatz 3 gilt auch für Staatsangehörige eines Vertragsstaats, die im persönlichen und privaten Dienst von Mitgliedern einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung beschäftigt sind.
(5) Beschäftigt eine diplomatische oder konsularische Vertretung des einen Vertragsstaats im Gebiet des anderen Vertragsstaats Personen, die nach den Rechtsvorschriften dieses Vertragsstaats versichert sind, so muss sie die Pflichten erfüllen, die die Rechtsvorschriften dieses Vertragsstaats den Arbeitgebern im Allgemeinen auferlegen. Dasselbe gilt für die in den Absätzen 2 und 3 genannten Staatsangehörigen, die solche Personen in ihrem persönlichen Dienst beschäftigen.
(6) Die Absätze 2–5 gelten nicht für Honorarmitglieder konsularischer Vertretungen und ihre Angestellten.
(7) Staatsangehörige des einen Vertragsstaats, die im Gebiet des anderen Vertragsstaats im Dienste einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung eines Drittstaates beschäftigt sind und weder in diesem noch in ihrem Heimatstaat versichert sind, werden nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaats versichert, auf dessen Gebiet sie ihre Tätigkeit ausüben. Diese Regelung gilt in Bezug auf die in Artikel 2 Absatz 1 aufgeführten Rechtsvorschriften analog für Ehegattinnen und Ehegatten sowie Kinder, die bei der versicherten Person leben.
⁸ SR 0.191.01
⁹ SR 0.191.02
Art. 11 Beamtinnen und Beamte
Beamtinnen und Beamte sowie – in Bezug auf die Schweiz – ihnen gleichgestellte Personen eines Vertragsstaats, die in das Gebiet des anderen Vertragsstaats entsandt werden, unterstehen den Rechtsvorschriften des Vertragsstaats, dem die sie beschäftigende Verwaltung angehört.
Art. 12 Ausnahmen
Die zuständigen Behörden oder Träger können für Einzelpersonen oder bestimmte Personengruppen Ausnahmen von den Artikeln 7–11 vereinbaren.
Art. 13 Familienangehörige
(1) Bleibt eine Person nach den Artikeln 7–12 während der Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf dem Gebiet des einen Vertragsstaats weiterhin den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats unterstellt, so gilt dies auch für ihren Ehegatten oder ihre Ehegattin und ihre Kinder, welche sich mit ihr im Gebiet des ersten Vertragsstaats aufhalten, sofern sie dort nicht selbst eine Erwerbstätigkeit ausüben.
(2) Gelten nach Absatz 1 für den Ehegatten oder die Ehegattin und die Kinder, welche sich mit der erwerbstätigen Person im Gebiet von Brasilien aufhalten, die schweizerischen Rechtsvorschriften, so sind sie in der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung versichert.
(3) Bezogen auf Absatz 1 schliesst die Tatsache, dass der Ehegatte beziehungsweise die Ehegattin oder die Kinder sowie ihnen gleichgestellte Personen in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausüben, diese nicht als Anspruchsberechtigte im Sinne der brasilianischen Rechtsvorschriften aus.
Titel III Bestimmungen zu den Leistungen
A. Bestimmungen zu den brasilianischen Leistungen
Art. 14 Zusammenrechnung von Versicherungszeiten und Berechnung der Leistungen
(1) Sind die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach den Rechtsvorschriften eines der beiden Vertragsstaaten erfüllt, so gewährt der zuständige Träger dieses Vertragsstaats den Anspruch auf Leistungen, wobei er lediglich die nach den Rechtsvorschriften dieses Vertragsstaats zurückgelegten Versicherungszeiten berücksichtigt.
(2) Erfüllt eine Person die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch nicht alleine aufgrund der nach den brasilianischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten, so werden zwecks Erfüllung der für den Erwerb des Leistungsanspruchs erforderlichen Mindestversicherungszeit auch die nach den schweizerischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten berücksichtigt, soweit sie sich nicht mit den brasilianischen Versicherungszeiten überschneiden. Der zuständige Träger berechnet die Leistungen folgendermassen:
a) Der Betrag der Leistungen, auf welche die betroffene Person Anspruch hätte, wird berechnet, als wären die zusammengerechneten Zeiten bis zu den für den Erwerb des Leistungsanspruchs erforderlichen Mindestversicherungszeiten alleine nach den für Brasilien geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden (theoretischer Betrag).
b) Der Betrag der Leistung wird auf der Grundlage des theoretischen Betrages ermittelt, und zwar nach dem Verhältnis zwischen den nach den brasilianischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Zeiten und den nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten zurückgelegten und für den Erwerb des Leistungsanspruchs erforderlichen Mindestversicherungszeiten ( Pro-Rata -Berechnung).
(3) Der theoretische Betrag nach Absatz 2 Buchstabe a darf den nach den brasilianischen Rechtsvorschriften garantierten Mindestbetrag in keinem Fall unterschreiten.
Art. 15 Versicherungszeiten nach den Rechtsvorschriften von Drittstaaten
Hat eine Person nach den brasilianischen Rechtsvorschriften und unter Berücksichtigung der in beiden Vertragsparteien zurückgelegten Versicherungszeiten gemäss Artikel 14 keinen Anspruch auf Leistungen, so werden für die Feststellung des Leistungsanspruchs auch Versicherungszeiten nach den Rechtsvorschriften von Drittstaaten berücksichtigt, mit denen Brasilien ein Abkommen über soziale Sicherheit abgeschlossen hat, das die Zusammenrechnung der Versicherungszeiten vorsieht.
B. Bestimmungen zu den schweizerischen Leistungen
Art. 16 Eingliederungsmassnahmen
(1) Staatsangehörige von Brasilien, die unmittelbar vor Eintritt der Invalidität der Beitragspflicht in der schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung unterliegen, haben Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, solange sie sich in der Schweiz aufhalten.
(2) Nichterwerbstätige Staatsangehörige von Brasilien, die bei Eintritt der Invalidität die altersmässigen Voraussetzungen für die Beitragspflicht in der schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung nicht erfüllen, aber dort versichert sind, haben Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, solange sie in der Schweiz Wohnsitz haben, wenn sie unmittelbar vor Eintritt der Invalidität mindestens ein Jahr lang ununterbrochen in der Schweiz gewohnt haben. Minderjährige Kinder haben ausserdem Anspruch auf solche Massnahmen, wenn sie in der Schweiz Wohnsitz haben und dort entweder invalid geboren sind oder seit der Geburt ununterbrochen gewohnt haben.
(3) In der Schweiz wohnhafte Staatsangehörige von Brasilien, die die Schweiz für nicht länger als drei Monate verlassen, unterbrechen ihre Wohndauer in der Schweiz im Sinne von Absatz 2 nicht.
(4) Kinder, die in Brasilien invalid geboren sind und deren Mutter sich während der Schwangerschaft insgesamt während höchstens zwei Monaten in Brasilien aufgehalten und ihren Wohnsitz in der Schweiz behalten hat, sind den in der Schweiz invalid geborenen Kindern gleichgestellt. Die schweizerische Invalidenversicherung übernimmt im Falle eines Geburtsgebrechens des Kindes die während der ersten drei Monate nach der Geburt in Brasilien entstandenen Kosten bis zu dem Umfang, in dem sie solche Leistungen in der Schweiz hätte gewähren müssen. Der erste und der zweite Satz gelten sinngemäss für Kinder, die ausserhalb des Gebietes der Vertragsparteien invalid geboren sind; die schweizerische Invalidenversicherung übernimmt in einem solchen Fall die im Ausland entstandenen Kosten nur, wenn die Massnahmen wegen des Zustandes des Kindes sofort durchgeführt werden mussten. Kinder haben ausserdem Anspruch auf solche Massnahmen, wenn sie in der Schweiz Wohnsitz haben und dort entweder invalid geboren sind oder seit der Geburt ununterbrochen gewohnt haben.
Art. 17 Zusammenrechnung von Versicherungszeiten
(1) Erfüllt eine Person, die nach den schweizerischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Voraussetzungen für den Anspruch auf eine ordentliche Rente der Invalidenversicherung nicht allein aufgrund der nach den schweizerischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten, so rechnet der zuständige Versicherungsträger für den Erwerb des Anspruchs auf diese Leistungen die nach brasilianischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten hinzu, soweit sie sich nicht mit den nach schweizerischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Zeiten überschneiden.
(2) Betragen die nach den schweizerischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten weniger als ein Jahr, so findet Absatz 1 keine Anwendung.
(3) Für die Festlegung der Leistungen werden ausschliesslich die nach den schweizerischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten berücksichtigt. Die Festlegung erfolgt gemäss den schweizerischen Rechtsvorschriften.
Art. 18 Einmalige Abfindung
(1) Staatsangehörige von Brasilien und ihre Hinterlassenen haben unter den gleichen Voraussetzungen wie schweizerische Staatsangehörige und deren Hinterlassene Anspruch auf die ordentlichen Renten und die Hilflosenentschädigungen der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung. Die Absätze 2–5 bleiben vorbehalten.
(2) Haben Staatsangehörige von Brasilien oder deren Hinterlassene, die nicht in der Schweiz wohnen, Anspruch auf eine ordentliche Teilrente, die höchstens zehn Prozent der entsprechenden ordentlichen Vollrente beträgt, so wird ihnen anstelle der Teilrente eine einmalige Abfindung in der Höhe des Barwertes der Rente gewährt. Verlassen Staatsangehörige von Brasilien oder deren Hinterlassene, die eine solche Teilrente bezogen haben, die Schweiz endgültig, so wird ihnen ebenfalls eine Abfindung gewährt, die dem Barwert der Rente im Zeitpunkt der Ausreise entspricht.
(3) Beträgt die ordentliche Teilrente mehr als zehn Prozent, aber höchstens zwanzig Prozent der entsprechenden ordentlichen Vollrente, so können die Staatsangehörigen von Brasilien oder deren Hinterlassene, die nicht in der Schweiz wohnen oder die diese endgültig verlassen, zwischen der Ausrichtung der Rente oder einer Abfindung wählen. Diese Wahl ist im Verlauf des Rentenfestsetzungsverfahrens zu treffen, falls die berechtigte Person bei Eintritt des Versicherungsfalles ausserhalb der Schweiz wohnt, oder bei Verlassen des Landes, falls sie in der Schweiz bereits eine Rente bezogen hat.
(4) Waren im Falle eines Ehepaares beide Ehegatten in der schweizerischen Versicherung versichert, so wird die Abfindung nur dann einem Ehegatten ausbezahlt, wenn der andere Ehegatte ebenfalls rentenberechtigt ist.
(5) Nach Auszahlung der Abfindung durch die schweizerische Versicherung können gegenüber dieser Versicherung keine Ansprüche aus den bis dahin entrichteten Beiträgen mehr geltend gemacht werden.
(6) Die Absätze 2–5 gelten sinngemäss für die ordentlichen Renten der schweizerischen Invalidenversicherung, sofern die rentenberechtigte Person das 55. Altersjahr zurückgelegt hat und in ihrem Fall keine Überprüfung der invaliditätsmässigen Voraussetzungen mehr vorgesehen ist.
Art. 19 Ausserordentliche Renten
(1) Staatsangehörige von Brasilien haben unter den gleichen Voraussetzungen wie schweizerische Staatsangehörige Anspruch auf eine ausserordentliche Hinterlassenenrente, eine ausserordentliche Invalidenrente oder eine ausserordentliche Altersrente, die eine ausserordentliche Hinterlassenen- oder Invalidenrente ablöst, wenn die betroffene Person unmittelbar vor dem Zeitpunkt, von dem an die Rente verlangt wird, ununterbrochen während mindestens fünf vollen Jahre in der Schweiz gewohnt hat.
(2) Die Wohndauer in der Schweiz im Sinne von Absatz 1 gilt als ununterbrochen, wenn die betroffene Person die Schweiz im Kalenderjahr für nicht länger als drei Monate verlässt. In Ausnahmefällen kann die Frist verlängert werden. Dagegen werden Zeiten, während denen in der Schweiz wohnhafte Staatsangehörige von Brasilien von der Versicherung in der schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung befreit waren, auf die Wohndauer in der Schweiz nicht angerechnet.
(3) Rückvergütungen der an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung entrichteten Beiträge sowie einmalige Abfindungen nach Artikel 18 Absätze 2–6 stehen der Gewährung ausserordentlicher Renten nach Absatz 1 nicht entgegen; in diesen Fällen werden jedoch die rückvergüteten Beiträge oder die ausgezahlten Abfindungen mit den zu gewährenden Renten verrechnet.
Art. 20 Beitragsrückvergütung
(1) Staatsangehörigen von Brasilien, welche die Schweiz endgültig verlassen haben, kann auf Antrag anstelle einer schweizerischen Rente die Rückvergütung der an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung entrichteten Beiträge gewährt werden. Ihre Hinterlassenen, welche die Schweiz endgültig verlassen haben und nicht schweizerische Staatsangehörige sind, können ebenfalls eine solche Rückvergütung verlangen. Für die Rückvergütung gelten die hierfür massgebenden schweizerischen Rechtsvorschriften.
(2) Nach erfolgter Beitragsrückvergütung können gegenüber der schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung keine Ansprüche aufgrund früherer Versicherungszeiten oder zwecks Zusammenrechnung von Versicherungszeiten nach Artikel 14 mehr geltend gemacht werden.
Titel IV Verschiedene Bestimmungen
Art. 21 Verwaltungsmassnahmen
(1) Die zuständigen Behörden der beiden Vertragsparteien:
a) schliessen eine Verwaltungsvereinbarung ab, treffen alle für die Durchführung dieses Abkommens notwendigen Massnahmen und bezeichnen die Verbindungsstellen;
b) unterrichten sich gegenseitig über alle Massnahmen, die zur Durchführung dieses Abkommens getroffen werden;
c) unterrichten sich gegenseitig so bald wie möglich über alle Änderungen ihrer Rechtsvorschriften, die sich auf die Anwendung dieses Abkommens auswirken könnten.
(2) Die zuständigen Träger können in gegenseitigem Einvernehmen Verfahren für den elektronischen Datenaustausch einführen, einschliesslich Daten zum Ableben von Leistungsberechtigten, um die Anwendung dieses Abkommens und die Gewährung von Leistungen zu rationalisieren.
Art. 22 Verwaltungshilfe
Die zuständigen Behörden, die zuständigen Träger und die Verbindungsstellen leisten einander im Rahmen ihrer Kompetenzen Hilfe bei der Durchführung dieses Abkommens. Diese Hilfe ist kostenlos, solange die Behörden und zuständigen Träger der Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben.
Art. 23 Bestimmungen zu den Invaliditätsleistungen
(1) Zur Bemessung der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit oder der Invalidität im Hinblick auf die Gewährung einer Invalidenrente nimmt der zuständige Träger jedes Vertragsstaats eine Evaluation gemäss eigenen Rechtsvorschriften vor.
(2) Zwecks Anwendung von Absatz 1 stellt der Träger des Vertragsstaats, in dessen Gebiet die antragstellende Person wohnt, dem zuständigen Träger des anderen Vertragsstaats die sich in seinem Besitz befindlichen ärztlichen Berichte und Unterlagen kostenlos zur Verfügung; dabei berücksichtigt er die innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur ärztlichen Schweigepflicht.
(3) Ärztliche Berichte, die nach den Rechtsvorschriften eines oder beider Vertragsstaaten vorgenommen werden und Personen betreffen, die sich im Gebiet des anderen Vertragsstaats aufhalten oder dort wohnen, werden vom Träger des Aufenthalts- oder Wohnortes beigebracht. Berichte, die gemäss zwischen den beiden Vertragsstaaten vereinbarten Formularen erstellt werden, sind kostenlos.
(4) Verlangt der Träger eines Vertragsstaats eine zusätzliche ärztliche Untersuchung einer Person, die eine Leistung beantragt hat oder bezieht, so veranlasst der Träger des anderen Vertragsstaats die verlangte Untersuchung im Gebiet, in dem die betroffene Person wohnt, gemäss den für ihn geltenden Vorschriften und im Aufenthaltsort geltenden Tarifen. Der Träger, der die Untersuchung verlangt, erstattet die Kosten auf Vorweisen einer detaillierten Abrechnung und der entsprechenden Nachweise. Die Einzelheiten des Rückerstattungsverfahrens werden durch die zuständigen Träger in gegenseitigem Einvernehmen festgelegt.
Der antragstellende Träger ist berechtigt, eine ärztliche Untersuchung durch den Arzt oder die Ärztin seiner Wahl zu veranlassen, wobei die Rechtsvorschriften des angefragten Trägers einzuhalten sind.
Art. 24 Verhinderung von unrechtmässigem Leistungsbezug
(1) Um Missbrauch und Versicherungsbetrug beim Leistungsantrag und beim Leistungsbezug in der Alters-, Hinterlassenen-, Invaliden- und Unfallversicherung zu verhindern, kann der Versicherungsträger eines Vertragsstaats auf eigene Rechnung in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten zusätzliche Kontrollen vornehmen, sofern ein begründeter Verdacht besteht, dass Personen unrechtmässig Leistungen beziehen, bezogen haben oder zu erhalten versuchen.
(2) Ist der angefragte Träger nicht in der Lage, die Kontrolle gemäss Absatz 1 durchzuführen, so kann der antragstellende Träger ein Unternehmen damit beauftragen, wobei die Rechtsvorschriften des Vertragsstaats, auf dessen Gebiet die Kontrolle vorgenommen wird, einzuhalten sind.
Art. 25 Schutz von Personendaten
Soweit aufgrund dieses Abkommens Personendaten übermittelt werden, gelten für die Bearbeitung und Sicherung dieser Daten, unter Berücksichtigung des im Vertragsstaat geltenden innerstaatlichen und internationalen Datenschutzrechts, die folgenden Bestimmungen:
a) Die Daten dürfen nur für die Durchführung dieses Abkommens und der Rechtsvorschriften, auf die es sich bezieht, an zuständige Träger des empfangenden Vertragsstaats übermittelt werden. Diese Träger dürfen sie nur zum angegebenen Zweck bearbeiten und nutzen. Die Bearbeitung für andere Zwecke ist im Rahmen der Gesetzgebung des empfangenden Vertragsstaats zulässig, wenn dies Zwecken der sozialen Sicherheit einschliesslich damit zusammenhängender gerichtlicher Verfahren dient.
b) Die übermittelnde Stelle muss sicherstellen, dass die übermittelten Daten richtig sind und ihr Inhalt dem verfolgten Zweck entspricht. Dabei sind die nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht geltenden Übermittlungsverbote zu beachten. Erweist sich, dass unrichtige Daten oder Daten, die nicht hätten übermittelt werden dürfen, übermittelt worden sind, so ist dies der empfangenden Stelle unverzüglich mitzuteilen. Diese ist verpflichtet, die Berichtigung oder Vernichtung vorzunehmen.
c) Die übermittelten Personendaten dürfen nur so lange aufbewahrt werden, wie es der Zweck erfordert, zu dem sie übermittelt worden sind. Die Daten dürfen nicht vernichtet werden, falls durch ihre Vernichtung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person im Bereich der sozialen Sicherheit beeinträchtigt werden könnten.
d) Die übermittelnde und die empfangende Stelle sind verpflichtet, Personendaten, die übermittelt werden, wirksam gegen unbefugten Zugang, unbefugte Veränderung und unbefugte Bekanntgabe zu schützen.
Art. 26 Steuern, Gebühren und Beglaubigung
(1) Sehen die Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats die Befreiung oder Ermässigung von Steuern, Stempelabgaben oder Gebühren für Gesuche oder Schriftstücke vor, die in Anwendung dieser Rechtsvorschriften vorzulegen sind, so gilt die Befreiung oder Ermässigung auch für Gesuche und Schriftstücke, die in Anwendung dieses Abkommens von der zuständigen Behörde oder dem zuständigen Träger des anderen Vertragsstaats eingereicht oder ausgestellt werden.
(2) Schriftstücke, die in Anwendung dieses Abkommens und der Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats vorzulegen sind, sind von der diplomatischen oder konsularischen Beglaubigung oder vergleichbaren Formalitäten befreit, wenn die zuständigen Träger oder Verbindungsstellen diese unmittelbar direkt untereinander austauschen.
Art. 27 Schriftverkehr und Sprachen
(1) Die zuständigen Behörden und die zuständigen Träger beider Vertragsstaaten können, jedes Mal wenn die Anwendung dieses Abkommen es erfordert, direkt miteinander oder mit jeder Person unabhängig von ihrem Wohnort verkehren.
(2) Die zuständigen Behörden und die zuständigen Träger eines Vertragsstaats dürfen die Bearbeitung von Gesuchen und die Berücksichtigung von Dokumenten nicht verweigern, nur weil sie in einer Amtssprache des anderen Vertragsstaats abgefasst sind.
(3) Die zuständigen Behörden können in der Verwaltungsvereinbarung Ausnahmen von Absatz 2 vereinbaren.
Art. 28 Gesuche, Rechtsmittel und Fristen
(1) Eine beim zuständigen Träger des ersten Vertragsstaats eingereichte Beschwerde gegen den Entscheid des zuständigen Trägers des anderen Vertragsstaats ist rechtsgültig. Bei der Behandlung der Beschwerde kommen Verfahren und Gesetzgebung desjenigen Vertragsstaats zur Anwendung, deren Entscheid angefochten wird.
(2) Gesuche, Erklärungen und Rechtsmittel, die in Anwendung der Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats innert einer bestimmten Frist beim zuständigen Träger dieses Vertragsstaats einzureichen sind, gelten als fristgerecht eingereicht, wenn sie innert der gleichen Frist beim zuständigen Träger des anderen Vertragsstaats eingereicht werden.
(3) Der zuständige Träger, welcher Gesuche, Erklärungen oder Rechtsmittel erhält, übermittelt diese unverzüglich an den zuständigen Träger des anderen Vertragsstaats, unter Angabe des Eingangsdatums des Schriftstücks.
Art. 29 Zustellung von Entscheiden
Die Entscheide des zuständigen Trägers des einen Vertragsstaats werden Personen, die sich im Gebiet des anderen Vertragsstaats aufhalten, per Einschreiben oder über gleichwertige Kommunikationsmittel zugestellt; die Mitteilung an die Verbindungsstelle des zweiten Vertragsstaats wird hierdurch nicht berührt.
Art. 30 Währung
(1) Die in Anwendung dieses Abkommens oder der Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats geschuldeten Geldleistungen können der anspruchsberechtigten Person in der Währung des Vertragsstaats, dessen zuständiger Träger zahlungspflichtig ist, oder in einer anderen von diesem Vertragsstaat bestimmten Währung gezahlt werden.
(2) Die rechtlichen Bestimmungen eines Vertragsstaats zur Devisenkontrolle können die in Anwendung dieses Abkommens oder der Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats geschuldeten Zahlungen nicht verhindern.
(3) Hat ein Träger des einen Vertragsstaats an einen Träger des anderen Vertragsstaats Zahlungen vorzunehmen, können diese Zahlungen in der Währung des ersten Vertragsstaats oder in einer vom ersten Vertragsstaat bestimmten Währung erfolgen.
(4) Die zuständigen Träger der Vertragsstaaten legen die Verfahren fest, um die Zahlungen für die Leistungsbezügerinnen und -bezüger oder die Anspruchsberechtigten, die im Gebiet der anderen Vertragspartei wohnen, in der Fremdwährung zu überweisen.
(5) Erlässt ein Vertragsstaat Vorschriften über die Einschränkung des Devisenverkehrs, so treffen die beiden Vertragsstaaten im gegenseitigen Einvernehmen unverzüglich Massnahmen, um die Zahlung der nach diesem Abkommen gegenseitig geschuldeten Beträge sicherzustellen.
Art. 31 Rückforderung nicht geschuldeter Leistungen
Hat der zuständige Träger eines Vertragsstaats Geldleistungen zu Unrecht gewährt, so kann der zu Unrecht gezahlte Betrag auf Antrag und in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats auf einer Leistung, auf die nach den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats Anspruch besteht, zugunsten dieses Trägers einbehalten werden.
Art. 32 Beilegung von Streitigkeiten
Alle Streitigkeiten, die sich bei der Durchführung oder der Auslegung dieses Abkommens ergeben, werden von den zuständigen Behörden der beiden Vertragsparteien geregelt.
Art. 33 Freiwillige Versicherung der Schweiz
Schweizer Staatsangehörige, die im Gebiet Brasiliens wohnen, können der freiwilligen Alters-, Hinterlassen- und Invalidenversicherung gemäss den schweizerischen Rechtsvorschriften vorbehaltlos beitreten; insbesondere bestehen keine Einschränkungen in Bezug auf die Beitragszahlungen in diese Versicherung und den Bezug der daraus erworbenen Renten.
Titel V: Übergangs- und Schlussbestimmungen
Art. 34 Übergangsbestimmungen
(1) Dieses Abkommen begründet keine Leistungsansprüche für den Zeitraum vor seinem Inkrafttreten.
(2) Vor dem Inkrafttreten des Abkommens getroffene Entscheide stehen seiner Anwendung nicht entgegen.
(3) Für die Feststellung eines Leistungsanspruchs nach diesem Abkommen werden die nach den Rechtsvorschriften der Vertragsparteien zurückgelegten Versicherungszeiten sowie Versicherungsereignisse berücksichtigt, die vor seinem Inkrafttreten zurückgelegt worden oder eingetreten sind.
(4) Die Anwendung dieses Abkommens darf keine Kürzung von vor seinem Inkrafttreten gewährten Leistungen zur Folge haben.
(5) Über Ansprüche von Personen, deren Rente vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens abgelehnt oder festgestellt worden ist, wird auf Antrag nach diesem Abkommen neu entschieden. In Bezug auf die Schweiz kann die Neufeststellung auch von Amtes wegen erfolgen.
(6) Die Verjährungsfristen nach den Rechtsvorschriften der beiden Vertragsstaaten beginnen für alle Ansprüche, die aufgrund dieses Abkommens entstehen, frühestens mit dem Inkrafttreten des Abkommens.
(7) Dieses Abkommen gilt nicht für Ansprüche, die durch Abfindung oder Beitragsrückvergütung abgegolten worden sind.
Art. 35 Dauer und Kündigung des Abkommens
(1) Dieses Abkommen gilt für unbestimmte Zeit.
(2) Beide Vertragsstaaten können es jederzeit auf diplomatischem Weg schriftlich kündigen. Das Abkommen bleibt in Kraft bis zum letzten Tag des zwölften Monats nach dem Monat, in dem die Kündigung notifiziert wurde.
(3) Wird dieses Abkommen gekündigt, so bleiben Ansprüche auf Leistungen und Zahlungen erhalten, die eine Person nach diesem Abkommen erworben hat. Die Vertragsstaaten treffen die erforderlichen Massnahmen, um diese Ansprüche zu gewährleisten.
(4) Die Vertragsstaaten können besondere Abmachungen vereinbaren zur Gewährleistung von Anwartschaften aus Versicherungszeiten oder gleichgestellten Zeiten, die vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Abkommen zurückgelegt worden sind.
Art. 36 Inkrafttreten des Abkommens
(1) Dieses Abkommen muss von beiden Vertragsstaaten gemäss eigener Gesetzgebung ratifiziert werden.
(2) Die Vertragsstaaten notifizieren einander auf diplomatischem Weg den Abschluss der durch Verfassung und Gesetzgebung für das Inkrafttreten dieses Abkommens vorgeschriebenen Verfahren.
(3) Das Abkommen tritt am ersten Tag des dritten Monats, der auf den Empfang der letzten Notifikation folgt, in Kraft.
Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten der beiden Vertragsstaaten dieses Abkommen unterzeichnet.
Geschehen zu Brasilia, am 3. April 2014, in zwei Urschriften, eine in französischer, die andere in portugiesischer Sprache; beide Fassungen sind in gleicher Weise verbindlich.
Für die Johann N. Schneider-Ammann | Für die Regierung Alberto Figueiredo Machado |
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