Militärstrafprozess (322.1)
CH - Schweizer Bundesrecht

Militärstrafprozess (MStP)

(MStP) vom 23. März 1979 (Stand am 1. September 2023)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf Artikel 20 der Bundesverfassung¹,² nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 7. März 1977³,
beschliesst:
¹ [BS 1 3]. Der genannten Bestimmung entspricht heute Art. 60 der BV vom 18. April 1999 ( SR 101 ). ² Fassung gemäss Ziff. V 1 des BG vom 24. März 2000 über die Schaffung und die Anpassung gesetzlicher Grundlagen für die Bearbeitung von Personendaten, in Kraft seit 1. Sept. 2000 ( AS 2000 1891 ; BBl 1999 9005 ). ³ BBl 1977 II 1

Erster Titel: Gerichtsordnung

Erstes Kapitel: Grundsatz

Art. 1 Unabhängigkeit
Die Unabhängigkeit der Militärjustiz ist gewährleistet.

Zweites Kapitel: Militärjustiz

Art. 2 Einteilung in die Militärjustiz ⁴
¹ Als Justizoffiziere können Angehörige der Armee eingeteilt werden, die ein juristisches Studium mit einem Lizentiat oder Master einer schweizerischen Hochschule abgeschlossen haben oder über ein kantonales Anwaltspatent verfügen.⁵
² Für Aufgaben, die kein juristisches Fachwissen verlangen, können auch andere Angehörige der Armee in die Militärjustiz eingeteilt werden.⁶
³ …⁷
⁴ Der Bundesrat bezeichnet Grad und Funktion der Justizoffiziere.
⁵ Er teilt der Militärjustiz die erforderlichen Justizoffiziere zu.
⁴ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
⁵ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
⁶ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
⁷ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
Art. 3 ⁸
⁸ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
Art. 4 Funktionen
¹ Die Einteilung als Justizoffizier bei der Militärjustiz ist Voraussetzung zur Bekleidung der folgen­den Funktionen:⁹
a. in der Regel des Oberauditors;
b. seines Stellvertreters;
c. des Präsidenten des Militärkassationsgerichts;
d. der Präsidenten der Militärappellationsgerichte und der Militärgerichte¹⁰;
e. der Auditoren;
f. der Untersuchungsrichter;
g. der Gerichtsschreiber.
² …¹¹
³ Eine Anzahl von Justizoffizieren steht zur Verfügung des Bundesrates oder des Oberauditors.
⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
¹⁰ Ausdruck gemäss Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ). Diese Änd. ist im ganzen Erlass berücksichtigt.
¹¹ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).

Drittes Kapitel: Strafbehörden ¹²

¹² Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).

Erster Abschnitt: ¹³ Strafverfolgungsbehörden

¹³ Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
Art. 4 a Untersuchungsrichter
¹ Der Untersuchungsrichter leitet die vorläufige Beweisaufnahme und die Voruntersuchung.
² Die Führung der Untersuchung erfolgt ohne Einmischung der militärischen Vorgesetzten des Beschuldigten oder Verdächtigen.
Art. 4 b Auditor
Der Auditor erlässt die Einstellungsverfügung oder das Strafmandat; gegebenenfalls erhebt er Anklage und vertritt die Anklage vor Gericht.
Art. 4 c Zahl und Organisation
Der Bundesrat bestimmt die Zahl der Untersuchungsrichter und der Auditoren sowie ihre Organisation unter Berücksichtigung der Sprachgemeinschaften.

1 a . Abschnitt: Militärgerichte ¹⁴

¹⁴ Ursprünglich: Erster Abschnitt.
Art. 5 Sachliche Zuständigkeit
Die Militärgerichte beurteilen erstinstanzlich die der Militärgerichtsbarkeit un­ter­worfenen strafbaren Handlungen.
Art. 6 Zahl der Gerichte; Sprachen
¹ Der Bundesrat bestimmt die Zahl der Militärgerichte und allenfalls ihrer Abteilungen unter Berücksichtigung der Sprachgemeinschaften.¹⁵
² Er regelt ihre Zuständigkeit. Vorbehalten bleibt Artikel 31.
³ …¹⁶
¹⁵ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
¹⁶ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
Art. 7 Wahl der Richter
¹ Die Präsidenten, Richter und Ersatzrichter werden vom Bundesrat für eine Amts­dauer von vier Jahren gewählt.
² Als Richter und Ersatzrichter werden Angehörige der Armee oder des Grenz­wachtkorps gewählt.¹⁷
³ Angehörige der Armee behalten im Übrigen ihre militärische Stellung bei.¹⁸
¹⁷ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
¹⁸ Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
Art. 8 Zusammensetzung
¹ Die Militärgerichte und ihre Abteilungen werden gebildet aus einem Präsiden­ten, der den Grad eines Obersten oder Oberstleutnants bekleidet, sowie aus vier Richtern und einem Gerichtsschreiber.
² Als Richter amten zwei Offiziere sowie zwei Unteroffiziere oder Angehörige der Mannschaft.¹⁹
³ …²⁰
¹⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
²⁰ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).

Zweiter Abschnitt: Militärappellationsgerichte

Art. 9 Sachliche Zuständigkeit
Die Militärappellationsgerichte behandeln Appellationen gegen Urteile und Ent­scheide der Militärgerichte (Art. 172).
Art. 10 Zahl der Gerichte; Sprachen
¹ Der Bundesrat bestimmt die Zahl der Militärappellationsgerichte und allenfalls ihrer Abteilungen unter Berücksichtigung der Sprachgemeinschaften.²¹
² Er regelt ihre Zuständigkeit.
²¹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
Art. 11 Wahl der Richter, fachliche Voraussetzungen
¹ Die Präsidenten, die Richter und Ersatzrichter werden vom Bundesrat für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt.
² Als Richter und Ersatzrichter werden Angehörige der Armee oder des Grenz­wachtkorps gewählt. Sie müssen in der Regel ein juristisches Studium mit einem Lizentiat oder Master einer schweizerischen Hochschule abgeschlossen haben oder über ein kantonales Anwaltspatent verfügen.²²
³ Angehörige der Armee behalten im Übrigen ihre militärische Stellung bei.²³
²² Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
²³ Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
Art. 12 Zusammensetzung
¹ Die Militärappellationsgerichte und ihre Abteilungen werden gebildet aus einem Präsidenten, der den Grad eines Obersten oder Oberstleutnants bekleidet, sowie aus vier Richtern und einem Gerichtsschreiber.
² Als Richter amten zwei Offiziere sowie zwei Unteroffiziere oder Angehörige der Mannschaft.²⁴
³ …²⁵
⁴ Für Disziplinargerichtsbeschwerden nach Artikel 209 Absatz 1 des Militärstraf­gesetzes vom 13. Juni 1927²⁶ (MStG) bildet das Militärappellationsgericht einen Ausschuss, bestehend aus dessen Präsidenten, einem Offizier sowie einem Unterof­fizier oder einem Angehörigen der Mannschaft.²⁷
²⁴ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
²⁵ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
²⁶ SR 321.0
²⁷ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).

Dritter Abschnitt: Militärkassationsgericht

Art. 13 Sachliche Zuständigkeit
Das Militärkassationsgericht behandelt die Kassationsbeschwerden nach Arti­kel 184, sowie Rekurse nach Artikel 195.
Art. 14 Wahl der Richter; fachliche Voraussetzungen
¹ Der Präsident, die Richter und Ersatzrichter werden von der Bundesversammlung für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt.
² Als Richter und Ersatzrichter werden Angehörige der Armee oder des Grenz­wachtkorps gewählt. Sie müssen ein juristisches Studium mit einem Lizentiat oder Master einer schweizerischen Hochschule abgeschlossen haben oder über ein kantonales Anwaltspatent verfügen. Auch Justizoffiziere können zu Richtern oder Ersatzrichtern gewählt werden.²⁸
³ Angehörige der Armee behalten im Übrigen ihre militärische Stellung bei.²⁹
²⁸ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
²⁹ Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
Art. 15 Zusammensetzung
¹ Das Militärkassationsgericht wird gebildet aus dem Präsidenten, der den Grad ei­nes Obersten bekleidet, sowie aus vier Richtern und einem Gerichtsschreiber.
² Als Richter amten zwei Offiziere sowie zwei Unteroffiziere oder Angehörige der Mannschaft. Dem Militärkassationsgericht gehören ferner vier Ersatzrichter an, von denen zwei Offiziere und zwei Unteroffiziere oder Angehörige der Mannschaft sind.³⁰
³ Der Präsident ernennt aus dem Kreis der ordentlichen Richter einen Offizier als seinen Stellvertreter; dieser entscheidet anstelle des Präsidenten insbesondere über:
a. Untersuchungs- und Sicherheitshaft;
b. Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs;
c. Überwachung mit technischen Überwachungsgeräten;
d. verdeckte Ermittlung;
e. Massnahmen zum Schutz der Verfahrensbeteiligten.³¹
³⁰ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
³¹ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 12 der Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1881 ; BBl 2006 1085 ).
Art. 15 a ³² Eid und Gelübde
Der Präsident, die Richter und Ersatzrichter leisten den Eid oder das Gelübde vor dem Militärkassationsgericht.
³² Eingefügt durch Anhang Ziff. II 6 des BG vom 13. Dez. 2002 über die Bundesversammlung, in Kraft seit 1. Dez. 2003 ( AS 2003 3543 ; BBl 2001 3467 5428 ).

Viertes Kapitel: Oberauditor

Art. 16 Funktion
¹ Der Oberauditor ist für die Verwaltung der Militärjustiz unter Aufsicht des Eid­­genössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport³³ zustän­dig.
² Er überwacht die Tätigkeit der Auditoren und Untersuchungsrichter.
³ Er teilt den Gerichten die Gerichtsschreiber zu.³⁴
³³ Bezeichnung gemäss nicht veröffentlichtem BRB vom 19. Dez. 1997. Diese Änd. ist im ganzen Erlass berücksichtigt.
³⁴ Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
Art. 17 Wahl; Grad
¹ Der Oberauditor und sein Stellvertreter werden vom Bundesrat für eine Amts­dauer von vier Jahren gewählt.
² Der Oberauditor bekleidet den Grad eines Brigadiers, sein Stellvertreter den Grad eines Obersten oder Oberstleutnants.³⁵
³⁵ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).

Fünftes Kapitel: Rechtshilfe

Art. 18 Grundsätze
¹ Die militärischen Strafbehörden sind zur gegenseitigen Rechtshilfe verpflichtet.³⁶
² Ebenso haben die militärischen Strafbehörden und die zivilen Gerichts-, Straf- und Verwaltungsbehörden von Bund und Kantonen sich gegenseitig Rechtshilfe zu leisten.³⁷
³ Die Organe der militärischen und der zivilen Polizei sind gegenüber der Militär­­justiz und den Truppenkommandanten, soweit diesen Befugnisse nach den Artikeln 100ff. zustehen, zur Rechtshilfe verpflichtet. Sie leisten diese in dringenden Fällen auch unaufgefordert.
⁴ In Rechtshilfesachen verkehren die Behörden direkt miteinander.
³⁶ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
³⁷ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
Art. 19 Kenntnisgabe von Strafakten
Sind an einer strafbaren Handlung neben Personen, die dem Militärstrafrecht un­ter­stehen, auch andere Personen beteiligt, so geben die militärischen und zivilen Straf­behörden von ihren Akten gegenseitig Kenntnis.
Art. 20 Zulässigkeit der Rechtshilfe
Die Rechtshilfe soll nur in Anspruch genommen werden, wenn die ersuchende Straf­behörde für die Amtshandlung nicht zuständig ist oder sie nur unter erhebli­chen Schwierigkeiten vornehmen könnte.
Art. 21 ³⁸ Streitigkeiten
Streitigkeiten wegen Verweigerung der Rechtshilfe entscheidet das Bundesstraf­gericht.
³⁸ Fassung gemäss Anhang Ziff. 12 des Strafgerichtsgesetzes vom 4. Okt. 2002, in Kraft seit 1. April 2004 ( AS 2003 2133 ; BBl 2001 4202 ).
Art. 22 Vorsorgliche Amtshandlungen militärischer Strafbehörden
Militärische Strafbehörden dürfen vorsorgliche Amtshandlungen gegenüber Perso­nen, die zivilen Gerichtsbarkeit unterstehen, ohne Bewilligung der zuständigen Strafbehörde nur in dringenden Fällen vornehmen. Dieser ist von der Amtshand­lung Kenntnis zu geben.
Art. 23 Vorsorgliche Amtshandlungen ziviler Strafbehörden
Zivile Strafbehörden dürfen vorsorgliche Amtshandlungen gegenüber Personen, die der militärischen Gerichtsbarkeit unterstehen, ohne Bewilligung des zuständigen Truppenkommandanten nur in dringenden Fällen vornehmen. Diesem ist von der Amtshandlung Kenntnis zu geben.
Art. 24 Vorladungen ziviler Gerichte an Angehörigen der Armee ³⁹
¹ Werden Angehörige der Armee von zivilen Gerichten vorgeladen, so erteilt der zustän­dige Vorgesetzte den erforderlichen Urlaub, wenn nicht wichtige militärische In­ter­essen entgegenstehen.
² Wird der Urlaub nicht bewilligt, so ist das Gericht unverzüglich zu benachrich­tigen.
³ Vorbehalten bleibt das zivile Verfahren gegen Dienstpflichtige im Dienst (Art. 222 MStG⁴⁰).
³⁹ Ausdruck gemäss Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ). Diese Änd. ist im ganzen Erlass berücksichtigt.
⁴⁰ SR 321.0
Art. 25 Unentgeltlichkeit
Die Rechtshilfe wird unentgeltlich geleistet. Vorbehalten bleibt die Vergütung von besondern Auslagen.

Sechstes Kapitel: ⁴¹ Schutz von Personendaten

⁴¹ Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 28 des Datenschutzgesetzes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 ( AS 2022 491 ; BBl 2017 6941 ).
Art. 25 a Beschaffung von Personendaten
¹ Personendaten sind bei der betroffenen Person oder für diese erkennbar zu beschaffen, wenn dadurch das Verfahren nicht gefährdet oder unverhältnismässig aufwendig wird.
² Erfolgte die Beschaffung von Personendaten ohne Wissen der betroffenen Person, so ist diese umgehend darüber zu informieren. Die Information kann zum Schutz überwiegender öffentlicher oder privater Interessen unterlassen oder aufgeschoben werden.
Art. 25 b Bearbeitung von Personendaten
Bei der Bearbeitung von Personendaten sorgt die militärische Strafbehörde dafür, dass sie so weit wie möglich unterscheidet:
a. zwischen den verschiedenen Kategorien betroffener Personen;
b. zwischen auf Tatsachen und auf persönlichen Einschätzungen beruhenden Personendaten.
Art. 25 c Bekanntgabe und Verwendung von Personendaten bei hängigem Verfahren
Die militärische Strafbehörde darf aus einem hängigen militärischen Strafverfahren Personendaten zwecks Verwendung in einem anderen hängigen Verfahren bekannt geben, wenn anzunehmen ist, dass die Personendaten wesentliche Aufschlüsse geben können.
Art. 25 d Auskunftsrecht bei hängigem Verfahren
Solange ein Verfahren hängig ist, haben die Parteien und die anderen Verfahrensbeteiligten nach Massgabe des ihnen zustehenden Akteneinsichtsrechts das Recht auf Auskunft über die sie betreffenden Personendaten.
Art. 25 e Richtigkeit der Personendaten
¹ Die militärische Strafbehörde berichtigt unrichtige Personendaten unverzüglich.
² Sie benachrichtigt die Behörde, die ihr die Personendaten übermittelt oder bereitgestellt oder der sie diese bekannt gegeben hat, unverzüglich über die Berichtigung.

Zweiter Titel: Verfahren

Erstes Kapitel: Allgemeine Bestimmungen

Erster Abschnitt: Gerichtsstand

Art. 26 ⁴² Grundsatz
¹ Die Zuständigkeit der Strafbehörden richtet sich nach der Sprache des Beschul­digten oder Verdächtigen. Ist diese Sprache weder Deutsch noch Französisch noch Italienisch, so bezeichnet der Oberauditor die zuständige Strafbehörde.
² Ist der Täter unbekannt, so bestimmt sich die Zuständigkeit der Strafbehörden nach dem Ort der Begehung.
³ Ist der Ort der Begehung nicht bekannt oder unbestimmt, so bezeichnet der Ober­auditor die zuständige Strafbehörde.
⁴² Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
Art. 27–29 ⁴³
⁴³ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
Art. 30 ⁴⁴ Gerichtsstand bei mehreren strafbaren Handlungen und bei Mittäterschaft
¹ Fallen mehrere strafbare Handlungen einer Person in die Zuständigkeit verschiede­ner Strafbehörden, so ist der Gerichtsstand bei der für die schwerste Tat zuständigen Strafbehörde begründet. Sind mehrere dieser Handlungen als gleich schwer zu betrachten, so ist die Strafbehörde zuständig, bei der die Voruntersuchung zuerst eingeleitet wurde.
² Bei Mittäterschaft ist die Strafbehörde zuständig, bei der die Voruntersuchung zuerst eingeleitet wurde.
³ Für Anstifter und Gehilfen ist die Strafbehörde des Täters zuständig.
⁴⁴ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
Art. 31 ⁴⁵ Besonderer Gerichtsstand
Der Oberauditor kann beim Vorliegen besonderer Gründe ausnahmsweise eine andere als die zuständige Strafbehörde mit der Verfolgung und Beurteilung eines Straffalles beauftragen.
⁴⁵ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
Art. 32 ⁴⁶ Streitiger Gerichtsstand
Ist der Gerichtsstand zwischen militärischen Strafbehörden streitig, so entscheidet der Oberauditor endgültig.
⁴⁶ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).

Zweiter Abschnitt: Ausstand von Gerichtspersonen

Art. 33 Ausschliessung
Ein Richter, Auditor, Untersuchungsrichter oder Gerichtsschreiber darf sein Amt nicht ausüben, wenn er
a. in der Sache ein persönliches Interesse hat;
b.⁴⁷
mit einer Partei durch Ehe oder eingetragene Partnerschaft verbunden ist oder mit ihr eine faktische Lebensgemeinschaft führt;
bbis.⁴⁸ mit einer Partei in gerader Linie oder bis zum dritten Grade in der Seiten­linie verwandt oder verschwägert ist;
c. in der Sache schon als Mitglied einer administrativen oder richterlichen Behörde, als Justizbeamter, als Rechtsberater, Bevollmächtigter oder Anwalt ei­ner Partei, als Sachverständiger oder Zeuge gehandelt hat;
d.⁴⁹
mit dem Anwalt einer Partei durch Ehe oder eingetragene Partnerschaft verbunden ist oder eine faktische Lebensgemeinschaft führt;
dbis.⁵⁰ mit dem Anwalt einer Partei in gerader Linie oder bis zum zweiten Grade in der Seitenlinie verwandt oder verschwägert ist.
⁴⁷ Fassung gemäss Anhang Ziff. 23 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
⁴⁸ Eingefügt durch Anhang Ziff. 23 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
⁴⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 23 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
⁵⁰ Eingefügt durch Anhang Ziff. 23 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
Art. 34 Ablehnung
Ein Richter, Auditor, Untersuchungsrichter oder Gerichtsschreiber kann von den Parteien abgelehnt werden oder selbst seinen Ausstand verlangen,
a. wenn zwischen ihm und einer Partei besondere Freundschaft oder persön­­liche Feindschaft oder ein besonderes Pflicht- oder Abhängigkeitsverhältnis besteht;
b. wenn er aus andern Gründen in der Sache befangen sein könnte.
Art. 35 Anzeigepflicht
Liegt bei einer Gerichtsperson ein Ausstandsgrund nach den Artikeln 33 oder 34 vor, so hat sie diesen dem Gericht möglichst frühzeitig, jedoch spätestens nach Er­öffnung der Hauptverhandlung anzuzeigen. Bei Ablehnung (Art. 34) hat sie zu er­klären, ob sie selbst ihren Ausstand verlange oder die Ablehnung den Parteien anheim stelle. Die Parteien erhalten eine kurze Frist, um die Ablehnung geltend zu ma­chen.
Art. 36 Ausstandsbegehren
¹ Will eine Partei den Ausstand (Art. 33 oder 34) einer Gerichtsperson verlangen, so hat sie sofort nach Entstehen oder Bekannt werden des Ausstandsgrundes dem zuständigen Gericht ein Ausstandsbegehren zu stellen.
² Die den Ausstand begründenden Tatsachen sind im Begehren glaubhaft zu ma­chen. Die Gerichtsperson hat sich zu den vorgebrachten Ausstandsgründen zu äus­sern. Ein weiteres Beweisverfahren findet nicht statt.
³ Wer ein Ausstandsbegehren verspätet einreicht, kann verpflichtet werden, die dadurch verursachten Kosten zu tragen.
Art. 37 Entscheid
¹ Über den Ausstand entscheidet bis zur erstinstanzlichen Hauptverhandlung der Präsident des Militärgerichts, nachher das zuständige Gericht.
² Über den Ausstand des Oberauditors und seines Stellvertreters entscheidet der Bundesrat.

Dritter Abschnitt: Protokolle

Art. 38 Inhalt und Form
¹ Die Aussagen einvernommener Personen sind ihrem wesentlichen Inhalt nach zu protokollieren, ebenso wichtige Fragen des Untersuchungsrichters.
² Am Schluss der Einvernahme ist das Protokoll von der einvernommenen Person zu lesen oder ihr vorzulesen. Darauf ist es mit allfälligen Berichtigungen und Er­gän­zungen von ihr, vom Untersuchungsrichter und vom Protokollführer zu unter­zeich­nen.
³ Wird die Unterzeichnung des Protokolls verweigert oder kann sie aus anderen Gründen nicht erfolgen, so ist dies unter Angabe der Gründe zu vermerken.
⁴ In Ausnahmefällen können Aussagen mit Einwilligung aller Beteiligten nicht nur im Protokoll, sondern auch auf Tonträgern festgehalten werden.
Art. 39 Hauptverhandlung
¹ Das Protokoll über die Hauptverhandlung muss deren Gang und Ergebnisse im Wesentlichen wiedergeben sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, er­gangenen Entscheide und den Urteilsspruch enthalten.
² Der Präsident ordnet von sich aus oder auf Antrag einer Partei die vollständige Niederschrift einer Aussage an, wenn ihrem Wortlaut besondere Bedeutung zukommt.
³ Das Protokoll der Hauptverhandlung wird vom Präsidenten und vom Gerichts­schreiber unterzeichnet. Im Übrigen gilt Artikel 38.
Art. 40 Augenschein und Hausdurchsuchung
¹ Protokolle über Augenscheine und Hausdurchsuchungen haben deren Ergebnis genau festgehalten sowie Ort und Zeit der Durchführung und die Namen der Per­so­nen anzugeben, die daran teilgenommen haben. Pläne, Fotografien und Zeich­nun­gen sind, wenn nötig, beizufügen.
² Die Protokolle werden von dem unterzeichnet, der die Massnahme durchgeführt hat.
Art. 41 Beschlagnahme und Verwahrung
¹ Über beschlagnahmte oder verwahrte Gegenstände ist ein genaues Verzeichnis auf­zunehmen und den Akten beizufügen.
² Das Verzeichnis wird von dem unterzeichnet, der die Massnahme durchgeführt hat. Der bisherige Inhaber der Gegenstände oder der nach Artikel 66 Absatz 4 Bei­ge­zogene muss durch Unterschrift bestätigen, dass das Verzeichnis vollständig ist. Er erhält ein Doppel.

Vierter Abschnitt: Entscheide und Akten

Art. 42 Entscheide
¹ Schriftliche Entscheide sind zu begründen und müssen das Rechtsmittel, die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist nennen.
² Entscheide und deren Vollzug sind in den Akten festzuhalten.
Art. 43 ⁵¹ Verwaltung der Akten
¹ Das Oberauditorat betreibt zur Verwaltung der Akten der Militärjustiz ein Informationssystem. Es enthält Daten von Personen, die von Untersuchungen oder Ver­fahren der Militärjustiz betroffen sind, sowie Angaben über den Stand und die Erle­digung der Untersuchungen und Verfahren.
² Die Kanzleien der Militärgerichte haben durch ein Abrufverfahren Zugriff auf die Daten.
³ Nach Erledigung der Strafsache werden die Akten in der Regel während fünf Jah­ren beim Oberauditorat aufbewahrt. Danach werden sie dem Bundesarchiv überlie­fert. Das Oberauditorat kann die archivierten Akten bei Bedarf zurückverlangen.
⁵¹ Fassung gemäss Ziff. V 1 des BG vom 24. März 2000 über die Schaffung und die Anpassung gesetzlicher Grundlagen für die Bearbeitung von Personendaten, in Kraft seit 1. Sept. 2000 ( AS 2000 1891 ; BBl 1999 9005 ).
Art. 44 Rückgabe von Belegen
Zu den Akten genommene Belege werden dem Berechtigten in der Regel erst nach rechtskräftiger Erledigung der Strafsache gegen Empfangsschein zurückgegeben.
Art. 45 Akteneinsicht
¹ Gerichte und Verwaltungsbehörden können auf begründetes Gesuch hin Akten einer rechtskräftig erledigten Strafsache einsehen. Privatpersonen kann nur Ein­sicht gewährt werden, wenn sie ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft machen und die­sem keine höhern Interessen entgegenstehen.
² Der Oberauditor entscheidet über die Gewährung der Einsicht und deren Umfang.

Fünfter Abschnitt: Fristen

Art. 46 Berechnung, Wahrung und Erstreckung
¹ Berechnet sich die Frist nach Tagen, so beginnt sie am Tage nach der Mitteilung. Fällt der letzte Tag auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen am Wohnort der Partei oder ihres Vertreters vom kantonalen Recht anerkannten Feiertag, so endigt die Frist am nächsten Werktag.
² Schriftliche Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist an die zustän­dige Stelle gelangt oder der schweizerischen Post übergeben worden sein. In Haft­fällen genügt die fristgerechte Übergabe an den Gefängniswärter, der für die Wei­terleitung besorgt ist.
³ Die Frist gilt auch dann als gewahrt, wenn eine Eingabe rechtzeitig bei einer un­zu­ständigen schweizerischen Dienst- oder Amtsstelle eingereicht wurde. Die Ein­gabe ist unverzüglich an die zuständige Stelle weiterzuleiten.
⁴ Die vom Gesetz bestimmten Fristen sind nicht erstreckbar. Richterlich bestimmte Fristen können auf begründetes Gesuch hin, das vor Ablauf der Frist zu stellen ist, erstreckt werden.
Art. 47 Wiederherstellung
¹ Eine Frist kann wiederhergestellt werden, wenn sie der Gesuchsteller oder sein Vertreter unverschuldet nicht einhalten konnte.
² Das begründete Gesuch ist innert zehn Tagen nach Wegfall des Hindernisses schriftlich unter Angabe der Beweismittel einzureichen. Die versäumte Rechts­hand­lung muss innerhalb dieser Frist nachgeholt werden.
³ Über das Gesuch entscheidet die in der Sache zuständige Stelle.
⁴ Gegen den ablehnenden Entscheid kann innert zehn Tagen von der schriftlichen Mitteilung an Beschwerde geführt werden:
a. gegen Entscheide des Untersuchungsrichters beim Präsidenten des Militär­gerichts;
b. gegen Entscheide des Militärgerichts oder seines Präsidenten beim Mili­tärappellationsgericht;
c. gegen Entscheide des Militärappellationsgerichts oder seines Präsidenten beim Militärkassationsgericht.

Sechster Abschnitt: Öffentlichkeit und Sitzungspolizei

Art. 48 Öffentlichkeit
¹ Die Verhandlungen vor den Militärgerichten sind öffentlich, nicht aber die Bera­tungen und Abstimmungen.
² Das Gericht kann die Öffentlichkeit ausschliessen, soweit eine Gefährdung der Landesverteidigung, der Staatssicherheit, der öffentlichen Ordnung oder der Sittlich­keit zu befürchten ist oder das Interesse eines Beteiligten es erfordert. Es schliesst die Öffentlichkeit von den Verhandlungen aus, wenn überwiegende Interessen des Opfers dies erfordern.⁵² Das Opfer einer Straftat gegen die sexuelle Integrität kann verlangen, dass das Gericht die Öffentlichkeit von den Verhandlungen ausschliesst.⁵³
³ Das Urteil wird öffentlich verkündet.
⁴ Bild- und Tonaufnahmen im Gerichtssaal sind verboten. Das Gericht kann Aus­nahmen beschliessen.
⁵² Fassung zweiter Satz gemäss Anhang 1 Ziff. II 12 der Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1881 ; BBl 2006 1085 ).
⁵³ Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Opferhilfegesetzes vom 23. März 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2009 ( AS 2008 1607 ; BBl 2005 7165 ).
Art. 49 Sitzungspolizei
¹ Der Präsident des Gerichts sorgt für Ruhe und Ordnung in der Verhandlung. Er kann Ruhestörer wegweisen, den Sitzungssaal räumen und Widersetzliche bis zum Schluss der Sitzung in polizeilichen Gewahrsam nehmen lassen.
² Das Gericht kann denjenigen, der sich in der Sitzung ungebührlich verhält oder Anordnungen des Präsidenten missachtet, mit einer Ordnungsbusse bis zu 500 Franken bestrafen.⁵⁴ Dies schliesst eine Verfolgung für Straftaten nicht aus.
³ Dem Untersuchungsrichter stehen die gleichen Befugnisse zu. Er kann eine Ordnungsbusse bis zu 200 Franken verhängen.⁵⁵
⁵⁴ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
⁵⁵ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
Art. 50 Sitzungslokal; Vollzugsorgan
¹ Die Kantone und Gemeinden stellen den Militärgerichten an den Sitzungsorten die erforderlichen Räume unentgeltlich zur Verfügung. Besondere Auslagen wer­den vom Bund ersetzt.
² Die am Sitzungsort zuständige Polizeibehörde stellt auf Ersuchen des Präsidenten des Gerichts die nötigen Organe für den Vollzug seiner Anordnungen zur Verfü­gung, insbesondere für die Vorführung von Angeklagten und für die Aufrechterhal­tung von Ruhe und Ordnung.

Siebenter Abschnitt: Einvernahme des Beschuldigten; freies Geleit

Art. 51 Vorladung
¹ Der Beschuldigte wird zur Einvernahme in der Regel schriftlich vorgeladen. Er ist auf die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens aufmerksam zu machen.
² Die Vorladung wird durch die Schweizerische Post, durch einen Angehörigen der Armee oder nötigenfalls durch Vermittlung einer zivilen Behörde zugestellt.⁵⁶
³ Leistet der Beschuldigte der Vorladung keine Folge, so kann er vorgeführt wer­den. Der Vorführungsbefehl ist in der Regel schriftlich zu erteilen.
⁵⁶ Fassung gemäss Anhang Ziff. 9 des Postorganisationsgesetzes vom 30. April 1997, in Kraft seit 1. Jan. 1998 ( AS 1997 2465 ; BBl 1996 III 1306 ).
Art. 52 Durchführung
¹ Dem Beschuldigten wird mitgeteilt, welcher Tat er beschuldigt wird. Er wird auf­gefordert, sich über die Beschuldigung auszusprechen sowie Tatsachen und Beweismittel zu seiner Verteidigung anzuführen. Zur Ergänzung, Erläuterung oder Be­richtigung der Aussage und zur Beseitigung von Widersprüchen werden entspre­chende Fragen gestellt.
² Die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten werden mit aller Sorgfalt abge­klärt.
³ Der Untersuchungsrichter geht allen belastenden und entlastenden Umständen mit gleicher Sorgfalt nach.
⁴ Auch bei einem Geständnis werden die nähern Umstände und die Beweggründe der Tat abgeklärt.
⁵ Zwang, Drohung, Versprechungen, unwahre Angaben und verfängliche Fragen sind untersagt.
⁶ Weigert sich der Beschuldigte auszusagen, so wird das Verfahren ohne Rücksicht darauf weitergeführt.
Art. 53 Freies Geleit
¹ Der Präsident des Gerichts kann einem landesabwesenden Beschuldigten oder einem in Abwesenheit Verurteilten freies Geleit erteilen. Dieses kann an bestimmte Bedingungen geknüpft werden.
² Das freie Geleit erlischt, wenn der Beschuldigte oder der in Abwesenheit Verur­teilte im ordentlichen Verfahren zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt wird oder die auferlegten Bedingungen nicht erfüllt hat.
³ Auf diese Rechtsfolgen ist der Beschuldigte oder Verurteilte bei Erteilung des frei­en Geleits aufmerksam zu machen.

Achter Abschnitt: Anhaltung; Vorläufige Festnahme; Untersuchungs- und Sicherheitshaft ⁵⁷

⁵⁷ Fassung gemäss Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ).
Art. 54 ⁵⁸ Allgemeines Anhaltungsrecht
¹ Jede Person ist berechtigt, eine andere Person anzuhalten:
a. die sie bei einem Verbrechen oder Vergehen auf frischer Tat ertappt;
b. die sie unmittelbar nach Begehung einer solchen Tat antrifft;
c. die zur Verhaftung ausgeschrieben ist.
² Die angehaltene Person ist unverzüglich der nächsten Truppe oder der Polizei zu übergeben. Nach Durchführung der nötigen Abklärungen ist sie sofort zu entlassen, sofern nicht die Voraussetzungen der vorläufigen Festnahme erfüllt sind.
⁵⁸ Fassung gemäss Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ).
Art. 54 a ⁵⁹ Polizeiliche Anhaltung
¹ Zivile und militärische Polizeiorgane können bei Verdacht einer strafbaren Handlung eine Person anhalten, ihre Identität feststellen und abklären, ob nach ihr, nach Fahrzeugen oder nach andern Sachen, die sich in ihrem Gewahrsam befinden, gefahndet wird.
² Zivile und militärische Polizeiorgane haben jede Person anzuhalten, die in ihrer Gegenwart eine strafbare Handlung verübt oder unmittelbar danach angetroffen wird. Bei Fluchtgefahr können sie ferner Personen anhalten, welche auf Grund eigener Wahrnehmung, ausgeschriebener Fahndungen oder glaubwürdiger Mit­tei­lung Dritter einer strafbaren Handlung verdächtig sind.
³ Die angehaltene Person muss auf Verlangen ihre Personalien angeben, Aus­weispapiere vorlegen, Sachen in ihrem Gewahrsam vorzeigen und zu diesem Zweck Fahrzeuge und Behältnisse öffnen.
⁴ Zivile und militärische Polizeiorgane können Angehörige der Armee zur Mitwir­kung bei der Anhaltung einer auf frischer Tat ertappten Person auffordern.
⁵⁹ Eingefügt durch Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ).
Art. 55 ⁶⁰ Vorläufige Festnahme
¹ Vorgesetzte aller Stufen sowie zivile und militärische Polizeiorgane können eine Person vorläufig festnehmen, wenn sich auf Grund der Ermittlungen und nach der Befragung ergibt, dass die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nach Artikel 56 vorliegen.
² Über jede Festnahme ist unverzüglich ein Protokoll aufzunehmen. Das Protokoll enthält mindestens die Personalien der festgenommenen Person und allfälliger Aus­kunfts­personen sowie Grund, Ort und Zeit der Festnahme.
³ Die festgenommene Person ist berechtigt, umgehend ihre Angehörigen zu benachrichtigen oder benachrichtigen zu lassen und einen Rechtsbeistand über die vorläufige Festnahme und deren Gründe zu orientieren.
⁴ Für die Entschädigung für unzulässige vorläufige Festnahme gilt Artikel 117 Absatz 3 sinngemäss.
⁶⁰ Fassung gemäss Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ).
Art. 55 a ⁶¹ Dauer der vorläufigen Festnahme
¹ Die vorläufige Festnahme darf vom Zeitpunkt der Anhaltung an gerechnet 24 Stunden nicht überschreiten.
² Ergibt sich während der Dauer der vorläufigen Festnahme, dass deren Voraus­setzungen nicht mehr erfüllt sind, so ist die betroffene Person zu entlassen. Andern­falls ist sie vor Ablauf dieser Frist vom zuständigen militärischen Unter­suchungs­richter persönlich einzuvernehmen. Dieser hat darüber zu befinden, ob die vor­läufige Festnahme aufgehoben oder die Person in Untersuchungshaft gesetzt werden soll.
⁶¹ Eingefügt durch Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ).
Art. 56 Untersuchungs- und Sicherheitshaft
Gegen den Beschuldigten, gegen den die Voruntersuchung angeordnet wurde, darf ein Haftbefehl nur erlassen werden, wenn er eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und Grund zur Annahme besteht:⁶²
a.⁶³
dass er sich der Strafverfolgung oder der zu erwartenden Sanktion durch Flucht entziehen würde;
b. dass er Spuren der Tat vernichten, Beweismittel beiseite schaffen oder verän­dern oder Zeugen, Mitbeschuldigte oder Auskunftspersonen zu falschen Aus­sa­gen verleiten oder sonst den Zweck der Untersuchung gefährden würde oder
c. dass er, in Freiheit belassen, seine strafbare Tätigkeit fortsetzen würde.
² Das Opfer wird über die Anordnung und die Aufhebung der Untersuchungs- oder der Sicherheitshaft sowie über eine Flucht des Beschuldigten orientiert, es sei denn, es habe ausdrücklich darauf verzichtet. Die Orientierung über die Aufhebung der Haft kann unterbleiben, wenn der Beschuldigte dadurch einer ernsthaften Gefahr aus­gesetzt würde.⁶⁴
⁶² Fassung gemäss Anhang Ziff. 7 des BG vom 20. März 2015 (Umsetzung von Art. 121 Abs. 3–6 BV über die Ausschaffung krimineller Ausländerinnen und Ausländer), in Kraft seit 1. Okt. 2016 ( AS 2016 2329 ; BBl 2013 5975 ).
⁶³ Fassung gemäss Anhang Ziff. 7 des BG vom 20. März 2015 (Umsetzung von Art. 121 Abs. 3–6 BV über die Ausschaffung krimineller Ausländerinnen und Ausländer), in Kraft seit 1. Okt. 2016 ( AS 2016 2329 ; BBl 2013 5975 ).
⁶⁴ Eingefügt durch Ziff. I 4 des BG vom 26. Sept. 2014 über das Informationsrecht des Opfers, in Kraft seit 1. Jan. 2016 ( AS 2015 1623 ; BBl 2014 889 913 ).
Art. 57 Haftbefehl
¹ Die Verhaftung des Beschuldigten erfolgt aufgrund eines schriftlichen Haftbe­fehls des Untersuchungsrichters oder nach Abschluss der Voruntersuchung des Prä­siden­ten des zuständigen Gerichts.
² Der Haftbefehl enthält:
a. die Personalien des Beschuldigten;
b. die ihm vorgeworfene strafbare Handlung;
c. den Grund der Verhaftung;
d. die Rechtsmittelbelehrung.
³ Der Haftbefehl ist dem Beschuldigen bei der Verhaftung bekannt zu geben unter Aushändigung eines Doppels gegen Empfangsbestätigung.
⁴ Der Verhaftete ist unverzüglich dem Richter zuzuführen.
Art. 58 Fahndung
¹ Kann der Haftbefehl nicht vollzogen werden, so wird die Fahndung angeordnet. Der Haftbefehl kann öffentlich bekannt gemacht werden. Dabei wird angegeben, wem der Verhaftete zuzuführen ist.
² Die Polizeiorgane haben bei der Fahndung mitzuwirken.
³ Bei schweren Straftaten kann die Bekanntgabe durch Presse, Radio oder Fernse­hen angeordnet werden.
Art. 59 Erste Einvernahme; Haftdauer
¹ Der Verhaftete ist spätestens am ersten Werktag, nach dem er dem Richter zuge­führt wurde, über den Gegenstand der Beschuldigung einzuvernehmen und auf sein Recht, jederzeit ein Haftentlassungsgesuch einzureichen, aufmerksam zu machen.
² Die Untersuchungshaft darf nicht länger als 14 Tage dauern. Der Präsident des Militärgerichts kann jedoch auf begründetes Gesuch des Unter­suchungsrichters hin eine oder mehrere Haftverlängerungen von jeweils höchstens einem Monat bewilli­gen. Hafterstreckungsverfügungen sind dem Verhafteten durch Zustellung eines Doppels zu eröffnen.
³ Sobald kein Verhaftungsgrund mehr besteht, ist der Verhaftete freizulassen.
Art. 60 Sicherheitshaft nach der Verurteilung
Wird gegen ein Urteil ein Rechtsmittel eingereicht, so entscheidet über die Anord­nung oder Fortdauer der Sicherheitshaft der Präsident des Gerichts, welches das Urteil gefällt hat. Sind die Akten an die Rechtsmittelinstanz weitergeleitet, so ent­schei­det deren Präsident.
Art. 61 Freiheitsbeschränkung
Der Verhaftete darf in seiner Freiheit nicht weiter beschränkt werden, als es der Zweck der Haft oder die Aufrechterhaltung der Ordnung im Gefängnis erfordert.

Neunter Abschnitt: Untersuchungsmassnahmen

Art. 62 Anordnung
Die Anordnung von Untersuchungsmassnahmen steht dem Untersuchungsrichter und, nach Abschluss der Voruntersuchung, dem Präsidenten des Militärgerichts oder des Militärappellationsgerichts zu. Mit der Durchführung kann die kantonale gerichtliche Polizei beauftragt werden.
Art. 63 Beschlagnahme
¹ Gegenstände und Vermögenswerte, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sind oder der Einziehung unterliegen, sind zu beschlagnahmen und zu verwahren oder in anderer Weise sicherzustellen.
² Gegenstände und Unterlagen aus dem Verkehr einer Person mit ihrem Anwalt dürfen nicht beschlagnahmt werden, sofern dieser nach dem Anwaltsgesetz vom 23. Juni 2000⁶⁵ zur Vertretung vor schweizerischen Gerichten berechtigt ist und im gleichen Sachzusammenhang nicht selber beschuldigt ist.⁶⁶
⁶⁵ SR 935.61
⁶⁶ Eingefügt durch Ziff. I 8 des BG vom 28. Sept. 2012 über die Anpassung von verfahrensrechtlichen Bestimmungen zum anwaltlichen Berufsgeheimnis, in Kraft seit 1. Mai 2013 ( AS 2013 847 ; BBl 2011 8181 ).
Art. 64 Herausgabe von beschlagnahmten Gegenständen und Vermögens­werten
Wer einen mit Beschlag belegten Gegenstand oder Vermögenswert in seinem Gewahrsam hat, ist verpflichtet, diesen auf Verlangen herauszugeben. Verweigert er die Herausgabe, so wird er dazu gezwungen.
Art. 65 ⁶⁷ Körperliche Untersuchung, Blutprobe, Abklärung des Geisteszustan­des
¹ Zur Abklärung einer Straftat können eine körperliche Untersuchung des Be­schul­digten oder Verdächtigen und die Entnahme einer Blutprobe durch einen Arzt ange­ordnet werden.
² Gegenüber einem Dritten können solche Massnahmen ohne seine Einwilligung nur aus wichtigen Gründen angeordnet werden.
³ Zur Abklärung seines Geisteszustandes kann der Beschuldigte in eine geeignete Anstalt eingewiesen werden. Der Aufenthalt in dieser Anstalt gilt als Unter­suchungshaft.
⁶⁷ Gemäss Ziff. IV 2 des BG vom 23. März 1979 über den Schutz der persönlichen Geheimsphäre ( AS 1979 1170 ; BBl 1976 I 529 II 1569 ) erhielten die ursprünglichen Art. 66–70 die Nummern 65–69.
Art. 66 Durchsuchung von Wohnungen und Personen
¹ Die Durchsuchung einer Wohnung, anderer Räume oder unmittelbar zu einem Haus gehörender umfriedeter Liegenschaften kann jederzeit angeordnet werden, wenn zu vermuten ist, dass sich der Beschuldigte oder Verdächtige darin verborgen hält oder dass sich Beweisgegenstände oder Spuren der strafbaren Handlung darin befinden.
² Der Beschuldigte oder Verdächtige darf ebenfalls durchsucht werden.
³ Zur Nachtzeit darf die Durchsuchung nur bei unmittelbarer Gefahr vorgenommen werden.
⁴ Der Inhaber der Räume oder Gegenstände wird zur Durchsuchung beigezogen. Ist er abwesend, so ist bei Angehörigen der Armee ein Dienstkamerad, bei Zivilpersonen ein erwachsener Angehöriger oder Hausgenosse beizuziehen.⁶⁸
⁵ Findet die Durchsuchung bei einer Zivilperson statt, so ist wenn möglich eine Amtsperson der Gemeinde oder des Kantons beizuziehen.
⁶⁸ Fassung des zweiten Satzes gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
Art. 67 Privat- oder Berufsgeheimnis
¹ Die Durchsuchung von Schriftstücken, Bild- und Tonträgern ist mit grösster Scho­nung des Privatgeheimnisses und unter Beachtung des Berufsgeheimnisses im Sinne von Artikel 75 Buchstabe b durchzuführen.
² Insbesondere sollen sie nur durchsucht werden, wenn anzunehmen ist, dass sich solche darunter befinden, die für die Untersuchung von Bedeutung sind.
³ Dem Inhaber von Schriftstücken, Bild- und Tonträgern ist wenn möglich Gele­gen­heit zu geben, sich vor der Durchsuchung über ihren Inhalt auszusprechen. Er­hebt er gegen die Durchsuchung Einspruch, so werden sie versiegelt und verwahrt. In die­sem Falle entscheidet über die Zulässigkeit der Durchsuchung bis zur Haupt­ver­handlung der Präsident des zuständigen Militärgerichts, im Hauptverfahren das Gericht. Der Entscheid ist endgültig.
Art. 68 ⁶⁹ Rückgabe oder Verwertung von beschlagnahmten Gegenständen und Vermögenswerten
¹ Beschlagnahmte Gegenstände und Vermögenswerte sind, sobald sie für das Strafverfahren nicht mehr benötigt werden und sofern sie nicht der Einziehung unterliegen, dem Berechtigten zurückzugeben.
² Die nach den Artikeln 51, 51a und 52 des MStG⁷⁰ eingezogenen Gegen­stände und Vermögenswerte, die aufzubewahren, zu verwerten oder unbrauch­bar zu machen sind, liefert der Richter nach rechtskräftiger Erledigung des Falles der zuständigen Stelle ab.
³ Die zuständige Stelle sorgt für die Verwertung, sofern innert der Frist von Artikel 42 Ziffer 1 des MStG keine Ansprüche Dritter geltend gemacht worden sind. Dem Verderben oder einer raschen Wertverminderung ausgesetzte Gegenstände und Vermögenswerte werden rechtzeitig verwertet. Der Erlös wird während der genannten Frist zur Verfügung der anspruchsberechtigten Dritten gehalten.
⁴ Sind anspruchsberechtigte Dritte nicht anders zu ermitteln, so kann die zuständige Stelle eine einmalige Ausschreibung im Bundesblatt veranlassen.
⁶⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 21. März 2003, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2006 3389 ; BBl 1999 1979 ).
⁷⁰ SR 321.0
Art. 69 Autopsie, Exhumierung
Aus zwingenden Gründen können die Autopsie, der Aufschub der Bestattung, die Ausgrabung des Leichnams oder die Öffnung der Aschenurne angeordnet werden.

Zehnter Abschnitt: ⁷¹ Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs

⁷¹ Eingefügt durch Ziff. IV 3 des BG vom 23. März 1979 über den Schutz der persönlichen Geheimsphäre ( AS 1979 1170 ; BBl 1976 I 529 II 1569 ). Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 12 der Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1881 ; BBl 2006 1085 ).
Art. 70 Voraussetzungen
¹ Der Untersuchungsrichter kann den Post- und den Fernmeldeverkehr überwachen lassen, wenn:
a. der dringende Verdacht besteht, eine in Absatz 2 genannte Straftat sei begangen worden;
b. die Schwere der Straftat die Überwachung rechtfertigt; und
c. die bisherigen Untersuchungshandlungen erfolglos geblieben sind oder die Ermittlungen sonst aussichtslos wären oder unverhältnismässig erschwert würden.
² Die Überwachung kann zur Verfolgung der in den folgenden Artikeln des MStG⁷² aufgeführten Straftaten angeordnet werden: Artikel 86, 86 a , 103 Ziffer 1, 106 Absätze 1 und 2, 108–114 a , 115, 116, 121, 130–132, 134 Absatz 3, 135 Absätze 1, 2 und 4, 137 a , 137 b , 141, 142, 151 a –151 d , 155, 156, 160 Absätze 1 und 2, 161 Ziffer 1, 162, 164–169, 169 a Ziffer 1, 170 Absatz 1, 171 b , 172 und 177.⁷³
³ Wird die Beurteilung einer der zivilen Gerichtsbarkeit unterstehenden Straftat der militärischen Gerichtsbarkeit übertragen, so kann die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs auch zur Verfolgung der in Artikel 269 Absatz 2 der Straf­prozessordnung vom 5. Oktober 2007⁷⁴ (StPO) aufgeführten Straftaten angeordnet werden.
⁷² SR 321.0
⁷³ Fassung gemäss Anhang 2 Ziff. 4 des BB vom 18. Dez. 2015 über die Genehmigung und die Umsetzung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen, in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 4687 ; BBl 2014 453 ).
⁷⁴ SR 312.0
Art. 70 bis ⁷⁵ Einsatz von besonderen technischen Geräten zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs
¹ Der Untersuchungsrichter kann den Einsatz besonderer technischer Geräte zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs anordnen, um Gespräche mitzuhören oder aufzunehmen oder eine Person oder Sache zu identifizieren oder deren Standort zu ermitteln, wenn:
a. die Voraussetzungen von Artikel 70 erfüllt sind;
b. die bisherigen Massnahmen zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach Artikel 70 erfolglos geblieben sind oder die Überwachung mit diesen Massnahmen aussichtlos wäre oder unverhältnismässig erschwert würde;
c. die für den Einsatz dieser Geräte aufgrund des Fernmelderechts nötigen Bewilligungen zum Zeitpunkt des Einsatzes vorliegen.
² Der Untersuchungsrichter führt eine Statistik über diese Überwachungen. Der Bun­desrat regelt die Einzelheiten.
⁷⁵ Eingefügt durch Anhang Ziff. II 2 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 ( AS 2018 117 ; BBl 2013 2683 ).
Art. 70 ter ⁷⁶ Einsatz von besonderen Informatikprogrammen zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs
¹ Der Untersuchungsrichter kann das Einschleusen von besonderen Informatik­pro­grammen in ein Datenverarbeitungssystem anordnen, um den Inhalt der Kommunikation und die Randdaten des Fernmeldeverkehrs in unverschlüsselter Form abzufangen und auszuleiten, wenn:
a. die Bedingungen von Artikel 70 Absätze 1 und 3 erfüllt sind;
b. es sich um die Verfolgung einer in Artikel 73 a Absatz 1 Buchstabe a genannten Straftat handelt oder, wenn die Beurteilung einer der zivilen Gerichtsbarkeit unterstehenden strafbaren Handlung der militärischen Gerichtsbarkeit übertragen worden ist, es sich um die Verfolgung einer in Artikel 286 Absatz 2 StPO⁷⁷ genannten Straftat handelt;
c. die bisherigen Massnahmen zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach Artikel 70 erfolglos geblieben sind oder die Überwachung mit diesen Massnahmen aussichtlos wäre oder unverhältnismässig erschwert würde.
² Der Untersuchungsrichter bezeichnet in der Überwachungsanordnung:
a. die gewünschten Datentypen; und
b. die nicht öffentlichen Räumlichkeiten, in die allenfalls eingedrungen werden muss, um besondere Informatikprogramme in das betreffende Datenverarbeitungs­system einzuschleusen.
³ Durch Absatz 1 nicht gedeckte Daten, die beim Einsatz solcher Informatikprogramme gesammelt werden, sind sofort zu vernichten. Durch solche Daten erlangte Erkenntnisse dürfen nicht verwertet werden.
⁴ Der Untersuchungsrichter führt eine Statistik über diese Überwachungen. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
⁷⁶ Eingefügt durch Anhang Ziff. II 2 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 ( AS 2018 117 ; BBl 2013 2683 ).
⁷⁷ SR 312.0
Art. 70 quater ⁷⁸ Anforderungen an die besonderen Informatikprogramme zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs
¹ Es dürfen nur besondere Informatikprogramme eingesetzt werden, welche die Überwachung lückenlos und unveränderbar protokollieren. Das Protokoll gehört zu den Verfahrensakten.
² Die Ausleitung aus dem überwachten Datenverarbeitungssystem bis zum zuständigen Untersuchungsrichter erfolgt gesichert.
³ Der Untersuchungsrichter stellt sicher, dass der Quellcode überprüft werden kann zwecks Prüfung, dass das Programm nur über gesetzlich zulässige Funktionen verfügt.
⁷⁸ Eingefügt durch Anhang Ziff. II 2 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 ( AS 2018 117 ; BBl 2013 2683 ).
Art. 70 a Gegenstand der Überwachung
Es dürfen Post- und Fernmeldeverkehr folgender Personen überwacht werden:⁷⁹
a. der beschuldigten Person;
b. von Drittpersonen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen angenommen werden muss, dass: 1.⁸⁰
die beschuldigte Person die Postadresse oder den Fernmeldedienst der Drittperson benutzt, oder
2. die Drittperson für die beschuldigte Person bestimmte Mitteilungen entgegennimmt oder von dieser stammende Mitteilungen an eine wei­tere Person weiterleitet.
⁷⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. II 2 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 ( AS 2018 117 ; BBl 2013 2683 ).
⁸⁰ Fassung gemäss Anhang Ziff. II 2 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 ( AS 2018 117 ; BBl 2013 2683 ).
Art. 70 b ⁸¹ Schutz von Berufsgeheimnissen
¹ Bei der Überwachung einer Person, die einer in Artikel 75 Buchstabe b genannten Berufsgruppe angehört, sind Informationen, die mit dem Gegenstand der Ermittlungen und dem Grund, aus dem diese Person überwacht wird, nicht in Zusammenhang stehen, unter der Leitung des Präsidenten des Militärgerichts auszusondern. Dabei dürfen dem Untersuchungsrichter keine Berufsgeheimnisse zur Kenntnis gelangen. Die ausgesonderten Daten sind sofort zu vernichten; sie dürfen im Strafverfahren nicht verwendet werden.
² Informationen nach Absatz 1 müssen nicht vorgängig ausgesondert werden, wenn:
a. der dringende Tatverdacht gegen die Trägerin oder den Träger des Berufsgeheimnisses selber besteht; und
b. besondere Gründe es erfordern.
³ Bei der Überwachung anderer Personen sind, sobald feststeht, dass diese mit einer in Artikel 75 Buchstabe b genannten Person Verbindung haben, Informationen zur Kommunikation mit dieser Person gemäss Absatz 1 auszusondern. Informationen, über welche eine in Artikel 75 Buchstabe b genannte Person das Zeugnis verweigern kann, sind aus den Verfahrensakten auszusondern und sofort zu vernichten; sie dürfen im Strafverfahren nicht verwendet werden.
⁸¹ Fassung gemäss Anhang Ziff. II 2 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 ( AS 2018 117 ; BBl 2013 2683 ).
Art. 70 c Genehmigungspflicht und Rahmenbewilligung
¹ Die Überwachung des Post- und des Fernmeldeverkehrs bedarf der Genehmigung durch den Präsidenten des Militärkassationsgerichts.
² Ergeben die Ermittlungen, dass die zu überwachende Person in rascher Folge den Fernmeldedienst wechselt, so kann der Präsident des Militärkassationsgerichts aus­nahmsweise die Überwachung aller identifizierten Dienste bewilligen, über welche die zu überwachende Person ihren Fernmeldeverkehr abwickelt, ohne dass jedes Mal eine Genehmigung im Einzelfall nötig ist (Rahmenbewilligung).⁸² Der Untersuchungsrichter unterbreitet dem Präsidenten des Militärkassationsgerichts monatlich und nach Abschluss der Überwachung einen Bericht zur Genehmigung.
³ Erfordert die Überwachung eines Dienstes im Rahmen einer Rahmenbewilligung Vorkehren zum Schutz von Berufsgeheimnissen und sind die Vorkehren in der Rahmenbewilligung nicht enthalten, so ist diese einzelne Überwachung dem Präsidenten des Militärkassationsgerichts zur Genehmigung zu unterbreiten.⁸³
⁸² Fassung gemäss Anhang Ziff. II 2 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 ( AS 2018 117 ; BBl 2013 2683 ).
⁸³ Fassung gemäss Anhang Ziff. II 2 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 ( AS 2018 117 ; BBl 2013 2683 ).
Art. 70 d ⁸⁴ Teilnehmeridentifikation, Standortermittlung und technische Merkmale des Verkehrs
¹ Besteht der dringende Verdacht, ein Verbrechen oder ein Vergehen sei begangen worden, und sind die Voraussetzungen nach Artikel 70 Absatz 1 Buchstaben b und c erfüllt, so kann der Untersuchungsrichter die Randdaten des Fernmeldeverkehrs gemäss Artikel 8 Buchstabe b des Bundesgesetzes vom 18. März 2016⁸⁵ betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) und die Randdaten des Postverkehrs gemäss Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b BÜPF der überwachten Person verlangen.
² Die Anordnung bedarf der Genehmigung durch den Präsidenten des Militärkassationsgerichts.
³ Auskünfte nach Absatz 1 können unabhängig von der Dauer der Überwachung und bis 6 Monate rückwirkend verlangt werden.
⁸⁴ Fassung gemäss Anhang Ziff. II 2 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 ( AS 2018 117 ; BBl 2013 2683 ).
⁸⁵ SR 780.1
Art. 70 e Genehmigungsverfahren
¹ Der Untersuchungsrichter reicht dem Präsidenten des Militärkassationsgerichts innert 24 Stunden seit der Anordnung der Überwachung oder der Auskunftserteilung folgende Unterlagen ein:
a. die Anordnung;
b. die Begründung und die für die Genehmigung wesentlichen Verfahrensakten.
² Der Präsident des Militärkassationsgerichts entscheidet mit kurzer Begründung innert fünf Tagen seit der Anordnung der Überwachung oder der Auskunftserteilung. Er kann die Genehmigung vorläufig oder mit Auflagen erteilen oder eine Ergänzung der Akten oder weitere Abklärungen verlangen.
³ Der Präsident des Militärkassationsgerichts eröffnet den Entscheid unverzüglich dem Untersuchungsrichter sowie dem Dienst für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs nach Artikel 3 BÜPF⁸⁶.⁸⁷
⁴ Die Genehmigung äussert sich ausdrücklich darüber:
a. welche Vorkehren zum Schutz von Berufsgeheimnissen getroffen werden müssen;
b. ob in nicht öffentliche Räumlichkeiten eingedrungen werden darf, um besondere Informatikprogramme zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs in das betreffende Datenverarbeitungssystem einzuschleusen.⁸⁸
⁸⁶ SR 780.1
⁸⁷ Fassung gemäss Anhang Ziff. II 2 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 ( AS 2018 117 ; BBl 2013 2683 ).
⁸⁸ Fassung gemäss Anhang Ziff. II 2 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 ( AS 2018 117 ; BBl 2013 2683 ).
Art. 70 f Beendigung der Überwachung
¹ Der Untersuchungsrichter beendet die Überwachung unverzüglich, wenn:
a. die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind; oder
b. die Genehmigung oder die Verlängerung verweigert wird.
² Der Untersuchungsrichter teilt dem Präsidenten des Militärkassationsgerichts im Fall von Absatz 1 Buchstabe a die Beendigung der Überwachung mit.
Art. 70 g Nicht benötigte Ergebnisse aus genehmigten Überwachungen
¹ Die aus genehmigten Überwachungen stammenden Aufzeichnungen, die für das Strafverfahren nicht notwendig sind, werden von den Verfahrensakten gesondert aufbewahrt und unmittelbar nach Abschluss des Verfahrens vernichtet.
² Postsendungen können so lange sichergestellt werden, als dies für das Strafverfahren notwendig ist; sie sind den Adressatinnen und Adressaten herauszugeben, sobald es der Stand des Verfahrens erlaubt.
Art. 70 h Verwertbarkeit von Ergebnissen aus nicht genehmigten Überwachungen
¹ Dokumente und Datenträger aus nicht genehmigten Überwachungen sind sofort zu vernichten. Postsendungen sind sofort den Adressatinnen und Adressaten zuzustellen.
² Durch die Überwachung gewonnene Erkenntnisse dürfen weder für die Ermittlung noch zu Beweiszwecken verwendet werden.
Art. 70 i Zufallsfunde
¹ Werden durch die Überwachung andere Straftaten als die in der Überwachungsanordnung aufgeführten bekannt, so können die Erkenntnisse gegen die beschuldigte Person verwendet werden, wenn zur Verfolgung dieser strafbaren Handlungen eine Überwachung hätte angeordnet werden dürfen.
² Erkenntnisse über Straftaten einer Person, die in der Anordnung keiner Straftat beschuldigt wird, können verwendet werden, wenn die Voraussetzungen für eine Überwachung dieser Person erfüllt sind.
³ In den Fällen der Absätze 1 und 2 ordnet der Untersuchungsrichter unverzüglich die Überwachung an und leitet das Genehmigungsverfahren ein.
⁴ Aufzeichnungen, die nicht als Zufallsfunde verwendet werden dürfen, sind von den Verfahrensakten gesondert aufzubewahren und nach Abschluss des Verfahrens zu vernichten.
⁵ Für die Fahndung nach gesuchten Personen dürfen sämtliche Erkenntnisse einer Überwachung verwendet werden.
Art. 70 j Mitteilung
¹ Der Untersuchungsrichter teilt der überwachten beschuldigten Person und den nach Artikel 70 a Buchstabe b überwachten Drittpersonen spätestens mit Abschluss der Voruntersuchung Grund, Art und Dauer der Überwachung mit.
² Die Mitteilung kann mit Zustimmung des Präsidenten des Militärkassationsgerichts aufgeschoben oder unterlassen werden, wenn:
a. die Erkenntnisse nicht zu Beweiszwecken verwendet werden; und
b. der Aufschub oder das Unterlassen zum Schutze überwiegender öffentlicher oder privater Interessen notwendig ist.
Art. 70 k ⁸⁹ Beschwerde
Personen, deren Post- oder Fernmeldeverkehr überwacht wurde oder die die überwachte Postadresse oder den überwachten Fernmeldedienst mitbenutzt haben, können innert zehn Tagen nach der Mitteilung beim Militärkassationsgericht Beschwerde wegen fehlender Rechtsmässigkeit oder Unverhältnismässigkeit führen.
⁸⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. II 2 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 ( AS 2018 117 ; BBl 2013 2683 ).

Zehnter a Abschnitt: ⁹⁰ Überwachung mit technischen Überwachungsgeräten

⁹⁰ Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 12 der Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1881 ; BBl 2006 1085 ).
Art. 71 ⁹¹ Überwachung mit technischen Überwachungsgeräten
¹ Der Untersuchungsrichter kann zur Verfolgung der in Artikel 70 Absatz 2 aufgeführten Straftaten technische Überwachungsgeräte einsetzen.
² Wird die Beurteilung einer der zivilen Gerichtsbarkeit unterstehenden strafbaren Handlung der militärischen Gerichtsbarkeit übertragen, so kann die Überwachung mit technischen Überwachungsgeräten auch zur Verfolgung der in Artikel 269 Absatz 2 StPO⁹² aufgeführten Straftaten angeordnet werden.
³ Der Einsatz bedarf der Genehmigung durch den Präsidenten des Militärkassationsgerichts.
⁹¹ Eingefügt durch Ziff. IV 3 des BG vom 23. März 1979 über den Schutz der persönlichen Geheimsphäre ( AS 1979 1170 ; BBl 1976 I 529 II 1569 ). Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 12 der Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1881 ; BBl 2006 1085 ).
⁹² SR 312.0
Art. 71 a ⁹³ Zweck des Einsatzes
Der Untersuchungsrichter kann technische Überwachungsgeräte einsetzen, um:
a. das nicht öffentlich gesprochene Wort abzuhören oder aufzuzeichnen;
b. Vorgänge an nicht öffentlichen oder nicht allgemein zugänglichen Orten zu beobachten oder aufzuzeichnen;
c. den Standort von Personen oder Sachen festzustellen.
⁹³ Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 12 der Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1881 ; BBl 2006 1085 ).
Art. 71 b ⁹⁴ Voraussetzung und Durchführung
¹ Der Einsatz darf nur gegenüber der beschuldigten Person angeordnet werden. Räumlichkeiten oder Fahrzeuge von Drittpersonen dürfen nur überwacht werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen angenommen werden muss, dass sich die beschuldigte Person in den Räumlichkeiten aufhält oder das Fahrzeug einer Drittperson benutzt.
² Der Einsatz darf nicht angeordnet werden, um:
a. zu Beweiszwecken Vorgänge zu erfassen, an denen eine beschuldigte Person beteiligt ist, die sich im Freiheitsentzug befindet;
b. Räumlichkeiten oder Fahrzeuge einer Drittperson zu überwachen, die einer der in Artikel 75 Buchstabe b genannten Berufsgruppe angehört.
³ Im Übrigen richtet sich der Einsatz technischer Überwachungsgeräte nach den Artikeln 70–70 j .
⁹⁴ Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 12 der Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1881 ; BBl 2006 1085 ).
Art. 71 c ⁹⁵ Beschwerde
Beschuldigte Personen und Personen, deren Räumlichkeiten oder Fahrzeuge überwacht wurden, können innert zehn Tagen nach der Mitteilung beim Militärkassa­tionsgericht Beschwerde wegen fehlender Rechtmässigkeit oder Unverhältnismässigkeit führen.
⁹⁵ Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 12 der Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1881 ; BBl 2006 1085 ).
Art. 72 ⁹⁶
⁹⁶ Eingefügt durch Ziff. IV 3 des BG vom 23. März 1979 über den Schutz der persönlichen Geheimsphäre ( AS 1979 1170 ; BBl 1976 I 529 II 1569 ). Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 des BG vom 6. Okt. 2000 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, mit Wirkung seit 1. Jan. 2002 ( AS 2001 3096 ; BBl 1998 4241 ).
Art. 72 a ⁹⁷
⁹⁷ Eingefügt durch Anhang Ziff. 16 des BG vom 4. Okt. 1991 ( AS 1992 288 ; BBl 1991 II 465 ). Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 des BG vom 6. Okt. 2000 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, mit Wirkung seit 1. Jan. 2002 ( AS 2001 3096 ; BBl 1998 4241 ).

Zehnter b Abschnitt: ⁹⁸ Verdeckte Ermittlung

⁹⁸ Ursprünglich vor Art. 73 a . Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 12 der Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1881 ; BBl 2006 1085 ).
Art. 73 ⁹⁹ Begriff
Verdeckte Ermittlung liegt vor, wenn Angehörige der Polizei oder Personen, die vorübergehend für polizeiliche Aufgaben angestellt sind, unter Verwendung einer durch Urkunden abgesicherten falschen Identität (Legende) durch täuschendes Verhalten zu Personen Kontakte knüpfen mit dem Ziel, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und in ein kriminelles Umfeld einzudringen, um besonders schwere Straftaten aufzuklären.
⁹⁹ Eingefügt durch Ziff. IV 3 des BG vom 23. März 1979 über den Schutz der persönlichen Geheimsphäre ( AS 1979 1170 ; BBl 1976 I 529 II 1569 ). Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 14. Dez. 2012 über die verdeckte Ermittlung und Fahndung, in Kraft seit 1. Mai 2013 ( AS 2013 1051 ; BBl 2012 5591 5609 ).
Art. 73 a Voraussetzungen
¹ Der Untersuchungsrichter kann eine verdeckte Ermittlung anordnen, wenn:
a. der Verdacht besteht, eine in Artikel 70 Absatz 2 genannte Straftat sei begangen worden;
b. die Schwere der Straftat die verdeckte Ermittlung rechtfertigt; und
c. die bisherigen Untersuchungshandlungen erfolglos geblieben sind oder die Ermittlungen sonst aussichtslos wären oder unverhältnismässig erschwert würden.
² Wird die Beurteilung einer der zivilen Gerichtsbarkeit unterstehenden strafbaren Handlung der militärischen Gerichtsbarkeit übertragen, so kann die Überwachung mit technischen Überwachungsgeräten auch zur Verfolgung der in Artikel 286 Absatz 2 StPO¹⁰⁰ aufgeführten Straftaten angeordnet werden.
¹⁰⁰ SR 312.0
Art. 73 b Anforderungen an die eingesetzten Personen
¹ Als verdeckte Ermittlerinnen oder Ermittler können eingesetzt werden:
a. Angehörige eines schweizerischen oder ausländischen Polizeikorps;
b. Personen, die vorübergehend für polizeiliche Aufgaben angestellt werden, auch wenn sie nicht über eine polizeiliche Ausbildung verfügen.
² Als Führungspersonen dürfen nur Angehörige eines Polizeikorps eingesetzt werden.
³ Werden Angehörige eines Polizeikorps des Auslandes eingesetzt, so werden sie in der Regel von ihrer bisherigen Führungsperson geführt.
Art. 73 c Legende und Zusicherung der Anonymität
¹ Die Polizei stattet verdeckte Ermittlerinnen oder Ermittler mit einer Legende aus.¹⁰¹
² Der Untersuchungsrichter kann verdeckten Ermittlerinnen oder Ermittlern zusichern, dass ihre wahre Identität auch dann nicht preisgegeben wird, wenn sie in einem Gerichtsverfahren als Auskunftspersonen oder Zeuginnen oder Zeugen auftreten.¹⁰²
³ Begehen verdeckte Ermittlerinnen oder Ermittler während ihres Einsatzes eine Straftat, so entscheidet der Präsident des Militärkassationsgerichts, unter welcher Identität das Strafverfahren geführt wird.
¹⁰¹ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 14. Dez. 2012 über die verdeckte Ermittlung und Fahndung, in Kraft seit 1. Mai 2013 ( AS 2013 1051 ; BBl 2012 5591 5609 ).
¹⁰² Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 14. Dez. 2012 über die verdeckte Ermittlung und Fahndung, in Kraft seit 1. Mai 2013 ( AS 2013 1051 ; BBl 2012 5591 5609 ).
Art. 73 d Genehmigungsverfahren
¹ Der Einsatz einer verdeckten Ermittlerin oder eines verdeckten Ermittlers bedarf der Genehmigung durch den Präsidenten des Militärkassationsgerichts.
² Der Untersuchungsrichter reicht dem Präsidenten des Militärkassationsgerichts innert 24 Stunden seit der Anordnung der verdeckten Ermittlung folgende Unterlagen ein:
a. die Anordnung;
b. die Begründung und die für die Genehmigung wesentlichen Verfahrens­akten.
³ Der Präsident des Militärkassationsgerichts entscheidet mit kurzer Begründung innert fünf Tagen seit der Anordnung der verdeckten Ermittlung. Er kann die Genehmigung vorläufig oder mit Auflagen erteilen oder eine Ergänzung der Akten oder weitere Abklärungen verlangen.
⁴ Die Genehmigung äussert sich ausdrücklich darüber, ob es erlaubt ist:
a. Urkunden zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung einer Legende herzustellen oder zu verändern;
b. die Anonymität zuzusichern;
c. Personen einzusetzen, die über keine polizeiliche Ausbildung verfügen.
⁵ Die Genehmigung wird für höchstens zwölf Monate erteilt. Sie kann ein- oder mehrmals um jeweils sechs Monate verlängert werden. Ist eine Verlängerung notwendig, so stellt der Untersuchungsrichter vor Ablauf der bewilligten Dauer einen begründeten Verlängerungsantrag.
⁶ Wird die Genehmigung nicht erteilt oder wurde keine Genehmigung eingeholt, so beendet der Untersuchungsrichter den Einsatz unverzüglich. Sämtliche Aufzeichnungen sind sofort zu vernichten. Durch die verdeckte Ermittlung gewonnene Erkenntnisse dürfen weder für die Ermittlung noch zu Beweiszwecken verwendet werden.
Art. 73 e Instruktion vor dem Einsatz
Der Untersuchungsrichter instruiert die Führungsperson sowie die verdeckte Ermittlerin oder den verdeckten Ermittler vor Beginn des Einsatzes.
Art. 73 f Führungsperson
¹ Die verdeckte Ermittlerin oder der verdeckte Ermittler unterstehen während des Einsatzes der direkten Weisungsbefugnis der Führungsperson. Während des Einsatzes erfolgt der Kontakt zwischen dem Untersuchungsrichter und der verdeckten Ermittlerin oder dem verdeckten Ermittler ausschliesslich über die Führungsperson.
² Die Führungsperson hat insbesondere folgende Aufgaben:
a. Sie instruiert die verdeckte Ermittlerin oder den verdeckten Ermittler detailliert und fortlaufend über Auftrag und Befugnisse sowie über den Umgang mit der Legende.
b. Sie leitet und betreut die verdeckte Ermittlerin oder den verdeckten Ermittler und beurteilt laufend die Risikosituation.
c. Sie hält mündliche Berichte der verdeckten Ermittlerin oder des verdeckten Ermittlers schriftlich fest und führt ein vollständiges Dossier über den Einsatz.
d. Sie informiert den Untersuchungsrichter laufend und vollständig über den Einsatz.
Art. 73 g Pflichten der verdeckten Ermittlerinnen und Ermittler
¹ Verdeckte Ermittlerinnen und Ermittler führen ihren Einsatz im Rahmen der Instruktionen pflichtgemäss durch.
² Sie berichten der Führungsperson laufend und vollständig über ihre Tätigkeit und ihre Feststellungen.
Art. 73 h Mass der zulässigen Einwirkung
¹ Verdeckte Ermittlerinnen und Ermittler dürfen keine allgemeine Tatbereitschaft wecken und die Tatbereitschaft nicht auf schwerere Straftaten lenken. Sie haben sich auf die Konkretisierung eines vorhandenen Tatentschlusses zu beschränken.
² Ihre Tätigkeit darf für den Entschluss zu einer konkreten Straftat nur von untergeordneter Bedeutung sein.
³ Wenn erforderlich, dürfen sie zur Anbahnung des Hauptgeschäftes Probekäufe tätigen oder ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dokumentieren.
⁴ Überschreitet eine verdeckte Ermittlerin oder ein verdeckter Ermittler das Mass der zulässigen Einwirkung, so ist dies bei der Zumessung der Strafe für die beeinflusste Person gebührend zu berücksichtigen oder es ist von einer Strafe abzusehen.
Art. 73 i Einsatz bei der Verfolgung von Delikten gegen das Betäubungsmittelgesetz
Verdeckte Ermittlerinnen und Ermittler sind nicht nach den Artikeln 19 sowie 20–22 des Betäubungsmittelgesetzes vom 3. Oktober 1951¹⁰³ strafbar, soweit sie im Rahmen einer genehmigten verdeckten Ermittlung handeln.
¹⁰³ SR 812.121
Art. 73 j Vorzeigegeld
¹ Auf Antrag des Untersuchungsrichters kann der Bund über die Nationalbank die für Scheingeschäfte und die Dokumentation der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit benötigten Geldbeträge in der erforderlichen Menge und Art zur Verfügung stellen.
² Der Antrag ist mit einer kurzen Sachverhaltsdarstellung an das Bundesamt für Polizei zu richten.
³ Der Untersuchungsrichter trifft die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze des zur Verfügung gestellten Geldes.
Art. 73 k Zufallsfunde
¹ Ergebnisse aus einer verdeckten Ermittlung, die auf eine andere Straftat als die in der Anordnung genannte hindeuten, dürfen verwertet werden, wenn zur Aufklärung der neu entdeckten Straftat eine verdeckte Ermittlung hätte angeordnet werden dürfen.
² Der Untersuchungsrichter ordnet unverzüglich die verdeckte Ermittlung an und leitet das Genehmigungsverfahren ein.
Art. 73 l Beendigung des Einsatzes
¹ Der Untersuchungsrichter beendet den Einsatz unverzüglich, wenn:
a. die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind;
b. die Genehmigung oder die Verlängerung verweigert wird; oder
c. die verdeckte Ermittlerin oder der verdeckte Ermittler oder die Führungs­person Instruktionen nicht befolgt oder in anderer Weise ihre Pflichten nicht erfüllt, namentlich den Untersuchungsrichter wissentlich falsch informiert.
² Der Untersuchungsrichter teilt dem Präsidenten des Militärkassationsgerichts in den Fällen nach Absatz 1 Buchstaben a und c die Beendigung des Einsatzes mit.
³ Bei der Beendigung ist darauf zu achten, dass weder die verdeckte Ermittlerin oder der verdeckte Ermittler noch in die Ermittlung einbezogene Dritte einer abwendbaren Gefahr ausgesetzt werden.
Art. 73 m Mitteilung
¹ Der Untersuchungsrichter teilt der beschuldigten Person spätestens mit Abschluss der Voruntersuchung mit, dass gegen sie verdeckt ermittelt worden ist.
² Die Mitteilung kann mit Zustimmung des Präsidenten des Militärkassationsgerichts aufgeschoben oder unterlassen werden, wenn:
a. die Erkenntnisse nicht zu Beweiszwecken verwendet werden; und
b. der Aufschub oder die Unterlassung zum Schutze überwiegender öffent­licher oder privater Interessen notwendig ist.
Art. 73 n Beschwerde
Personen, gegen die verdeckt ermittelt wurde, können innert zehn Tagen nach der Mitteilung beim Militärkassationsgericht Beschwerde wegen fehlender Rechtmässigkeit oder Unverhältnismässigkeit führen.

Zehnter c Abschnitt: ¹⁰⁴ Verdeckte Fahndung

¹⁰⁴ Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 14. Dez. 2012 über die verdeckte Ermittlung und Fahndung, in Kraft seit 1. Mai 2013 ( AS 2013 1051 ; BBl 2012 5591 5609 ).
Art. 73 o Begriff
¹ Verdeckte Fahndung liegt vor, wenn Angehörige der Polizei im Rahmen kurzer Einsätze in einer Art und Weise, dass ihre wahre Identität und Funktion nicht erkennbar ist, Verbrechen und Vergehen aufzuklären versuchen und dabei insbesondere Scheingeschäfte abschliessen oder den Willen zum Abschluss vortäuschen.
² Verdeckte Fahnderinnen und Fahnder werden nicht mit einer Legende im Sinne von Artikel 73 ausgestattet. Ihre wahre Identität und Funktion wird in den Verfahrensakten und bei Einvernahmen offengelegt.
Art. 73 p Voraussetzungen
¹ Der Untersuchungsrichter und, im Ermittlungsverfahren, die Polizei können eine verdeckte Fahndung anordnen, wenn:
a. der Verdacht besteht, ein Verbrechen oder Vergehen sei begangen worden; und
b. die bisherigen Ermittlungs- oder Untersuchungshandlungen erfolglos geblie­ben sind oder die Ermittlungen sonst aussichtslos wären oder unverhältnismässig erschwert würden.
² Hat eine von der Polizei angeordnete verdeckte Fahndung einen Monat gedauert, so bedarf ihre Fortsetzung der Genehmigung durch den Untersuchungsrichter.
Art. 73 q Anforderungen an die eingesetzten Personen und Durchführung
¹ Für die Anforderungen an die eingesetzten Personen gilt Artikel 73 b sinngemäss. Der Einsatz von Personen nach Artikel 73 b Absatz 1 Buchstabe b ist ausgeschlossen.
² Für Stellung, Aufgaben und Pflichten der verdeckten Fahnderinnen und Fahnder sowie der Führungspersonen gelten die Artikel 73 f –73 i sinngemäss.
Art. 73 r Beendigung und Mitteilung
¹ Die anordnende Polizei oder der Untersuchungsrichter beendet die verdeckte Fahndung unverzüglich, wenn:
a. die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind;
b. im Falle einer Anordnung durch die Polizei die Genehmigung der Fortsetzung durch den Untersuchungsrichter verweigert wird; oder
c. die verdeckte Fahnderin oder der verdeckte Fahnder oder die Führungsperson Instruktionen nicht befolgt oder in anderer Weise ihre Pflichten nicht erfüllt, namentlich den Untersuchungsrichter wissentlich falsch informiert oder die Zielperson in unzulässiger Weise zu beeinflussen versucht.
² Die Polizei teilt dem Untersuchungsrichter die Beendigung der verdeckten Fahndung mit.
³ Bei der Beendigung ist darauf zu achten, dass die verdeckte Fahnderin oder der verdeckte Fahnder keiner abwendbaren Gefahr ausgesetzt wird.
⁴ Für die Mitteilung der verdeckten Fahndung und die Beschwerde gelten die Artikel 73 m Absatz 1 und 73 n sinngemäss.

Elfter Abschnitt ¹⁰⁵ : Zeugen und Auskunftspersonen ¹⁰⁶

¹⁰⁵ Gemäss Ziff. IV 4–5 des BG vom 23. März 1979 über den Schutz der persönlichen Geheimsphäre ( AS 1979 1170 ; BBl 1976 I 529 II 1569 ) erhielten die ursprünglichen Abschnitte 10–14 die Nummern 11-15 und die ursprünglichen Art. 71–218 die Nummern 74–221.
¹⁰⁶ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 12 der Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1881 ; BBl 2006 1085 ).
Art. 74 ¹⁰⁷ Zeugnispflicht
Jedermann ist verpflichtet, als Zeuge vor dem Richter zu erscheinen und unter Vor­behalt der nachfolgenden Bestimmungen Zeugnis abzulegen.
¹⁰⁷ Gemäss Ziff. IV 4–5 des BG vom 23. März 1979 über den Schutz der persönlichen Ge­heim­sphäre ( AS 1979 1170 ; BBl 1976 I 529 II 1569 ) erhielten die ursprünglichen Abschnit­te 10–14 die Nrn. 11-15 und die ursprünglichen Art. 71–218 die Nrn. 74–221.
Art. 75 Zeugnisverweigerung
Das Zeugnis können verweigern:
a.¹⁰⁸
Ehegatten, auch wenn die Ehe geschieden ist, eingetragene Partnerinnen oder Partner, auch wenn die eingetragene Partnerschaft aufgelöst ist, sowie Personen, mit denen der Beschuldigte oder Verdächtige eine faktische Lebens­gemeinschaft führt;
abis.¹⁰⁹ Verwandte und Verschwägerte in gerader Linie von Beschuldigten oder Verdächtigen, deren Geschwister, Schwäger und Schwägerinnen, Pflege- und Stiefkinder, Pflege- und Stiefeltern sowie Stiefgeschwister;
b.¹¹⁰
Geistliche, Anwälte, Verteidiger, Notare, Patentanwälte, Ärzte, Zahnärzte, Chiropraktoren, Apotheker, Psychologen sowie deren berufliche Hilfsper­­sonen über Geheimnisse, die ihnen aufgrund ihres Berufs anvertraut worden sind oder die sie bei ihrer Berufstätigkeit wahrgenommen haben; soweit sie vom Berechtigten von der Geheimhaltung entbunden werden, haben sie aus­zusagen, wenn nicht das Interesse an der Geheimhaltung überwiegt;
c.¹¹¹
Personen, die nach glaubwürdiger Angabe sich selbst oder einen unter Buchstabe a oder abis genannten Angehörigen der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung oder eines schweren Nachteils, insbesondere für Ehre und Vermögen, aussetzen würden; Personen, denen nach den Artikeln 98 b –98 d die Wahrung ihrer Anonymität zugesichert worden ist, können ihre Aussage nicht unter Hinweis auf die Gefahr, identifiziert zu werden, verweigern.
¹⁰⁸ Fassung gemäss Anhang Ziff. 23 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
¹⁰⁹ Eingefügt durch Anhang Ziff. 23 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
¹¹⁰ Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 des Gesundheitsberufegesetzes vom 30. Sept. 2016, in Kraft seit 1. Febr. 2020 ( AS 2020 57 ; BBl 2015 8715 ).
¹¹¹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 23 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
Art. 76 Hinweis auf Zeugnisverweigerungsrecht
¹ Ist ein Zeuge zur Zeugnisverweigerung berechtigt, so ist er darauf aufmerksam zu machen. Dies ist im Protokoll zu vermerken.
² Erklärt sich ein Zeuge trotzdem zur Aussage bereit, so kann er diese Erklärung noch während der Einvernahme widerrufen. Die bereits gemachten Aussagen blei­ben bestehen.
Art. 77 Dienst- und Amtsgeheimnis
¹ Soll ein Zeuge über Tatsachen aussagen, die unter das Dienstgeheimnis (Art. 77 MStG¹¹²) fallen, so hat der Richter vorerst bei der zuständigen Dienststelle die Befreiung von dieser Pflicht zu erwirken.
² Ein Beamter darf nur mit Zustimmung seiner vorgesetzten Behörde über ein Amts­geheimnis (Art. 320 StGB¹¹³) als Zeuge einvernommen oder zur Herausgabe von Amtsakten angehalten werden. Im Übrigen gelten das eidgenössische und das kanto­nale Verwaltungsrecht.
¹¹² SR 321.0
¹¹³ SR 311.0
Art. 78 Vorladung
Zeugen werden in der Regel schriftlich zur Einvernahme vorgeladen. Die Vorla­dung wird durch die Post, durch einen Angehörigen der Armee oder durch Vermittlung ziviler Behör­den zugestellt. Die Zeugen sind auf die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens auf­merksam zu machen.
Art. 79 Einvernahme
¹ Jeder Zeuge ist in Abwesenheit der andern Zeugen einzuvernehmen. Er kann andern Zeugen, dem Beschuldigten oder Verdächtigen gegenübergestellt werden.
² Die Zeugen sind zur Wahrheit zu ermahnen und auf die Straffolgen eines falschen Zeugnisses aufmerksam zu machen. Dies wird im Protokoll vermerkt.
Art. 80 ¹¹⁴ Persönliche Verhältnisse
Die persönlichen Verhältnisse des Zeugen, insbesondere seine Beziehungen zum Beschuldigten, Verdächtigen oder Geschädigten, sind so weit festzustellen, als sie für seine Glaubwürdigkeit von Bedeutung sein können.
¹¹⁴ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 81 Ausbleiben von Zeugen
¹ Ein Zeuge, der unentschuldigt ausbleibt, sich ohne Erlaubnis entfernt oder sich in die Unmöglichkeit versetzt, auszusagen, wird mit Ordnungsbusse bis zu 300 Fran­ken bestraft. Er hat auch die Kosten zu bezahlen, die er durch seinen Ungehorsam verur­sacht hat.
² Er kann überdies vorgeführt werden. Der Vorführungsbefehl ist in der Regel schriftlich zu erteilen.
³ Bei nachträglicher genügender Entschuldigung werden Strafverfügung und Kostenauflage aufgehoben.
Art. 82 Widerrechtliche Zeugnisverweigerung
¹ Verweigert ein Zeuge ohne gesetzlichen Grund die Aussage oder entzieht er sich der Zeugnispflicht, so kann er mit Ordnungsbusse bis zu 500 Franken bestraft werden. Bei andauernder Weigerung ist ihm unter Hinweis auf Artikel 292 StGB¹¹⁵ die Bestrafung wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung mit Busse anzudrohen.¹¹⁶
² Bleibt der Zeuge trotz Androhung bei seiner Weigerung, so wird er bei der zivilen Strafbehörde verzeigt.
³ Der Zeuge trägt die durch seine Weigerung verursachten Kosten.
⁴ Entschädigungsbegehren Dritter bleiben vorbehalten.
¹¹⁵ SR 311.0
¹¹⁶ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
Art. 83 Entschädigung
Die Zeugen haben Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis und Reiseko­sten nach den Vorschriften des Bundesrates.
Art. 84 Auskunftsperson
¹ Als Auskunftspersonen und nicht als Zeugen werden befragt:
a. Personen, die als Täter oder Teilnehmer in Frage kommen können;
b. Personen, die den Sinn der Zeugeneinvernahme nicht zu erfassen vermögen.
² Auskunftspersonen sind verpflichtet, Vorladungen zur Befragung Folge zu leisten. Bei unentschuldigtem Ausbleiben können sie vorgeführt werden. Für Vorladung und Vorführungsbefehl gilt Artikel 51.
³ Auskunftspersonen sind nicht zur Aussage verpflichtet.
⁴ Die Bestimmungen über die Einvernahme des Beschuldigten gelten sinngemäss auch für die Auskunftsperson.
⁵ Auskunftspersonen können für Zeitversäumnis und Reisekosten nach den Vor­schriften des Bundesrates entschädigt werden.

Elfter a Abschnitt: Geschädigter ¹¹⁷

¹¹⁷ Ursprünglich Abschnitt 11bis. Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des Opferhilfegesetzes vom 23. März 2007 ( AS 2008 1607 ; BBl 2005 7165 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 84 a ¹¹⁸
¹ Als Geschädigter gilt die Person, die durch die Straftat in ihren Rechten unmittelbar verletzt worden ist.
² Die zur Stellung eines Strafantrags berechtigte Person gilt in jedem Fall als Geschädigter.
¹¹⁸ Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).

Elfter b Abschnitt: Opfer und ihre Angehörigen ¹¹⁹

¹¹⁹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 84 a bis ¹²⁰ Begriffe
¹ Als Opfer gilt der Geschädigte, der durch die Straftat in seiner körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist.
² Als Angehörige des Opfers gelten seine Ehegattin oder sein Ehegatte, seine Kinder und seine Eltern sowie die Personen, die ihm in ähnlicher Weise nahestehen.
¹²⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 84 a ter ¹²¹ Grundsätze
¹ Die Hilfe an Opfer von Straftaten richtet sich nach dem Opferhilfegesetz vom 23. März 2007¹²² (OHG), soweit nicht die besonderen Verfahrensbestimmungen des vorliegenden Gesetzes zur Anwendung kommen.
² Machen die Angehörigen des Opfers Zivilansprüche geltend, so stehen ihnen die gleichen Rechte zu wie dem Opfer.
¹²¹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
¹²² SR 312.5
Art. 84 b ¹²³ Information des Opfers und Meldung
¹ Die Behörde informiert das Opfer bei der ersten Gelegenheit umfassend über seine Rechte und Pflichten im Strafverfahren.
² Sie informiert bei gleicher Gelegenheit zudem über:
a. die Adressen und die Aufgaben der Opferberatungsstellen;
b. die Möglichkeit, verschiedene Opferhilfeleistungen zu beanspruchen;
c. die Frist für die Einreichung von Gesuchen um Entschädigung und Genugtuung;
d. das Recht nach Artikel 92 a StGB¹²⁴, zu verlangen, über Entscheide und Tatsachen zum Straf- und Massnahmenvollzug der verurteilten Person informiert zu werden.
³ Sie meldet Name und Adresse des Opfers einer Beratungsstelle, sofern dieses damit einverstanden ist.
⁴ Eine in der Schweiz wohnhafte Person, die im Ausland Opfer einer Straftat geworden ist, kann sich an eine schweizerische Vertretung oder an die mit dem schweizerischen konsularischen Schutz betraute Stelle wenden. Diese Stellen informieren das Opfer und melden Name und Adresse des Opfers einer Beratungsstelle, sofern es damit einverstanden ist.
¹²³ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
¹²⁴ SR 311.0
Art. 84 c ¹²⁵ Persönlichkeitsschutz des Opfers
¹ Die Behörden wahren die Persönlichkeitsrechte des Opfers in allen Abschnitten des Strafverfahrens.
² Behörden und Private dürfen ausserhalb eines öffentlichen Gerichtsverfahrens die Identität des Opfers nur bekannt geben, wenn dies im Interesse der Strafverfolgung notwendig ist oder das Opfer zustimmt.
³ Die Behörden vermeiden eine Begegnung des Opfers mit der beschuldigten Person, wenn das Opfer dies verlangt. In diesem Fall tragen sie dem Anspruch der beschuldigten Person auf rechtliches Gehör in anderer Weise Rechnung. Eine Gegenüberstellung kann angeordnet werden, wenn der Anspruch der beschuldigten Person auf rechtliches Gehör nicht auf andere Weise gewährleistet werden kann oder wenn ein überwiegendes Interesse der Strafverfolgung sie zwingend erfordert.
¹²⁵ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 12 der Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1881 ; BBl 2006 1085 ).
Art. 84 d ¹²⁶ Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Integrität
Das Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Integrität kann verlangen, dass:
a. es in allen Verfahrensstadien von Angehörigen seines Geschlechts einvernom­men wird;
b. dem urteilenden Gericht wenigstens eine Person seines Geschlechts ange­hört;
c. eine allfällige Übersetzung der Befragung durch eine Person des gleichen Geschlechts erfolgt, wenn dies ohne ungebührliche Verzögerung des Verfah­rens möglich ist;
d. eine Gegenüberstellung gegen seinen Willen nur angeordnet wird, wenn der Anspruch der beschuldigten Person auf rechtliches Gehör nicht auf andere Weise gewährleistet werden kann.
¹²⁶ Fassung gemäss Anhang Ziff. II 10 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 3267 ; BBl 2008 8125 ).
Art. 84 e ¹²⁷ Beistand und Aussageverweigerung
¹ Wird das Opfer als Zeuge oder Auskunftsperson befragt, so kann es sich durch eine Vertrauensperson begleiten lassen.
² Das Opfer kann sich zusätzlich auch durch einen Rechtsbeistand begleiten lassen. Soweit es für die Wahrung der Rechte des Opfers notwendig ist, bezeichnet der Gerichtspräsident einen unentgeltlichen Rechtsbeistand.
³ Es kann die Aussage zu Fragen verweigern, die seine Intimsphäre betreffen.
¹²⁷ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 12 der Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1881 ; BBl 2006 1085 ).
Art. 84 f ¹²⁸
¹²⁸ Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 84 g ¹²⁹ Zivilansprüche
¹ Die Haftung des Bundes für erlittenen Schaden richtet sich nach Artikel 135 des Militärgesetzes vom 3. Februar 1995¹³⁰ beziehungsweise nach Artikel 3 des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 1958¹³¹.
² Ist das Opfer nicht legitimiert, zivilrechtliche Ansprüche nach Artikel 163 vor den Militärgerichten geltend zu machen, oder verzichtet es darauf, so ist es auf seinen Antrag zur Hauptverhandlung einzuladen. Das Erscheinen ist ihm freigestellt, soweit es nicht als Zeuge oder Auskunftsperson beteiligt ist. Das Opfer übt in einem solchen Fall lediglich Informationsrechte aus.
¹²⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
¹³⁰ SR 510.10
¹³¹ SR 170.32
Art. 84 h ¹³² Besondere Massnahmen zum Schutz von Kindern
¹ Als Kind im Sinne dieses Artikels gilt das Opfer, das im Zeitpunkt der Einver­nahme oder Gegenüberstellung weniger als 18 Jahre alt ist.
² Die erste Einvernahme des Kindes hat so rasch als möglich stattzufinden.
³ Die Behörde kann die Vertrauensperson vom Verfahren ausschliessen, wenn diese einen bestimmenden Einfluss auf das Kind ausüben könnte.
⁴ Ist erkennbar, dass die Einvernahme oder die Gegenüberstellung für das Kind zu einer schweren psychischen Belastung führen könnte, so gelten die folgenden Regeln:
a. Eine Gegenüberstellung mit der beschuldigten Person darf nur angeordnet werden, wenn das Kind die Gegenüberstellung ausdrücklich verlangt oder der Anspruch der beschuldigten Person auf rechtliches Gehör auf andere Weise nicht gewährleistet werden kann.
b. Das Kind darf während des ganzen Verfahrens nicht mehr als zweimal einvernommen werden.
c. Eine zweite Einvernahme findet nur statt, wenn die Parteien bei der ersten Einvernahme ihre Rechte nicht ausüben konnten oder dies im Interesse der Ermittlungen oder des Kindes unumgänglich ist; soweit möglich erfolgt die Befragung durch die gleiche Person, welche die erste Einvernahme durch­geführt hat.
d. Einvernahmen werden im Beisein einer Spezialistin oder eines Spezialisten von einer zu diesem Zweck ausgebildeten Ermittlungsbeamtin oder einem entsprechenden Ermittlungsbeamten durchgeführt; findet keine Gegenüberstellung statt, so werden die Einvernahmen mit Bild und Ton aufgezeichnet.
e. Die Parteien üben ihre Rechte durch die befragende Person aus.
f. Die befragende Person und die Spezialistin oder der Spezialist halten ihre besonderen Beobachtungen in einem Bericht fest.
¹³² Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 12 der Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1881 ; BBl 2006 1085 ).
Art. 84 i ¹³³ Einstellung des Strafverfahrens
¹ Die zuständige Behörde kann das Strafverfahren ausnahmsweise einstellen, wenn:
a. das Interesse des Kindes es zwingend verlangt und dieses gegenüber dem Interesse des Staates an der Strafverfolgung offensichtlich überwiegt; und
b. das Kind oder bei Urteilsunfähigkeit sein gesetzlicher Vertreter oder seine gesetzliche Vertreterin der Einstellung zustimmt.
² Die zuständige Behörde sorgt bei einer Einstellung des Verfahrens dafür, dass nötigenfalls Kinderschutzmassnahmen angeordnet werden.
¹³³ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 12 der Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1881 ; BBl 2006 1085 ).

Elfter c Abschnitt: ¹³⁴ Privatklägerschaft

¹³⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 84 j Begriff, Voraussetzungen und Verfahrensrechte
¹ Als Privatklägerschaft gilt der Geschädigte, der ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilkläger zu beteiligen.
² Der Strafantrag ist dieser Erklärung gleichgestellt.
³ Die Erklärung ist gegenüber dem Untersuchungsrichter spätestens bis zum Abschluss der Voruntersuchung abzugeben.
⁴ Hat der Geschädigte von sich aus keine Erklärung abgegeben, so weist der Untersuchungsrichter nach Eröffnung eines Strafverfahrens auf diese Möglichkeit hin.
⁵ Der Privatklägerschaft stehen die Verfahrensrechte einer Partei zu.
Art. 84 k Form und Inhalt der Erklärung
¹ Der Geschädigte kann die Erklärung schriftlich oder mündlich zu Protokoll abgeben.
² In der Erklärung kann der Geschädigte kumulativ oder alternativ:
a. die Verfolgung und Bestrafung der für die Straftat verantwortlichen Person verlangen (Strafklage);
b. adhäsionsweise privatrechtliche Ansprüche geltend machen, die aus der Straftat abgeleitet werden (Zivilklage).
Art. 84 l Verzicht und Rückzug
¹ Der Geschädigte kann jederzeit schriftlich oder mündlich zu Protokoll erklären, er verzichte auf die ihm zustehenden Rechte. Der Verzicht ist endgültig.
² Wird der Verzicht nicht ausdrücklich eingeschränkt, so umfasst er die Straf- und die Zivilklage.
Art. 84 m Rechtsnachfolge
¹ Stirbt der Geschädigte, ohne auf seine Verfahrensrechte als Privatklägerschaft verzichtet zu haben, so gehen seine Rechte auf die Angehörigen im Sinne von Artikel 110 Absatz 1 StGB¹³⁵ in der Reihenfolge der Erbberechtigung über.
² Wer von Gesetzes wegen in die Ansprüche des Geschädigten eingetreten ist, ist nur zur Zivilklage berechtigt und hat nur jene Verfahrensrechte, die sich unmittelbar auf die Durchsetzung der Zivilklage beziehen.
¹³⁵ SR 311.0
Art. 84 n Stellung
¹ Die Privatklägerschaft wird als Auskunftsperson einvernommen.
² Sie ist vor dem Untersuchungsrichter, vor den Gerichten sowie vor der Polizei, die sie im Auftrag des Untersuchungsrichters einvernimmt, zur Aussage verpflichtet.
³ Im Übrigen sind die Bestimmungen über die Zeugen sinngemäss anwendbar, mit Ausnahme von Artikel 82.
Art. 84 o Ausschluss der Rechtsmittellegitimation
Die Privatklägerschaft kann einen Entscheid hinsichtlich der ausgesprochenen Sanktion nicht anfechten.

Elfter d Abschnitt: ¹³⁶ Von einer Einziehung betroffener Dritter

¹³⁶ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 84 p
Dem von einer Einziehung betroffenen Dritten stehen die zur Wahrung seiner Interessen erforderlichen Verfahrensrechte einer Partei zu, soweit er durch das Verfahren in seinen Rechten unmittelbar betroffen ist.

Zwölfter Abschnitt: Sachverständige

Art. 85 Sachverständige
¹ Wenn die Abklärung eines Sachverhaltes besondere Kenntnisse erfordert, kann der Untersuchungsrichter oder das Gericht Sachverständige beiziehen. Ihre Aufga­be ist zu umschreiben.
² Den Sachverständigen ist Einsicht in die Akten zu gewähren und das Recht einzu­räumen, Beweisaufnahmen beizuwohnen und zur Abklärung des Sachverhaltes Fra­gen an Zeugen und Beschuldigte zu stellen.
Art. 86 Schweigepflicht
Die Sachverständigen unterstehen dem Amtsgeheimnis nach Artikel 320 des StGB¹³⁷.
¹³⁷ SR 311.0
Art. 87 Ernennung
Den Sachverständigen wird die Ernennung unter Hinweis auf Artikel 89 schriftlich eröffnet. Sie werden auf die Straffolgen falscher Begutachtung aufmerksam ge­macht.
Art. 88 Ausstand
Für die Sachverständigen gelten sinngemäss die Bestimmungen über den Ausstand von Gerichtspersonen.
Art. 89 Pflicht zur Annahme des Auftrages
Der Richter kann den Sachverständigen nur dann zur Annahme des Auftrages ver­pflichten, wenn besondere Verhältnisse es erfordern. Zeugnisverweigerungsgründe berechtigen jedoch zur Ablehnung des Auftrages.
Art. 90 Pflichtwidriges Verhalten
¹ Verweigert ein zur Annahme des Auftrages verpflichteter Sachverständiger ohne wichtigen Grund die Erstattung des Gutachtens, liefert ein Sachverständiger das Gutachten ohne hinreichende Begründung nicht oder nicht rechtzeitig ab oder lei­stet er einer Vorladung unentschuldigt keine Folge, so werden ihm die durch sein Ver­halten entstandenen Kosten auferlegt. Er kann überdies mit einer Ordnungs­busse bis zu 300 Franken bestraft werden.
² Bei nachträglicher genügender Entschuldigung werden diese Anordnungen aufge­hoben.
Art. 91 Abgabe des Gutachtens
Der Richter bestimmt, ob das Gutachten schriftlich oder mündlich erstattet werden soll, und setzt den Abgabetermin fest.
Art. 92 Neue Begutachtung
Ist ein Gutachten mangelhaft oder besteht zwischen mehreren Gutachten ein Wi­der­spruch, so kann der Richter eine Ergänzung des Gutachtens oder eine neue Be­gut­achtung durch die gleichen oder andere Sachverständige anordnen.
Art. 93 Entschädigung
Die Sachverständigen haben Anspruch auf Entschädigung nach den Vorschriften des Bundesrates.

Dreizehnter Abschnitt: Augenschein

Art. 94
¹ Ein Augenschein wird angeordnet, wenn er zur Abklärung des Sachverhaltes bei­tragen kann.
² Den Beschuldigten ist Gelegenheit zu geben, dem Augenschein beizuwohnen. Zeu­gen, Sachverständige und Auskunftspersonen können zum Augenschein vorge­laden und dabei befragt werden.

Vierzehnter Abschnitt: Dolmetscher und Übersetzer

Art. 95 Beizug
¹ Wird mit Personen verhandelt, die der Gerichtssprache nicht mächtig sind, so ist nötigenfalls ein Dolmetscher beizuziehen. Kommt dem Wortlaut einer Aussage besondere Bedeutung zu, so ist sie auch in der Fremdsprache ins Protokoll aufzuneh­men.
² Zu Verhandlungen mit tauben oder stummen Personen ist ein Dolmetscher bei­zu­ziehen, wenn schriftlicher Verkehr nicht genügt.
³ Zur Übersetzung fremdsprachiger Schriftstücke ist, soweit notwendig, ein Über­set­zer beizuziehen.
Art. 96 Schweigepflicht
Dolmetscher und Übersetzer unterstehen dem Amtsgeheimnis nach Artikel 320 des StGB¹³⁸.
¹³⁸ SR 311.0
Art. 97 Straffolgen bei falscher Übersetzung
Dolmetscher und Übersetzer werden auf die Straffolgen falscher Übersetzung auf­merksam gemacht.
Art. 98 Ausstand
Für Dolmetscher und Übersetzer gelten sinngemäss die Bestimmungen über den Ausstand von Gerichtspersonen.

Vierzehnter  a Abschnitt: ¹³⁹ Schutz von Verfahrensbeteiligten

¹³⁹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Dez. 2003, in Kraft seit 1. Juni 2004 ( AS 2004 2691 ; BBl 2003 767 ).
Art. 98 a ¹⁴⁰ Grundsatz
Besteht Grund zur Annahme, dass ein Zeuge, eine Auskunftsperson, ein Beschuldigter, ein Sachverständiger, ein Dolmetscher oder Übersetzer (Verfahrensbeteiligter) durch die Mitwirkung im Verfahren sich oder seine Angehörigen nach Artikel 75 Buchstabe a oder abis gefährden könnte, so trifft der Untersuchungsrichter oder der Gerichtspräsident die geeigneten Schutzmassnahmen.
¹⁴⁰ Fassung gemäss Anhang Ziff. 23 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
Art. 98 b Zusicherung der Anonymitätswahrung 1. Voraussetzungen
Zeugen oder Auskunftspersonen kann auf Gesuch hin oder von Amtes wegen gegenüber Personen, die ihnen Schaden zufügen könnten, die Anonymitätswahrung zugesichert werden, wenn:
a.¹⁴¹
Gegenstand des Verfahrens Straftaten sind, die mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind; und
b.¹⁴²
glaubhaft erscheint, dass sie durch die Aussage sich selbst oder Angehörige nach Artikel 75 Buchstabe a oder abis der ernsthaften Gefahr aussetzen würden, in den strafrechtlich geschützten Rechtsgütern schwer beeinträchtigt zu werden.
¹⁴¹ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
¹⁴² Fassung gemäss Anhang Ziff. 23 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
Art. 98 c 2. Verfahren
¹ Die Zusicherung der Anonymitätswahrung wird durch den Untersuchungsrichter oder den Gerichtspräsidenten erteilt. Sie bedarf der Genehmigung durch den Präsidenten des Militärkassationsgerichts.
² Dem Präsidenten des Militärkassationsgerichts ist innert 30 Tagen seit der Zusicherung ein Gesuch mit sämtlichen zur Beurteilung der Rechtmässigkeit erforder­lichen Einzelheiten einzureichen. Der Präsident kann zusätzliche Auskünfte und Beweisstücke verlangen.
³ Wird die Genehmigung nicht innert 30 Tagen verlangt oder wird sie verweigert, so dürfen die unter Zusicherung der Anonymitätswahrung bereits erlangten Aussagen im Verfahren nicht verwendet werden; die entsprechenden Protokolle werden aus den Strafakten entfernt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens separat unter Verschluss gehalten und danach vernichtet. Eine Einvernahme durch das Gericht unter Zusicherung der Anonymitätswahrung ist vor der Erteilung der Genehmigung nicht zulässig.
⁴ Ist die Genehmigung durch den Präsidenten des Militärkassationsgerichts erteilt, so bindet die Zusicherung der Anonymitätswahrung unwiderruflich sämtliche mit dem Fall betrauten Behörden. Die geschützte Person kann jedoch auf die Anonymitätswahrung verzichten.
Art. 98 d 3. Massnahmen
¹ Um der Zusicherung der Anonymitätswahrung nachzukommen, kann der Unter­suchungsrichter oder der Gerichtspräsident:
a. Einvernahmen in Abwesenheit der Parteien durchführen;
b. die Personalien der einzuvernehmenden Person in Abwesenheit der Parteien feststellen;
c. die Person ohne Namensnennung einvernehmen;
d. Aussehen oder Stimme der einzuvernehmenden Person verändern oder diese abschirmen;
e. anlässlich der Hauptverhandlung auf die Befragung verzichten und stattdessen die Aussagen verlesen, welche die einzuvernehmende Person vor dem Untersuchungsrichter gemacht hat;
f. die Akteneinsicht einschränken;
g. in der Hauptverhandlung statt einer mündlichen Befragung eine schriftliche durchführen.
² Der Untersuchungsrichter oder der Gerichtspräsident bestimmt, welche dieser Massnahmen angemessen und geeignet erscheinen, für welche Personen sie gelten und für welche Dauer sie getroffen werden; dabei dürfen die Rechte der Verteidigung nur so weit beschränkt werden, als dies zum Schutz der einzuvernehmenden Person notwendig erscheint.
³ Der Untersuchungsrichter oder der Gerichtspräsident, der eine Person einvernimmt, welcher die Zusicherung der Anonymitätswahrung erteilt worden ist, trifft vorgängig die geeigneten Massnahmen, um eine Verwechslung oder eine Vertauschung von Personen zu verhindern.
⁴ Andere Unterstützungs- oder Schutzmassnahmen zu Gunsten der einzu­verneh­menden Person können angeordnet werden, soweit sie keine Beschränkung der Parteirechte nach sich ziehen.

Fünfzehnter Abschnitt: Verteidiger

Art. 99 Zulassung; Verpflichtung
¹ Als Verteidiger können Schweizerbürger auftreten, die über ein kantonales Anwaltspatent verfügen und im Anwaltsregister eingetragen sind.¹⁴³
² Jeder Angehörige der Armee, der einem Truppenkörper oder einer Formation, für die das Gericht zuständig ist, angehört und der über ein kantonales Anwaltspatent verfügt und im Anwaltsregister eingetragen ist, ist verpflichtet, auf Anordnung des Präsidenten des Gerichts die amtliche Verteidigung zu übernehmen.¹⁴⁴
³ Die Militärgerichte erstellen jährlich eine Liste der amtlichen Verteidiger.
⁴ In Strafverfahren, in denen der Sachverhalt mit Rücksicht auf die Landesverteidi­gung oder die Staatssicherheit geheim gehalten werden muss, kann der Präsident des Gerichts den vom Beschuldigten beigezogenen Verteidiger ablehnen. Der Be­schul­digte wird aufgefordert, einen andern Verteidiger zu bezeichnen. Der Vertei­diger wird vom Präsidenten des Gerichts auf die Geheimhaltungsvorschriften der Armee hingewiesen.
¹⁴³ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
¹⁴⁴ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).

Zweites Kapitel: Verfahrensablauf

Erster Abschnitt: Einleitung des Verfahrens

Art. 100 Massnahmen der Truppe
¹ Ist eine der Militärgerichtsbarkeit unterliegende strafbare Handlung begangen wor­den, so hat der am Tatort den Befehl führende Vorgesetzte oder ein von ihm bezeichneter geeigneter Offizier oder Unteroffizier die nötigen Massnahmen zu tref­fen, um die Flucht des Verdächtigen zu verhindern, die Spuren der Tat festzu­stellen und den Beweis zu sichern. Soweit nötig, sind die Organe der militärischen oder zivilen Polizei beizuziehen.
² Die getroffenen Massnahmen sowie die wesentlichen Aussagen des Verdächtigen und der übrigen befragten Personen werden in einem Protokoll festgehalten.
³ Dem Vorgesetzten, der für die Anordnung der vorläufigen Beweisaufnahme oder der Voruntersuchung zuständig ist, muss ohne Verzug Bericht erstattet werden.
Art. 101 Zuständigkeit für die Anordnung der vorläufigen Beweisaufnahme und der Voruntersuchung
¹ Bei einer strafbaren Handlung, die während des Militärdienstes begangen wurde, sind zur Anordnung der vorläufigen Beweisauf­nahme oder der Voruntersuchung zuständig:
a. in Schulen, Lehrgängen und Kursen: der Kommandant;
b. in Truppendiensten: 1. im Bataillonsverband: der Bataillonskommandant,
2. bei kleineren, selbständig im Dienst befindlichen Formationen: der betreffende Kommandant,
3. in den übrigen Fällen: der Kommandant der Truppe oder des Stabes.¹⁴⁵
² Ordnet der Kommandant nach der vom Untersuchungsrichter durchgeführten vor­läufigen Beweisaufnahme die Voruntersuchung nicht an, liegt aber nach Ansicht des Untersuchungsrichters eine gerichtlich zu ahnende strafbare Handlung vor, so legt dieser den Fall dem Oberauditor vor. Der Oberauditor entscheidet endgültig.
³ Für eine ausserhalb des Dienstes begangene strafbare Handlung ist das Eidge­nös­si­sche Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport oder die von ihm bezeichnete Dienststelle zur An­ord­nung der vorläufigen Beweisaufnahme oder Vor­untersuchung zuständig.
¹⁴⁵ Fassung gemäss Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ).
Art. 102 Voraussetzungen und Zweck der vorläufigen Beweisaufnahme
¹ Sind einzelne Voraussetzungen einer Voruntersuchung nicht erfüllt, so wird eine vorläufige Beweisaufnahme angeordnet. Dies gilt vor allem, wenn
a. Beweismittel beschafft oder ergänzt werden müssen, insbesondere bei unbe­kannter Täterschaft und ungeklärtem oder verwickeltem Sachverhalt;
b. Ungewissheit darüber besteht, ob eine strafbare Handlung disziplinarisch oder militärgerichtlich zu erledigen sei.
² Bei Tötung oder erheblicher Verletzung von Militär- oder Zivilpersonen sowie bei schweren Sachschäden ist eine vorläufige Beweisauf­nahme auch dann anzuordnen, wenn keine strafbare Handlung vorliegt.¹⁴⁶
¹⁴⁶ Fassung gemäss Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ).
Art. 103 Voraussetzungen und Zweck der Voruntersuchung
¹ Ist eine Person einer strafbaren Handlung verdächtig und fällt eine disziplinari­sche Erledigung ausser Betracht, so ist die Voruntersuchung anzuordnen.
² Die Voruntersuchung hat den Zweck festzustellen, ob eine strafbare Handlung vor­liegt. Es sind alle Umstände der Tat abzuklären, die für das richterliche Urteil oder für die Einstellung des Verfahrens von Bedeutung sein können.
Art. 104 Verfahren bei der vorläufigen Beweisaufnahme
¹ Die vorläufige Beweisaufnahme ist ein Ermittlungsverfahren in den Formen und mit den Mitteln der Voruntersuchung.
² Der Untersuchungsrichter erstattet über den festgestellten Sachverhalt sowie des­sen rechtliche Würdigung Bericht und beantragt je nach dem Ergebnis der zustän­di­gen Stelle:
a. eine Voruntersuchung anzuordnen;
b. die Sache disziplinarisch zu erledigen;
c. dem Verfahren keine weitere Folge zu geben.
³ Dem Geschädigten ist vor dem Abschluss der vorläufigen Beweisaufnahme Gelegenheit zu geben, die gerichtliche Beurteilung zu verlangen. Das gleiche Recht steht ihm zu, wenn das Verfahren nicht eingeleitet wird. Verlangt er die gerichtliche Beurteilung, so beantragt der Untersuchungsrichter die Anordnung der Voruntersuchung. Wird der Antrag des Untersuchungsrichters abgelehnt, so unterbreitet er die Akten dem Oberauditor zum Entscheid gemäss Artikel 101 Absatz 2.¹⁴⁷
¹⁴⁷ Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des Opferhilfegesetzes vom 23. März 2007 ( AS 2008 1607 ; BBl 2005 7165 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 105 Untersuchungsbefehl
¹ Der Befehl zur vorläufigen Beweisaufnahme oder zur Voruntersuchung ist schrift­lich zu erlassen. In dringenden Fällen kann er mündlich mit sofortiger schriftlicher Bestätigung erteilt werden. Dem Untersuchungsrichter werden die Protokolle und Beweisstücke übergeben.
² Der Befehl hat eine kurze Darstellung des Sachverhalts zu enthalten und Ver­däch­tige oder Beschuldigte genau zu bezeichnen.
³ Besteht Zweifel über die Zuständigkeit, so trifft der Untersuchungsrichter nur die dringenden Massnahmen und leitet die Akten an den Oberauditor weiter.
Art. 106 und 107 ¹⁴⁸
¹⁴⁸ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
Art. 108 Durchführung des Verfahrens
¹ Die vorläufige Beweisaufnahme und die Voruntersuchung werden ohne Verzug durchgeführt.
² Sie sind nicht öffentlich.
³ Der Verdächtige oder Beschuldigte kann zur Befragung von Zeugen und Sachver­ständigen beigezogen werden.
Art. 109 Beizug des Verteidigers
¹ Der Beschuldigte kann bereits in der Voruntersuchung einen Verteidiger beizie­hen. Er ist bei der ersten Einvernahme auf dieses Recht hinzuweisen.
² Bei schweren Anschuldigungen oder in verwickelten Fällen bestellt der Präsident des Militärgerichts auf Gesuch des Beschuldigten oder auf Antrag des Unter­suchungsrichters in der Voruntersuchung einen amtlichen Verteidiger, sofern der Beschuldigte keinen eigenen Verteidiger beigezogen hat. Der Wunsch des Beschul­dig­ten nach einem bestimmten amtlichen Verteidiger aus der Liste des Gerichts wird berücksichtigt, wenn keine wichtigen Gründe entgegenstehen.
Art. 110 Rechte des Verteidigers
¹ Der Verteidiger hat das Recht, Untersuchungshandlungen zu beantragen. Soweit der Zweck der Untersuchung nicht gefährdet wird, ist ihm auch Akteneinsicht und Anwesenheit bei der Befragung von Zeugen und Sachverständigen sowie bei Au­gen­scheinen zu gestatten.
² Ausnahmsweise kann der Untersuchungsrichter den Verkehr zwischen Verteidi­ger und verhaftetem Beschuldigten für bestimmte Zeit beschränken oder aus­schliessen, wenn es der Zweck der Untersuchung erfordert.
³ Nach Abschluss der Voruntersuchung steht dem Verteidiger unbeschränkte Ein­sicht in die Akten zu. Er kann mit dem Beschuldigten frei verkehren.
Art. 111 Ausdehnung der Voruntersuchung
Der Untersuchungsrichter dehnt nötigenfalls die Voruntersuchung von Amtes we­gen auf Personen und strafbare Handlungen aus, die im Untersuchungsbefehl nicht genannt sind. Der Ausdehnungsentscheid ist den Betroffenen zu eröffnen.
Art. 112 ¹⁴⁹ Abschluss der Voruntersuchung
Nach Abschluss der Voruntersuchung übermittelt der Untersuchungsrichter die Akten dem Auditor zur Anklageerhebung, zur Einstellung des Verfahrens oder zum Erlass eines Strafmandates. Dem Beschuldigten und dem Geschädigten ist vom Abschluss der Voruntersuchung Kenntnis zu geben.
¹⁴⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ).
Art. 113 ¹⁵⁰ Ergänzung der Voruntersuchung
Der Auditor, der Beschuldigte sowie der Geschädigte können innert einer vom Untersuchungsrichter zu bestimmenden Frist Ergänzung der Voruntersuchung verlan­gen.
¹⁵⁰ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ).
Art. 114 Anklage; Strafmandat
¹ Ergibt die Voruntersuchung hinreichende Verdachtsgründe für ein Verbrechen oder Vergehen, so erhebt der Auditor ohne Verzug Anklage. Er übermittelt die Akten mit der Anklageschrift dem Präsidenten des Militärgerichts und stellt dem Angeklagten und der Privatklägerschaft eine Kopie der Anklageschrift zu. Das Opfer, das sich nicht als Privatklägerschaft konstituiert hat, kann eine Kopie der Anklageschrift verlangen.¹⁵¹
² Erachtet der Auditor die Voraussetzungen dafür als erfüllt, so erlässt er ein Straf­mandat nach Artikel 119.
¹⁵¹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 115 Anklageschrift
Die Anklageschrift enthält:
a. die Personalien des Angeklagten;
b. die Umschreibung der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat mit ihren gesetzlichen Merkmalen;
c. die gesetzlichen Bestimmungen, welche die Tat mit Strafe bedrohen;
d. die Angabe der Beweismittel;
e. allfällige Ausschliessungs- oder Ablehnungsbegehren des Auditors.
Art. 116 ¹⁵² Einstellung des Verfahrens und Disziplinarstrafe
¹ Ist die Sache nicht weiter zu verfolgen, so stellt der Auditor das Ver­fahren ein.
² Nimmt der Auditor einen im MStG¹⁵³ vorgesehenen leichten Fall einer Straftat an oder wertet er die Tat als blossen Disziplinarfehler, so stellt er das Verfahren ein und verhängt eine Disziplinarstrafe.¹⁵⁴
³ Der Auditor kann alle Disziplinarstrafen aussprechen. Für die Angehörigen des Grenzwachtkorps bleibt Artikel 183 Absatz 2 des MStG vorbehalten; gegebenenfalls wird die Angelegenheit an die zuständige Stelle zwecks Eröffnung eines Disziplinarverfahrens überwiesen.
⁴ Die Einstellungsverfügung wird den Personen und Behörden, die zum Rekurs befugt sind, mit kurzer Begründung schriftlich eröffnet. Das Opfer, das sich nicht als Privatklägerschaft konstituiert hat, kann eine Kopie der Einstellungsverfügung verlangen.¹⁵⁵
⁴bis Kann die Einstellungsverfügung nicht ordnungsgemäss eröffnet werden, so gilt sie auch ohne Veröffentlichung in dem durch den Bund oder den Kanton bezeichneten Amtsblatt als eröffnet, wenn:
a. der Aufenthaltsort des Adressaten unbekannt ist und trotz zumutbarer Nachforschungen nicht ermittelt werden kann;
b. eine Zustellung unmöglich ist oder mit ausserordentlichen Umtrieben verbunden wäre;
c. der Adressat oder sein Rechtsbeistand mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort im Ausland kein Zustellungsdomizil in der Schweiz bezeichnet hat.¹⁵⁶
⁵ Nach Eintritt der Rechtskraft der Einstellungsverfügung übermittelt der Auditor die Akten dem Oberauditorat zur Aufbewahrung. Dieses sorgt für den Vollzug der allfälligen ausgesprochenen Disziplinar­strafe.
¹⁵² Fassung gemäss Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ).
¹⁵³ SR 321.0
¹⁵⁴ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
¹⁵⁵ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
¹⁵⁶ Eingefügt durch Anhang Ziff. 3 des BG vom 26. Sept. 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2016 ( AS 2015 3977 ; BBl 2013 7057 ).
Art. 117 Kosten und Entschädigung
¹ Die Kosten der eingestellten Untersuchung trägt der Bund. Der Auditor kann dem disziplinarisch Bestraften reduzierte Kosten der Untersuchung auferlegen.¹⁵⁷
² Die Kosten können dem Beschuldigten ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn er die Untersuchung durch verwerfliches Verhalten verursacht oder erschwert hat.
³ Sofern der Beschuldigte, gegen den die Untersuchung eingestellt wird, das Ver­fah­ren nicht durch ein verwerfliches oder leichtfertiges Verhalten verursacht oder wesentlich erschwert hat, ist ihm auf sein Begehren vom Auditor zuzusprechen:
a. Schadenersatz für Untersuchungshaft und andere erlittene Nachteile;
b. bei schwerer Verletzung in seinen persönlichen Verhältnissen eine angemes­sene Geldsumme als Genugtuung;
c. eine angemessene Entschädigung für Anwaltskosten.
⁴ Der Entscheid über Kosten und Entschädigung sowie allenfalls über die Aufhebung bestehender Zwangsmassnahmen und die Einziehung von Gegenständen und Vermögenswerten ist in die Einstellungsverfügung aufzunehmen.¹⁵⁸
¹⁵⁷ Satz eingefügt durch Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ).
¹⁵⁸ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 118 Rekurs und Disziplinargerichtsbeschwerde ¹⁵⁹
¹ Gegen Einstellungs- und Entschädigungsverfügungen können der Beschuldigte, die Privatklägerschaft, der Oberauditor und der von einer angeordneten Einziehung betroffene Dritte Rekurs an das Militärgericht erheben. Die Artikel 197 und 199 gelten sinngemäss.¹⁶⁰
² …¹⁶¹
³ Gegen eine vom Auditor verhängte Disziplinarstrafe kann der Bestrafte Disziplinargerichtsbeschwerde nach den Artikeln 209–213 des MStG¹⁶² an den Ausschuss des zuständigen Militärappellationsgerichts erheben.¹⁶³
¹⁵⁹ Fassung gemäss Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ).
¹⁶⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
¹⁶¹ Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
¹⁶² SR 321.0
¹⁶³ Eingefügt durch Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ).

Zweiter Abschnitt: Strafmandatverfahren

Art. 119 Voraussetzungen
¹ Der Auditor erlässt ein Strafmandat, wenn:
a. er eine der folgenden Strafen für angemessen hält:
1. eine Freiheitsstrafe von höchstens 30 Tagen,
2. eine Geldstrafe von höchstens 30 Tagessätzen,
3.¹⁶⁴ …
4. eine Busse von höchstens 5000 Franken,
5. eine Verbindung der Strafen nach den Ziffern 1–4; und
b. der Beschuldigte den Sachverhalt eingestanden hat oder dieser ander­weitig ausreichend geklärt ist.¹⁶⁵
¹bis Er kann im Strafmandatverfahren auch einen Entscheid über einen Widerruf im Sinne von Artikel 40 MStG¹⁶⁶ treffen, wenn die bedingte oder teilbedingte Strafe, zusammen mit der neuen Strafe, nicht höher als die in Absatz 1 Buchstabe a festgehaltenen Strafmassgrenzen ist.¹⁶⁷
² Das Strafmandatverfahren findet nicht statt:
a. bei Ehrverletzungen;
b.¹⁶⁸
wenn, unter Vorbehalt von Absatz 1bis, über einen Widerruf (Art. 40 MStG) oder über eine Rückversetzung (Art. 89 StGB¹⁶⁹) zu entscheiden ist;
c.¹⁷⁰
bei unbekanntem Aufenthalt des Beschuldigten oder wenn dieser keine Zustelladresse in der Schweiz hat;
d.¹⁷¹
wenn bestrittene zivilrechtliche Ansprüche zu beurteilen sind;
e.¹⁷²
wenn eine Degradation (Art. 35 MStG), ein Ausschluss aus der Armee (Art. 48 und 49 MStG) oder eine Massnahme nach Artikel 47, 50 oder 50 b MStG als angezeigt erscheint oder eine Landesverweisung (Art. 49 a oder 49 a bis MStG) in Aussicht steht.
¹⁶⁴ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 4 des BG vom 19. Juni 2015 (Änderungen des Sanktionenrechts), mit Wirkung seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 1249 ; BBl 2012 4721 ).
¹⁶⁵ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
¹⁶⁶ SR 321.0
¹⁶⁷ Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
¹⁶⁸ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
¹⁶⁹ SR 311.0
¹⁷⁰ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
¹⁷¹ Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ).
¹⁷² Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen) ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ). Fassung gemäss Anhang Ziff. 7 des BG vom 20. März 2015 (Umsetzung von Art. 121 Abs. 3–6 BV über die Ausschaffung krimineller Ausländerinnen und Ausländer), in Kraft seit 1. Okt. 2016 ( AS 2016 2329 ; BBl 2013 5975 ).
Art. 120 Form und Inhalt
Das Strafmandat ist schriftlich auszufertigen und kurz zu begründen. Es enthält:
a. die Personalien des Angeklagten;
b. den Sachverhalt;
c. die Tatsachen, welche die einzelnen Merkmale der strafbaren Handlung erfül­len;
d. die rechtliche Würdigung der Tat;
e. die Gründe für die Strafzumessung;
f. die Strafverfügung;
fbis.¹⁷³
den Entscheid über den Widerruf (Art. 119 Abs. 1bis) und eine kurze Begründung;
g. den Entscheid über Kosten und Entschädigung (Art. 151) sowie über aner­kannte zivilrechtliche Ansprüche des Geschädigten;
gbis.¹⁷⁴
den Entscheid über die Aufhebung bestehender Zwangsmassnahmen und die Einziehung von Gegenständen und Vermögenswerten;
h. den Hinweis, dass das Strafmandat rechtskräftig wird, sofern nicht innert zehn Tagen beim Auditor schriftlich Einsprache erhoben wird;
i. das Datum sowie die Unterschrift des Auditors.
¹⁷³ Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
¹⁷⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 121 ¹⁷⁵ Eröffnung
¹ Das Strafmandat wird den Personen und Behörden, die zur Einsprache befugt sind, schriftlich eröffnet. Kann es dem Bestraften nicht zugestellt werden, so findet das ordentliche Verfahren statt.
² Das Opfer, das sich nicht als Privatklägerschaft konstituiert hat, kann eine Kopie des Strafmandats verlangen.
¹⁷⁵ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 122 Einsprache
¹ Innert zehn Tagen nach der Eröffnung können der Bestrafte, die Privatklägerschaft, der Oberauditor und der von einer angeordneten Einziehung betroffene Dritte gegen das Strafmandat beim Auditor schriftlich Einsprache erheben.¹⁷⁶
² Wird rechtzeitig Einsprache erhoben, so findet das ordentliche Verfahren statt. Das Strafmandat ersetzt die Anklageschrift.
³ Richtet sich die Einsprache nur gegen den Entscheid über die Kosten, über die Entschädigung oder über die Einziehung von Gegenständen und Vermögenswerten, so muss sie einen begründeten Antrag enthalten. Das Gericht entscheidet ohne Parteiverhandlung.¹⁷⁷
¹⁷⁶ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
¹⁷⁷ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 123 Rechtskraft, Rückzug der Einsprache
¹ Das Strafmandat wird zu einem rechtskräftigen Urteil, wenn keine Einsprache erhoben oder diese zurückgezogen wird.
² Der Rückzug ist spätestens bis zu Beginn der Hauptverhandlung möglich. Richtet sich jedoch die Einsprache nur gegen den Entscheid über die Kosten oder die Ent­schädigung, so ist der Rückzug bis zum Entscheid des Gerichts möglich.
³ Zieht der Bestrafte die Einsprache zurück, so können ihm die entstandenen Ko­sten auferlegt werden.

Dritter Abschnitt: Vorbereitung der Hauptverhandlung

Art. 124 Ansetzung der Hauptverhandlung
Nach Eingang von Anklageschrift und Akten bestimmt der Präsident des Militär­gerichts ohne Verzug Ort und Zeit der Hauptverhandlung. In ver­wickelten Fäl­len kann er die Akten ganz oder teilweise bei den Richtern zirkulieren lassen.
Art. 125 Vorladung des Angeklagten
¹ In der Regel ist der Angeklagte mindestens zehn, in Haftfällen mindestens fünf Tage vor der Hauptverhandlung vorzuladen.
² In der Vorladung sind die Namen der Richter und des Gerichtsschreibers aufzu­füh­ren.
Art. 125 a ¹⁷⁸ Öffentliche Bekanntmachung
¹ Die Zustellung der Vorladung erfolgt durch Veröffentlichung in dem durch den Bund oder den Kanton bezeichneten Amtsblatt, wenn:
a. der Aufenthaltsort des Angeklagten unbekannt ist und trotz zumutbarer Nachforschungen nicht ermittelt werden kann;
b. eine Zustellung unmöglich ist oder mit ausserordentlichen Umtrieben verbunden wäre;
c. der Angeklagte oder sein Rechtsbeistand mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort im Ausland kein Zustellungsdomizil in der Schweiz bezeichnet hat.
² Die Zustellung gilt am Tag der Veröffentlichung als erfolgt.
¹⁷⁸ Eingefügt durch Anhang Ziff. 3 des BG vom 26. Sept. 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2016 ( AS 2015 3977 ; BBl 2013 7057 ).
Art. 126 Ersatzrichter
Kann das Gericht aus den Richtern und Ersatzrichtern nicht gebildet werden, so bezeichnet der Präsident des Militärgerichts ausserordentliche Ersatzrichter.
Art. 127 Verteidigung
¹ In der Hauptverhandlung muss der Angeklagte einen Verteidiger haben.
² Hat der Angeklagte keinen Verteidiger beigezogen und wurde ihm in der Vorun­ter­suchung auch keiner von Amtes wegen beigegeben, so fordert ihn der Präsident des Militärgerichts auf, innert einer bestimmten Frist einen solchen zu bezeich­nen.
³ Bezeichnet der Angeklagte innert dieser Frist keinen Verteidiger oder ist sein Ver­teidiger nicht in der Lage, sein Amt auszuüben, so ernennt der Präsident einen amt­lichen Verteidiger. Der Wunsch des Angeklagten nach einem bestimmten amt­li­chen Verteidiger aus der Liste des Gerichts wird berücksichtigt, wenn keine wich­ti­gen Gründe entgegenstehen.
⁴ Nach Bestellung des Verteidigers setzt der Präsident dem Angeklagten eine an­ge­messene Frist, innert welcher er Ablehnungsbegehren anzubringen und seine Beweismittel zu bezeichnen hat.
Art. 128 Anordnung von Beweisaufnahmen
¹ Der Präsident des Militärgerichts kann von sich aus die Vorladung von Zeugen und Sachverständigen verfügen sowie andere Beweisaufnahmen anordnen.
² Der Präsident kann die Vorladung von Zeugen und Sachverständigen sowie die Anordnung von Beweisaufnahmen wegen Unerheblichkeit ablehnen. In diesem Falle ist die betroffene Partei berechtigt, ihr Begehren bei Beginn der Hauptver­hand­lung zu wiederholen.
³ Der Präsident eröffnet seine Verfügungen den Parteien schriftlich.
Art. 129 Vorgezogene Beweisaufnahmen
¹ Kann ein Beweis in der Hauptverhandlung, beispielsweise wegen Krankheit eines Zeugen oder Sachverständigen, voraussichtlich nicht erhoben werden oder ist es zweckmässig, vor der Hauptverhandlung einen richterlichen Augenschein vor­zunehmen, so führt der Präsident des Militärgerichts diese Beweisaufnahme selbst durch oder lässt sie durch einen oder mehrere Richter vornehmen.
² Den Parteien ist wenn möglich Gelegenheit zu geben, der Beweisaufnahme bei­zu­wohnen. Sind sie nicht erschienen, so ist ihnen das Protokoll vor der Hauptver­handlung vorzulegen.

Vierter Abschnitt: Hauptverhandlung und Urteil

Art. 130 Teilnahme
¹ Die Richter, der Gerichtsschreiber, der Auditor, der Angeklagte und der Verteidi­ger müssen der ganzen Hauptverhandlung beiwohnen.
² Der Präsident des Militärgerichts kann anordnen, dass sich der Angeklagte aus der Hauptverhandlung entfernt, insbesondere wenn dieser sich ungebührlich benimmt oder wenn zu befürchten ist, dass die Kenntnis eines ärztlichen Gutachtens diesem zum Nachteil gereichen würde.
³ Der Präsident kann ausnahmsweise den Angeklagten auf dessen Gesuch hin vom Erscheinen befreien oder ihm gestatten, sich aus der Hauptverhandlung zu entfer­nen.
⁴ Das ordentliche Verfahren kann auch dann fortgesetzt werden, wenn sich der Angeklagte ohne Erlaubnis des Präsidenten aus der Hauptverhandlung entfernte.
Art. 131 Ausbleiben des Angeklagten
¹ Bleibt der Angeklagte trotz ordnungsgemässer Vorladung ohne genügende Ent­schuldigung aus, so kann seine Vorführung angeordnet werden.
² Kann der Angeklagte nicht vorgeführt werden oder wird auf seine Vorführung ver­zichtet, so wird das Abwesenheitsverfahren angewendet.
Art. 132 Ausbleiben eines Zeugen
¹ Bleibt ein Zeuge trotz ordnungsgemässer Vorladung aus, so kann seine Vorfüh­rung angeordnet werden. Ist diese nicht möglich, und hält das Gericht sein Er­schei­nen für notwendig, so vertagt es die Verhandlung auf Kosten des Ausgeblie­benen.
² Artikel 81 findet Anwendung.
Art. 133 Ausbleiben des Verteidigers oder eines Sachverständigen
Muss die Verhandlung wegen nicht entschuldigten Ausbleibens des Verteidigers oder eines Sachverständigen verschoben werden, so kann ihm das Gericht die dadurch verursachten Kosten auferlegen.
Art. 133 a ¹⁷⁹ Teilnahme der Privatklägerschaft und Dritter
¹ Der Präsident des Militärgerichts kann die Privatklägerschaft auf ihr Gesuch hin vom persönlichen Erscheinen dispensieren, wenn ihre Anwesenheit nicht erforderlich ist.
² Dem von einer beantragten Einziehung betroffenen Dritten ist das persönliche Erscheinen freigestellt.
³ Erscheint die Privatklägerschaft oder der von einer beantragten Einziehung betroffene Dritte nicht persönlich, so kann sie oder er sich vertreten lassen oder schriftliche Anträge stellen.
¹⁷⁹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 134 Eröffnung der Hauptverhandlung
¹ Der Präsident des Militärgerichts eröffnet die Hauptverhandlung.
² Er gibt die Zusammensetzung des Gerichts bekannt und stellt die Anwesenheit der Parteien fest.
Art. 135 Feststellung der Personalien; Verlesen der Anklageschrift
¹ Der Präsident des Militärgerichts stellt die Personalien des Angeklagten fest.
² Die Anklageschrift wird verlesen, sofern die Parteien nicht darauf verzichten.
Art. 136 Erledigung von Einsprachen; Unzuständigkeit des Gerichts
¹ Hierauf entscheidet das Gericht über Einsprachen gegen seine Besetzung oder sachliche Zuständigkeit, über Begehren um Ergänzung der Beweismittel sowie über Verjährungseinreden und Vorfragen, welche die Möglichkeit oder Zulässig­keit der Durchführung der Verhandlung betreffen.
² Das Gericht lehnt von Amtes wegen seine Zuständigkeit ab, wenn der Straffall nicht der Militärgerichtsbarkeit unterliegt. Die nach Artikel 223 des MStG¹⁸⁰ vom Bundesstrafgericht getroffenen Entscheidungen sind für das Gericht und die Parteien verbindlich.¹⁸¹
¹⁸⁰ SR 321.0
¹⁸¹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 12 des Strafgerichtsgesetzes vom 4. Okt. 2002, in Kraft seit 1. April 2004 ( AS 2003 2133 ; BBl 2001 4202 ).
Art. 137 Befragung des Angeklagten
¹ Der Präsident des Militärgerichts befragt den Angeklagten über seine persönli­chen und militärischen Verhältnisse sowie über die ihm in der Anklageschrift zur Last gelegte Tat. Er stellt auf Verlangen eines Richters, des Auditors oder des Ver­teidigers weitere Fragen zur Abklärung des Sachverhalts.
² Gesteht der Angeklagte die Tat und ist sein Geständnis glaubwürdig, so kann das Gericht mit Zustimmung der Parteien ein abgekürztes Beweisverfahren durchfüh­ren.
Art. 138 Vorlage von Beweisstücken: Einvernahme von Zeugen
¹ Der Präsident des Militärgerichts legt dem Gericht die Beweisstücke vor und befragt die Zeugen in der von ihm bestimmten Reihenfolge. Vor der Einvernahme mahnt er sie zur Wahrheit und macht sie auf die Straffolgen eines falschen Zeugnis­ses aufmerksam.
² Nach der Einvernahme eines jeden Zeugen können Richter und Parteien weitere Fragen zur Abklärung des Sachverhalts stellen lassen.
³ Zeugen, deren Aussagen sich widersprechen, können einander gegenübergestellt werden.
Art. 139 Widersprüche: Gedächtnislücken
¹ Zur Feststellung oder Behebung von Widersprüchen in den Aussagen können Ein­vernahmen wiederholt oder Protokolle der Untersuchung ganz oder teilweise ver­lesen werden.
² Erinnert sich ein Zeuge nicht mehr oder nicht mehr genau an eine Wahrnehmung, über die er früher berichtet hat, so können die entsprechenden Protokolle ganz oder teilweise verlesen werden.
Art. 140 Befragung von Sachverständigen
Die Sachverständigen werden in der Regel nach den Zeugen einvernommen.
Art. 141 Verlesen von Beweisurkunden
¹ Wesentliche Beweisurkunden sind zu verlesen.
² Die Befragung von Zeugen, Sachverständigen und Mitangeklagten kann durch das Verlesen der Protokolle ihrer frühern Aussagen ersetzt werden, wenn
a. die Person inzwischen verstorben ist:
b. eine Vorladung wegen unbekannten Aufenthalts nicht möglich war;
c. die Einvernahme in der Hauptverhandlung aus andern Gründen nicht statt­fin­den kann;
d. es sich um Aussagen handelt, die für die Urteilsfindung nicht entscheidend ins Gewicht fallen.
Art. 142 Neue Beweisanträge
¹ Die Parteien können bis zum Schluss des Beweisverfahrens neue Beweisanträge stellen.
² Das Gericht sorgt jedoch dafür, dass die Verhandlung nicht unnötig verlängert wird.
Art. 143 Unterbrechung oder Verschiebung der Hauptverhandlung
¹ Das Gericht kann die Hauptverhandlung von sich aus oder auf Antrag einer Partei für neue Beweisaufnahmen, für die Neuerstellung oder Ergänzung der Anklage­schrift oder aus andern wichtigen Gründen sowie für die dadurch bedingte Vorberei­tung der Parteivorträge unterbrechen oder verschieben.
² Bei längerer Unterbrechung muss die Hauptverhandlung wiederholt werden, so­fern die Parteien nicht ausdrücklich darauf verzichten.
Art. 144 ¹⁸² Parteivorträge
¹ Nach Abschluss des Beweisverfahrens stellen und begründen die Parteien ihre Anträge. Die Parteivorträge finden in folgender Reihenfolge statt:
a. Auditor;
b. Privatklägerschaft;
c. Dritte, die von einer beantragten Einziehung (Art. 51−53 MStG¹⁸³) betroffen sind;
d. Verteidiger des Angeklagten.
² Die Parteien haben das Recht auf einen zweiten Parteivortrag.
³ Der Angeklagte hat nach Abschluss der Parteivorträge das Recht auf das letzte Wort.
¹⁸² Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
¹⁸³ SR 321.0
Art. 145 Urteil
¹ Das Urteil lautet auf Freispruch oder Verurteilung.
² Erweist sich die Beurteilung aus prozessrechtlichen Gründen als unzulässig, so wird das Verfahren eingestellt.
Art. 146 Urteilsfällung
¹ Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, in der Hauptverhandlung gewonnenen Überzeugung.
² Das Urteil wird mit einfacher Stimmenmehrheit gefällt. Dies gilt auch für Zwi­schenentscheide.
³ …¹⁸⁴
¹⁸⁴ Aufgehoben durch Ziff. II des BG vom 20. März 1992, mit Wirkung seit 1. Sept. 1992 ( AS 1992 1679 ; BBl 1991 II 1462 , IV 184 ).
Art. 147 Gegenstand des Urteils
Gegenstand des Urteils ist die in der Anklageschrift bezeichnete Tat. Bei deren Wür­digung darf das Gericht nur die Ergebnisse der Hauptverhandlung berücksichti­gen.
Art. 148 Änderung des rechtlichen Gesichtspunkts
¹ Das Gericht ist an die rechtliche Beurteilung, die der Anklage zugrunde liegt, nicht gebunden.
² Eine Verurteilung aufgrund von Strafbestimmungen, die nicht in der Anklage­schrift aufgeführt sind, darf nur erfolgen, wenn der Angeklagte zuvor auf die Ver­än­derung des rechtlichen Gesichtspunktes hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Ver­teidigung gegeben worden ist.
³ In gleicher Weise ist vorzugehen, wenn in der Hauptverhandlung Umstände vor­­gebracht werden, welche die Strafbarkeit erhöhen.
Art. 149 Leichter Fall eines Verbrechens oder Vergehens
¹ Nimmt das Gericht einen im MStG¹⁸⁵ vorgesehenen leichten Fall einer Straftat an oder wertet es die Tat als blossen Disziplinarfehler, so spricht es den Angeklagten frei und verhängt eine Disziplinarstrafe¹⁸⁶. Das Gericht kann dem disziplinarisch Bestraften reduzierte Kosten der Untersuchung und der Hauptverhandlung auferlegen.¹⁸⁷
² Das Gericht kann alle Disziplinarstrafen aussprechen. Für die Angehörigen des Grenzwachtkorps bleibt Artikel 183 Absatz 2 des MStG vorbehalten; gegebenenfalls wird die Angelegenheit an die zuständige Stelle zwecks Eröffnung eines Disziplinarverfahrens überwiesen.¹⁸⁸
³ Hat das Gericht den Angeklagten verurteilt, disziplinarisch bestraft oder freige­spro­chen, so darf über ihn wegen der gleichen Tat keine Disziplinarstrafe mehr ver­hängt werden.
¹⁸⁵ SR 321.0
¹⁸⁶ Fassung erster Satzgemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
¹⁸⁷ Zweiter Satz eingefügt durch Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ).
¹⁸⁸ Fassung gemäss Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ).
Art. 150 Sicherheitshaft
Das Gericht kann einen Verurteilten oder einen wegen Unzurechnungsfähigkeit frei­gesprochenen Angeklagten zur Sicherung des Vollzuges einer Freiheitsstrafe oder Massnahme in Haft setzen.
Art. 151 Kosten und Entschädigung
¹ Dem Verurteilten werden die Kosten der Untersuchung und der Hauptverhand­lung auferlegt. Aus besondern Gründen kann ihm das Gericht die Kosten ganz oder teil­weise erlassen.
² Das Gericht bestimmt, ob und inwieweit mehrere Verurteilte solidarisch haften.
³ Dem Freigesprochenen können die Kosten ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn er das Verfahren durch verwerfliches Verhalten verursacht oder erschwert hat.
⁴ Die Vergütungen an Richter, Angehörige der Militärjustiz, Dolmetscher und Übersetzer trägt der Bund.¹⁸⁹
⁵ Das Gericht entscheidet über Entschädigungsbegehren nach den Regeln von Arti­kel 117 Absatz 3.
⁶ Der Privatklägerschaft können nach Artikel 165 a die Verfahrenskosten auferlegt werden.¹⁹⁰
¹⁸⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 4277 , 2017 2297 ; BBl 2014 6955 ).
¹⁹⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 152 Mündliche Urteilseröffnung
¹ Der Präsident des Militärgerichts eröffnet den Parteien das Urteil in öffentli­cher Sitzung durch Verlesen des Urteilsspruchs und Mitteilung der wesent­lichen Ent­scheidungsgründe.
² Von der Mitteilung der Entscheidungsgründe wird soweit abgesehen, als diese mit Rücksicht auf die Landesverteidigung oder Staatssicherheit geheim gehalten werden müssen.
³ Der Präsident unterrichtet die Parteien über die möglichen Rechtsmittel.
Art. 153 Form und Inhalt des Urteils
¹ Das Urteil wird schriftlich ausgefertigt. Es enthält Ort und Zeit der Verhandlung, die Namen der Richter, des Gerichtsschreibers, des Auditors, des Angeklagten und seines Verteidigers, die in der Anklage bezeichneten strafbaren Handlungen, die Anträge der Parteien sowie
a. bei Verurteilung: 1. den Sachverhalt;
2. die Tatsachen, welche die einzelnen Merkmale der strafbaren Handlung er­füllen;
3. die Gründe für die Strafzumessung und die Massnahmen;
4. die gesetzlichen Bestimmungen;
5. den Urteilsspruch;
b. bei Freispruch: 1. den Sachverhalt;
2. die Feststellung, dass die dem Angeklagten vorgeworfene Tat nicht erwie­sen oder nicht strafbar ist;
3. die Gründe für allfällige Massnahmen;
4. den Urteilsspruch;
c. bei Freispruch nach Artikel 149: 1. den Sachverhalt;
2. die Tatsache, welche die einzelnen Merkmale des Disziplinarfehlers erfül­len;
3. die Gründe für die Zumessung der Disziplinarstrafe;
4. den Urteilsspruch.
² Das Urteil enthält überdies den begründeten Entscheid über Kosten und Entschädigung, allenfalls über die Aufhebung bestehender Zwangsmassnahmen, über die Einziehung von Gegenständen und Vermögenswerten und über den zivilrechtlichen Anspruch der Privatklägerschaft sowie eine Rechtsmittelbelehrung.¹⁹¹
³ Der Präsident des Militärgerichts und der Gerichtsschreiber unterzeichnen das Urteil.
⁴ Redaktions- oder Rechnungsfehler oder Kanzleiversehen, die keinen Einfluss auf den Urteilsspruch oder auf den erheblichen Inhalt der Begründung haben, werden von Amtes wegen berichtigt.
¹⁹¹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 154 Zustellung von Urteilsausfertigungen
¹ Urteilsausfertigungen werden dem Verteidiger für sich und zuhanden des Verur­teilten oder Freigesprochenen, der Privatklägerschaft¹⁹², dem Auditor, dem Oberauditor und dem Vollzugskanton sowie den vom Bundesrat zu bezeichnenden Empfängern zugestellt.
² Urteilsausfertigungen, die mit Rücksicht auf die Landesverteidigung oder die Staatssicherheit geheim zu haltende Tatsachen enthalten, werden lediglich dem Eid­genössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport und dem Oberauditor zugestellt. Dem Auditor und dem Verteidiger werden auf Gesuch hin eine Urteilsausfertigung zur Einsichtnahme überlassen. Der Verurteilte und die Privatklägerschaft erhalten auf Gesuch hin Einsicht in die Urteilsausfertigung, die Geschädigte jedoch nur so weit, als das Urteil seine zi­vilrechtlichen Ansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann.¹⁹³
³ Für die öffentliche Bekanntmachung des Urteils gilt Artikel 125 a . Es wird nur das Dispositiv veröffentlicht.¹⁹⁴
⁴ Das Opfer, das sich nicht als Privatklägerschaft konstituiert hat, kann eine Kopie des Urteils verlangen. ¹⁹⁵
¹⁹² Ausdruck gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ). Diese Änd. wurde in den in der AS genannten Bestimmungen vorgenommen.
¹⁹³ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ).
¹⁹⁴ Eingefügt durch Anhang Ziff. 3 des BG vom 26. Sept. 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2016 ( AS 2015 3977 ; BBl 2013 7057 ).
¹⁹⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).

Fünfter Abschnitt: Verfahren gegen Abwesende und Wiederaufnahme

Art. 155 Besondere Vorschriften für die Hauptverhandlung und das Urteil
¹ Kann der Angeklagte nicht vorgeführt werden oder wird auf seine Vorführung ver­zichtet (Art. 131 Abs. 2) oder macht er sich verhandlungsunfähig, so wird ohne ihn verhandelt.
² Das Gericht verschiebt die Hauptverhandlung, wenn das persönliche Erscheinen des Angeklagten unerlässlich ist. Es nimmt trotzdem die unaufschiebbaren Be­weis­erhebungen vor.
³ Das Urteil lautet auf Verurteilung oder Freispruch.
⁴ Im Urteil ist auf die Bestimmung der Artikel 156 und 157 hinzuweisen.
Art. 156 Begehren um Aufhebung des Abwesenheitsurteils; Wirkung
¹ Wenn der in Abwesenheit Verurteilte sich stellt oder festgenommen wird, so wird ihm das Abwesenheitsurteil mit Begründung durch die Polizei oder den Unter­suchungsrichter ausgehändigt. Der Verurteilte kann innert zehn Tagen die Auf­hebung des Abwesenheitsurteils verlangen. Das Begehren kann ohne Begründung schrift­lich oder mündlich zu Protokoll gestellt werden. Es ist zulässig, sofern die Strafe noch nicht verjährt ist. In diesem Fall kann der Präsident des Militärgerichtes¹⁹⁶ die Ergän­zung der Voruntersuchung durch den Untersuchungsrichter anordnen. Dieser über­weist anschliessend die Akten dem Auditor.
² Das Gesuch um Aufhebung hemmt den Vollzug des Abwesenheitsurteils, wenn der Präsident des Militärgerichts nichts anderes verfügt.
³ Nach Aufhebung des Abwesenheitsurteils durch das Gericht findet die Neubeur­tei­lung im ordentlichen Verfahren statt.
¹⁹⁶ Ausdruck gemäss Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ). Diese Änd. ist im ganzen Erlass berücksichtigt.
Art. 157 Verzicht auf Aufhebung des Abwesenheitsurteils
¹ Verzichtet der in Abwesenheit Verurteilte nach Kenntnisnahme des Urteils auf des­sen Aufhebung, so hat er dies schriftlich oder mündlich zu Protokoll zu erklä­ren. Der Verzicht ist endgültig.
² Der Verzicht auf Aufhebung des Abwesenheitsurteils wird angenommen, wenn der in Abwesenheit Verurteilte
a. innert zehn Tagen seit Aushändigung des Abwesenheitsurteils kein Begehren um Neubeurteilung im ordentlichen Verfahren stellt;
b. einer Vorladung des Gerichts zur Hauptverhandlung im Wiederaufnahmever­fahren unentschuldigt keine Folge leistet.
Art. 158 Dispensation im Abwesenheitsverfahren
¹ Ein im Ausland ansässiger und in Abwesenheit verurteilter Schweizer, dem es aus wichtigen Gründen, insbesondere familiärer, gesundheitlicher, beruflicher oder
finanzieller Art nicht möglich ist, in die Schweiz zu kommen, kann die Aufhebung des Abwesenheitsurteils und die Neubeurteilung im ordentlichen Verfahren sowie die Dispensation von der Teilnahme an der Hauptverhandlung verlangen, solange die Strafe nicht verjährt ist. Beide Begehren sind zu begründen.
² Über das Dispensationsgesuch entscheidet der Präsident des Militärgerichts end­gültig.
³ Bei Ablehnung des Dispensationsgesuchs findet keine Aufhebung des Abwesen­heitsurteils und keine Neubeurteilung im ordentlichen Verfahren statt.
⁴ Vorbehalten bleibt die Erneuerung der Begehren aus bisher nicht geltend gemach­ten Gründen oder die Durchführung des Verfahrens nach Artikel 156 bei Einreise in die Schweiz.

Sechster Abschnitt: Verfahren bei Widerruf oder Rückversetzung ¹⁹⁷

¹⁹⁷ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
Art. 159 Hauptverhandlung
¹ Hat das Militärgericht oder das Militärappellationsgericht über einen Widerruf (Art. 40 MStG¹⁹⁸) oder eine Rückversetzung (Art. 89 StGB¹⁹⁹) zu entscheiden, so ist eine Hauptverhandlung durchzuführen. Artikel 119 Absatz 1bis bleibt vorbehalten.²⁰⁰
² Der Verurteilte ist anzuhören, der Auditor und der Verteidiger stellen und be­grün­den ihre Anträge. Der Verurteilte hat das letzte Wort.
³ Die Bestimmungen über die Hauptverhandlung und das Urteil (Art. 130ff.) gelten sinngemäss.
¹⁹⁸ SR 321.0
¹⁹⁹ SR 311.0
²⁰⁰ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).

Siebenter Abschnitt: …

Art. 160–162 ²⁰¹
²⁰¹ Aufgehoben durch Ziff. III des BG vom 3. Okt. 2003, mit Wirkung seit 1. März 2004 ( AS 2004 921 ; BBl 2002 7859 ).

Achter Abschnitt: Zivilrechtliche Ansprüche

Art. 163 ²⁰² Geltendmachung
¹ Die Privatklägerschaft kann ihre zivilrechtlichen Ansprüche aus einer strafbaren Handlung, die von einem Militärgericht beurteilt wird, adhäsionsweise im Strafverfahren geltend machen, soweit nicht der Bund für erlittenen Schaden gestützt auf Artikel 135 des Militärgesetzes vom 3. Februar 1995²⁰³ beziehungsweise auf Artikel 3 des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 1958²⁰⁴ haftet.
² Die Zivilklage wird mit der Erklärung nach Artikel 84 k Absatz 2 Buchstabe b rechtshängig.
³ Zieht die Privatklägerschaft ihre Zivilklage vor Abschluss der erstinstanzlichen Hauptverhandlung zurück, so kann sie sie auf dem Zivilweg erneut geltend machen.
²⁰² Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
²⁰³ SR 510.10
²⁰⁴ SR 170.32
Art. 163 a ²⁰⁵ Bezifferung und Begründung
¹ Die in der Zivilklage geltend gemachte Forderung ist nach Möglichkeit in der Erklärung nach Artikel 84 k zu beziffern und, unter Angabe der angerufenen Beweismittel, kurz schriftlich zu begründen.
² Bezifferung und Begründung haben spätestens im Parteivortrag zu erfolgen.
²⁰⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 163 b ²⁰⁶ Beweiserhebungen
¹ Der Untersuchungsrichter erhebt die zur Beurteilung der Zivilklage erforderlichen Beweise, sofern das Verfahren dadurch nicht wesentlich erweitert oder verzögert wird.
² Er kann die Erhebung von Beweisen, die in erster Linie der Durchsetzung der Zivilklage dienen, von der Leistung eines Kostenvorschusses der Privatklägerschaft abhängig machen.
²⁰⁶ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 164 ²⁰⁷ Zuständigkeit und Verfahren
¹ Das mit der Strafsache befasste Militärgericht beurteilt den Zivilanspruch ungeachtet des Streitwertes.
² Dem Beschuldigten wird spätestens im erstinstanzlichen Hauptverfahren Gelegenheit gegeben, sich zur Zivilklage zu äussern.
³ Das Militärgericht kann vorerst nur im Strafpunkt urteilen und die zivilrechtlichen Ansprüche später behandeln.
⁴ Würde die vollständige Beurteilung der zivilrechtlichen Ansprüche einen unver­hältnismässigen Aufwand erfordern, so kann das Militärgericht die Ansprüche nur dem Grundsatz nach entscheiden und die Privatklägerschaft im Übrigen an das Zivilgericht verweisen. Ansprüche von geringer Höhe beurteilt es jedoch nach Möglichkeit vollständig.
⁵ Anerkennt der Beschuldigte die Zivilklage, so wird dies im Protokoll und im verfahrenserledigenden Entscheid festgehalten.
²⁰⁷ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 164 a ²⁰⁸ Sicherheit für die Ansprüche gegenüber der Privatklägerschaft
¹ Die Privatklägerschaft, mit Ausnahme des Opfers, hat auf Antrag der beschuldigten Person für deren mutmassliche, durch die Anträge zum Zivilpunkt verursachten Aufwendungen Sicherheit zu leisten, wenn:
a. sie keinen Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz hat;
b. sie zahlungsunfähig erscheint, namentlich wenn gegen sie der Konkurs eröffnet oder ein Nachlassverfahren im Gang ist oder Verlustscheine bestehen;
c. aus anderen Gründen eine erhebliche Gefährdung oder Vereitelung des Anspruchs der beschuldigten Person zu befürchten ist.
² Der Präsident des Gerichts entscheidet über den Antrag endgültig. Er bestimmt die Höhe der Sicherheit und setzt eine Frist zur Leistung.
³ Die Sicherheit kann in bar oder durch Garantie einer in der Schweiz nieder­gelassenen Bank oder Versicherung geleistet werden.
⁴ Sie kann nachträglich erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben werden.
²⁰⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 165 Zulässigkeit der Beurteilung
Ein zivilrechtlicher Anspruch wird nur beurteilt, wenn der Angeklagte verurteilt oder vom Gericht disziplinarisch bestraft wird.
Art. 165 a ²⁰⁹ Kostentragungspflicht der Privatklägerschaft
¹ Der Privatklägerschaft können die Verfahrenskosten, die durch ihre Anträge zum Zivilpunkt verursacht worden sind, auferlegt werden, wenn:
a. das Verfahren eingestellt oder der Angeklagte freigesprochen wird;
b. die Privatklägerschaft die Zivilklage vor Abschluss der erstinstanzlichen Hauptverhandlung zurückzieht;
c. die Zivilklage abgewiesen oder auf den Zivilweg verwiesen wird.
² Bei Antragsdelikten können die Verfahrenskosten der antragstellenden Person, sofern diese mutwillig oder grob fahrlässig die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat, oder der Privatklägerschaft auferlegt werden:
a. wenn das Verfahren eingestellt oder der Angeklagte freigesprochen wird; und
b. soweit der Angeklagte nicht nach Artikel 151 Absatz 3 kostenpflichtig ist.
²⁰⁹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).

Drittes Kapitel: Rechtsmittel

Erster Abschnitt: Beschwerde

Art. 166 Zulässigkeit
¹ Die Beschwerde ist zulässig gegen Verfügungen, Amtshandlungen und Ver­säum­nisse des Untersuchungsrichters sowie gegen Haft‑, Beschlagnahme‑, Durch­­suchungsverfügungen der Präsidenten der Militär- und Militärappellationsge­richte. Gegen verfahrensleitende Verfügungen kann keine Beschwerde erhoben werden.
² Beschwerde kann erheben, wer unmittelbar betroffen ist.
Art. 167 Zuständigkeit
Es entscheiden endgültig:
a. der Präsident des zuständigen Militärgerichtes über Beschwerden gegen Haftverfügungen der Untersuchungsrichter;
b. der Oberauditor über Beschwerden gegen die andern Verfügungen der Un­ter­su­chungsrichter;
c. der Präsident des zuständigen Militärappellationsgerichts über Beschwerden gegen Verfügungen der Präsidenten der Militärgerichte;
d. der Präsident des Militärkassationsgerichts über Beschwerden gegen Verfü­gun­gen der Präsidenten der Militärappellationsgerichte;
Art. 168 Einreichung; Frist
¹ Die Beschwerde ist spätestens fünf Tage, nachdem der Betroffene von der anzu­fechtenden Verfügung oder Amtshandlung Kenntnis erhalten hat, mit schriftlicher Begründung bei der Beschwerdebehörde einzureichen. Bei Rechtsverweigerung kann jederzeit Beschwerde erhoben werden.
² Die Beschwerdebehörde holt unverzüglich die Stellungnahme des Beschwerde­geg­ners ein und veranlasst nötigenfalls weitere Erhebungen.
Art. 169 Aufschiebende Wirkung
Die Beschwerde hat nur aufschiebende Wirkung, wenn es die Beschwerdebehörde anordnet.
Art. 170 Beschwerdeentscheid
Wird die Beschwerde gutgeheissen, so trifft die Beschwerdebehörde die erforder­lichen Massnahmen. Sie kann namentlich Verfügungen aufheben und dem Beschwer­degegner Weisungen erteilen.
Art. 171 Kosten
Die Kosten trägt der Bund. Sie können dem Beschwerdeführer auferlegt werden, wenn er das Beschwerdeverfahren leichtfertig veranlasst hat.

Zweiter Abschnitt: Appellation

Art. 172 Zulässigkeit
¹ Die Appellation ist zulässig gegen Urteile der Militärgerichte mit Ausnahme der Abwesenheitsurteile.
² Wird lediglich der Entscheid über einen zivilrechtlichen Anspruch, über die Kosten und Entschädigung oder über die Einziehung von Gegenständen und Vermögenswerten angefochten, so ist einzig der Rekurs zulässig.²¹⁰
³ Die Appellation ist ferner zulässig gegen Entscheide der Militär­ge­richte über einen Widerruf (Art. 40 MStG²¹¹) oder eine Rückversetzung (Art. 89 StGB²¹²).²¹³
²¹⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
²¹¹ SR 321.0
²¹² SR 311.0
²¹³ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
Art. 173 Legitimation; aufschiebende Wirkung
¹ Die Appellation kann vom Angeklagten oder seinem Verteidiger sowie vom Audi­tor eingereicht werden. Der Auditor kann auch zugunsten des Angeklagten appel­lie­ren.
¹bis Die Privatklägerschaft kann appellieren, wenn sie sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hat und soweit das Urteil ihre zivilrechtlichen Ansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann.²¹⁴
² Die Appellation hemmt den Vollzug des Urteils.
²¹⁴ Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 174 Einreichung, Frist
¹ Die Appellation ist innert fünf Tagen seit der mündlichen Eröffnung des Urteils beim Militärgericht schriftlich oder mündlich zu erklären. Sie kann auf einen Teil des Urteils beschränkt werden.
² Das Gericht gibt den Parteien von der Appellationserklärung Kenntnis.²¹⁵
²¹⁵ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ).
Art. 175 Rückzug
¹ Die Appellation kann bis zum Schluss des Beweisverfahrens schriftlich oder mündlich zu Protokoll zurückgezogen werden.
² Zieht der Angeklagte oder die Privatklägerschaft die Appellation zurück, so trägt er oder sie in der Regel die aus seinem Rechtsmittel erwachsenen Kosten.²¹⁶
³ Die Abschreibung wird vom Präsidenten des Gerichts verfügt, bei dem sich die Akten befinden.
²¹⁶ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ).
Art. 176 Übermittlung der Akten
Nach Zustellung des schriftlich begründeten Urteils an die Parteien übermittelt der Präsident des Militärgerichts die Akten dem Militärappellationsgericht.
Art. 177 Einhaltung der Frist; Verspätung
Der Präsident des Militärappellationsgerichts prüft, ob die Appellation rechtzeitig eingereicht wurde. Nimmt er an, dass sie verspätet ist, so legt er die Akten dem Gericht vor, das hierüber im schriftlichen Verfahren entscheidet.
Art. 178 Vorbereitung der Hauptverhandlung
Der Präsident des Militärappellationsgerichts bereitet die Hauptverhandlung vor und setzt den Parteien eine angemessene Frist für Ablehnungsbegehren und Be­wei­s­anträge. Nach Ablauf der Frist lässt er die Akten bei den Richtern zirkulieren. Im übri­gen gelten die Artikel 124−129 sinngemäss.
Art. 179 Ausbleiben des Angeklagten oder der Privatklägerschaft ²¹⁷
¹ Kann dem Angeklagten oder der Privatklägerschaft die Vorladung zur Hauptverhand­lung nicht zugestellt werden oder bleibt er oder sie, ohne vom Erscheinen dispensiert zu sein, trotz ordnungsgemässer Vorladung aus, so ist seine Appellation eine Stunde nach dem Verhandlungstermin verwirkt.²¹⁸
² Die Verwirkung wird widerrufen, wenn der Säumige glaubhaft macht, dass er unverschuldet der Vorladung keine Folge leisten konnte.
³ Das Gesuch um Aufhebung der Säumnisfolgen ist innert zehn Tagen nach Emp­fang der Mitteilung über die Verwirkung der Appellation beim Militärappellati­ons­gericht einzureichen.
⁴ Kann das Gesuch aus wichtigen Gründen nicht fristgemäss gestellt werden, so ist es innerhalb von zehn Tagen seit Wegfall des Hindernisses einzureichen.
²¹⁷ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ).
²¹⁸ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ).
Art. 180 Vorführung des Angeklagten; Abwesenheitsverfahren
Hat der Auditor die Appellation erklärt, und bleibt der Angeklagte trotz ordnungs­gemässer Vorladung ohne genügende Entschuldigung aus, so kann seine Vorfüh­rung angeordnet werden. Kann er nicht vorgeführt werden oder wird auf seine Vor­füh­rung verzichtet, so gelten die Bestimmungen über das Verfahren gegen Ab­we­sende und die Wiederaufnahme.
Art. 181 Hauptverhandlung
¹ Das Gericht kann nötigenfalls die Hauptverhandlung von sich aus oder auf Antrag unterbrechen oder verschieben.
² Bei den Parteivorträgen hat der Appellant das erste Wort. Haben mehrere Parteien appelliert, so spricht zuerst der Auditor und zuletzt der Angeklagte. Jeder Partei steht das Recht eines zweiten Vortrages zu. Der Angeklagte hat das letzte Wort.²¹⁹
³ Im übrigen gelten für die Hauptverhandlung vor dem Militärappellationsgericht sinngemäss die Artikel 130, 132–134, 135 Absatz 1, 136–142, 145–147, 148 Absatz 1, 149, 150 und 152–154.
²¹⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ).
Art. 182 Entscheidungsbefugnis
¹ Das Militärappellationsgericht ist bei der Neubeurteilung der Strafsache in tat­säch­licher und rechtlicher Hinsicht frei. Es ist an die Anträge der Parteien nicht ge­bun­den.
² Das Urteil darf nicht zuungunsten des Angeklagten abgeändert werden, wenn er allein oder insoweit der Auditor ausdrücklich zu seinen Gunsten appelliert hat.
Art. 183 Kosten; Entschädigung
¹ Wird die Appellation des Angeklagten im vollen Umfang gutgeheissen, so trägt der Bund die Kosten des Appellationsverfahrens. In den andern Fällen trifft das Mili­tärappellationsgericht den Kostenentscheid nach seinem Ermessen.
² In gleicher Weise entscheidet das Gericht über die Zusprechung einer angemesse­nen Entschädigung für Anwaltskosten des Angeklagten, sofern dieser nicht amtlich verteidigt ist. Hat allein die Privatklägerschaft appelliert, so kann sie verpflichtet werden, der Gerichtskasse Ersatz zu leisten.²²⁰
²bis Heisst das Gericht die Appellation der Privatklägerschaft ganz oder teilweise gut, so kann es ihr eine Entschädigung für die Anwaltskosten zusprechen, sofern sie nicht unentgeltlich verbeiständet ist. Der Verurteilte kann verpflichtet werden, der Gerichtskasse Ersatz zu leisten.²²¹
³ Über weitere Entschädigungsbegehren entscheidet das Gericht nach den Regeln des Artikels 117 Absatz 3.
⁴ Der Privatklägerschaft können nach Artikel 165 a die Verfahrenskosten auferlegt werden.²²²
²²⁰ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ).
²²¹ Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ).
²²² Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).

Dritter Abschnitt: Kassation

Art. 184 Zulässigkeit
¹ Die Kassationsbeschwerde kann erhoben werden
a. gegen Urteile und Unzuständigkeitsentscheide der Militärappellations­­gerichte;
b.²²³
gegen Entscheide der Militärappellationsgerichte über einen Widerruf (Art. 40 MStG²²⁴) sowie über eine Rückversetzung (Art. 89 StGB²²⁵);
c. gegen Abwesenheitsurteile der Militärgerichte .
² Für die Fälle von Buchstabe b gelten die Artikel 185–194 sinngemäss.
²²³ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
²²⁴ SR 321.0
²²⁵ SR 311.0
Art. 185 Kassationsgründe
¹ Die Kassation ist auszusprechen, wenn
a. das Gericht nicht vorschriftsgemäss besetzt war;
b. das Gericht seine Zuständigkeit zu Unrecht bejaht oder verneint hat;
c. während der Hauptverhandlung wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt worden sind, sofern dem Beschwerdeführer dadurch ein Rechtsnachteil ent­standen ist;
d. das Urteil eine Verletzung des Strafgesetzes enthält;
e. das Urteil keine hinreichenden Entscheidungsgründe enthält;
f. wesentliche tatsächliche Feststellungen des Urteils dem Ergebnis der Beweis­ver­fahren widersprechen.
² Aus den in den Buchstaben a und c genannten Gründen kann die Kassation nur begehrt werden, wenn die Partei während der Hauptverhandlung einen entspre­chen­den Antrag gestellt oder den Mangel gerügt hat.
Art. 186 Legitimation; Fristen
¹ Die Kassation kann vom Angeklagten, seinem Verteidiger und vom Auditor ver­langt werden. Hat der Auditor auf die Kassationsbeschwerde verzichtet, so steht die­ses Recht dem Oberauditor zu.
¹bis Die Privatklägerschaft kann Kassationsbeschwerde erheben, wenn sie sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hat und soweit das Urteil ihre zivilrechtlichen Ansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann.²²⁶
² Die Kassationsbeschwerde ist innert fünf Tagen nach der mündlichen Eröffnung des Urteils schriftlich beim Gericht anzumelden, das geurteilt hat.
³ Für den Oberauditor beginnt diese Frist mit dem Eingang des Urteils. Er kann innert der Frist die Akten zur Einsicht verlangen. In diesem Fall läuft die Frist zur Anmeldung der Kassationsbeschwerde neu vom Eingang der Akten an.
²²⁶ Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 187 Schriftenwechsel; Wirkung
¹ Nach Eingang der Anmeldung der Kassationsbeschwerde setzt der Präsident des Gerichts dem Beschwerdeführer unter Zustellung des begründeten Urteils eine Frist von 20 Tagen zur schriftlichen Begründung.
² Nach Eingang der Begründung stellt sie der Präsident des Gerichts dem Kassa­tionsgegner zur Vernehmlassung innert 20 Tagen zu. Anschliessend übermittelt er die Akten mit den Rechtsschriften und seinem allfälligen Bericht dem Präsidenten des Militärkassationsgerichts.
³ Die Kassationsbeschwerde hemmt den Vollzug des Urteils.
⁴ Anmeldung und Rückzug der Kassationsbeschwerde sind dem Oberauditor zu mel­den.
Art. 188 Vorbereitung der Verhandlung
Der Präsident des Militärkassationsgerichts setzt die Akten bei den Mitgliedern des Gerichts in Zirkulation und trifft die für die Verhandlung erforderlichen An­ord­nun­gen.
Art. 189 Weiterer Schriftenwechsel; Entscheidungsbefugnis
¹ Eine mündliche Parteiverhandlung findet nicht statt. Hingegen kann ein weiterer Schriftenwechsel angeordnet werden.
² Das Militärkassationsgericht prüft nur die gestellten Anträge.
³ Stützt sich die Kassation auf Artikel 185 Absatz 1 Buchstaben a, b oder c, so wer­den lediglich die in der Kassationsbeschwerde aufgeführten Tatsachen berück­sich­tigt.
⁴ Bei Kassationsbeschwerden, die sich auf Artikel 185 Absatz 1 Buchstabe d, e oder f stützen, ist das Militärkassationsgericht nicht an die Begründung der Kassa­tions­­beschwerde gebunden.
Art. 190 Beurteilung
Hält das Militärkassationsgericht die Kassationsbeschwerde für begründet, so hebt es das angefochtene Urteil auf.
Art. 191 Rückweisung
¹ Wird das Urteil aufgehoben, so weist das Militärkassationsgericht die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück.
² Aus besonderen Gründen kann es die Sache auch einem anderen Gericht gleicher Instanz zuweisen.
³ Hebt das Militärkassationsgericht das Urteil in Anwendung von Artikel 185 Absatz 1 Buchstabe b auf, so überweist es die Sache der zuständigen Behörde.
Art. 192 Neubeurteilung
¹ Der Neubeurteilung ist die rechtliche Begründung des Urteils des Militärkassa­tionsgerichts zugrunde zu legen.
² Das Gericht darf nicht zuungunsten des Angeklagten entscheiden, wenn dieser die Kassationsbeschwerde allein oder soweit sie der Auditor oder der Oberauditor aus­drücklich zu seinen Gunsten eingereicht hat.
Art. 193 ²²⁷ Kosten; Entschädigung
Für Kosten und Entschädigung gilt sinngemäss Artikel 183.
²²⁷ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ).
Art. 194 Eröffnung und Zustellung des Urteils
¹ Den Parteien sind Zeit und Ort der Urteilsverkündung anzuzeigen. Das Erschei­nen ist ihnen freigestellt.
² Für die Zustellung des begründeten Urteils gilt Artikel 154.

Vierter Abschnitt: Rekurs

Art. 195 ²²⁸ Zulässigkeit
Gegen Entscheide der Militär- und der Militärappellationsgerichte kann, sofern die Appellation oder die Kassationsbeschwerde nicht zulässig ist, Rekurs an das Militärkassationsgericht erhoben werden, namentlich in folgenden Fällen:
a. Vollstreckung aufgeschobener Strafe nach Vollzug von Massnahmen;
b. Verweigerung der Wiederaufnahme des Verfahrens;
c. Entscheid über zivilrechtliche Ansprüche;
d. Entscheid über Kostenauflage und Entschädigungsbegehren;
e. Einziehung;
f. Anordnung von Haft im Anschluss an die Urteilseröffnung.
²²⁸ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
Art. 196 ²²⁹ Legitimation
¹ Der Rekurs kann vom Angeklagten, von seinem Verteidiger und vom Auditor erhoben werden.
² Die Privatklägerschaft kann in den Fällen von Artikel 195 Buchstaben b–e Rekurs erheben.
³ Der von einer angeordneten Einziehung betroffene Dritte kann in einem Fall von Artikel 195 Buchstabe e Rekurs erheben.
²²⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 197 Frist; Verfahren
¹ Der Rekurs ist innert 20 Tagen nach der schriftlichen Mitteilung des angefochte­nen Entscheids schriftlich mit Antrag und Begründung beim Gericht einzureichen, des­sen Entscheid angefochten wird. Der Präsident setzt dem Rekursgegner eine Frist von 20 Tagen zur Vernehmlassung. Hierauf übermittelt er die Akten mit den Rechts­schriften und seinem allfälligen Bericht dem Präsidenten des Militärkassati­ons­gerichts.
² Artikel 182 gilt sinngemäss. Indessen ist das Militärkassationsgericht bei Rekur­sen nach Artikel 195 Buchstaben e und f an den Entscheid über die Bestrafung ge­bun­den.
³ Eine mündliche Parteiverhandlung findet nicht statt. Hingegen kann ein weiterer Schriftenwechsel angeordnet werden.
Art. 198 Entscheid
Wird der Rekurs gutgeheissen, kann das Militärkassationsgericht den Fall zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückweisen oder in der Sache selber entschei­den.
Art. 199 ²³⁰ Kosten; Entschädigung
Für Kosten und Entschädigung gilt sinngemäss Artikel 183.
²³⁰ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ).

Fünfter Abschnitt: Revision

Art. 200 Revisionsgründe
¹ Die Revision eines rechtskräftigen Strafmandats oder Urteils kann verlangt wer­den, wenn:
a. Tatsachen oder Beweismittel vorliegen, die dem Richter im früheren Verfahren nicht bekannt waren und die allein oder zusammen mit den früher festgestellten Tatsachen geeignet sind, Freispruch oder erheblich geringere Bestrafung des Verurteilten, Verurteilung eines Freigesprochenen oder Verur­tei­lung wegen ei­ner schwereren Straftat zu bewirken;
b. durch eine Straftat auf das Ergebnis des früheren Verfahrens eingewirkt wurde;
c. seit Erlass des früheren Urteils ein neues Strafurteil ausgesprochen wurde, das mit dem früheren unvereinbar ist;
d. der Freigesprochene nach Erlass des Urteils ein glaubwürdiges Geständnis ab­gelegt hat;
e. eine Verletzung der Ausstandsvorschriften vorliegt, die früher nicht geltend gemacht werden konnte;
f.²³¹
der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil festgestellt hat, dass die Konvention vom 4. November 1950²³² zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat, sofern eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen, und die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen; in diesem Fall muss das Revisionsgesuch innert 90 Tagen eingereicht werden, nachdem das Urteil oder die Entscheidung des Gerichtshofs endgültig geworden ist.
² Nach Ablauf der Verjährungsfrist ist die Revision zuungunsten des Beurteilten ausgeschlossen.
²³¹ Eingefügt durch Anhang Ziff. 16 des BG vom 4. Okt. 1991 ( AS 1992 288 , 337 Art. 2 Abs. 1 Bst. i; BBl 1991 II 465 ). Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 1. Okt. 2021, in Kraft seit 1. Juli 2022 ( AS 2022 289 ; BBl 2021 300 , 889 ).
²³² SR 0.101
Art. 201 Zivilrechtliche Ansprüche
¹ Wegen zivilrechtlicher Ansprüche kann um Revision nachgesucht werden:
a. aus den in Artikel 200 Buchstaben b–e genannten Gründen;
b. wenn entscheidende, dem Gericht nicht vorgebrachte Tatsachen oder Beweis­mittel entdeckt werden, die geeignet sind, eine andere Beurteilung des zivil­rechtlichen Anspruchs herbeizuführen.
² Die Revision aus den in Absatz 1 Buchstabe b genannten Gründen muss innert 30 Tagen nach ihrer Entdeckung verlangt werden. Nach Ablauf von zehn Jahren seit Zustellung der Urteilsausfertigung kann die Revision nicht mehr verlangt wer­den.
Art. 202 Legitimation
Die Revision können beantragen:
a. der Auditor;
b.²³³ der Verurteilte, nach seinem Tod seine Verwandten und Verschwägerten in auf- oder absteigender Linie, seine Geschwister sowie der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner;
c. der gesetzliche Vertreter des Verurteilten;
d.²³⁴ die Privatklägerschaft, wenn sie sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hat und soweit der Entscheid ihre Zivilforderungen betrifft oder sich auf deren Beur­teilung auswirken kann;
e.²³⁵
der von einer Einziehung betroffene Dritte.
²³³ Fassung gemäss Anhang Ziff. 23 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
²³⁴ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 ( AS 1992 2465 ; BBl 1990 II 961 ).
²³⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 203 Gesuch; aufschiebende Wirkung
¹ Das Revisionsgesuch ist dem Militärkassationsgericht schriftlich einzureichen.
² Im Gesuch sind die Gründe und die Beweismittel anzugeben.
³ Das Gesuch hemmt den Vollzug des Urteils nur, wenn der Präsident es verfügt.
⁴ …²³⁶
²³⁶ Aufgehoben durch Ziff. II des BG vom 20. März 1992, mit Wirkung seit 1. Sept. 1992 ( AS 1992 1679 ; BBl 1991 II 1462 , IV 184 ).
Art. 204 Amtliche Verteidigung
Erscheint das Revisionsgesuch nicht zum vorneherein als aussichtslos, so kann der Präsident des Militärkassationsgerichts zur Ergänzung des Gesuches und für das weitere Verfahren einen amtlichen Verteidiger bestellen.
Art. 205 Weitere Abklärungen
Hält der Präsident des Militärkassationsgerichts weitere Abklärungen für notwen­dig, so nimmt er diese selbst vor oder lässt sie durch ein Mitglied des Gerichts oder den Untersuchungsrichter vornehmen.
Art. 206 Rechtskraft des angefochtenen Urteils
Bis zum Entscheid über das Revisionsgesuch bleibt das angefochtene Urteil rechts­kräftig.
Art. 207 Entscheid; Kosten
¹ Wird das Revisionsgesuch gutgeheissen, so hebt das Militärkassationsgericht das Strafmandat oder das Urteil auf und weist die Sache zur Neubeurteilung an die Instanz zurück, welche rechtskräftig geurteilt hat, ausgenommen in Fällen, in denen es nach Artikel 198 selbst entschieden hat.
² Aus besondern Gründen kann es die Sache auch einer andern Instanz gleicher Stufe zuweisen.
³ Wird das Gesuch abgewiesen, so können dem Gesuchsteller die Kosten des Ver­fah­rens auferlegt werden.
Art. 208 Neubeurteilung
¹ Die neue Behandlung des Falles erfolgt im ordentlichen Verfahren.
² Die vom Militärkassationsgericht als erheblich bezeichneten Beweismittel müssen erhoben werden.
Art. 209 Wiedereinsetzung
¹ Wird der Verurteilte im wiederaufgenommenen Verfahren ganz oder teilweise frei­gesprochen, so wird er in seine Rechte nach dem neuen Urteil wieder eingesetzt. Bussen und Kosten werden entsprechend zurückerstattet. über eine Entschädigung wird nach den Regeln des Artikels 117 Absatz 3 entschieden.
² Das Gericht kann die Veröffentlichung des Urteils anordnen.

Viertes Kapitel: Strafvollzug

Art. 210 Rechtskraft
Ein Urteil wird rechtskräftig, wenn die Frist zur Einreichung der Appellation oder der Kassationsbeschwerde unbenützt verstrichen ist oder das Begehren zurückgezo­gen oder abgewiesen wurde.
Art. 211 ²³⁷ Vollzugskanton
¹ Als Vollzugskanton ist der Kanton zu bezeichnen, in dem die verurteilte Person ihren Wohnsitz hat.
² Der Bundesrat bestimmt den Vollzugskanton für Personen, die keinen Wohnsitz in der Schweiz haben.
²³⁷ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
Art. 212 ²³⁸ Vollzug der Strafen und Massnahmen
¹ Der Vollzugskanton vollzieht die Freiheitsstrafe, die Geldstrafe, die Busse und die Massnahmen.²³⁹ Vorbehalten bleibt der militärische Vollzug der Freiheitsstrafe nach Artikel 34 b MStG²⁴⁰.
² Der Ertrag der Geldstrafen und der Bussen sowie der Einziehung geht an den einziehenden Kanton. Vorbehalten bleibt Artikel 53 MStG.
²³⁸ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).
²³⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 19. Juni 2015 (Änderungen des Sanktionenrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2016 1249 ; BBl 2012 4721 ).
²⁴⁰ SR 321.0
Art. 213 ²⁴¹
²⁴¹ Aufgehoben durch Ziff. II des BG vom 20. März 1992, mit Wirkung seit 1. Sept. 1992 ( AS 1992 1679 ; BBl 1991 II 1462 , IV 184 ).
Art. 214 Einzug von Gerichtskosten
Sind dem Verurteilten Kosten auferlegt worden, so werden sie nach den Vorschrif­ten über die Vollstreckung der Zivilurteile eingezogen. Eine Umwandlung in Haft findet nicht statt.
Art. 215 ²⁴² Vollzugskosten; Rückgriffsrecht
¹ Die Kantone tragen die Kosten des Vollzugs von Strafen und Massnahmen.
² Gegen den Betroffenen steht dem Kanton für die Kosten des Vollzugs von Massnahmen nach den Artikeln 56–65 StGB²⁴³ ein Rückgriffsrecht zu.²⁴⁴
²⁴² Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 22. März 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 ( AS 1992 2392 ; BBl 1988 II 1333 ).
²⁴³ SR 311.0
²⁴⁴ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 3. Okt. 2008 (Korrekturen infolge der Revision des AT MStG und weitere Anpassungen), in Kraft seit 1. März 2009 ( AS 2009 701 ; BBl 2007 8353 ).

Fünftes Kapitel: Strafverfahren gegen Ausländer

Art. 216 Genfer Abkommen
Für Strafverfahren, die in Kriegszeiten gegen Ausländer durchgeführt werden, blei­ben die vom vorliegenden Gesetz abweichenden Bestimmungen der Genfer Ab­kom­men über den Schutz der Kriegsopfer ²⁴⁵ vorbehalten.
²⁴⁵ SR 0.518.12 , 0.518.221 , 0.518.23 , 0.518.42 , 0.518.51
Art. 217 Abweichung von Strafmindestmassen
Bei den Verbrechen und Vergehen von Ausländern, die keine Treuepflicht gegen­über der Schweiz verletzen, ist der Richter nicht an die Strafmindestmasse des Gesetzes gebunden.

Dritter Titel: Schlussbestimmungen

Art. 218 Vollzug
Der Bundesrat erlässt die Vollzugsvorschriften.
Art. 219 Aufhebung bisherigen Rechts
Das Bundesgesetz vom 28. Juni 1889 ²⁴⁶ über die Militärstrafgerichtsordnung wird aufgehoben.
²⁴⁶ (BS 3 456. AS 1951 437 Ziff. II; 1968 212 Ziff. III]
Art. 220 Übergangsrecht
¹ Beim Inkrafttreten dieses Gesetzes hängige Verfahren werden nach neuem Recht weitergeführt.
² Rechtzeitig angemeldete Kassationsbeschwerden gelten als Appellationserklärun­gen und werden vom Präsidenten des Militärkassationsgerichts den zuständigen Militärappellationsgerichten überwiesen.
³ Die Amtsdauer der Richter und Ersatzrichter der Militärgerichte, die ihre Tätigkeit unter bisherigem Recht ausübten, läuft mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ab.
Art. 220 a ²⁴⁷ Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 17. Juni 2016
¹ Verfahren, die bei Inkrafttreten der Änderung vom 17. Juni 2016 hängig sind, werden nach neuem Recht fortgeführt, soweit die Bestimmungen dieses Artikels nichts anderes vorsehen.
² Verfahrenshandlungen, die vor Inkrafttreten dieser Änderung angeordnet oder durchgeführt worden sind, behalten ihre Gültigkeit.
³ Ist bei Inkrafttreten dieser Änderung das Beweisverfahren der erstinstanzlichen Hauptverhandlung bereits abgeschlossen, so wird das erstinstanzliche Verfahren nach bisherigem Recht durchgeführt.
⁴ Ist vor Inkrafttreten dieser Änderung ein Entscheid gefällt worden, so werden Rechtsmittel nach bisherigem Recht beurteilt. Wird ein Verfahren von der Rechtsmittelinstanz zur neuen Beurteilung zurückgewiesen, so ist neues Recht anwendbar.
⁵ Für Einsprachen gegen Strafmandate gilt Absatz 4 sinngemäss.
⁶ Für Rechtsmittel gegen Entscheide, die nach Inkrafttreten dieser Änderung gefällt werden, gilt in jedem Fall neues Recht.
²⁴⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3911 ; BBl 2015 6059 7711 ).
Art. 221 Referendum und Inkrafttreten
¹ Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
² Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 1980²⁴⁸
²⁴⁸ BRB vom 11. Juli 1979
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