Beschluss über die Organisation der Grundausbildung und Fortbildung, des Studiums, de... (342.14)
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Beschluss über die Organisation der Grundausbildung und Fortbildung, des Studiums, der beruflichen Ausbildung und der Weiterbildung der Gefangenen

Beschluss vom 25. September 2008 über die Organisation der Grundausbildung und Fortbildung, des Studiums, de r beruflichen Ausbildung und der Weiterbildung der Gefangenen Die lateinische Konfer enz der in Straf- und Massnahmenvollzugsfragen zuständigen Behörden gestützt auf die Artikel 74, 75, 82, 83, 90, 372 Abs. 3 und 380 des Schweizerischen Stra fgesetzbuches vom 21. Dezember 1937 (StGB); gestützt auf die Verordnung vom 19. September 2006 zum Schweizerischen Strafgesetzbuch und zum Militärstrafgesetz (V-StGB-MStG); gestützt auf die Artikel 4 Bst. c, 12 und 23 des Konkordats vom 10. April
2006 über den Vollzug der Freiheitsstrafen und Massnahmen an Erwachsenen und jungen Erwachsenen in den Kantonen der lateinischen Schweiz (Konkordat über den strafrechtlichen Freiheitsentzug an Erwachsenen); in Erwägung: Das neue Sanktionenrecht ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Es führt die heutige Praxis weiter, wonach die gefangene Person so weit wie möglich eine ihren Fähigkeiten entsprechende Grundausbildung und Zusatzausbildung erwerben können soll. Es ist Sache der zuständigen Behörden, Möglichkeiten für eine Grundausbildung und Weiterbildung vorzusehen und zu fördern und solche im Rahmen des Vollzugsplans für Strafen und Massnahmen zu schaffen, wobei auf die Kapazitäten der Anstalten und den Schutz der Öffentlichkeit Rücksicht zu nehmen ist. Diese Anforderungen sind an sich weder für die zu einer Strafe verurteilten noch für die verwahrten Personen etwas Neues. Dasselbe gilt für die Entschädigung dieser Tätigkeiten, di e Anspruch auf eine angemessene Vergütung geben (Art. 83 Abs. 3 StGB). Auf Antrag der Konkordatskommission und der Kommission für Bewährungshilfe vom 20. Juni 2008,
beschliesst: I. Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Die Grundausbildung und die Fortbildung, das Studium, die berufliche Ausbildung und die Weiterbildung der gefangenen Personen sind als Beitrag zur Wiedereingliederung und Vorbeugung gegen Rückfälle zu betrachten.

Art. 2

Diese Mittel können immer eingesetzt werden, wenn die Anstalt ein positives Ergebnis davon erwarten darf.

Art. 3

Der gefangenen Person, die als fähig betrachtet wird, die grundlegenden theoretischen und praktischen Kenntnisse zu erwerben, wird die Bewilligung erteilt, eine Grundausbil dung oder Weiterbildung, eine Lehre oder eine berufliche Ausbildung zu absolvieren, soweit es die Umstände, namentlich die Dauer der Freiheitsentziehung, erlauben. Die Risiken einer Gefährdung der Öffentlichkeit, des Pers onals und der Mitgefangenen sowie die Fähigkeiten und die Motivation der gefangenen Person sind zu berücksichtigen.

Art. 4

Die Teilnahme an dieser Ausbildung oder an den Kursen muss von der Anstaltsdirektion, die sie in den Vollzu gsplan einfügt, bewilligt werden. Ist der Abschluss eines Vertrages erforderlich, so verlangt die Anstaltsdirektion, dass dieser von der gefangenen Person und/oder gegebenenfalls von ihrem Vormund unterzeichnet wird.

Art. 5

1 Die Zustimmung der zuständigen Behörden des Urteils- oder des Einweisungskantons ist in allen Fällen erforderlich, in denen diese sich finanziell beteiligen müssen, oder we nn ein Arbeitsweg ausserhalb der Anstalt vorgesehen ist.
2 Die Artikel 75a und 90 Abs. 4 bis StGB bleiben vorbehalten. Dies gilt auch für die Artikel 84 Abs. 6 bis und 90 Abs. 4 ter des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 2007 zur Änderung des StGB (lebenslängliche Verwahrung von extrem gefährlichen Straftätern), in Kraft getreten am 1. August 2008.

Art. 6

1 Zieht die Anstaltsdirektion Fachleute zur Abklärung der nötigen Fähigkeiten einer gefangenen Person für den Abschluss der von ihr gewünschten Ausbildung bei, so gehen die Kosten zu Lasten des Urteils- oder des Einweisungskantons.
2 Bei einer Lehre geht der Kauf des Materials, das von der Anstalt nicht geliefert werden kann, zu Lasten des Urteils- oder Einweisungskanton.

Art. 7

1 Die gefangene Person kann im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten, die von der Anstaltsleitung abzuklären sind, zur finanziellen Beteiligung an den Ausbildungskosten angehalten werden.
2 Der Anteil der gefangenen Person wird von der Anstaltsleitung oder von der zuständigen Behörde des Urteils- oder Einweisungskantons auf Antrag der Direktion je nach Kosten der Ausbildung und nach der finanziellen Situation der gefangenen Person festgesetzt.

Art. 8

Die Bewilligung, eine Grundausbildung oder Fortbildung, Kurse, eine berufliche Ausbildung oder eine Weiterbildung zu absolvieren, kann von der Anstaltsdirektion mit der Zustimmung der Einweisungsbehörde entzogen werden: a) wenn die gefangene Person eine negative Einstellung oder ein negatives Verhalten, die das Erreichen der Zielsetzungen fraglich erscheinen lassen, an den Tag legt; b) wenn es der gefangenen Person an Seriosität und am Durchhaltewillen mangelt; c) wenn sich erweist, dass die gefangene Person nicht über die nötigen Fähigkeiten verfügt; d) aus Sicherheitsgründen. II. Fernkurse und audiovisuelle Mittel

Art. 9

1 Die Anstaltsdirektion beurteilt, ob die gefangene Person über die nötigen Fähigkeiten für den Besuch der Kurse zur Erlangung der geplanten Ausbildung verfügt.
2 In einer ersten Phase, deren Dauer von der Anstaltsdirektion festgesetzt wird, verfolgt die gefangene Person ihr Studium während ihrer Freizeit.
3 Haben sich der seriöse Wille zum Studium und die Ausdauer der gefangenen Person bestätigt, so kann die Anstaltsdirektion in dem Mass und in den Zeitabständen, die sie festlegen wird, einen oder mehrere Halbtage pro Woche während der Arbeitszeit gewähren, damit die gefangene Person sich namentlich im Hinblick auf die Prüfungen besser vorbereiten kann.
4 Die Direktion lässt den Lerneinsatz der gefangenen Person in dem Masse und auf die Art und Weise, die sie für zweckmässig erachtet, überprüfen. III. Kurse für die Vorbereitung auf die Matura, das Baccalauréat oder für den Zugang zu einer Hochschule

Art. 10

1 Die Anstaltsdirektion klärt ab, ob die erworbenen Kenntnisse, die intellektuellen Fähigkeiten und die Erfolgschancen einer gefangenen Person, die die Kurse für die Vorbereitung auf die Matura oder das Baccalauréat oder für den Zugang zu einer Hochschule (z.B. FH) besuchen möchte, vorhanden sind.
2 Die Anstaltsdirektion räumt der gefangenen Person, der die Erlaubnis zum Besuch der Kurse für die Vorbereitung auf die Matura oder das Baccalauréat oder für den Zugang zu einer Hochschule (z.B. FH) erteilt worden ist, die nötige Zeit ein, damit sie in ihren Studien vorankommen kann.
3 Sie sichert ihr nach Möglichkeit die Mitwirkung von qualifizierten Lehrkräften, die sie unterstützen und beraten können.
4 Artikel 9 Abs. 4 dieses Beschlusses ist anwendbar. IV. Universitätsstudium oder Studium an einer Hochschule

Art. 11

1 Die Anstaltsdirektion kann einer ge fangenen Person bewilligen, in der Anstalt ein Universitätsstudium oder ein Hochschulstudium zu absolvieren, unter der Bedingung, dass: a) die gefangene Person an einer anerkannten Universität oder Hochschule immatrikuliert ist oder sich immatrikulieren lassen kann; b) ihr Studium im Einvernehmen mit den Behörden dieser Universität oder Hochschule organisiert wird; c) die Organisation des Studiums mit der besonderen Situation der gefangenen Person und den anstaltsbedingten Notwendigkeiten vereinbar ist.
d) Artikel 5 Abs. 2 dieses Beschlusses bleibt vorbehalten.
2

Artikel 9 Abs. 4 dieses Beschlusses ist anwendbar.

V. Widerruf der Ausgangsbew illigung für eine Ausbildung

Art. 12

Erfüllt eine gefangene Person die in der Bewilligung für eine Ausbildung genannten Bedingungen nicht mehr und können die zuständigen Behörden noch keinen Entscheid treffen, so kann die Anstaltsdirektion aus schwerwiegenden Gründen oder als vorsorgliche Massnahme den Ausgang vorläufig sperren. Sie informiert unverzüglich die zuständigen Behörden, die innert höchstens 10 Tagen Stellung nehmen. VI. Schlussbestimmungen

Art. 13

1 Die Empfehlung Nr. 5 vom 27. Oktober 2006 über die Organisation der Grundausbildung, der Fortbildung, des Studiums, der beruflichen Ausbildung und der Weiterbildung der Gefangenen wird aufgehoben.
2 Die Konferenz lädt die Kantonsregierungen der lateinischen Schweiz ein, ihre Bestimmungen über die Organisation der Grundausbildung und Fortbildung, des Studiums, der beruflichen Ausbildung und der Weiterbildung der Gefangenen anzupassen.
3 Dieser Beschluss tritt am 1. November 2008 in Kraft.
4 Er wird auf der Internetseite der Konferenz veröffentlicht.
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