Behandlung von Legastheniefällen an den Berufsschulen (416.148)
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Behandlung von Legastheniefällen an den Berufsschulen

Behandlung von Legastheniefällen an den Berufsschulen Vom 27. April 1987 (Stand 1. Mai 1987)

1. Rechtsgrundlagen

§ 1

1 Rechtsgrundlage für diese Weisungen bilden Artikel 19 Absatz 2 und Arti - kel 27 Absatz 1 des Bundesgesetzes über die Berufsbildung vom 19. April

1978. BBG Artikel 19 Absatz 2: «Für behinderte Lehrlinge kann die kanto -

nale Behörde die Berufslehre nötigenfalls angemessen verlängern, die Lehrlinge vom Unterricht befreien und ihnen bei der Lehrabschlussprüfung Erleichterungen gewähren.» BBG Artikel 27 Absatz 1: «... Leistungsschwä - cheren Lehrlingen bieten sie nach Möglichkeit Stützkurse zur Vertiefung des Pflichtstoffes. ...»

2. Legasthenie-Definition

§ 2

1 Die Legasthenie (Lese/Rechtschreibeschwäche) ist ein schweres Sprachge - brechen, dessen Ursache sowohl im organischen Bereich als auch in einer psychisch bedingten Anfälligkeit liegen können. Üblicherweise wird Leg - asthenie in den ersten Primarschuljahren diagnostiziert, die Therapie wird unter bestimmten Bedingungen von der Ivaliden-Versicherung finanziert. Bei einer gleichzeitigen schulischen Entlastung bestehen gute und andau - ernde Erfolgsaussichten. Als auffälligstes Symptom zeigt sich beim Leg - astheniker eine deutliche Diskrepanz zwischen Lese- und Rechtschreibleis - tungen einerseits und der mindestens durchschnittlichen intellektuellen und nichtsprachlichen Leistungsfähigkeit andererseits.

3. Anmeldung zur schulpsychologischen

§ 3

1 Legasthenische oder legasthenieverdächtige Berufsschüler sind von den Berufsschullehrern, speziell von den Deutschlehrern, bereits zu Beginn des ersten Schulsemesters zu erfassen. GS 90, 860
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§ 4

1 Mit Zustimmung der Eltern kann der Berufsschüler beim schulpsychologi - schen Dienst des Kantons Solothurn eine spezielle schulpsychologische Un - tersuchung einleiten, bei der seine intellektuelle Leistungsfähigkeit, die Lese- und Rechtschreibeleistungen sowie die Persönlichkeit erfasst werden. Die Anmeldung hat im ersten Semester bei der entsprechenden Regional - stelle des schulpsychologischen Dienstes zu erfolgen. Anmeldeformulare sind auf den Sekretariaten der Berufsschulen erhältlich. Im Anschluss an die Untersuchung bespricht der schulpsychologische Dienst die Untersu - chungsergebnisse mit dem Berufsschüler, seinen Eltern und einem Vertre - ter der Berufsschule. Nötigenfalls schlägt der schulpsychologische Dienst Fördermassnahmen vor.

§ 5

1 Legasthenische oder legasthenieverdächtige Berufsschüler, welche die Abklärung beim schulpsychologischen Dienst nicht vornehmen lassen, ha - ben keinen Rechtsanspruch auf Fördermassnahmen oder Erleichterungen an der Lehrabschlussprüfung.

4. Fördermassnahmen

§ 6

1 Nach Möglichkeit offerieren die Berufsschulen regelmässig spezielle Stützkurse für Legastheniker, welche von einem Legasthenietherapeuten durchgeführt werden. Der Besuch dieser Stützkurse ist für den Berufsschü - ler kostenlos.

§ 7

1 Wo eine Einzelbehandlung angezeigt ist, gehen die Kosten zulasten des Kantons (Konto 3207-302.00, Logopädie- und Legasthenietherapie, Besol - dungen).

§ 8

1 Im ordentlichen Unterricht werden die Leistungen der Legastheniker in der Regel nach den gleichen Grundsätzen bewertet und benotet, wie sie für die übrigen Berufsschüler gelten.

5. Erleichterungen an der Lehrabschlussprüfung

§ 9

1 Legastheniker, die an der Lehrabschlussprüfung Erleichterungen im Sinne von Artikel 19 Absatz 2 BBG wünschen, haben spätestens im zweitletzten Semester ein Gesuch an das Rektorat der Berufsschule zuhanden des kan - tonalen Amtes für Berufsbildung und Berufsberatung einzureichen. Dieses klärt in Zusammenarbeit mit der Berufsschule und unter Beizug von Fach - leuten ab, ob und wieweit sich eine Prüfungserleichterung rechtfertigt. Gesuchsformulare sind auf den Rektoraten der Berufsschulen erhältlich.
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§ 10

1 Der Entscheid des kantonalen Amtes für Berufsbildung und Berufsbera - tung ist der Prüfungsleitung und dem Prüfungskandidaten schriftlich mit - zuteilen. Eine Kopie geht an die Berufsschule.

§ 11

1 Eine legasthenische Sprachbehinderung ist bei der Notengebung ange - messen zu berücksichtigen. Zur Bewertung der Prüfungsarbeiten von Leg - asthenikern sind womöglich Fachleute beizuziehen.

§ 12

1 Der Umfang der Prüfungserleichterung für Legastheniker wird wie folgt festgelegt: a) Absolventen von gewerblich-industriellen Berufen: Im Fach Allge - meinbildung kann an der Lehrabschlussprüfung in den Positionen Deutsch und Geschäftskunde (Korrespondenz) Rücksicht auf die Leg - asthenie genommen werden. In diesem Fall werden die Arbeiten le - diglich in bezug auf Inhalt und Stil, nicht aber auf Rechtschreibung bewertet. b) Absolventen von kaufmännischen Berufen: Bei den Berufen Kauf - männischer Angestellter, Büroangestellter, Detailhandelsangestell - ter, Buch händler, Drogist und Apothekenhelferin kann keine Rück - sicht auf die Legasthenie genommen werden. Beim Beruf Verkäufer wird die Legasthenie angemessen berücksich - tigt:

1. Diktat: Üblicherweise normale Bewertung. Auf die Bewertung

des Diktates soll nur verzichtet werden, wenn die Fachnote Deutsch durch den Einbezug des Diktates ungenügend wird.

2. Verständnisübung und Stellungnahme: Normale Bewertung.

3. Korrespondenz (Geschäftsbrief): In dieser Position entfällt die

Bewertung in Rechtschreibung; bewertet werden Inhalt und Stil.

§ 13

1 Im Notenausweis ist die Prüfungserleichterung zu vermerken.

6. Schlussbemerkungen

§ 14

1 Diese Wegleitung tritt auf den 1. Mai 1987 in Kraft.
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