Europäisches Übereinkommen über die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit internati... (0.192.111)
CH - Schweizer Bundesrecht

Europäisches Übereinkommen über die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit internationaler nichtstaatlicher Organisationen

Abgeschlossen in Strassburg am 24. April 1986 Von der Bundesversammlung genehmigt am 20. Juni 1990¹ Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 24. September 1990 In Kraft getreten für die Schweiz am 1. Januar 1991 (Stand am 1. Juli 2020) ¹ AS 1990 2057
Präambel
Die Mitgliedstaaten des Europarates, die dieses Übereinkommen unterzeichnen –
in der Erwägung, dass es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herbeizuführen, um insbesondere die Ideale und Grundsätze, die ihr gemeinsames Erbe sind, zu wahren und zu fördern;
in der Erkenntnis, dass internationale nichtstaatliche Organisationen für die Völkergemeinschaft wertvolle Arbeit leisten, insbesondere auf dem Gebiet der Wissenschaft, Kultur, Wohltätigkeit, Philantropie, Gesundheit und Bildung, und dass sie zur Verwirklichung der Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen² und der Satzung des Europarats beitragen;
in dem Wunsch, in ihren gegenseitigen Beziehungen Regeln aufzustellen, welche die Voraussetzungen für die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit dieser Organisationen festlegen, um ihre Tätigkeit auf europäischer Ebene zu erleichtern –
sind wie folgt übereingekommen:
² SR 0.120
Art. 1
Dieses Übereinkommen ist auf Vereine, Stiftungen und andere private Einrichtungen (im folgenden als «NGO» bezeichnet) anzuwenden, welche die Voraussetzung erfüllen,
a. dass sie einen nicht auf Gewinn gerichteten Zweck von internationalem Nutzen haben;
b. dass sie durch eine Rechtshandlung errichtet worden sind, die auf dem innerstaatlichen Recht einer Vertragspartei beruht;
c. dass sie eine Tätigkeit ausüben, die sich in mindestens zwei Staaten auswirkt, und
d. dass sie ihren satzungsgemässen Sitz im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei und ihren Verwaltungssitz im Hoheitsgebiet dieser oder einer anderen Vertragspartei haben.
Art. 2
(1)  Die Rechtspersönlichkeit und die Rechtsfähigkeit einer NGO, wie sie in der Vertragspartei erworben wurden, in der sie ihren satzungsgemässen Sitz hat, werden in den anderen Vertragsparteien von Rechts wegen anerkannt.
(2)  Erfordert ein wesentliches öffentliches Interesse Einschränkungen, Beschränkungen oder besondere Verfahren für die Ausübung der Rechte, die sich aus der Rechtsfähigkeit nach dem Recht der anerkennenden Vertragspartei ergeben, so sind diese auch auf die in einer anderen Vertragspartei errichteten NGO anwendbar.
Art. 3
(1)  Der Beweis für den Erwerb der Rechtspersönlichkeit und der Rechtsfähigkeit wird durch die Vorlage der Satzung oder anderer Gründungsurkunden der NGO erbracht. Diesen Urkunden werden Schriftstücke beigefügt, mit denen die behörd­liche Genehmigung, die Eintragung in ein Register oder jede andere Form der Bekanntmachung in der Vertragspartei nachgewiesen wird, welche die Rechtspersönlichkeit und die Rechtsfähigkeit zuerkannt hat. In einer Vertragspartei, die kein Bekanntmachungsverfahren kennt, wird die Gründungsurkunde der NGO von einer zuständigen Behörde ordnungsgemäss beglaubigt. Bei der Unterzeichnung oder der Hinterlegung der Ratifikations‑, Annahme‑, Genehmigungs‑ oder Beitrittsurkunde teilt der betroffene Staat dem Generalsekretär des Europarats die Bezeichnung dieser Behörde mit.
(2)  Zur Erleichterung der Anwendung des Absatzes 1 kann eine Vertragspartei ein fakultatives System der Bekanntmachung vorsehen, das die NGO davon befreit, für jede von ihnen vorgenommene Rechtshandlung den in Absatz 1 vorgesehenen Beweis zu erbringen.
Art. 4
Die Anwendung dieses Übereinkommens kann in jeder Vertragspartei nur aus­geschlossen werden, wenn die NGO, die sich auf dieses Übereinkommen beruft, durch ihr Ziel, ihren Zweck oder ihre tatsächlich ausgeübte Tätigkeit
a. der nationalen oder öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung oder der Verbrechensverhütung, dem Schutz der Gesundheit oder Sittlichkeit oder dem Schutz der Rechte und Freiheiten anderer zuwiderhandelt oder
b. die Beziehungen zu einem anderen Staat oder die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit gefährdet.
Art. 5
(1)  Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats zur Unterzeichnung auf; sie können ihre Zustimmung, gebunden zu sein, ausdrücken,
a. indem sie es ohne Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnen oder
b. indem sie es vorbehaltlich der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnen und später ratifizieren, annehmen oder genehmigen.
(2)  Die Ratifikations‑, Annahme‑ oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.
Art. 6
(1)  Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem drei Mitgliedstaaten des Europarats nach Artikel 5 ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Übereinkommen gebunden zu sein.
(2)  Für jeden Mitgliedstaat, der später seine Zustimmung ausdrückt, durch das Übereinkommen gebunden zu sein, tritt es am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach der Unterzeichnung oder der Hinterlegung der Ratifikations‑, Annahme‑ oder Genehmigungsurkunde folgt.
Art. 7
(1)  Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Europarats durch einen mit der in Artikel 20 Buchstabe b der Satzung des Europarats³ vorgesehenen Mehrheit und mit einhelliger Zustimmung der Vertreter der Vertragsstaaten, die Anspruch auf einen Sitz im Komitee haben, gefassten Beschluss jeden Nichtmitgliedstaat des Rates einladen, dem Übereinkommen beizutreten.
(2)  Für jeden beitretenden Staat tritt das Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats folgt.
³ SR 0.192.030
Art. 8
(1)  Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations‑, Annahme‑, Genehmigungs‑ oder Beitrittsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet.
(2)  Jeder Staat kann jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Übereinkommens auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken. Das Übereinkommen tritt für dieses Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Erklärung beim Generalsekretär folgt.
(3)  Jede nach den Absätzen 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär gerichtete Notifikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Art. 9
Vorbehalte zu diesem Übereinkommen sind nicht zulässig.
Art. 10
(1)  Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen.
(2)  Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeit­abschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Art. 11
Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Rates und jedem Staat, der diesem Übereinkommen beigetreten ist,
a. jede Unterzeichnung;
b. jede Hinterlegung einer Ratifikations Annahme‑, Genehmigungs‑ oder Beitrittsurkunde;
c. jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach den Artikeln 6, 7 und 8;
d. jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.
Geschehen zu Strassburg am 24. April 1986 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Mitgliedstaaten des Europarats und allen zum Beitritt zu diesem Übereinkommen eingeladenen Staaten beglaubigte Abschriften.
(Es folgen die Unterschriften)

Geltungsbereich am 1. Juli 2020 ⁴

⁴ AS 1990 2058 , 1994 1092 , 2003 3261 , 2007 589 , 2011 607 , 2020 3323 . Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereiches findet sich auf der Internetseite des EDA (www.eda.admin.ch/vertraege).

Vertragsstaaten

Ratifikation

Unterzeichnet ohne

Ratifikations­vorbehalt (U)

Inkrafttreten

Belgien

  4. September

1990

  1. Januar

1991

Frankreich*

26. November

1999

  1. März

2000

Griechenland

30. Juni

1989

  1. Januar

1991

Liechtenstein

18. September

2017

  1. Januar

2018

Niederlande a

21. Februar

2007

  1. Juni

2007

Nordmazedonien

13. Juli

2000

  1. November

2000

Österreich

27. April

1992

  1. August

1992

Portugal

28. Oktober

1991

  1. Februar

1992

Schweiz

24. September

1990

  1. Januar

1991

Slowenien

16. September

1993 U

  1. Januar

1994

Vereinigtes Königreich

  3. Februar

1989

  1. Januar

1991

    Guernsey

  8. Dezember

1989

  1. Januar

1991

    Insel Man

  3. Februar

1989

  1. Januar

1991

    Jersey

  7. Oktober

1993

  1. Februar

1994

Zypern

17. März

2004

  1. Juli

2004

* Die Vorbehalte und Erklärungen werden in der AS nicht veröffentlicht.
a Für das Königreich in Europa.
Markierungen
Leseansicht