Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Ukraine über... (0.142.117.679.1)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Ukraine über die Rückübernahme von Personen

Abgeschlossen am 7. Juni 2017 In Kraft getreten durch Notenaustausch am 1. März 2019 und ab Inkrafttreten des Durchführungsprotokolls anwendbar¹ (Stand am 21. Juli 2020) ¹ SR 0.142.117.679.11 . In Kraft seit 21. Juli 2020.
Die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Ukraine, nachstehend «Vertragsparteien» genannt,
entschlossen, ihre Zusammenarbeit zu intensivieren, um die irreguläre Migration wirksamer zu bekämpfen,
im Bestreben, mit diesem Abkommen auf der Grundlage der Gegenseitigkeit schnelle und effiziente Verfahren für die Identifizierung und sichere und ordnungsgemässe Rückführung von Personen einzuführen, die die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft oder der Ukraine oder für den rechtmässigen Aufenthalt in dem betreffenden Hoheitsgebiet nicht oder nicht mehr erfüllen, und die Durchbeförderung solcher Personen im Geiste der Zusammenarbeit zu erleichtern,
in Anerkennung der Notwendigkeit, die Menschenrechte und Grundfreiheiten zu respektieren, und unter nachdrücklichem Hinweis darauf, dass dieses Abkommen die Rechte und Pflichten der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Ukraine unberührt lässt, die sich aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 und aus dem Völkerrecht ergeben, insbesondere aus der Europäischen Konvention vom 4. November 1950² zum Schutze der Menschenrechte und der Grundfreiheiten und dem Übereinkommen vom 28. Juli 1951³ und dem Protokoll vom 31. Januar 1967⁴ über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, aus dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966⁵ sowie aus internationalen Rechtsinstrumenten über die Auslieferung,
unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Ukraine in den Bereichen der Rückübernahme und der gegenseitigen Reiseerleichterungen von beidseitigem Interesse ist,
unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Ukraine sich bemühen sollten, Drittstaatsangehörige und Staatenlose in den Herkunftsstaat oder den Staat des gewöhnlichen Aufenthalts zurückzusenden,
den Staat des gewöhnlichen Aufenthalts zurückzuschicken
sind wie folgt übereingekommen:
² SR 0.101 ³ SR 0.142.30 ⁴ SR 0.142.301 ⁵ SR 0.103.2
Art. 1 Definitionen
Für die Zwecke dieses Abkommens gelten folgende Definitionen:
(a) «Staatsangehöriger der Schweizerischen Eidgenossenschaft» bezeichnet jede Person, die die Staatsangehörigkeit der Schweizerischen Eidgenossenschaft besitzt;
(b) «Staatsangehöriger der Ukraine» bezeichnet jede Person, die die Staatsangehörigkeit der Ukraine gemäss der innerstaatlichen Gesetzgebung und internationalen Verträgen der Ukraine erlangt hat;
(c) «Drittstaatsangehöriger» bezeichnet jede Person, die eine andere Staatsangehörigkeit als diejenige der Schweizerischen Eidgenossenschaft oder der Ukraine besitzt;
(d) «Staatenloser» bezeichnet jede Person, die keine Staatsangehörigkeit besitzt;
(e) «Aufenthaltsbewilligung» bezeichnet eine beliebige von der Schweizerischen Eidgenossenschaft oder von der Ukraine erteilte Bewilligung, die eine Person zum Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet berechtigt. Dieser Begriff umfasst nicht das vorübergehende Aufenthaltsrecht im Hoheitsgebiet der genannten Staaten in Zusammenhang mit einem Asylverfahren, einem Verfahren zur Anerkennung des Flüchtlingsstatus oder einem Aufenthaltsbewilligungsverfahren;
(f) «Ersuchender Staat» bezeichnet die Vertragspartei, die ein Rückübernahmegesuch gemäss Artikel 4 oder ein Durchbeförderungsgesuch gemäss Artikel 11 dieses Abkommens stellt;
(g) «Ersuchter Staat» bezeichnet die Vertragspartei, an die ein Rückübernahmegesuch gemäss Artikel 4 oder ein Durchbeförderungsgesuch gemäss Artikel 11 dieses Abkommens gerichtet wird;
(h) «Zuständige Behörde» bezeichnet jede nationale Behörde einer Vertragspartei, die sich mit der Durchführung dieses Abkommens gemäss Artikel 16 desselben befasst;
(i) «Durchbeförderung» bezeichnet die Durchreise eines Drittstaatsangehörigen oder eines Staatenlosen durch das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf dem Weg vom ersuchenden Staat zum Zielstaat.

Abschnitt I Rückübernahmeverpflichtungen

Art. 2 Rückübernahme eigener Staatsangehöriger
1.  Der ersuchte Staat übernimmt auf Ersuchen des ersuchenden Staates und ohne andere als die in diesem Abkommen vorgesehenen Formalitäten jede Person in sein Hoheitsgebiet, die im Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates die geltenden Voraussetzungen für die Einreise oder den rechtmässigen Aufenthalt nicht oder nicht mehr erfüllt, sofern in Übereinstimmung mit Artikel 5 dieses Abkommens der Nachweis erbracht wird, dass diese Person Staatsangehörige des ersuchten Staates ist.
2.  Dasselbe gilt für Personen, die nach der Einreise in das Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates die Staatsangehörigkeit des ersuchten Staates aufgegeben oder verloren haben, ohne die Staatsangehörigkeit des ersuchenden Staates erlangt zu haben.
3.  Der ersuchte Staat stellt bei Bedarf unverzüglich ein Reisedokument mit einer Gültigkeitsdauer von mindestens sechs Monaten für die Person aus, deren Rückübernahme angenommen wurde; dies geschieht ungeachtet des Wunsches der rückzuübernehmenden Person. Kann die betreffende Person aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht innerhalb der Gültigkeitsdauer des ursprünglich ausgestellten Reisedokuments rückgeführt werden, so verlängert der ersuchte Staat ohne weitere Untersuchungen innerhalb von vierzehn Kalendertagen die Gültigkeit des Reise­dokuments oder stellt, wenn erforderlich, ein neues Reisedokument mit gleicher Gültigkeitsdauer aus.
Art. 3 Rückübernahme Drittstaatsangehöriger und Staatenloser
1.  Der ersuchte Staat übernimmt auf Ersuchen des ersuchenden Staates und ohne andere als die in diesem Abkommen vorgesehenen Formalitäten alle Drittstaats­angehörigen oder Staatenlosen in sein Hoheitsgebiet, die im Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates die geltenden Voraussetzungen für die Einreise oder den rechtmässigen Aufenthalt nicht oder nicht mehr erfüllen, sofern in Übereinstimmung mit Artikel 6 dieses Abkommens der Nachweis erbracht wird, dass diese Personen:
(a) nach einem Aufenthalt im Hoheitsgebiet der einen Vertragspartei auf dem Luftweg oder auf dem Landweg über einen Drittstaat illegal und direkt in das Hoheitsgebiet der anderen Partei eingereist sind, sofern sie in ersterem von einer staatlichen Behörde registriert wurden. «Direkte Einreise» bedeutet, dass die Einreise in das Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates innerhalb von 5 Tagen ab der Ausreise aus dem Hoheitsgebiet des ersuchten Staates erfolgt;
(b) zum Zeitpunkt der Einreise im Besitz einer gültigen Aufenthaltsbewilligung des ersuchten Staates waren; oder
(c) zum Zeitpunkt der Einreise im Besitz eines gültigen Visums des ersuchten Staates waren und aus dessen Hoheitsgebiet kommend direkt in das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates eingereist sind.
2.  Die Rückübernahmeverpflichtung nach Absatz 1 dieses Artikels gilt nicht, sofern:
(a) der ersuchende Staat den Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gemäss den Voraussetzungen eines bilateralen Rückübernahmeabkommens in einen Drittstaat zurücksenden kann;
(b) der Drittstaatsangehörige oder der Staatenlose nur im Transit über einen internationalen Flughafen des ersuchten Staates gereist ist;
(c) der ersuchende Staat dem Drittstaatsangehörigen oder dem Staatenlosen vor oder nach der Einreise in sein Hoheitsgebiet ein Visum oder eine Aufenthaltsbewilligung ausgestellt hat, es sei denn: (i) die betreffende Person ist im Besitz eines Visums oder einer Aufenthaltsbewilligung des ersuchten Staates mit einer längeren Gültigkeitsdauer, oder
(ii) das Visum oder die Aufenthaltsbewilligung des ersuchenden Staates wurde mithilfe falscher oder gefälschter Dokumente erlangt;
(d) der Drittstaatsangehörige oder Staatenlose für die Einreise in das Hoheits­gebiet des ersuchenden Staates kein Visum benötigt.
3.  Nach schriftlicher Annahme des Rückübernahmegesuchs durch den ersuchten Staat stellt der ersuchende Staat der Person, deren Rückübernahme angenommen wurde, ein vom ersuchten Staat anerkanntes Reisedokument aus. Ist die Ukraine der ersuchende Staat, handelt es sich bei diesem Reisedokument um das ukrainische Heimreisedokument. Ist die Schweizerische Eidgenossenschaft der ersuchende Staat, handelt es sich bei diesem Reisedokument um ein Laissez-passer des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

Abschnitt II Rückübernahmeverfahren

Art. 4 Rückübernahmegesuch
1.  Unter Vorbehalt von Absatz 2 dieses Artikels ist für die Überstellung einer rückzuübernehmenden Person aufgrund einer Verpflichtung nach den Artikeln 2 und 3 bei der zuständigen Behörde des ersuchten Staates ein Rückübernahmegesuch zu stellen.
2.  Wenn die rückzuübernehmende Person nach Artikel 2 ein gültiges Reisedokument oder einen gültigen Personalausweis besitzt, kann die Überstellung der betreffenden Person erfolgen, ohne dass die zuständige Behörde des ersuchenden Staates bei der zuständigen Behörde des ersuchten Staates ein Rückübernahmegesuch stellen oder ihr eine schriftliche Mitteilung machen muss.
3.  Das Rückübernahmegesuch enthält Folgendes:
(a) alle erhältlichen Personalien der rückzuübernehmenden Person (z. B. Vornamen, Familiennamen, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht und letzter Aufenthaltsort im ersuchten Staat);
(b) die Beweismittel für die Staatsangehörigkeit sowie für die Erfüllung der Voraussetzungen für die Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen;
(c) Passfoto der rückzuübernehmenden Person.
4.  Ein gemeinsames Formblatt für Rückübernahmegesuche ist im Durchführungsprotokoll festgelegt.
Art. 5 Beweismittel für die Staatsangehörigkeit
1.  Die Staatsangehörigkeit des ersuchten Staates nach Artikel 2 Absatz 1 dieses Abkommens kann:
(a) mit den im Durchführungsprotokoll aufgeführten gültigen Dokumenten nachgewiesen werden. Wird eines dieser Dokumente vorgelegt, so erkennt der ersuchte Staat die Staatsangehörigkeit an, ohne dass es einer weiteren Untersuchung bedarf. Die Staatsangehörigkeit kann nicht mit falschen oder gefälschten Dokumenten nachgewiesen werden;
(b) mit den im Durchführungsprotokoll aufgeführten Dokumenten festgestellt werden, selbst wenn deren Gültigkeit abgelaufen ist. Wird eines dieser Dokumente vorgelegt, so sieht der ersuchte Staat die Staatsangehörigkeit als festgestellt an, sofern er auf Grundlage einer Untersuchung unter Beteiligung der zuständigen Behörden des ersuchenden Staates nichts anderes nachweisen kann. Die Staatsangehörigkeit kann nicht mit falschen oder gefälschten Dokumenten festgestellt werden.
2.  Kann keines der Dokumente nach den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels vorgelegt werden, so befragt die zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung des ersuchten Staates die rückzuübernehmende Person zur Feststellung ihrer Staatsangehörigkeit spätestens innerhalb von zehn Kalendertagen. Diese Frist beginnt mit dem Tag des Empfangs des Rückübernahmegesuchs. Wird die Staatsangehörigkeit durch die diplomatische oder konsularische Vertretung anerkannt, so wird unverzüglich ein Reisedokument ausgestellt.
Art. 6 Beweismittel bei Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen
1.  Die Voraussetzungen nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a dieses Abkommens für die Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen können:
(a) mit den im Durchführungsprotokoll aufgeführten Dokumenten nachgewiesen werden. Wird eines dieser Dokumente vorgelegt, so erkennt der ersuchte Staat an, dass die Einreise solcher Personen in das Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates von seinem Hoheitsgebiet aus illegal erfolgt ist;
(b) mit den im Durchführungsprotokoll aufgeführten Dokumenten festgestellt werden. Wird eines dieser Dokumente vorgelegt, so nimmt der ersuchte Staat eine Untersuchung vor und gibt spätestens innerhalb von zwanzig Kalendertagen eine schriftliche Antwort. Fällt die Antwort positiv aus oder wurde bis zum Ablauf der Frist keine Antwort gegeben, so erkennt der ersuchte Staat an, dass die Einreise in das Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates von seinem Hoheitsgebiet aus illegal erfolgt ist.
2.  Die Illegalität der Einreise in das Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates oder des Aufenthalts in diesem Hoheitsgebiet nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a dieses Abkommens wird dadurch festgestellt, dass in den Reisedokumenten der betreffenden Person das erforderliche Visum oder die erforderliche Aufenthaltsbewilligung für das Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates fehlt.
3.  Die Voraussetzungen nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben b und c für die Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen können:
(a) mit den im Durchführungsprotokoll aufgeführten Dokumenten nachgewiesen werden. Wird eines dieser Dokumente vorgelegt, so erkennt der ersuchte Staat die Rechtmässigkeit des Aufenthalts dieser Personen auf seinem Hoheitsgebiet an, ohne dass es einer weiteren Untersuchung bedarf;
(b) mit den im Durchführungsprotokoll aufgeführten Dokumenten festgestellt werden. Wird eines dieser Dokumente vorgelegt, so nimmt der ersuchte Staat eine Untersuchung vor und gibt spätestens innerhalb von zwanzig Kalendertagen eine Antwort. Fällt die Antwort positiv aus oder wurde bis zum Ablauf der Frist keine Antwort gegeben, so erkennt der ersuchte Staat die Rechtmässigkeit des Aufenthalts dieser Personen auf seinem Hoheits­gebiet an.
4.  Die Erfüllung der Voraussetzungen für die Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen kann nicht anhand falscher oder gefälschter Dokumente nachgewiesen oder festgestellt werden.
Art. 7 Fristen
1.  Das Rückübernahmegesuch ist der zuständigen Behörde des ersuchten Staates spätestens innerhalb eines Jahres zu übermitteln, gerechnet ab dem Zeitpunkt, an dem die zuständige Behörde des ersuchenden Staates Kenntnis davon erlangt hat, dass der Drittstaatsangehörige oder der Staatenlose die geltenden Voraussetzungen für die Einreise oder den rechtmässigen Aufenthalt nicht oder nicht mehr erfüllt. Es entsteht keine Verpflichtung zur Rückübernahme, wenn das Gesuch um Rückübernahme solcher Personen nach Ablauf der genannten Frist gestellt wird. Bestehen rechtliche oder tatsächliche Hindernisse für die rechtzeitige Übermittlung des Gesuchs, so wird die Frist auf Ersuchen um bis zu dreissig Kalendertage verlängert.
2.  Mit Ausnahme der Fristen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe b ist das Rückübernahmegesuch vom ersuchten Staat unverzüglich schriftlich zu beantworten, in jedem Fall innerhalb von vierzehn Kalendertagen nach Empfang des Rückübernahmegesuchs. Bestehen rechtliche oder tatsächliche Hindernisse für die rechtzeitige Beantwortung des Gesuchs, wird die Frist auf ein entsprechend begründetes Ersuchen um bis zu höchstens dreissig Kalendertage verlängert.
3.  Wird das Rückübernahmegesuch abgelehnt, so sind dem ersuchenden Staat die diesbezüglichen Gründe schriftlich mitzuteilen.
4.  Nach Erteilung der Genehmigung wird die betreffende Person von den zuständigen Behörden in Übereinstimmung mit den Bestimmungen nach Artikel 8 Absatz 1 dieses Abkommens unverzüglich rückgeführt. Auf Ersuchen des ersuchenden Staates kann diese Frist um die Zeit verlängert werden, die für die Beseitigung recht­licher oder praktischer Hindernisse für die Rückführung benötigt wird.
Art. 8 Überstellungsmodalitäten und Art der Beförderung
1.  Vor der Überstellung einer Person vereinbaren die zuständigen Behörden des ersuchenden Staates und des ersuchten Staates im Voraus schriftlich den Tag der Überstellung, die Grenzübergangsstelle, allfälliges Begleitpersonal und sonstige Informationen, die für die Überstellung von Belang sind.
2.  Falls erforderlich sollte die schriftliche Vereinbarung zusätzlich folgende Angaben enthalten:
(a) einen Hinweis darauf, dass die rückzuführende Person auf Hilfe oder Pflege angewiesen ist, sofern die betreffende Person sich mit dem Hinweis ausdrücklich einverstanden erklärt hat oder sofern dies im Interesse der betreffenden Person liegt;
(b) einen Hinweis auf weitere Schutz- oder Sicherheitsmassnahmen, die im einzelnen Überstellungsfall erforderlich sind.
3.  Alle Beförderungsmittel, ob auf dem Luft- oder Landweg, sind erlaubt. Die Rückführung auf dem Luftweg ist nicht auf die Inanspruchnahme der nationalen Fluggesellschaften des ersuchenden Staates oder des ersuchten Staates beschränkt und kann mit Linien- oder Charterflügen erfolgen.
Art. 9 Irrtümliche Rückübernahme
1.  Wird innerhalb von drei Monaten nach der Überstellung der betreffenden Person festgestellt, dass die Voraussetzungen der Artikel 2 und 3 dieses Abkommens nicht erfüllt sind, so nimmt der ersuchende Staat die vom ersuchten Staat rückübernommene Person zurück.
2.  In einem solchen Fall gelten die Verfahrensbestimmungen dieses Abkommens entsprechend und der ersuchte Staat übermittelt auch alle verfügbaren Informationen über die tatsächliche Identität und Staatsangehörigkeit der zurückzunehmenden Person.

Abschnitt III Durchbeförderung

Art. 10 Grundsätze
1.  Die Vertragsparteien beschränken die Durchbeförderung Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser auf die Fälle, in denen die Rückkehr in den Zielstaat nicht auf direktem Weg möglich ist.
2.  Der ersuchte Staat genehmigt die Durchbeförderung Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, wenn die Weiterbeförderung dieser Personen durch andere Durchgangsstaaten und die Rückübernahme durch den Zielstaat gewährleistet sind.
3.  Die Durchbeförderung Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser erfolgt auf Ersuchen des ersuchten Staates mit Begleitpersonal. Das Verfahren bei einer begleiteten Durchbeförderung wird im Durchführungsprotokoll geregelt.
4.  Die Durchbeförderung kann vom ersuchten Staat abgelehnt werden:
(a) wenn dem Drittstaatsangehörigen oder dem Staatenlosen im Zielstaat oder in einem anderen Durchgangsstaat Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe oder die Todesstrafe oder Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gesellschaftsgruppe oder politischen Überzeugung droht; oder
(b) wenn der Drittstaatsangehörige oder der Staatenlose im ersuchten Staat oder in einem anderen Durchgangsstaat strafrechtlichen Verfahren oder Massnahmen unterworfen ist; oder
(c) aus Gründen der öffentlichen Gesundheit, der inneren Sicherheit, der öffentlichen Ordnung oder sonstiger nationaler Interessen des ersuchten Staates.
5.  Der ersuchte Staat kann seine Genehmigung widerrufen, falls nachträglich Umstände nach Absatz 4 dieses Artikels auftreten oder zum Vorschein kommen, die der Durchbeförderung entgegenstehen, oder falls die Weiterreise in allfällige Durchgangsstaaten oder die Rückübernahme durch den Zielstaat nicht mehr gewährleistet ist.
Art. 11 Durchbeförderungsverfahren
1.  Der zuständigen Behörde des ersuchten Staates ist ein schriftliches Durchbeförderungsgesuch zu übermitteln, das folgende Angaben enthält:
(a) Art der Durchbeförderung (auf dem Luft- oder Landweg), Durchbeförderungsroute, allfällige weitere Durchgangsstaaten und vorgesehener Zielstaat;
(b) Personalien der betreffenden Person (Vorname, Familienname, Mädchenname, andere Namen, die verwendet werden / unter denen die Person bekannt ist, oder Aliasnamen, Geburtsdatum, Geschlecht und falls möglich Geburtsort, Staatsangehörigkeit, Sprache, Art und Nummer des Reisedokuments);
(c) vorgesehene Grenzübergangsstelle, Zeitpunkt der Durchbeförderung und allfälliges Begleitpersonal;
(d) die Erklärung, dass nach Auffassung des ersuchenden Staates die Voraussetzungen nach Artikel 10 Absatz 2 erfüllt sind und dass keine Gründe für eine Ablehnung nach Artikel 10 Absatz 4 bekannt sind.
Ein gemeinsames Formblatt für Durchbeförderungsgesuche ist im Durchführungsprotokoll festgelegt.
2.  Der ersuchte Staat unterrichtet den ersuchenden Staat innerhalb von 10 Kalendertagen nach Empfang des Gesuchs schriftlich über die Genehmigung der Durchbeförderung unter Bestätigung der Grenzübergangsstelle und des vorgesehenen Zeitpunkts für die Übernahme bzw. über die Ablehnung der Durchbeförderung und die diesbezüglichen Gründe.
3.  Erfolgt die Durchbeförderung auf dem Luftweg, so sind die rückzuübernehmende Person und etwaige Begleitpersonen im Rahmen der innerstaatlichen Verpflichtungen des ersuchten Staates von der Verpflichtung befreit, ein Flughafentransitvisum zu beantragen.
4.  Vorbehaltlich gegenseitiger Rücksprache helfen die zuständigen Behörden des ersuchten Staates bei der Durchbeförderung, insbesondere durch Bewachung der betreffenden Personen und Bereitstellung geeigneter Unterbringungsmöglichkeiten.

Abschnitt IV Kosten

Art. 12 Beförderungs- und Durchbeförderungskosten
Alle im Zusammenhang mit der Rückübernahme und der Durchbeförderung nach diesem Abkommen entstehenden Kosten für die Beförderung bis zur Grenze des Zielstaats sowie die Beförderungs- und Unterhaltskosten, die dem ersuchten Staat im Zusammenhang mit der Rückkehr von Personen nach Artikel 9 dieses Abkommens entstehen, werden vom ersuchenden Staat getragen. Davon unberührt bleibt das Recht der zuständigen Behörden der Vertragsparteien, von der betreffenden Person oder Dritten die Erstattung dieser Kosten zu verlangen.

Abschnitt V Datenschutz und Unberührtheitsklausel

Art. 13 Datenschutz
1.  Personendaten werden nur übermittelt, sofern dies für die Durchführung dieses Abkommens durch die zuständigen Behörden der Vertragsparteien erforderlich ist. Bei der Übermittlung, Verarbeitung oder Bearbeitung von Personendaten im Einzelfall beachten die zuständigen Behörden der Vertragsparteien die betreffenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften.
2.  Ferner gelten folgende Grundsätze:
(a) Personendaten müssen nach Treu und Glauben und auf rechtmässige Weise verarbeitet werden;
(b) Personendaten müssen für den festgelegten, eindeutigen und rechtmässigen Zweck der Durchführung dieses Abkommens erhoben werden und dürfen weder von der übermittelnden Behörde noch von der empfangenden Behörde in einer mit dieser Zweckbestimmung nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden;
(c) Personendaten müssen für den Zweck, für den sie erhoben und/oder weiterverarbeitet werden, angemessen, erheblich und verhältnismässig sein; insbesondere dürfen übermittelte Personendaten ausschliesslich Folgendes betreffen: (i) Personalien der rückzuführenden Person sowie, bei Bedarf, diejenigen ihrer Familienangehörigen (Vornamen, Familiennamen, andere Namen, die verwendet werden / unter denen die Person bekannt ist, oder Aliasnamen, Geschlecht, Zivilstand, Geburtsdatum und -ort, derzeitige und allfällige frühere Staatsangehörigkeit),
(ii) Reisepass, Personalausweis oder Führerschein und weitere Identifikations- oder Reisedokumente (Nummer, Gültigkeitsdauer, Ausstellungsdatum, ausstellende Behörde, Ausstellungsort),
(iii) Zwischenstopps und Reiseroute,
(iv) sonstige Informationen, die zur Identifizierung der rückzuführenden Person oder zur Prüfung der Rückübernahmevoraussetzungen nach diesem Abkommen erforderlich sind;
(d) Personendaten müssen sachlich richtig sein und bei Bedarf auf den neuesten Stand gebracht werden;
(e) Personendaten sind in einer Form aufzubewahren, welche die Identifizierung der betreffenden Personen ermöglicht, und dürfen nicht länger aufbewahrt werden, als es der Zweck, für den sie erhoben wurden oder weiterverarbeitet werden, erfordert;
(f) Die übermittelnde Behörde und die empfangende Behörde treffen alle zumutbaren Massnahmen, um gegebenenfalls die Berichtigung, Löschung oder Sperrung von Personendaten zu gewährleisten, falls die Verarbeitung nicht mit diesem Artikel in Einklang steht, insbesondere weil die Daten nicht dem Verarbeitungszweck entsprechen, dafür nicht erheblich oder sachlich nicht richtig sind oder darüber hinausgehen. Dies schliesst die Benachrichtigung der anderen Vertragspartei über die Berichtigung, Löschung oder Sperrung ein;
(g) Auf Ersuchen teilt die empfangende Behörde der übermittelnden Behörde mit, welchen Gebrauch sie von den übermittelten Daten gemacht hat und welche Ergebnisse sie damit erzielt hat. Jede Person ist auf ihr Ersuchen hin über alle sie betreffenden Daten sowie über den beabsichtigten Verwendungszweck zu unterrichten;
(h) Personendaten dürfen nur an die zuständigen Behörden übermittelt werden. Für die Weitergabe an andere Stellen ist die vorherige Zustimmung der übermittelnden Behörde erforderlich;
(i) Die übermittelnde Behörde und die empfangende Behörde sind verpflichtet, schriftliche Aufzeichnungen über die Übermittlung und den Empfang von Personendaten zu führen. Sie schützen die übermittelten Personendaten wirksam gegen unbefugten Zugriff, missbräuchliche Änderungen und unbefugte Weitergabe. Die Vertragsparteien stellen die Kontrolle der Verarbeitung und Verwendung der aufbewahrten Daten durch die entsprechende Behörde gemäss ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung sicher.
Art. 14 Unberührtheitsklausel
1.  Dieses Abkommen lässt die Rechte, Pflichten und Zuständigkeiten der Vertragsparteien unberührt, die sich aus dem Völkerrecht und internationalen Übereinkommen und Abkommen, die sie als Vertragsparteien unterzeichnet haben, ergeben, insbesondere aus:
– dem Übereinkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, geändert durch das Protokoll vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge;
– den internationalen Instrumenten, nach denen der für die Prüfung von Asylgesuchen zuständige Staat bestimmt wird;
– der Europäischen Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten;
– dem Übereinkommen vom 10. Dezember 1984⁶ gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe;
– internationalen Übereinkommen über die Auslieferung und Durchbeförderung;
– multilateralen internationalen Übereinkommen und Abkommen über die Rückübernahme ausländischer Staatsangehöriger.
2.  Dieses Abkommen steht der Rückkehr einer Person aufgrund anderer formeller oder informeller Vereinbarungen nicht entgegen.
⁶ SR 0.105

Abschnitt VI Durchführung

Art. 15 Zusammenarbeit und Expertentreffen
1.  Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien unterstützen einander bei der Anwendung und Auslegung dieses Abkommens.
2.  Jede Vertragspartei kann die Einberufung von Sachverständigen beider Vertragsparteien zu Expertentreffen verlangen, um Fragen zur Durchführung dieses Abkommens zu klären.
3.  Die Vertragsparteien regeln Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Abkommens auf diplomatischem Weg.
Art. 16 Zur Durchführung des Abkommens berechtigte zuständige Behörden
1.  Folgende zuständige Behörden der Vertragsparteien sind zur Durchführung dieses Abkommens berechtigt:
– Für die Schweizerische Eidgenossenschaft: Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, Staatssekretariat für Migration
– Für die Ukraine: Staatlicher Migrationsdienst, Dienst Staatsgrenzenverwaltung
2.  Die zuständigen Behörden nach Absatz 1 dieses Artikels unterzeichnen das Durchführungsprotokoll nach Inkrafttreten dieses Abkommens und arbeiten umgehend zusammen.
3.  Die Vertragsparteien teilen einander allfällige Änderungen in Bezug auf die zuständigen Behörden oder deren Bezeichnungen unverzüglich auf diplomatischem Weg mit.

Abschnitt VII Schlussbestimmungen

Art. 17 Änderungen am Abkommen
Dieses Abkommen kann im gegenseitigen Einvernehmen der Vertragsparteien geändert werden. Die Änderungen erfolgen in separaten Protokollen, die integrierender Bestandteil dieses Abkommens sind, und treffen gemäss dem Verfahren nach Artikel 18 dieses Abkommens in Kraft.
Art. 18 Inkrafttreten, Dauer, Suspendierung und Kündigung
1.  Dieses Abkommen wird von den Vertragsparteien gemäss ihrem jeweiligen Verfahren ratifiziert oder genehmigt.
2.  Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des zweiten Monats nach dem Tag in Kraft, an dem die Vertragsparteien einander den Abschluss der in Absatz 1 dieses Artikels genannten Verfahren notifiziert haben.
3.  Dieses Abkommen wird ab dem Tag durchgeführt, an dem das Durchführungsprotokoll zu diesem Abkommen in Kraft tritt. Ab jenem Tag tritt das Abkommen vom 11. Juli 2003⁷ zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und dem Ministerkabinett der Ukraine über die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt ausser Kraft.
4.  Dieses Abkommen wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
5.  Jede Vertragspartei kann die Durchführung dieses Abkommens durch amtliche Notifikation an die andere Vertragspartei aus Gründen der Sicherheit, zum Schutz der öffentlichen Ordnung und der öffentlichen Gesundheit vorübergehend ganz oder teilweise suspendieren. Die Suspendierung wird am zweiten Tag nach dem Tag der Notifikation wirksam.
6.  Jede Vertragspartei kann dieses Abkommen oder einen Teil davon durch amt­liche Notifikation an die andere Vertragspartei kündigen. Die Kündigung dieses Abkommens wird sechs Monate nach dem Tag dieser Notifikation wirksam.
⁷ [ AS 2005 93 ]

Unterschriften

Geschehen zu Kiew am 7. Juni 2017 in zweifacher Ausfertigung in deutscher, ukrainischer und englischer Sprache, wobei jeder Text gleichermassen authentisch ist. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung dieses Abkommens wird die englische Fassung verwendet.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Didier Burkhalter

Für die
Ukraine:

Arsen Avakov

Markierungen
Leseansicht