Europäisches Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheid... (0.211.230.01)
CH - Schweizer Bundesrecht

Europäisches Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechts

Abgeschlossen in Luxemburg am 20. Mai 1980 Von der Bundesversammlung genehmigt am 21. Juni 1983¹ Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 27. September 1983 In Kraft getreten für die Schweiz am 1. Januar 1984 (Stand am 31. Januar 2013) ¹ Art. 1 Bst. a des BB vom 21. Juni 1983 ( AS 1983 1680 )
Mitgliedstaaten des Europarats, die dieses Übereinkommen unterzeichnen,
in der Erkenntnis, dass in den Mitgliedstaaten des Europarats das Wohl des Kindes bei Entscheidungen über das Sorgerecht von ausschlaggebender Bedeutung ist;
in der Erwägung, dass die Einführung von Regelungen, welche die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für ein Kind erleichtern sollen, einen grösseren Schutz für das Wohl der Kinder gewährleisten wird;
in der Erwägung, dass es in Anbetracht dessen wünschenswert ist hervorzuheben, dass das Recht der Eltern zum persönlichen Umgang mit dem Kind eine normale Folgeerscheinung des Sorgerechts ist;
im Hinblick auf die wachsende Zahl von Fällen, in denen Kinder in unzulässiger Weise über eine internationale Grenze verbracht worden sind, und die Schwierig­keiten, die dabei entstandenen Probleme in angemessener Weise zu lösen;
in dem Wunsch, geeignete Vorkehrungen zu treffen, die es ermöglichen, das will­kürlich unterbrochene Sorgerecht für Kinder wiederherzustellen;
überzeugt, dass es wünschenswert ist, zu diesem Zweck Regelungen zu treffen, die den verschiedenen Bedürfnissen und den unterschiedlichen Umständen entsprechen;
in dem Wunsch, zwischen ihren Behörden eine Zusammenarbeit auf rechtlichem Gebiet herbeizuführen,
sind wie folgt übereingekommen:
Art. 1
Im Sinn dieses Übereinkommens bedeutet:
a) Kind eine Person gleich welcher Staatsangehörigkeit, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und noch nicht berechtigt ist, nach dem Recht ihres gewöhnlichen Aufenthalts, dem Recht des Staates, dem sie angehört, oder dem innerstaatlichen Recht des ersuchten Staates ihren eigenen Aufenthalt zu bestimmen;
b) Behörde ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde;
c) Sorgerechtsentscheidung die Entscheidung einer Behörde, soweit sie die Sorge für die Person des Kindes, einschliesslich des Rechts auf Bestimmung seines Aufenthalts oder des Besuchsrechts, betrifft;
d) unzulässiges Verbringen das Verbringen eines Kindes über eine internatio­nale Grenze, wenn dadurch eine Sorgerechtsentscheidung verletzt wird, die in einem Vertragsstaat ergangen und in einem solchen Staat vollstreckbar ist; als unzulässiges Verbringen gilt auch der Fall, in dem i) das Kind am Ende einer Besuchszeit oder eines sonstigen vorüber­gehenden Aufenthalts in einem anderen Hoheitsgebiet als dem, in dem das Sorgerecht ausgeübt wird, nicht über eine internationale Grenze zurückgebracht wird,
ii) das Verbringen nachträglich nach Artikel 12 für widerrechtlich erklärt wird.

Teil I Zentrale Behörden

Art. 2
1.  Jeder Vertragsstaat bestimmt eine zentrale Behörde, welche die in diesem Über­einkommen vorgesehenen Aufgaben wahrnimmt.
2.  Bundesstaaten und Staaten mit mehreren Rechtssystemen steht es frei, mehrere zentrale Behörden zu bestimmen; sie legen deren Zuständigkeit fest.
3.  Jede Bezeichnung nach diesem Artikel wird dem Generalsekretär des Europarats notifiziert.
Art. 3
1.  Die zentralen Behörden der Vertragsstaaten arbeiten zusammen und fördern die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden ihrer Staaten. Sie haben mit aller gebo­tenen Eile zu handeln.
2.  Um die Durchführung dieses Übereinkommens zu erleichtern, werden die zentra­len Behörden der Vertragsstaaten
a) die Übermittlung von Auskunftsersuchen sicherstellen, die von zuständigen Behörden ausgehen und sich auf Rechts- oder Tatsachenfragen in anhängi­gen Verfahren beziehen;
b) einander auf Ersuchen Auskünfte über ihr Recht auf dem Gebiet des Sorge­rechts für Kinder und über dessen Änderungen erteilen;
c) einander über alle Schwierigkeiten unterrichten, die bei der Anwendung des Übereinkommens auftreten können, und Hindernisse, die seiner Anwendung entgegenstehen, soweit wie möglich ausräumen.
Art. 4
1.  Wer in einem Vertragsstaat eine Sorgerechtsentscheidung erwirkt hat und sie in einem anderen Vertragsstaat anerkennen oder vollstrecken lassen will, kann zu die­sem Zweck einen Antrag an die zentrale Behörde jedes beliebigen Vertragsstaats richten.
2.  Dem Antrag sind die in Artikel 13 genannten Schriftstücke beizufügen.
3.  Ist die zentrale Behörde, bei der der Antrag eingeht, nicht die zentrale Behörde des ersuchten Staates, so übermittelt sie die Schriftstücke unmittelbar und unver­züglich der letztgenannten Behörde.
4.  Die zentrale Behörde, bei der der Antrag eingeht, kann es ablehnen, tätig zu wer­den, wenn die Voraussetzungen nach diesem Übereinkommen offensichtlich nicht erfüllt sind.
5.  Die zentrale Behörde, bei der der Antrag eingeht, unterrichtet den Antragsteller unverzüglich über den Fortgang seines Antrags.
Art. 5
1.  Die zentrale Behörde des ersuchten Staates trifft oder veranlasst unverzüglich alle Vorkehrungen, die sie für geeignet hält, und leitet erforderlichenfalls ein Verfahren vor dessen zuständigen Behörden ein, um
a) den Aufenthaltsort des Kindes ausfindig zu machen;
b) zu vermeiden, insbesondere durch alle erforderlichen vorläufigen Massnah­men, dass die Interessen des Kindes oder des Antragstellers beeinträchtigt werden;
c) die Anerkennung oder Vollstreckung der Entscheidung sicherzustellen;
d) die Rückgabe des Kindes an den Antragsteller sicherzustellen, wenn die Vollstreckung der Entscheidung bewilligt wird;
e) die ersuchende Behörde über die getroffenen Massnahmen und deren Ergebnisse zu unterrichten.
2.  Hat die zentrale Behörde des ersuchten Staates Grund zu der Annahme, dass sich das Kind im Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaats befindet, so übermittelt sie die Schriftstücke unmittelbar und unverzüglich der zentralen Behörde dieses Staates.
3.  Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, vom Antragsteller keine Zahlungen für Massnahmen zu verlangen, die für den Antragsteller aufgrund des Absatzes 1 von der zentralen Behörde des betreffenden Staates getroffen werden; darunter fallen auch die Verfahrenskosten und gegebenenfalls die Kosten für einen Rechtsanwalt, nicht aber die Kosten für die Rückführung des Kindes.
4.  Wird die Anerkennung oder Vollstreckung versagt und ist die zentrale Behörde des ersuchten Staates der Auffassung, dass sie dem Ersuchen des Antragstellers stattgeben sollte, in diesem Staat eine Entscheidung in der Sache selbst herbeizufüh­ren, so bemüht sich diese Behörde nach besten Kräften, die Vertretung des Antrag­stellers in dem Verfahren unter Bedingungen sicherzustellen, die nicht weniger gün­stig sind als für eine Person, die in diesem Staat ansässig ist und dessen Staatsange­hörigkeit besitzt; zu diesem Zweck kann sie insbesondere ein Verfahren vor dessen zuständigen Behörden einleiten.
Art. 6
1.  Vorbehaltlich besonderer Vereinbarungen zwischen den beteiligten zentralen Behörden und der Bestimmungen des Absatzes 3
a) müssen Mitteilungen an die zentrale Behörde des ersuchten Staates in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen dieses Staates abgefasst oder von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet sein;
b) muss die zentrale Behörde des ersuchten Staates aber auch Mitteilungen annehmen, die in englischer oder französischer Sprache abgefasst oder von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet sind.
2.  Mitteilungen, die von der zentralen Behörde des ersuchten Staates ausgehen, ein­schliesslich der Ergebnisse von Ermittlungen, können in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen dieses Staates oder in englischer oder französischer Sprache abgefasst sein.
3.  Ein Vertragsstaat kann die Anwendung des Absatzes 1 Buchstabe b ganz oder teilweise ausschliessen. Hat ein Vertragsstaat diesen Vorbehalt angebracht, so kann jeder andere Vertragsstaat ihm gegenüber den Vorbehalt auch anwenden.

Teil II Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und Wiederher­stellung des Sorgerechts

Art. 7
Sorgerechtsentscheidungen, die in einem Vertragsstaat ergangen sind, werden in jedem anderen Vertragsstaat anerkannt und, wenn sie im Ursprungsstaat vollstreck­bar sind, für vollstreckbar erklärt.
Art. 8
1.  Im Fall eines unzulässigen Verbringens hat die zentrale Behörde des ersuchten Staates umgehend die Wiederherstellung des Sorgerechts zu veranlassen, wenn
a) zur Zeit der Einleitung des Verfahrens in dem Staat, in dem die Entschei­dung ergangen ist, oder zur Zeit des unzulässigen Verbringens, falls dieses früher erfolgte, das Kind und seine Eltern nur Angehörige dieses Staates waren und das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet die­ses Staates hatte, und
b) der Antrag auf Wiederherstellung innerhalb von sechs Monaten nach dem unzulässigen Verbringen bei einer zentralen Behörde gestellt worden ist.
2.  Können nach dem Recht des ersuchten Staates die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht ohne ein gerichtliches Verfahren erfüllt werden, so finden in diesem Verfah­ren die in dem Übereinkommen genannten Versagungsgründe keine Anwendung.
3.  Ist in einer von einer zuständigen Behörde genehmigten Vereinbarung zwischen dem Sorgeberechtigten und einem Dritten diesem ein Besuchsrecht eingeräumt wor­den und ist das ins Ausland gebrachte Kind am Ende der vereinbarten Zeit dem Sor­geberechtigten nicht zurückgegeben worden, so wird das Sorgerecht nach Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 2 wiederhergestellt. Dasselbe gilt, wenn durch Entschei­dung der zuständigen Behörde ein solches Recht einer Person zuerkannt wird, die nicht sorgeberechtigt ist.
Art. 9
1.  Ist in anderen als den in Artikel 8 genannten Fällen eines unzulässigen Verbrin­gens ein Antrag innerhalb von sechs Monaten nach dem Verbringen bei einer zen­tralen Behörde gestellt worden, so können die Anerkennung und Vollstreckung nur in folgenden Fällen versagt werden:
a) wenn bei einer Entscheidung, die in Abwesenheit des Beklagten oder seines gesetzlichen Vertreters ergangen ist, dem Beklagten das das Verfahren ein­leitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück weder ordnungs­gemäss noch so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte; die Nichtzustellung kann jedoch dann kein Grund für die Versagung der Anerkennung oder Vollstreckung sein, wenn die Zustellung deswegen nicht bewirkt worden ist, weil der Beklagte seinen Aufenthaltsort der Person verheimlicht hat, die das Verfahren im Ursprungsstaat eingeleitet hatte;
b) wenn bei einer Entscheidung, die in Abwesenheit des Beklagten oder seines gesetzlichen Vertreters ergangen ist, die Zuständigkeit der die Entscheidung treffenden Behörde nicht gegründet war auf i) den gewöhnlichen Aufenthalt des Beklagten,
ii) den letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern des Kin­des, sofern wenigstens ein Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch dort hat, oder
iii) den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes;
c) wenn die Entscheidung mit einer Sorgerechtsentscheidung unvereinbar ist, die im ersuchten Staat vor dem Verbringen des Kindes vollstreckbar wurde, es sei denn, das Kind habe während des Jahres vor seinem Verbringen den gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates gehabt.
2.  Ist kein Antrag bei einer zentralen Behörde gestellt worden, so findet Absatz 1 auch dann Anwendung, wenn innerhalb von sechs Monaten nach dem unzulässigen Verbringen die Anerkennung und Vollstreckung beantragt wird.
3.  Auf keinen Fall darf die ausländische Entscheidung inhaltlich nachgeprüft wer­den.
Art. 10
1.  In anderen als den in den Artikeln 8 und 9 genannten Fällen können die Anerken­nung und Vollstreckung nicht nur aus den in Artikel 9 vorgesehenen, sondern auch aus einem der folgenden Gründe versagt werden:
a) wenn die Wirkungen der Entscheidung mit den Grundwerten des Familien- und Kindschaftsrechts im ersuchten Staat offensichtlich unvereinbar sind;
b) wenn aufgrund einer Änderung der Verhältnisse – dazu zählt auch der Zeitablauf, nicht aber der blosse Wechsel des Aufenthaltsorts des Kindes infolge eines unzulässigen Verbringens – die Wirkungen der ursprünglichen Entscheidung offensichtlich nicht mehr dem Wohl des Kindes entsprechen;
c) wenn zur Zeit der Einleitung des Verfahrens im Ursprungsstaat i) das Kind Angehöriger des ersuchten Staates war oder dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und keine solche Beziehung zum Ursprungsstaat bestand,
ii) das Kind sowohl Angehöriger des Ursprungsstaats als auch des ersuchten Staates war und seinen gewöhnlichen Aufenthalt im ersuchten Staat hatte;
d) wenn die Entscheidung mit einer im ersuchten Staat ergangenen oder mit einer dort vollstreckbaren Entscheidung eines Drittstaats unvereinbar ist; die Entscheidung muss in einem Verfahren ergangen sein, das eingeleitet wurde, bevor der Antrag auf Anerkennung oder Vollstreckung gestellt wurde, und die Versagung muss dem Wohl des Kindes entsprechen.
2.  In diesen Fällen können Verfahren auf Anerkennung oder Vollstreckung aus einem der folgenden Gründe ausgesetzt werden:
a) wenn gegen die ursprüngliche Entscheidung ein ordentliches Rechtsmittel eingelegt worden ist;
b) wenn im ersuchten Staat ein Verfahren über das Sorgerecht für das Kind anhängig ist und dieses Verfahren vor Einleitung des Verfahrens im Usprungsstaat eingeleitet wurde;
c) wenn eine andere Entscheidung über das Sorgerecht für das Kind Gegen­stand eines Verfahrens auf Vollstreckung oder eines anderen Verfahrens auf Anerkennung der Entscheidung ist.
Art. 11
1.  Die Entscheidungen über das Besuchsrecht und die in Sorgerechtsentscheidungen enthaltenen Regelungen über das Besuchsrecht werden unter den gleichen Bedin­gungen wie andere Sorgerechtsentscheidungen anerkannt und vollstreckt.
2.  Die zuständige Behörde des ersuchten Staates kann jedoch die Bedingungen für die Durchführung und Ausübung des Besuchsrechts festlegen; dabei werden insbe­sondere die von den Parteien eingegangenen diesbezüglichen Verpflichtungen berücksichtigt.
3.  Ist keine Entscheidung über das Besuchsrecht ergangen oder ist die Anerkennung oder Vollstreckung der Sorgerechtsentscheidung versagt worden, so kann sich die zentrale Behörde des ersuchten Staates auf Antrag der Person, die das Besuchsrecht beansprucht, an die zuständige Behörde ihres Staates wenden, um eine solche Ent­scheidung zu erwirken.
Art. 12
Liegt zu dem Zeitpunkt, in dem das Kind über eine internationale Grenze verbracht wird, keine in einem Vertragsstaat ergangene vollstreckbare Sorgerechtsentschei­dung vor, so ist dieses Übereinkommen auf jede spätere in einem Vertragsstaat ergangene Entscheidung anzuwenden, mit der das Verbringen auf Antrag eines Beteiligten für widerrechtlich erklärt wird.

Teil III Verfahren

Art. 13
1.  Dem Antrag auf Anerkennung oder Vollstreckung einer Sorgerechtsentscheidung in einem anderen Vertragsstaat sind beizufügen
a) ein Schriftstück, in dem die zentrale Behörde des ersuchten Staates ermäch­tigt wird, für den Antragsteller tätig zu werden oder einen anderen Vertreter für diesen Zweck zu bestimmen;
b) eine Ausfertigung der Entscheidung, welche die für ihre Beweiskraft erfor­derlichen Voraussetzungen erfüllt;
c) im Fall einer in Abwesenheit des Beklagten oder seines gesetzlichen Ver­treters ergangenen Entscheidung ein Schriftstück, aus dem sich ergibt, dass das Schriftstück, mit dem das Verfahren eingeleitet wurde, oder ein gleich­wertiges Schriftstück dem Beklagten ordnungsgemäss zugestellt worden ist;
d) gegebenenfalls ein Schriftstück, aus dem sich ergibt, dass die Entscheidung nach dem Recht des Ursprungsstaats vollstreckbar ist;
e) wenn möglich eine Angabe über den Aufenthaltsort oder den wahrschein­lichen Aufenthaltsort des Kindes im ersuchten Staat;
f) Vorschläge dafür, wie das Sorgerecht für das Kind wiederhergestellt werden soll.
2.  Den obengenannten Schriftstücken ist erforderlichenfalls eine Übersetzung nach Massgabe des Artikels 6 beizufügen.
Art. 14
Jeder Vertragsstaat wendet für die Anerkennung und Vollstreckung von Sorge­rechtsentscheidungen ein einfaches und beschleunigtes Verfahren an. Zu diesem Zweck stellt er sicher, dass die Vollstreckbarerklärung in Form eines einfachen Antrags begehrt werden kann.
Art. 15
1.  Bevor die Behörde des ersuchten Staates eine Entscheidung nach Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b trifft,
a) muss sie die Meinung des Kindes feststellen, sofern dies nicht insbesondere wegen seines Alters und Auffassungsvermögens undurchführbar ist;
b) kann sie verlangen, dass geeignete Ermittlungen durchgeführt werden.
2.  Die Kosten für die in einem Vertragsstaat durchgeführten Ermittlungen werden von den Behörden des Staates getragen, in dem sie durchgeführt wurden.
3.  Ermittlungsersuchen und die Ergebnisse der Ermittlungen können der ersuchen­den Behörde über die zentralen Behörden mitgeteilt werden.
Art. 16
Für die Zwecke dieses Übereinkommens darf keine Beglaubigung oder ähnliche Förmlichkeit verlangt werden.

Teil IV Vorbehalte

Art. 17
1.  Jeder Vertragsstaat kann sich vorbehalten, dass in den von den Artikeln 8 und 9 oder von einem dieser Artikel erfassten Fällen die Anerkennung und Vollstreckung von Sorgerechtsentscheidungen aus denjenigen der in Artikel 10 vorgesehenen Gründe versagt werden kann, die in dem Vorbehalt bezeichnet sind.
2.  Die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen, die in einem Vertrags­staat ergangen sind, der den in Absatz 1 vorgesehenen Vorbehalt angebracht hat, können in jedem anderen Vertragsstaat aus einem der in diesem Vorbehalt bezeich­neten zusätzlichen Gründe versagt werden.
Art. 18
Jeder Vertragsstaat kann sich vorbehalten, durch Artikel 12 nicht gebunden zu sein. Auf die in Artikel 12 genannten Entscheidungen, die in einem Vertragsstaat ergan­gen sind, der einen solchen Vorbehalt angebracht hat, ist dieses Übereinkommen nicht anwendbar.

Teil V Andere Übereinkünfte

Art. 19
Dieses Übereinkommen schliesst nicht aus, dass eine andere internationale Überein­kunft zwischen dem Ursprungsstaat und dem ersuchten Staat oder das nichtvertrag­liche Recht des ersuchten Staates angewendet wird, um die Anerkennung oder Voll­streckung einer Entscheidung zu erwirken.
Art. 20
1.  Dieses Übereinkommen lässt Verpflichtungen unberührt, die ein Vertragsstaat ge­genüber einem Nichtvertragsstaat aufgrund einer internationalen Übereinkunft hat, die sich auf in diesem Übereinkommen geregelte Angelegenheiten erstreckt.
2.  Haben zwei oder mehr Vertragsstaaten auf dem Gebiet des Sorgerechts für Kinder einheitliche Rechtsvorschriften erlassen oder ein besonderes System zur Anerken­nung oder Vollstreckung von Entscheidungen auf diesem Gebiet geschaffen oder werden sie dies in Zukunft tun, so steht es ihnen frei, anstelle des Übereinkommens oder eines Teiles davon diese Rechtsvorschriften oder dieses System untereinander anzuwenden. Um von dieser Bestimmung Gebrauch machen zu können, müssen diese Staaten ihre Entscheidung dem Generalsekretär des Europarats notifizieren. Jede Änderung oder Aufhebung dieser Entscheidung ist ebenfalls zu notifizieren.

Teil VI Schlussbestimmungen

Art. 21
Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats zur Unterzeich­nung auf. Es bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Die Ratifika­tions-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.
Art. 22
1.  Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem drei Mitgliedstaaten des Europarats nach Artikel 21 ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Über­einkommen gebunden zu sein.
2.  Für jeden Mitgliedstaat, der später seine Zustimmung ausdrückt, durch das Über­einkommen gebunden zu sein, tritt es am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde folgt.
Art. 23
1.  Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Euro­parats durch einen mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung² vorgesehenen Mehrheit und mit einhelliger Zustimmung der Vertreter der Vertragsstaaten, die Anspruch auf einen Sitz im Komitee haben, gefassten Beschluss jeden Nichtmitglied­staat des Rates einladen, dem Übereinkommen beizutreten.
2.  Für jeden beitretenden Staat tritt das Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Bei­trittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats folgt.
² SR 0.192.030
Art. 24
1.  Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifi­kations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet.
2.  Jeder Staat kann jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europa­rats gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Übereinkommens auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken. Das Übereinkommen tritt für dieses Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Erklärung beim Generalsekretär folgt.
3.  Jede nach den Absätzen 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in Bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär gerichtete Noti­fikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach Eingang der Notifika­tion beim Generalsekretär folgt.
Art. 25
1.  Ein Staat, der aus zwei oder mehr Gebietseinheiten besteht, in denen für Angele­genheiten des Sorgerechts für Kinder und für die Anerkennung und Vollstreckung von Sorgerechtsentscheidungen unterschiedliche Rechtssysteme gelten, kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Geneh­migungs- oder Beitrittsurkunde erklären, dass dieses Übereinkommen auf alle seine Gebietseinheiten oder auf eine oder mehrere davon Anwendung findet.
2.  Ein solcher Staat kann jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Eu­roparats gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Übereinkommens auf jede weitere in der Erklärung bezeichnete Gebietseinheit erstrecken. Das Übereinkom­men tritt für diese Gebietseinheit am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Erklärung beim Generalsekretär folgt.
3.  Jede nach den Absätzen 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in Bezug auf jede darin bezeichnete Gebietseinheit durch eine an den Generalsekretär gerichtete Noti­fikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach Eingang der Notifika­tion beim Generalsekretär folgt.
Art. 26
1.  Bestehen in einem Staat auf dem Gebiet des Sorgerechts für Kinder zwei oder mehr Rechtssysteme, die einen räumlich verschiedenen Anwendungsbereich haben, so ist
a) eine Verweisung auf das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts oder der Staatsangehörigkeit einer Person als Verweisung auf das Rechtssystem zu verstehen, das von den in diesem Staat geltenden Rechtsvorschriften bestimmt wird, oder, wenn es solche Vorschriften nicht gibt, auf das Rechts­system, zu dem die betreffende Person die engste Beziehung hat;
b) eine Verweisung auf den Ursprungsstaat oder auf den ersuchten Staat als Verweisung auf die Gebietseinheit zu verstehen, in der die Entscheidung ergangen ist oder in der die Anerkennung oder Vollstreckung der Entschei­dung oder die Wiederherstellung des Sorgerechts beantragt wird.
2.  Absatz 1 Buchstabe a wird entsprechend auf Staaten angewendet, die auf dem Gebiet des Sorgerechts zwei oder mehr Rechtssysteme mit persönlich verschiedenem Anwendungsbereich haben.
Art. 27
1.  Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifi­kations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde erklären, dass er von einem oder mehreren der in Artikel 6 Absatz 3 und in den Artikeln 17 und 18 vor­gesehenen Vorbehalte Gebrauch macht. Weitere Vorbehalte sind nicht zulässig.
2.  Jeder Vertragsstaat, der einen Vorbehalt nach Absatz 1 angebracht hat, kann ihn durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation ganz oder teilweise zurücknehmen. Die Rücknahme wird mit dem Eingang der Notifikation beim Generalsekretär wirksam.
Art. 28
Der Generalsekretär des Europarats lädt am Ende des dritten Jahres, das auf den Tag des Inkrafttretens dieses Übereinkommens folgt, und von sich aus jederzeit danach die Vertreter der von den Vertragsstaaten bestimmten zentralen Behörden zu einer Tagung ein, um die Wirkungsweise des Übereinkommens zu erörtern und zu erleichtern. Jeder Mitgliedstaat des Europarats, der nicht Vertragspartei des Überein­kommens ist, kann sich durch einen Beobachter vertreten lassen. Über die Arbeiten jeder Tagung wird ein Bericht angefertigt und dem Ministerkomitee des Europarats zur Kenntnisnahme vorgelegt.
Art. 29
1.  Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen.
2.  Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitab­schnitt von sechs Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Art. 30
Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Rates und jedem Staat, der diesem Übereinkommen beigetreten ist,
a) jede Unterzeichnung;
b) jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde;
c) jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach den Arti­keln 22, 23, 24 und 25;
d) jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Über­einkommen unterschrieben.
Geschehen zu Luxemburg am 20. Mai 1980 in englischer und französischer Spra­che, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermit­telt allen Mitgliedstaaten des Europarats und allen zum Beitritt zu diesem Überein­kommen eingeladenen Staaten beglaubigte Abschriften.
(Es folgen die Unterschriften)

Geltungsbereich am 31. Januar 2013 ³

³ AS 1983 1681 , 1985 501 , 1986 178 , 1987 492 , 1988 2020 , 1990 685 , 1991 904 , 1994 1793 , 2004 3659 , 2007 1177 und 2013 699 . Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereiches findet sich auf der Internetseite des EDA (www.eda.admin.ch/vertraege).

Vertragsstaaten

Ratifikation

Beitritt (B)

Nachfolge­erklärung (N)

Inkrafttreten

Andorra*

23. März

2011

  1. Juli

2011

Belgien

  1. Oktober

1985

  1. Februar

1986

Bulgarien*

  5. Juni

2003

  1. Oktober

2003

Dänemarka *

11. April

1991

  1. August

1991

Deutschland*

  5. Oktober

1990

  1. Februar

1991

Estland*

17. Mai

2001

  1. September

2001

Finnland*

28. April

1994

  1. August

1994

Frankreich

  4. August

1982

  1. September

1983

Griechenland*

  8. März

1993

  1. Juli

1993

Irland*

28. Juni

1991

  1. Oktober

1991

Island*

22. Juli

1996

  1. November

1996

Italien

27. Februar

1995

  1. Juni

1995

Lettland*

15. April

2002

  1. August

2002

Liechtenstein*

17. April

1997

  1. August

1997

Litauen*

24. Januar

2003

  1. Mai

2003

Luxemburg

25. Mai

1983

  1. September

1983

Malta*

18. Oktober

1999

  1. Februar

2000

Mazedonien*

29. November

2002

  1. März

2003

Moldau

14. Januar

2004

  1. Mai

2004

Montenegro

  6. Juni

2006 N

  6. Juni

2006

Niederlandeb *

23. Mai

1990

  1. September

1990

Norwegen*

17. Januar

1989

  1. Mai

1989

Österreich

12. April

1985

  1. August

1985

Polen*

13. November

1995

  1. März

1996

Portugal

18. März

1983

  1. September

1983

Rumänien*

12. Mai

2004

  1. September

2004

Schweden*

28. März

1989

  1. Juli

1989

Schweiz*

27. September

1983

  1. Januar

1984

Serbien

18. Januar

2002 B

  1. Mai

2002

Slowakei*

  7. Mai

2001

  1. September

2001

Spanien*

30. Mai

1984

  1. September

1984

Tschechische Republik*

22. März

2000

  1. Juli

2000

Türkei

  8. Februar

2000

  1. Juni

2000

Ukraine*

30. Juli

2008

  1. November

2008

Ungarn*

  4. Februar

2004

  1. Juni

2004

Vereinigtes Königreich*

21. April

1986

  1. August

1986

    Anguilla

15. Juni

2007

  1. Oktober

2007

    Falklandinseln

18. November

1996

  1. März

1997

    Insel Man

  1. Juli

1991

  1. November

1991

    Jersey

16. Dezember

2005

  1. April

2006

    Kaimaninseln

  6. Mai

1998

  1. September

1998

    Montserrat

15. Oktober

1998

  1. Februar

1999

Zypern

13. Juni

1986

  1. Oktober

1986

* Vorbehalte und Erklärungen
(die Erklärungen der Vertragsstaaten über die zentralen Behörden, gemäss Art. 2, sind im oben erwähnten Geltungsbereich nicht mit * aufgeführt).
Die Vorbehalte, Erklärungen und die zentralen Behörden werden in der AS nicht veröffentlicht, mit Ausnahme jener der Schweiz. Die französischen und englischen Texte können auf der Internetseite des Europarates: http://conventions.coe.int eingesehen oder bei der Direktion für Völkerrecht, Sektion Staatsverträge, 3003 Bern bezogen werden.
a
Das Übereinkommen gilt nicht für Färöer-Inseln und Grönland.
b
Das Übereinkommen gilt nur für das Königreich in Europa.

Vorbehalte und Erklärungen

Schweiz ⁴
Gemäss Artikel 27 macht die Schweiz von dem in Artikel 17 vorgesehenen Vor­behalt Gebrauch und wird in den von den Artikeln 8 und 9 erfassten Fällen die Aner­kennung und Vollstreckung von Sorgerechtsentscheidungen aus dem in Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe d des Übereinkommens vorgesehenen Grund verweigern.
In Anwendung von Artikel 2 des Übereinkommens bezeichnet die Schweiz als zen­trale Behörde das Bundesamt für Justiz.
⁴ Art. 1 und 2 des BB vom 21. Juni 1983 ( AS 1983 1680 )
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