Abkommen über Soziale Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossensch... (0.831.109.232.1)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen über Soziale Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Kanada

Abgeschlossen am 24. Februar 1994 Von der Bundesversammlung genehmigt am 14. März 1995² In Kraft getreten durch Notenaustausch am 1. Oktober 1995 ¹ Der französische Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der ent­sprechen­den Ausgabe dieser Sammlung. ² Art. 1 Abs. 1 des BB vom 14. März 1995 ( AS 1995 4282 ).
Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung von Kanada
vom Wunsche geleitet, die Beziehungen zwischen den beiden Staaten im Bereich der Sozialen Sicherheit zu regeln, sind übereingekommen, zu diesem Zwecke ein Abkommen abzuschliessen und haben folgende Bestimmungen vereinbart:

Kapitel 1 Begriffsbestimmungen und Gesetzgebungen

Art. 1
¹ Für die Anwendung dieses Abkommens bedeuten die Ausdrücke:
a) «Regierung von Kanada» die Regierung in ihrer Befähigung als Vertreterin Ihrer Majestät der Königin als Oberhaupt von Kanada und vertreten durch den Minister für Arbeit und Einwanderung (Ministre de l’Emploi et de l’Immigration);
b) «Staatsangehöriger» in bezug auf die Schweiz eine Person schweizerischer Staatsangehörigkeit und in bezug auf Kanada einen kanadischen Staatsbürger;
c) «Gesetzgebung» die in Artikel 2 aufgeführten Gesetze und Verordnungen;
d) «zuständige Behörde» in bezug auf die Schweiz das Bundesamt für Sozialversicherung und in bezug auf Kanada der oder die für die Anwendung der Gesetzgebung Kanadas zuständige bzw. zuständigen Minister;
e) «Träger» die Einrichtung oder die Behörde, welche für die Durchführung der in Artikel 2 aufgeführten Gesetzgebungen zuständig ist;
f) «wohnen» in bezug auf die Schweiz, sich gewöhnlich aufhalten;
g) «Wohnsitz» im Sinne des Schweizerischen Zivilgesetzbuches³ den Ort, wo sich eine Person mit der Absicht des dauernden Verbleibens aufhält;
h) «Versicherungszeit» in bezug auf die Schweiz eine Zeit, während der Beiträge an die schweizerische Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung bezahlt wurden oder eine Zeit, die einer solchen Zeit in der genannten Versicherung gleichgestellt ist.
² In diesem Artikel nicht definierte Ausdrücke haben die Bedeutung, die ihnen nach der anwendbaren Gesetzgebung zukommt.
³ SR 210
Art. 2
¹ Das vorliegende Abkommen gilt:
a) in bezug auf die Schweiz: i) für das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 20. Dezember 1946⁴;
ii) für das Bundesgesetz über die Invalidenversicherung vom 19. Juni 1959⁵;
b) in bezug auf Kanada: i) für das Gesetz über die Alterssicherung;
ii) für die Pensionsversicherung von Kanada;
² Dieses Abkommen gilt auch für alle Gesetze und Verordnungen, welche die in Absatz 1 aufgeführten Gesetzgebungen kodifizieren, ändern oder ergänzen.
³ Hingegen gilt es für Gesetze und Verordnungen, welche die bestehenden Systeme auf neue Kategorien von Berechtigten ausdehnen, nur, wenn der seine Gesetzgebung ändernde Staat dem andern Staat nicht innert sechs Monaten seit der amtlichen Veröffentlichung oder Verkündigung der genannten Erlasse eine gegenteilige Mitteilung zukommen lässt.
⁴ SR 831.10
⁵ SR 831.20

Kapitel II Allgemeine Bestimmungen

Art. 3
Unter Vorbehalt abweichender Bestimmungen gilt dieses Abkommen:
a) für Staatsangehörige beider Staaten sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterlassenen soweit diese ihre Rechte von den genannten Staatsangehörigen ableiten;
b) für Flüchtlinge im Sinne des Übereinkommens vom 28. Juli 1951⁶ und des Protokolls vom 31. Januar 1967⁷ über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterlassenen, soweit sie ihre Rechte von den genannten Flüchtlingen ableiten; in bezug auf die Anwendung der schweizerischen Gesetzgebung wird dabei jedoch vorausgesetzt, dass diese Personen im Gebiet eines der Staaten wohnen;
c) in bezug auf die Schweiz für Staatenlose im Sinne des Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 28. September 1954⁸, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterlassenen, soweit sie ihre Rechte von den genannten Staatenlosen ableiten, vorausgesetzt, dass diese Personen im Gebiet eines der Staaten wohnen;
d) für Staatsangehörige von Drittstaaten, die der Gesetzgebung eines der Staaten unterstellt sind oder waren oder nach dieser Gesetzgebung Rechte erworben haben.
⁶ SR 0.142.30
⁷ SR 0.142.301
⁸ SR 0.142.40
Art. 4
¹ Unter Vorbehalt abweichender Bestimmungen dieses Abkommens sind die Staatsangehörigen Kanadas, ihre Familienangehörigen und Hinterlassenen, soweit diese ihre Rechte von den genannten Staatsangehörigen ableiten, sowie die in Artikel 3 Buchstaben b) und c) genannten Personen in ihren Rechten und Pflichten aus der schweizerischen Gesetzgebung den schweizerischen Staatsangehörigen gleichgestellt.
² Unter Vorbehalt abweichender Bestimmungen dieses Abkommens sind schweizerische Staatsangehörige sowie die in Artikel 3 Buchstaben b) und d) genannten Personen in ihren Rechten und Pflichten aus der Gesetzgebung Kanadas den Staatsangehörigen Kanadas gleichgestellt.
Art. 5
¹ Unter Vorbehalt abweichender Bestimmungen dieses Abkommens dürfen schweizerische Geldleistungen, die nach der schweizerischen Gesetzgebung oder aufgrund dieses Abkommens erworben werden, nicht deshalb gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, weil der Berechtigte
a) im Gebiet Kanadas wohnt, wenn es sich um eine in Artikel 3 Buchstaben a) bis c) genannte Person handelt;
b) im Gebiet eines Drittstaates wohnt, wenn es sich um eine in Artikel 3 Buchstabe a) genannte Person handelt.
² Unter Vorbehalt abweichender Bestimmungen dieses Abkommens dürfen kanadische Leistungen, die nach der Gesetzgebung Kanadas oder aufgrund dieses Abkommens erworben wurden, nicht deshalb gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, weil der Berechtigte im Gebiet der Schweiz oder eines Drittstaates wohnt.

Kapitel III Anwendbare Gesetzgebung

Art. 6
¹ Unter Vorbehalt abweichender Bestimmungen dieses Abkommens ist eine Person, die im Gebiet eines oder beider Staaten eine unselbständige Erwerbstätigkeit ausübt, in bezug auf diese Tätigkeit ausschliesslich der Gesetzgebung über die Versicherungspflicht des Staates unterstellt, in dessen Gebiet sie beschäftigt ist.
² Eine Person, die im Gebiet eines oder beider Staaten eine selbständige Erwerbs­tätigkeit ausübt und im Gebiet eines der beiden Staaten wohnt, ist ausschliesslich der Gesetzgebung über die Versicherungspflicht des Staates unterstellt, in dessen Gebiet sie wohnt.
Art. 7
¹ Wird eine Person, die eine unselbständige Erwerbstätigkeit ausübt, von einem Unternehmen mit einer Betriebsstätte im Gebiet des einen Staates für eine Dauer von voraussichtlich längstens 60 Monaten in das Gebiet des andern Staates entsandt, so bleibt sie der Gesetzgebung über die Versicherungspflicht des ersten Staates unterstellt, als wäre sie im Gebiet dieses Staates beschäftigt.
² Wünscht das Unternehmen, das für die Person den Entsandtenstatus beantragt hat, zu ihren Gunsten eine Verlängerung des Entsendungsverhältnisses, so kann diese Verlängerung ausnahmsweise gewährt werden, wenn die zuständige Behörde des Staates, von dessen Gebiet aus die Person entsandt worden ist, den Antrag auf Verlängerung, sofern sie ihn für begründet hält, der zuständigen Behörde des anderen Staates unterbreitet und deren Zustimmung erhalten hat. Der Verlängerungsantrag muss vor Ablauf der laufenden Entsendung der zuständigen Behörde des Staates unterbreitet werden, von dessen Gebiet aus die Person entsandt worden ist.
Art. 8
¹ Unter Vorbehalt von Absatz 2 sind die Bestimmungen über Soziale Sicherheit des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961⁹ und des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963¹⁰ selbst dann anwendbar, wenn sie von diesem Abkommen abweichen.
² Die Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung sind gemäss der Gesetzgebung des Empfangsstaates versichert, wenn sie dessen Staatsangehörigkeit besitzen oder in dessen Gebiet ständig wohnen. Im letztgenannten Fall können sie aber die Versicherungszugehörigkeit nach der Gesetzgebung des Entsendestaates wählen, wenn sie dessen Staatsangehörigkeit besitzen.
⁹ SR 0.191.01
¹⁰ SR 0.191.02
Art. 9
Die zuständige Behörde des einen Staates kann im Einvernehmen mit der zuständigen Behörde des andern Staates Ausnahmen von den Bestimmungen dieses Abschnittes zulassen.
Art. 10
Für den Erwerb des Anspruchs auf Leistungen und deren Berechnung nach dem Gesetz über die Alterssicherung Kanadas gilt
a) im Falle einer Person, die während irgendeiner Wohnzeit im Gebiet der Schweiz der Pensionsversicherung Kanadas oder der allgemeinen Rentenversicherung einer Provinz Kanadas unterstellt ist, diese Wohnzeit für diese Person, ihren Ehegatten und die ihr gegenüber unterhaltsberechtigten Personen, die bei ihr wohnen und nicht der schweizerischen Gesetzgebung unterstellt sind, als Wohnzeit in Kanada;
b) im Falle einer Person, die während irgendeiner Wohnzeit im Gebiet Kanadas aufgrund einer Erwerbstätigkeit der schweizerischen Gesetzgebung unterstellt ist, diese Wohnzeit für diese Person, ihren Ehegatten und die ihr gegenüber unterhaltsberechtigten Personen, die bei ihr wohnen und nicht der Pensionsversicherung Kanadas oder der allgemeinen Rentenversicherung einer Provinz Kanadas unterstellt sind, nicht als Wohnzeit in Kanada.

Kapitel IV Bestimmungen über die Leistungen

Abschnitt I Anwendung der kanadischen Gesetzgebung

Art. 11
¹ Hat eine Person allein aufgrund der nach der Gesetzgebung Kanadas anrechnungsfähigen Zeiten keinen Anspruch auf eine Leistung, so werden für den Erwerb des Anspruchs auf diese Leistung diese Zeiten mit den in Absatz 2 erwähnten Zeiten zusammengerechnet, soweit sie sich nicht überschneiden.
² a) Für den Erwerb des Anspruchs auf eine Leistung nach dem Gesetz über die Alterssicherung gilt eine Versicherungszeit nach der schweizerischen Gesetzgebung oder eine Wohnzeit im Gebiet der Schweiz ab dem Alter, von dem an die Wohnzeiten in Kanada nach dem genannten Gesetz anrechnungsfähig sind, als Wohnzeit im Gebiete Kanadas.
b) Für den Erwerb des Anspruchs auf eine Leistung der Pensionsversicherung von Kanada gilt ein Kalenderjahr, das mindestens drei Versicherungsmonate nach der schweizerischen Gesetzgebung beinhaltet, als ein Jahr, in dem Beiträge im Sinne der Pensionsversicherung von Kanada entrichtet wurden.
³ Hat eine Person ungeachtet der Absätze 1 und 2 keinen Anspruch auf eine Leistung nach der Gesetzgebung Kanadas, werden für den Erwerb des Anspruchs auf diese Leistung anrechnungsfähige Zeiten nach der Gesetzgebung eines Drittstaates berücksichtigt, mit dem die beiden Staaten durch eine zwischenstaatliche Verein­barung über Soziale Sicherheit, welche die Zusammenrechnung von Zeiten vorsieht, verbunden sind.
⁴ Erreicht die Gesamtdauer der nach der Gesetzgebung Kanadas zurückgelegten Zeiten nicht ein Jahr, so ist der zuständige Träger Kanadas nach diesem Abkommen nicht verpflichtet, Leistungen aufgrund dieser Zeiten zu gewähren.
Art. 12
¹ Hat eine Person nur bei Anwendung der in Artikel 11 erwähnten Bestimmungen über die Zusammenrechnung Anspruch auf eine Rente oder eine Ehegattenzulage nach dem Gesetz über die Alterssicherung, so setzt der zuständige Träger Kanadas den zu bezahlenden Betrag der Rente oder Ehegattenzulage nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Alterssicherung, welche die Auszahlung der Teilrente oder der Ehegattenzulage regeln, ausschliesslich aufgrund der nach dem genannten Gesetz anrechnungsfähigen Wohnzeiten in Kanada fest.
² Die Bestimmungen von Absatz 1 gelten auch für eine Person, die Anspruch auf eine Rente in Kanada hat, aber nicht die nach dem Gesetz über die Alterssicherung für den Anspruch auf eine Rente ausserhalb Kanadas erforderliche Mindestwohnzeit in Kanada zurückgelegt hat.
³ Ungeachtet anderslautender Bestimmungen dieses Abkommens
a) wird eine Rente der Alterssicherung einer Person ausserhalb von Kanada nicht ausbezahlt, es sei denn, dass die Wohnzeiten dieser Person bei Zusammenrechnung nach Artikel 11 wenigstens der nach dem Gesetz über die Alterssicherung für den Erwerb des Anspruchs auf Zahlung der Rente ausserhalb von Kanada erforderlichen Mindestwohnzeit in Kanada ent­sprechen; und
b) wird die Ehegattenzulage und die garantierte Einkommenszulage einer Person ausserhalb von Kanada nur in dem vom Gesetz über die Alterssicherung erlaubten Ausmass bezahlt.
Art. 13
Hat eine Person nur bei Anwendung der in Artikel 11 erwähnten Bestimmungen über die Zusammenrechnung Anspruch auf eine Leistung der Pensionsversicherung von Kanada, so setzt der zuständige Träger Kanadas den Betrag der Leistung wie folgt fest:
a) der einkommensbezogene Leistungsteil wird entsprechend den Bestimmungen der Pensionsversicherung von Kanada ausschliesslich aufgrund der für den Erwerb des Rentenanspruchs anrechnungsfähigen Einkommen berechnet, die in der genannten Versicherung gutgeschrieben wurden; und
b) der Betrag des festen Leistungsteils wird festgesetzt durch Vervielfachung i) des entsprechend den Bestimmungen der Pensionsversicherung von Kanada festgesetzten Betrages der festen Leistung
mit
ii) dem Verhältnis zwischen den Beitragszeiten in der Pensionsversicherung von Kanada und der Mindestwartezeit für die genannte Leistung im Sinne der Pensionsversicherung von Kanada. Dieses Verhältnis beträgt keinesfalls mehr als eins.

Abschnitt II Anwendung der schweizerischen Gesetzgebung

Art. 14
¹ Staatsangehörige Kanadas haben Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der schweizerischen Invalidenversicherung, solange sie in der Schweiz wohnen und wenn sie unmittelbar vor Eintritt der Invalidität Beiträge an die schweizerische Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung entrichtet haben.
² Staatsangehörige Kanadas, die keine Erwerbstätigkeit ausüben, haben Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, solange sie ihren Wohnsitz in der Schweiz haben und wenn sie unmittelbar vor Eintritt der Invalidität während mindestens eines Jahres ununterbrochen in der Schweiz gewohnt haben. Minderjährige Kinder mit Wohn­sitz in der Schweiz haben ausserdem Anspruch auf solche Massnahmen, wenn sie in der Schweiz invalid geboren sind oder seit ihrer Geburt ununterbrochen da gewohnt haben; ein Aufenthalt des Kindes in Kanada von längstens drei Monaten unmittelbar nach der Geburt steht einer Wohnzeit in der Schweiz gleich.
³ Kinder mit Wohnsitz in der Schweiz, die in Kanada invalid geboren sind und deren Mutter sich dort vor der Geburt insgesamt während längstens zwei Monaten auf­gehalten hat, sind den in der Schweiz invalid geborenen Kindern gleichgestellt. Die Invalidenversicherung übernimmt im Falle eines Geburtsgebrechens des Kindes die Leistungen während einer Dauer von drei Monaten nach der Geburt bis zu dem Umfang in dem sie in der Schweiz gewährt werden müssten.
⁴ Die Absätze 2 und 3 gelten sinngemäss für Kinder, die ausserhalb der Schweiz oder Kanadas geboren sind; die Invalidenversicherung übernimmt in diesem Falle die Leistungen nur dann, wenn sie im Ausland infolge des Gesundheitszustandes des Kindes sofort gewährt werden müssen.
Art. 15
Soweit nach der schweizerischen Gesetzgebung der Anspruch auf ordentliche Renten von der Erfüllung eines Versicherungsverhältnisses abhängig ist, gilt als ver­sichert im Sinne dieser Gesetzgebung auch der Staatsangehörige Kanadas, der bei Eintritt des Versicherungsfalles nach der schweizerischen Gesetzgebung in der Pensionsversicherung von Kanada versichert ist oder im Sinne des Gesetzes über die Alterssicherung in Kanada wohnt.
Art. 16
Staatsangehörige Kanadas haben Anspruch auf die ausserordentlichen Renten nach der schweizerischen Gesetzgebung nur,
1) solange sie in der Schweiz Wohnsitz haben und
2) sofern sie unmittelbar vor dem Monat, in welchem die Rente verlangt wird, a) im Falle einer Altersrente mindestens zehn volle Jahre;
b) im Falle einer Invalidenrente, einer Hinterlassenenrente oder einer diese Leistungen ablösenden Altersrente mindestens fünf volle Jahre ununterbrochen in der Schweiz gewohnt haben.
Art. 17
Die nach der schweizerischen Gesetzgebung vorgesehenen ordentlichen Renten für Versicherte, die weniger als zur Hälfte invalid sind, ausserordentlichen Renten, Hilflosenentschädigungen und Hilfsmittel werden dem Berechtigten nur bei Wohnsitz in der Schweiz gewährt.

Kapitel V Verwaltungsmässige und verschiedene Bestimmungen

Art. 18
Die zuständigen Behörden oder, mit ihrer Zustimmung, die Träger beider Staaten
a) vereinbaren die für die Anwendung dieses Abkommens notwendigen Durchführungsbestimmungen und bezeichnen ihre Verbindungsstellen;
b) regeln die Einzelheiten der gegenseitigen Verwaltungshilfe, insbesondere die Kostenbeteiligung bei medizinischen und verwaltungsmässigen Abklärungen sowie die übrigen für die Anwendung dieser Vereinbarung notwendigen Begutachtungsverfahren;
c) unterrichten einander über alle Massnahmen, die zur Durchführung dieses Abkommens getroffen werden,
d) unterrichten einander sobald als möglich über alle Änderungen ihrer Gesetzgebung.
Art. 19
¹ Die zuständigen Behörden und Träger beider Staaten leisten einander im Rahmen ihrer Zuständigkeit bei der Durchführung dieses Abkommens gegenseitig Hilfe und teilen einander alle hierzu notwendigen Auskünfte mit, soweit die von ihnen angewandte Gesetzgebung dies erlaubt. Diese Hilfe ist kostenlos unter Vorbehalt gewisser, in einer Verwaltungsvereinbarung vorgesehenen Ausnahmen.
² Ausser wenn die Bekanntgabe nach den Gesetzen eines der Staaten erforderlich ist, sind Auskünfte über Personen, die nach diesem Abkommen von einem Staat an den andern weitergeleitet werden, vertraulich und dürfen ausschliesslich zur Durchführung dieses Abkommens und der Gesetzgebung, auf die es Anwendung findet, verwendet werden.
Art. 20
Sind nach der Gesetzgebung eines Staates Urkunden, die der zuständigen Behörde oder einem Träger dieses Staates vorzulegen sind, ganz oder teilweise von Gebühren oder Abgaben einschliesslich Konsulargebühren und Verwaltungsabgaben befreit, so gilt diese Befreiung auch für Urkunden, die der zuständigen Behörde oder einem Träger des andern Staates nach dessen Gesetzgebung vorgelegt werden.
Art. 21
¹ Die zuständigen Behörden und die Träger der beiden Staaten können bei der Anwendung dieses Abkommens miteinander sowie mit den beteiligten Personen, unabhängig von deren Wohnort, in ihren Amtssprachen unmittelbar verkehren.
² Eine Eingabe oder eine Urkunde darf nicht deshalb zurückgewiesen werden, weil sie in einer Amtssprache des anderen Staates abgefasst ist.
³ Entscheide eines Trägers oder eines Gerichts, die nach der Gesetzgebung des einen Staates dem Betroffenen persönlich zugestellt werden müssen, können diesem, wenn er im Gebiet des anderen Staates wohnt, durch eingeschriebenen Brief unmittelbar zugestellt werden.
Art. 22
Ein nach Inkrafttreten dieses Abkommens nach der Gesetzgebung eines Staates gestellter Leistungsantrag gilt als Antrag auf eine entsprechende Leistung nach der Gesetzgebung des andern Staates, wenn der Antragsteller
a) verlangt, dass sein Antrag auch als Leistungsantrag nach der Gesetzgebung des anderen Staates betrachtet werde,
oder
b) mit seinem Antrag Auskünfte liefer, die darauf hinweisen, dass anrechnungsfähige Zeiten oder Versicherungszeiten nach der Gesetzgebung des andern Staates zurückgelegt worden sind.
Als Tag des Eingangs eines solchen Antrags gilt der Tag, an dem der Antrag nach der Gesetzgebung des ersten Staates eingegangen ist. Der Antragsteller kann jedoch verlangen, dass die Zahlung der Leistungen nach der Gesetzgebung des anderen Staates aufgeschoben wird.
Art. 23
Gesuche, Erklärungen oder Rechtsmittel, die nach der Gesetzgebung eines Staates innerhalb einer bestimmten Frist bei einer Behörde, einem Gericht oder einem Träger dieses Staates einzureichen sind, und innerhalb derselben Frist bei einer Behörde, einem Gericht oder einem Träger des andern Staates eingereicht werden, gelten als bei der Behörde, dem Gericht oder dem Träger des ersten Staates eingereicht.
Art. 24
Die Träger, die nach diesem Abkommen Leistungen zu erbringen haben, werden durch Zahlung in ihrer Landeswährung von ihren Verpflichtungen befreit.
Art. 25
¹ Schwierigkeiten, die sich aus der Auslegung oder der Durchführung dieses Abkommens ergeben, werden von den zuständigen Behörden beider Staaten soweit möglich entsprechend dem Geist und den Grundsätzen des Abkommens geregelt.
² Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Staaten über die Auslegung oder die Durchführung dieses Abkommens, die nicht nach Absatz 1 beigelegt werden konnten, sind auf Verlangen eines der Staaten einem Schiedsgericht bestehend aus drei Mitgliedern zu unterbreiten. Jeder Staat bezeichnet ein Mitglied. Diese beiden Mitglieder wählen einen Präsidenten. Können die beiden Mitglieder sich bezüglich der Person des Präsidenten nicht einigen, so ist dieser durch den Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes zu ernennen. Das Schiedsgericht regelt sein Verfahren selbst. Sein Entscheid ist für beide Staaten bindend.
Art. 26
Der Schweizerische Bundesrat und eine Provinz Kanadas können Vereinbarungen über jeden Bereich der Sozialen Sicherheit, der in die Zuständigkeit der Provinzen Kanadas fällt, abschliessen, soweit diese Vereinbarungen nicht den Bestimmungen dieses Abkommens widersprechen.

Kapitel VI Übergangs- und Schlussbestimmungen

Art. 27
¹ Dieses Abkommen gilt auch für die vor seinem Inkrafttreten eingetretenen Ver­sicherungsfälle.
² Dieses Abkommen begründet keinen Anspruch auf Zahlung von Leistungen für Zeiten vor seinem Inkrafttreten oder von Todesfallentschädigungen, wenn die in Frage stehende Person vor Inkrafttreten des Abkommens gestorben ist.
³ Für die Feststellung eines Leistungsanspruches nach diesem Abkommen werden alle Versicherungs- und Wohnzeiten berücksichtigt, die nach der Gesetzgebung eines der Staaten vor Inkrafttreten dieses Abkommens zurückgelegt worden sind.
⁴ Dieses Abkommen gilt nicht für Ansprüche, die durch Abfindung oder Beitragsrückvergütung abgegolten worden sind.
⁵ Vor Inkrafttreten dieses Abkommens getroffene Entscheide beeinträchtigen keine Rechte, die durch seine Anwendung entstehen.
⁶ Bereits gewährte Geldleistungen werden durch das Inkrafttreten dieses Abkommens nicht gekürzt.
Art. 28
Das beiliegende Schlussprotokoll ist Bestandteil dieses Abkommens.
Art. 29
Die Regierung beider Staaten notifizieren einander schriftlich den Abschluss des durch Gesetzgebung und Verfassung für das Inkrafttreten dieses Abkommens vorgeschriebenen Verfahrens; das Abkommen tritt am ersten Tag des vierten auf den Empfang der letzten Notifikation folgenden Monats in Kraft.
Art. 30
¹ Dieses Abkommen bleibt bis zum Ende des Kalenderjahres nach dem Jahr, in dem es von einem der Staaten gegenüber dem anderen schriftlich gekündigt wird, in Kraft.
² Wird dieses Abkommen gekündigt, so bleiben die aufgrund seiner Bestimmungen erworbenen Rechte oder Leistungszahlungen erhalten; Vereinbarungen zwischen den Staaten werden die Anwartschaften regeln.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten der beiden Staaten dieses Abkommen unterzeichnet.
So geschehen zu Ottawa, am 24. Februar 1994, in zwei Unterschriften, in französischer und englischer Sprache, jede Fassung ist in gleicher Weise verbindlich.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Für die Regierung
von Kanada:

Ernst Andres

Lloyd Axworthy

Schlussprotokoll

Anlässlich der heutigen Unterzeichnung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Kanada über Soziale Sicherheit haben die unterzeichnenden Bevollmächtigten ihr Einverständnis in folgenden Punkten festgelegt:
1. Artikel 4 Absatz 1 gilt nicht für die schweizerischen Rechtsvorschriften über die a) freiwillige Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung der im Ausland niedergelassenen schweizerischen Staatsangehörigen;
b) Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung von schweizerischen Staatsangehörigen, die im Ausland für einen Arbeitgeber in der Schweiz tätig sind und von diesem entlöhnt werden;
c) Fürsorgeleistungen für schweizerische Staatsangehörige im Ausland.
2. Die Bestimmungen des Abkommens stehen der Anwendung von Bestimmungen der schweizerischen Gesetzgebung, die für die betreffenden Personen im Leistungsbereich günstiger sind, nicht entgegen.
3. Was Artikel 6 Absatz 1 betrifft, werden für die Berechnung der nach der schweizerischen Gesetzgebung geschuldeten Beiträge die aufgrund einer unselbständigen Erwerbstätigkeit im Gebiete Kanadas erzielten Einkünfte nicht berücksichtigt.
4. Der Ehegatte und die Kinder, die eine nach Artikel 7 in die Schweiz entsandte Person begleiten, sind von der Unterstellung unter die schweizerische Gesetzgebung befreit, sofern sie in der Schweiz keine Erwerbstätigkeit ausüben.
5. Der Ehegatte und die Kinder, die eine nach Artikel 7 nach Kanada entsandte Person begleiten, bleiben nach der schweizerischen Gesetzgebung versichert, sofern sie in Kanada keine Erwerbstätigkeit ausüben.
6. In der Schweiz wohnhafte Staatsangehörige Kanadas, welche die Schweiz für eine zwei Monate nicht übersteigende Dauer verlassen, unterbrechen ihre Wohn­dauer in der Schweiz im Sinne von Artikel 14 Absatz 2 nicht.
7. Staatsangehörige Kanadas ohne Wohnsitz in der Schweiz, die ihre Erwerbstätigkeit in diesem Lande infolge eines Unfalls oder einer Krankheit auf­geben mussten und die Eingliederungsmassnahmen der schweizerischen Invalidenversicherung erhalten oder bis zum Eintritt des Versicherungsfalles in der Schweiz bleiben, gelten für die Gewährung von Leistungen der Invalidenversicherung als nach der schweizerischen Gesetzgebung versichert. Sie haben Beiträge an die Alters‑, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung zu entrichten, als hätten sie Wohnsitz in der Schweiz.
8. Was Artikel 16 betrifft, gilt die Wohndauer eines Staatsangehörigen Kanadas in der Schweiz als ununterbrochen, wenn dieser während eines Kalenderjahres die Schweiz für nicht mehr als drei Monate verlassen hat. Wohnzeiten eines Staatsangehörigen Kanadas in der Schweiz, während deren er von der Unterstellung unter die schweizerische Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung befreit war, werden auf die Wohndauer im Sinne von Artikel 16 nicht angerechnet.
9. Wurden Beiträge, die nach der schweizerischen Gesetzgebung entrichtet worden waren, in Anwendung der schweizerischen Gesetzesbestimmungen über die Beitragsrückvergütung an Ausländer und Staatenlose rückvergütet, so steht das der Gewährung von ausserordentlichen Renten gemäss Artikel 16 nicht entgegen; in diesen Fällen werden jedoch die rückvergüteten Beiträge mit den auszuzahlenden Renten verrechnet.
So geschehen zu Ottawa, am 24. Februar 1994, in zwei Urschriften, in französischer und englischer Sprache, jede Fassung ist in gleicher Weise verbindlich.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Für die Regierung
von Kanada:

Ernst Andres

Lloyd Axworthy

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