Reglement der Anstalt Schachen Deitingen (212.233.23)
CH - SO

Reglement der Anstalt Schachen Deitingen

Reglement der Anstalt Schachen Deitingen Vom 19. Januar 1971 (Stand 1. Februar 1971) Der Regierungsrat des Kantons Solothurn gestützt auf § 21 des Gesetzes über die Versorgung und Verwahrung in Ar - beitsanstalten von 20. Juni 1954
1 ) beschliesst:

1. Aufnahme und Entlassung

§ 1 Voraussetzung der Aufnahme

1 Die Aufnahme in die Anstalt Schachen, Deitingen, erfolgt gestützt auf die schriftliche Verfügung einer zuständigen Behörde.

§ 2 Aufnahmeordnung

1 Über die Aufnahmeordnung erlässt der Verwalter die nötigen Bestim - mungen.

§ 3 Vorbereitung der Entlassung

1 Der Verwalter sorgt in Verbindung mit der Schutzaufsicht, der Entlasse - nenfürsorge, dem Vormund oder der zuständigen Behörde dafür, dass die persönlichen Verhältnisse der zu Entlassenden nach Möglichkeit vor der Entlassung geordnet werden.

§ 4 Beschaffung fehlender Effekten

1 Die Kosten für die Beschaffung fehlender Effekten werden aus dem Ver - dienstanteil und aus mitgebrachten oder während der Versorgungszeit er - haltenen Mitteln bestritten, allfällig unter Mithilfe der versorgenden Be - hörde, der Schutzaufsicht, der Vormundschaftsbehörde oder der Fürsorge - kommission.
1) Aufgehoben durch § 35 Abs. 2 lit. b EG füF vom 2. Dezember 1984; GS 89, 613. GS 85, 367
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2. Hausordnung

2.1. Bekleidung

§ 5 Anstaltskleider

1 Kleider, Wäsche und Schuhwerk erhalten die Insassen von der Anstalt zum Gebrauch.

§ 6 Private Kleider

1 Wenn besondere Verhältnisse vorliegen, kann der Verwalter ausnahms - weise das Tragen privater Kleidungsstücke gestatten.

2.2. Verpflegung

§ 7 Allgemeine Kost

1 Die Anstalt verabfolgt den Insassen eine ausreichende, abwechslungsrei - che und schmackhaft zubereitete Nahrung.

§ 8 Krankenkost

1 Krankenkost wird nach Anordnung des Anstaltsarztes verabreicht.

2.3. Arbeit

§ 9 Arbeitszuweisung

1 Jeder arbeitsfähige Insasse ist zur Arbeit verpflichtet. Bei der Arbeitszu - weisung ist auf seine Kenntnisse, Fähigkeiten und Körperkräfte sowie auf allfällige Anordnungen des Anstaltsarztes nach Möglichkeit Rücksicht zu nehmen.

§ 10 Arbeitszeit

1 Die Arbeitszeit wird vom Verwalter festgesetzt.

2.4. Gesundheitspflege

§ 11 Körperpflege

1 Jeder Insasse ist zur Reinlichkeit des Körpers verpflichtet.
2 Der Verwalter kann nähere Vorschriften erlassen.

§ 12 Körpergewicht

1 Mindestens einmal monatlich wird das Körpergewicht jedes Insassen fest - gestellt. Auffällige Gewichtsveränderungen sind dem Anstaltsarzt von der Verwaltung zu melden.
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3. Betreuung

3.1. Ärztlicher Dienst und Krankenpflege

§ 13 Anspruch

1 Jeder Insasse hat bei Krankheit oder Unfall Anspruch auf ärztliche Betreu - ung.

§ 14 Eintrittsuntersuchung

1 Jeder Neueintretende wird beim nächsten Besuch des Anstaltsarztes un - tersucht. Der Eintrittsbefund wird festgehalten.

§ 15 Kostentragung

1 Für die ärztliche Behandlung von Krankheiten und Unfallfolgen, unter denen der Insasse beim Eintritt leidet, und für solche Krankheiten, welche die normale ärztliche Betreuung überschreiten, hat die versorgende Behör - de aufzukommen.

§ 16 Mitgebrachte Medikamente und Drogen

1 Beim Eintritt mitgebrachte Medikamente und Drogen dürfen nur im Ein - verständnis des Anstaltsarztes verwendet werden.

§ 17 Unfallversicherung

1 Alle Insassen sind gegen Unfallfolgen versichert. Alle Unfälle sind dem Anstaltsarzt zu melden. Dieser entscheidet, ob der Unfall dem Versicherer anzuzeigen ist.

§ 18 Hospitalisation (Nichtanrechnung)

1 Der Aufenthalt in Spitälern und Heilstätten wird an die Versorgungszeit nicht angerechnet, wenn die Krankheiten oder Unfallfolgen schon beim Eintritt in die Anstalt bestanden, auf Selbstverschulden zurückzuführen sind oder wenn die Versetzung arglistig herbeigeführt wurde.

§ 19 Zahnbehandlung

1 Der Anstaltsarzt entscheidet über die Zahnbehandlung.

§ 20 Brillenanschaffung

1 Brillen werden vom Arzt verordnet. Die Anschaffungskosten sind in der Regel vom Insassen zu tragen.

§ 21 Selbstbehalt

1 In den Fällen, in denen die Anstalt oder das Gemeinwesen die Arzt- oder Zahnarztrechnungen bezahlt, hat der Insasse für jede Konsultation einen Franken zu entrichten, ebenso bei Unfällen, die auf Selbstverschulden zu - rückzuführen sind.
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§ 22 Todesfall

1 Stirbt ein Insasse, so wird das Eigentum des Verstorbenen gegen Quittung den Angehörigen, dem Vormund oder der zuständigen Behörde oder Amtsstelle ausgehändigt.

3.2. Gottesdienst und Seelsorge

§ 23 Gottesdienst

1 Den Insassen wird Gelegenheit geboten, den Gottesdienst zu besuchen.

§ 24 Einzelseelsorge

1 Die Insassen haben die Möglichkeit zu persönlicher Aussprache mit dem Seelsorger.

3.3. Audienzen

§ 25 Audienzen

1 Die Insassen haben das Recht auf Audienzen beim Vorsteher des Departe - ments des Innern, beim Verwalter, bei den Organen der Entlassenenfürsor - ge und beim Anstaltsgeistlichen ihrer Konfession.
2 Die Anmeldung zu einer Audienz hat nach jeweiliger Bekanntmachung zu erfolgen.

4. Vergünstigungen und Disziplin

4.1. Diverse Vergünstigungen

§ 26 Arten

1 Als Vergünstigungen kommen in Frage: a) Rauchen in den vom Verwalter bezeichneten Räumen; b) Bezug von Bibliothekbüchern; c) Freizeitarbeiten in den speziellen Räumen; d) Teilnahme an Sport und Spielen; e) Teilnahme an Veranstaltungen aller Art; f) Überlassen von Gegenständen aus den persönlichen Effekten; g) Führen von Korrespondenzen; h) Empfang von Besuchen; i) Entgegennahme von Geschenken oder Bargeld; k) Urlaube.

§ 27 Umfang

1 Über den Umfang der Vergünstigungen entscheidet der Verwalter.
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§ 28 Gestaltung

1 Der Verwalter regelt die Gestaltung der Vergünstigungen, insbesondere die Korrespondenz, die Besuche und Urlaube nach den Richtlinien und Empfehlungen der Konkordatskonferenz.

§ 29 Grundsätzlicher Anspruch

1 Jedem Insassen wird im Rahmen der vom Regierungsrat festgesetzten Grenzen ein Verdienstanteil ausgerichtet. Er wird vom Verwalter bestimmt und richtet sich nach den fachlichen Kenntnissen, dem Fleiss sowie dem Be - tragen des Insassen.

§ 30 Entzugs- und Reduktionsgründe

1 Bei sehr schlechten Leistungen kann der Verdienstanteil unter dem vom Regierungsrat festgesetzten Minimum angesetzt werden.
2 Bei gänzlicher oder teilweiser Arbeitsunfähigkeit wird kein oder ein redu - zierter Verdienstanteil ausgerichtet, sofern der betreffende Insasse An - spruch auf ein monatliches Taschengeld aus Rentenbezügen hat.

§ 31 Urlaubs-, Arrest- und Krankentage

1 Für Arresttage wird kein Verdienstanteil ausgerichtet. Bei Urlauben, Krankheiten und selbstverschuldeten Unfällen entscheidet der Verwalter, ob kein oder ein reduzierter Verdienstanteil ausgerichtet wird.

§ 32 Verwendung

1 Vom Verdienstanteil darf während der Einweisungszeit mit Bewilligung des Verwalters höchstens die Hälfte für persönliche Bedürfnisse, wie Werk - zeuge, Bücher, Urlaube, Esswaren und Genussmittel verwendet werden.
2 Der Verdienstanteil dient im übrigen der Bereitstellung der notwendigen Mittel für die erste Zeit nach der Entlassung, für notwendige Kleideran - schaffungen, für zahnärztliche Behandlung, die Anschaffung von Brillen, eventuell als Zuwendung an Familienangehörige.
3 Sodann sind Schäden oder Auslagen, die Insassen vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachen, grundsätzlich aus dem Verdienstanteil zu decken, sofern dieser nicht für Bedürfnisse nach Absatz 2 benötigt wird. Dazu ge - hören auch Kosten, die aus Entweichung entstanden sind. Bis zur Deckung solcher Kosten sind Bewilligungen nach Absatz 1 hievor nicht zu gewäh - ren.

§ 33 Anstände

1 Bei Anständen über die Höhe, die Verwendung oder Auszahlung des Ver - dienstanteils entscheidet das Departement des Innern.

§ 34 Bargeld

1 Bargeld wird während der Einweisung nur an Urlauber ausgehändigt.
2 Im übrigen ist jegliches Geld, das ein Insasse aus irgendeinem Grund be - sitzt oder erhält, im Büro abzugeben; es wird seinem Konto gutgeschrie - ben, wobei die Verwaltung bestimmt, ob und inwieweit der Insasse wäh - rend der Einweisung darüber verfügen darf.
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§ 35 Auszahlung bei der Entlassung

1 Bei Entlassung kann das bestehende Guthaben des Insassen nach Ermes - sen des Verwalters oder nach Weisung einer zuständigen Behörde oder Amtsperson ganz oder teilweise den Organen der Schutzaufsicht, dem Vor - mund oder der Fürsorgebehörde zu zweckmässiger Verwendung für den Entlassenen ausbezahlt werden.
2 Die Auszahlung an den Entlassenen kann auch ratenweise erfolgen.

4.3. Disziplin

§ 36 Disziplinarmittel

1 Dem Verwalter stehen zur Aufrechterhaltung der Ordnung folgende Dis - ziplinarmittel zur Verfügung: a) Verwarnung; b) Entzug der Vergünstigungen; c) Isolierungen während der Freizeit im Schlafzimmer; d) Rauch-, Lese- (ausgenommen Bücher) und Spielverbot; e) Sperre des verfügbaren Guthabens; f) Reduktion oder Entzug des Verdienstanteils; g) Arrest bis zu 8 Tagen, mit Entzug der Zwischenmahlzeiten und des Fleisches.

§ 37 Entweichungen

1 Entweichungsversuche und Entweichungen werden mit Arrest bestraft.

§ 38 Meldung an das Departement des Innern

1 Dem Departement des Innern werden folgende Fälle zur Behandlung überwiesen: a) Auflehnung im Komplott gegen die Hausordnung; b) Tätlichkeiten von Insassen, die Körperverletzungen zur Folge haben; c) Handlungen von Insassen, die Vergehen oder Verbrechen im Sinne des Strafgesetzes sind.

§ 39 Strafenkontrolle

1 Über alle verhängten Strafen wird eine Strafenkontrolle geführt. Über Strafen nach § 36 literae g und h ist die versorgende Behörde zu orientie - ren; ebenso über alle Fälle nach § 38.

5. Allgemeine und Schlussbestimmungen

§ 40 Meldepflicht

1 Vorkommnisse, Anliegen, Begehren, Gesuche usw. sind dem vorgesetzten Aufseher des Freizeitdienstes oder dem Chef des Innern Dienstes zu mel - den beziehungsweise zu unterbreiten. Soweit sie vom betreffenden Aufse - her nicht direkt erledigt werden können, sind sie an den Verwalter weiter - zuleiten.
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§ 41 Beschwerderecht

1 Beschwerden gegen Angestellte sind beim Verwalter einzureichen und von diesem zu entscheiden.
2 Beschwerden gegen den Verwalter oder gegen seine Verfügungen und Entscheide sind vom Departement des Innern zu behandeln.
3 Vorbehalten werden die Disziplinarbestimmungen des Staatspersonalge - setzes.

§ 42 Insassenrat

1 Dem Verwalter steht das Recht zu, zur Handhabung dieses Reglements In - sassen mit bestimmten Funktionen zu betrauen, insbesondere für Aufga - ben des Inneren Dienstes. Diese Insassen bilden, zusammen mit 3 durch die Gesamtheit der Insassen in geheimer Wahl bestimmten Mitgliedern, den Insassenrat. Dieser stellt das Bindeglied zwischen Verwalter und Insassen dar. Er kann dem Verwalter Anliegen der Insassen allgemeiner Art unter - breiten, Vorschläge für Verbesserungen machen und beim Erlass von Wei - sungen, zur Behandlung von Fragen des Innern Dienstes und der Freizeit - gestaltung usw. als beratendes Organ beigezogen werden.

§ 43 Vorbehalt der Richtlinien des Konkordats

1 Von diesem Reglement abweichende Richtlinien der Konkordatskonfe - renz bleiben vorbehalten.

§ 44 Inkrafttreten

1 Dieses Reglement ersetzt die Hausordnung vom 9. August 1937
1 ) und tritt am 1. Februar 1971 in Kraft. Auf diesen Zeitpunkt werden das Reglement über die Beurlaubung der männlichen Insassen der Arbeitsanstalt Schachen vom 19. Juli 1960
2 ) , das Reglement über die Ausrichtung eines Verdienstan - teils an die Insassen der Arbeitsanstalt Schachen vom 31. Dezember 1965
3 ) und die Regierungsratsbeschlüsse vom 30. Dezember 1966
4 ) und vom 9. De - zember 1969
5 ) über die Kostgeldregelung aufgehoben.
1) GS 74, 153.
2) GS 81, 317.
3) GS 83, 261.
4) GS 83, 333.
5) GS 84, 411.
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