Verordnung über die Durchführung von Versandkontrollen (946.202.8)
CH - Schweizer Bundesrecht

Verordnung über die Durchführung von Versandkontrollen

vom 17. Mai 1995 (Stand am 1. Januar 2013)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf Artikel 46 a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997¹, in Ausführung des WTO-Übereinkommens vom 15. April 1994² über Kontrollen vor dem Versand (Übereinkommen), in Ausführung von Artikel 271 des Strafgesetzbuches³,⁴
verordnet:
¹ SR 172.010 ² SR 0.632.20 ³ SR 311.0 ⁴ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Juni 2006, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2006 2713 2921 ).

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Geltungsbereich
Diese Verordnung gilt für Versandkontrollen, die auf schweizerischem Gebiet von einer Versandkontrollstelle im Auftrag eines anderen Staates im Rahmen von Importkontrollprogrammen durchgeführt werden.
Art. 2 Begriff
Mit Versandkontrollen wird geprüft, ob die zur Ausfuhr bestimmten Waren hin­sichtlich Qualität, Menge und Preis, einschliesslich der Wechselkurse und der fi­nan­ziellen Bedingungen, mit den Spezifikationen des jeweiligen Vertrages zwischen Importeur und Exporteur übereinstimmen und ob die Waren den im jeweiligen Ver­trag vereinbarten Normen oder, wenn solche Normen fehlen, den einschlägigen internationalen Normen entsprechen.
Art. 3 Bewilligung
¹ Für Versandkontrollen braucht es eine Bewilligung.
² Zuständig für die Erteilung der Bewilligung ist das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF)⁵. Es entscheidet auf Antrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO)⁶.
⁵ Die Bezeichnung der Verwaltungseinheit wurde in Anwendung von Art. 16 Abs. 3 der Publikationsverordnung vom 17. Nov. 2004 ( SR 170.512.1 ) auf den 1. Jan. 2013 angepasst. Die Anpassung wurde im ganzen Text vorgenommen.
⁶ Ausdruck gemäss Art. 21 Ziff. 13 der V vom 17. Nov. 1999, in Kraft seit 1. Juli 1999 ( AS 2000 187 ).
Art. 4 Bewilligungsgrundsätze
¹ Die Bewilligung wird erteilt, wenn die Versandkontrollstelle:
a. als Gesellschaft nach schweizerischem Recht konstituiert ist,
b. nachweist, dass keine Interessenkonflikte im Sinne von Artikel 2 Ziffer 14 des Übereinkommens bestehen und dass sie nicht von einem ausländischen Staat beherrscht wird;
c. über die notwendige Infrastruktur und das nötige Fachwissen verfügt; und
d. Gewähr bietet, dass sie die Bestimmungen des Übereinkommens und dieser Verordnung erfüllt.
² Bei der Einreichung des Bewilligungsgesuches hat die Versandkontrollstelle dem WBF alle Bestimmungen des Kontrollauftrages mitzuteilen. Ausgenommen bleiben Bestimmungen über Vergütungen. Ferner hat die Versandkontrollstelle der Bewilligungsbehörde unaufgefordert alle späteren Änderungen des Kontrollauftra­ges mitzuteilen.
Art. 5 Geltungsdauer der Bewilligung
¹ Die Bewilligung gilt so lange wie der betreffende Kontrollauftrag.
² Wird der Kontrollauftrag geändert, so bedarf es keiner neuen Bewilligung, sofern er weiterhin den Vorschriften dieser Verordnung entspricht.
Art. 6 Widerruf der Bewilligung
¹ Die Bewilligung wird widerrufen, wenn die Versandkontrollstelle:
a. die Grundsätze nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben a–c nicht einhält;
b. den übrigen Vorschriften dieser Verordnung schwerwiegend oder wiederholt zuwiderhandelt.
² Bei anderen Zuwiderhandlungen gegen diese Verordnung kann die Bewilligung widerrufen werden.

2. Abschnitt: Durchführung der Versandkontrollen

Art. 7 Nichtdiskriminierung und Transparenz
¹ Die Versandkontrollen sind auf nichtdiskriminierende Weise durchzuführen.
² Die Versandkontrollstellen haben die Exporteure über die Modalitäten der Kon­trolle zu unterrichten.
Art. 8 Wirtschaftsinformationen
¹ Die Versandkontrollstellen dürfen von den Exporteuren keine Informationen ver­langen betreffend:
a. Fertigungsdaten im Zusammenhang mit patentierten, zum Patent angemelde­ten, lizenzierten oder geheimen Verfahren;
b. unveröffentlichte technische Daten oder andere als für den Nachweis der Übereinstimmung mit technischen Vorschriften oder Normen notwendige Da­ten;
c. die interne Preisbildung, einschliesslich der Herstellungskosten;
d. die Gewinnspannen;
e. die Bedingungen der Verträge zwischen den Exporteuren und ihren Liefe­ran­ten, ausser wenn es der Versandkontrollstelle sonst nicht möglich ist, die Kon­trolle durchzuführen. In solchen Fällen verlangt die Kontrollstelle nur die für diesen Zweck erforderlichen Auskünfte.
² Die Versandkontrollstellen haben die von den Exporteuren erteilten Informatio­nen, soweit diese nicht in der Öffentlichkeit bekannt sind, als vertrauliche Wirt­schafts­informationen zu behandeln. Vertrauliche Wirtschaftsinformationen dürfen der aus­ländischen Regierung oder Verwaltung, in deren Auftrag die Kontrolle er­folgt, nur soweit mitgeteilt werden, als solche Informationen für Kreditbriefe, ande­re Zah­lungsformen oder für Zollzwecke, Einfuhrlizenzverfahren und Devisenkon­trollen üblicherweise notwendig sind.
Art. 9 Vorläufige Prüfung der Preise
Auf Antrag der Exporteure nehmen die Versandkontrollstellen vor dem Zeitpunkt der physischen Kontrolle eine vorläufige Prüfung der Preise im Sinne von Artikel 2 vor. Das Prüfungsergebnis ist den Exporteuren unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Die Nichtanerkennung des Preises bedarf einer genauen Begründung.
Art. 10 Prüfergebnis
¹ Die Versandkontrollstellen führen die Kontrollen möglichst ohne Verzögerung durch.
² Nach Abschluss der Kontrollen erstellen sie innerhalb von fünf Arbeitstagen ent­weder einen Schlussbericht oder erläutern schriftlich und detailliert die Gründe für die Nichterstellung dieses Berichts.
³ Den Exporteuren ist Gelegenheit zu geben, ihren Standpunkt schriftlich darzu­legen.
⁴ Wird kein Schlussbericht erstellt, so ist auf Ersuchen des Exporteurs eine neue Kontrolle zum beiderseits frühestmöglichen Zeitpunkt zu vereinbaren.
Art. 11 Prüfung des Vertragspreises
¹ Die Versandkontrollstelle darf einen zwischen Exporteur und Importeur vereinbar­ten Vertragspreis nur dann zurückweisen, wenn sie nachweist, dass ihr Entscheid aufgrund eines Prüfungsverfahrens zustandegekommen ist, das den Anforderungen der Absätze 2–5 genügt.
² Für das Prüfungsverfahren gilt:
a. Es dürfen nur Preise für gleiche oder gleichartige Waren verglichen werden, die zur Ausfuhr aus der Schweiz etwa zur selben Zeit unter konkurrierenden und vergleichbaren Verkaufsbedingungen in Übereinstimmung mit den übli­chen Handelspraktiken und nach Berücksichtigung etwaiger Standardpreis­nachlässe angeboten werden.
b. Beim Vergleich sind die einschlägigen Wirtschaftsfaktoren des Einfuhr­landes und der für den Preisvergleich herangezogenen Länder zu berücksichti­gen, je­doch nicht so, dass willkürlich der niedrigste Preis festgelegt wird.
c. In jeder Phase des Prüfungsverfahrens gibt die Versandkontrollstelle dem Ex­porteur Gelegenheit, den Vertragspreis zu begründen.
³ Bei der Preisprüfung berücksichtigt die Versandkontrollstelle die Bedingungen des Kaufvertrages und die allgemein für das Geschäft geltenden Faktoren, wie Han­dels­stufe und Verkaufsmenge, Lieferfristen, Lieferbedingungen, Preisstaffelungs­klau­seln, Qualitätsspezifikationen, spezielle Merkmale des Modells, besondere Ver­sand- oder Verpackungsspezifikationen, Auftragsumfang, Kassaverkäufe, saison­bedingte Einflüsse, Lizenz- oder andere Gebühren für Rechte an geistigem Eigen­tum sowie Dienstleistungen, die im Rahmen des Vertrages erbracht werden, sofern sie nicht üblicherweise getrennt fakturiert werden, sowie bestimmte, den vom Ex­porteur fest­gelegten Preis beeinflussende Faktoren.
⁴ Die Prüfung der Transportkosten darf sich nur auf den Transport auf schweizeri­schem Gebiet und die im jeweiligen Vertrag vereinbarte Beförderungsart beziehen.
⁵ Bei der Prüfung des Vertragspreises dürfen nicht herangezogen werden:
a. der Verkaufspreis inländischer Waren im Einfuhrland;
b. der Preis von Ausfuhrwaren aus einem anderen Land als der Schweiz;
c. die Produktionskosten;
d. willkürliche oder fiktive Preise oder Werte.
Art. 12 Verfahren bei Streitigkeiten
¹ Die Versandkontrollstellen führen Verfahren für die Entgegennahme und Prüfung der von Exporteuren eingelegten Beschwerden sowie für die Entscheidung hierüber ein.
² Diese Verfahren richten sich nach folgenden Grundsätzen:
a. Die Versandkontrollstellen bestimmen einen oder mehrere Vertreter, die wäh­rend der normalen Bürozeit dort, wo sie ein Verwaltungsbüro für die Versand­kontrolle unterhalten, Einsprachen oder Beschwerden der Expor­teure entge­gennehmen, prüfen und darüber entscheiden.
b. Die Exporteure übermitteln den hierfür bestimmten Vertretern schriftlich die erforderlichen Angaben zum betreffenden Geschäft und zur Beschwerde sowie einen Lösungsvorschlag.
c. Die Vertreter prüfen die Beschwerden des Exporteurs und treffen so rasch wie möglich nach Erhalt der unter Buchstabe b bezeichneten Unterlagen eine Ent­scheidung.
³ Im übrigen ist für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Exporteuren und Ver­sandkontrollstellen Artikel 13 anwendbar, soweit die Versandkontrollstellen im Auftrag von WTO-Mitgliedern tätig sind.
Art. 13 Unabhängige Prüfungsstelle
¹ Die Versandkontrollstellen und die Exporteure haben Streitigkeiten möglichst ein­vernehmlich zu lösen.
² Sofern keine einvernehmliche Lösung zustande kommt, kann jede Partei frühestens zwei Arbeitstage nach Einreichung der Beschwerde nach Artikel 12 die Streitigkeit einer unabhängigen Prüfungsstelle nach Artikel 4 des Übereinkommens unterbrei­ten. Hierbei kommt folgendes Verfahren zur Anwendung:
a. Will ein Exporteur oder eine Versandkontrollstelle eine Streitigkeit anhängig machen, so befasst er oder sie die Prüfungsstelle und beantragt die Einset­zung einer Sondergruppe. Die Prüfungsstelle sorgt für die Einsetzung der Sonder­gruppe. Diese besteht aus drei Mitgliedern, die so ausgewählt wer­den, dass un­nötige Kosten und Verzögerungen vermieden werden. Das erste Mitglied wird von der betreffenden Versandkontrollstelle aus der Gruppe nach Artikel 4 Buchstabe b Ziffer i) des Übereinkommens ausgewählt, vorausgesetzt, dass es nicht mit dieser Stelle verbunden ist. Das zweite Mit­glied wird vom betreffen­den Exporteur aus der Gruppe nach Artikel 4 Buch­stabe b Ziffer ii) des Über­einkommens ausgewählt, vorausgesetzt, dass es nicht mit dem Exporteur ver­bunden ist. Das dritte Mitglied wird von der vorgenannten unabhängigen Stelle aus der Gruppe nach Artikel 4 Buch­stabe b Ziffer iii) des Übereinkommens ausgewählt. Der unabhängige Han­delsexperte aus der Gruppe iii) der im Übereinkommen enthaltenen Liste kann nicht abgelehnt werden.
b. Der aus der Gruppe nach Artikel 4 Buchstabe b Ziffer iii) des Übereinkom­mens ausgewählte unabhängige Handelsexperte leitet die Sondergruppe. Er trifft die notwendigen Entscheidungen, um eine rasche Streitbeilegung durch die Sondergruppe sicherzustellen. Die Sondergruppe entscheidet mit ein­fachem Mehr.
c. Sofern die Streitparteien eine entsprechende Vereinbarung treffen, kann die Prüfungsstelle einen unabhängigen Handelsexperten aus der Gruppe nach Arti­kel 4 Buchstabe b Ziffer iii) des Übereinkommens auswählen, um über die be­treffende Streitigkeit zu entscheiden.
d. Gegenstand der Prüfung ist es, festzustellen, ob im Verlauf der strittigen Kon­trolle die Parteien die Bestimmungen dieser Verordnung und des Über­ein­kommens eingehalten haben. Das Verfahren wird ohne Verzögerungen durch­geführt und bietet beiden Parteien die Gelegenheit, ihre Stellungnah­men per­sönlich oder schriftlich vorzutragen.
e. Die Entscheidung über die Streitigkeit wird binnen acht Arbeitstagen nach dem Antrag auf unabhängige Prüfung gefällt und den Streitparteien mit­geteilt. Diese Frist kann von den Streitparteien einvernehmlich verlängert wer­den. Die Sondergruppe oder der unabhängige Handelsexperte teilt die Ko­sten unter Be­rücksichtigung des Sachverhalts auf.
f. Die Entscheidung der Sondergruppe oder des Handelsexperten über die Strei­tigkeit ist für die Streitparteien bindend.
g. Die Sondergruppe oder der Handelsexperte entscheidet endgültig.
Art. 14 Aufträge von Nichtmitgliedern der WTO
Für Versandkontrollen, die von Nichtmitgliedern der WTO in Auftrag gegeben wer­den, gelten zusätzlich die folgenden Bestimmungen:
a. Die Versandkontrollstellen dürfen in der Schweiz keine Angaben zum Zwecke der Zollveranlagung oder der Sicherstellung von Einfuhrzöllen im auftragge­benden Staat überprüfen oder entsprechende Berichte zuhanden dieses Staates verfassen.
b. Die Gründe für die Verweigerung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung dür­fen dem auftraggebenden Staat nicht bekannt gegeben werden, es sei denn, der schweizerische Exporteur stimme der Bekanntgabe ausdrücklich zu.
c. Die Versandkontrollstellen und die Exporteure haben Streitigkeiten mög­lichst einvernehmlich zu lösen. Kommt keine einvernehmliche Lösung zustande, so können sie die Streitigkeit der in Artikel 4 des Übereinkommens genannten un­abhängigen Prüfungsstelle unterbreiten oder, falls diese zur Streitschlichtung nicht befugt ist, einer anderweitigen unabhängigen Prü­fungsstelle. Die Ver­sandkontrollstellen haben die nötigen Vorkehren zu treffen, dass die betreffen­de Prüfungsstelle verfügbar ist. Für das Verfahren ist Artikel 13 Absatz 2 Buchstaben a–f sinngemäss anwendbar.

3. Abschnitt: Publikation, Auskunftspflicht, Gebühren und Rechts­schutz

Art. 15 Publikation
Jährlich wird eine Liste der Versandkontrollstellen und der Länder, auf die sich die Bewilligung bezieht, veröffentlicht.
Art. 16 Auskunftspflicht
Der Gesuchsteller muss wahrheitsgetreue und vollständige Angaben machen sowie dem WBF alle zweckdienlichen Auskünfte und Einsicht in die Unterlagen und Belege gewähren.
Art. 17 Gebührenpflicht
¹ Die Versandkontrollstellen müssen für die Bewilligung eine Gebühr bezahlen. Diese beträgt je aufgewendete Stunde 100 Franken.
² Das WBF verfügt die Gebühr zusammen mit der Erteilung der Bewilli­gung.
³ Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Allgemeinen Gebührenverordnung vom 8. September 2004⁷.⁸
⁷ SR 172.041.1
⁸ Eingefügt durch Ziff. I der V vom 16. Juni 2006, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2006 2713 2921 ).
Art. 18 Rechtsschutz
¹ Gegen Bewilligungsentscheide des WBF kann innert 30 Tagen Beschwerde beim Bundesrat nach den Artikeln 72 ff. des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968⁹ über das Verwaltungsverfahren erhoben werden.
² …¹⁰
³ Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Bundesverwaltungsrechtspflege.
⁹ SR 172.021
¹⁰ Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 16. Juni 2006, mit Wirkung seit 1. Jan. 2007 ( AS 2006 2713 2921 ).

4. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 19 Übergangsbestimmung
Bewilligungen für Versandkontrollen, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung erteilt worden sind, bleiben gemäss den in den einzelnen Bewilligungen genannten Bedingungen und Auflagen gültig.
Art. 20 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Juli 1995 in Kraft.
Markierungen
Leseansicht