Verordnung über Pilotversuche im Zivildienst (ZDPV)
(ZDPV) vom 27. Oktober 2021 (Stand am 1. Oktober 2022)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf Artikel 79 Absatz 1 des Zivildienstgesetzes vom 6. Oktober 1995¹ (ZDG),
verordnet:
¹ SR 824.0
Art. 1 Gegenstand
Diese Verordnung regelt die Durchführung von Pilotversuchen im Zivildienst, um abzuklären, ob sich weitere Formen von Einsätzen im Tätigkeitsbereich Sozialwesen nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b ZDG für den Zivildienst eignen.
Art. 2 Umfang und Ziel der Pilotversuche
¹ Das Bundesamt für Zivildienst (ZIVI) führt die Pilotversuche mit maximal 80 Einsatzbetrieben sowie mit maximal 160 zivildienstpflichtigen Personen durch.
² Die Pilotversuche dienen namentlich zur Abklärung:
a. der Anerkennung geeigneter Institutionen als Einsatzbetriebe des Zivildienstes;
b. der Ausgestaltung möglicher Einsatzmodelle;
c. der Stellung der zivildienstpflichtigen Personen und der Leistung des Zivildiensts durch zivildienstpflichtige Personen.
Art. 3 Begriffe
In dieser Verordnung bedeuten:
a. stationäre Dienstleistung: Tätigkeit, welche die zivildienstleistende Person für den Einsatzbetrieb oder zur Unterstützung von Angehörigen betreuungsbedürftiger Personen am Ort des Einsatzbetriebs ausführt;
b. ambulante Dienstleistung: Tätigkeit, welche die zivildienstleistende Person im Auftrag des Einsatzbetriebs zur Unterstützung von Angehörigen betreuungsbedürftiger Personen ausserhalb des Einsatzbetriebs ausführt.
Art. 4 Anerkennung als Einsatzbetrieb und besonderes Interesse beim Absehen von der Erhebung der Abgabe
¹ Das ZIVI kann eine gewinnorientierte Institution für die Dauer der Pilotversuche als Einsatzbetrieb anerkennen, sofern die von ihr erbrachten Dienstleistungen im öffentlichen Interesse liegen.
² Ein besonderes Interesse an der Mitwirkung nach Artikel 46 Absatz 3 Buchstabe a ZDG liegt insbesondere dann vor, wenn der Einsatzbetrieb die zivildienstleistende Person zu mindestens 30 Prozent für ambulante Dienstleistungen einsetzt.
Art. 5 Überschreitung der maximalen Anzahl Personen
Die maximale Anzahl zivildienstleistender Personen pro Einsatzbetrieb gemäss Anhang 1 Ziffer 1 der Zivildienstverordnung vom 11. September 1996² (ZDV) kann überschritten werden, wenn der Einsatzbetrieb eine genügende Betreuung und Auslastung der zivildienstleistenden Personen nachweist und die Arbeitsmarktneutralität gewährleistet ist.
² SR 824.01
Art. 6 Freiwilligkeit
Die Zivildienstleistung im Rahmen der Pilotversuche ist freiwillig.
Art. 7 Pensum und langer Einsatz
¹ Die zivildienstpflichtige Person kann in Abweichung von Artikel 35 Absatz 4 ZDV³ ihre Zivildienstleistung wie folgt erbringen:
a. in Vollzeit oder in Teilzeit zu 50, 60, 70, 80 oder 90 Prozent;
b. stundenweise in Absprache mit dem Einsatzbetrieb.
² Die Zivildienstleistung nach Absatz 1 Buchstabe a kann im Rahmen von stationären und ambulanten Dienstleistungen oder von ausschliesslich ambulanten Dienstleistungen erbracht werden. Die Zivildienstleistung nach Absatz 1 Buchstabe b darf nur im Rahmen von ambulanten Dienstleistungen erbracht werden.
³ In Abweichung von Artikel 37 Absatz 4 ZDV muss der lange Einsatz nicht in einem einzigen Einsatzbetrieb geleistet werden.
³ SR 824.01
Art. 8 Zivildienstleistung in Teilzeit
¹ Erbringt die zivildienstleistende Person ihre Zivildienstleistung in Teilzeit, so wird ihr Pensum jeweils per Monatsende in ganze Tage umgerechnet; diese werden als geleistete Diensttage angerechnet. Angebrochene Diensttage werden auf den Folgemonat übertragen; verbleiben am Ende des Zivildiensteinsatzes mindestens fünf Stunden, so wird dafür ein Diensttag angerechnet.
² Der Ferienanspruch nach Artikel 72 ZDV⁴ und die Anzahl anrechenbarer Abwesenheitstage infolge von Krankheit oder Unfall nach Artikel 54 ZDV werden nach Mass-gabe des Arbeitspensums angepasst.
³ Die Person, die ihre Zivildienstleistung in Teilzeit erbringt, ist dem Versicherungsschutz der Militärversicherung nach Artikel 40 ZDG nur für die Dauer der jeweiligen Dienstleistung unterstellt.
⁴ SR 824.01
Art. 9 Stundenweise Zivildienstleistung
¹ Erbringt die zivildienstleistende Person ihre Zivildienstleistung stundenweise, so wird jeweils per Monatsende pro acht Stunden ein Diensttag angerechnet. Bruchteile eines Diensttages werden auf den Folgemonat übertragen; verbleiben am Ende des Zivildiensteinsatzes mindestens fünf Stunden, so wird dafür ein Diensttag angerechnet.
² Es besteht kein Anspruch auf Ferientage. Im Krankheitsfall oder bei Unfall werden die vor der Erkrankung oder dem Unfall zwischen dem Einsatzbetrieb und der zivildienstleistenden Person festgelegten Stunden angerechnet; die zivildienstleistende Person muss ein Arztzeugnis vorlegen.
³ Die zivildienstleistende Person ist dem Versicherungsschutz der Militärversicherung nach Artikel 40 ZDG nur für die Dauer der jeweiligen stundenweisen Dienstleistung unterstellt.
Art. 10 Pikett
¹ Erbringt die zivildienstleistende Person die Zivildienstleistung in Vollzeit oder Teilzeit, so kann sie maximal einen halben anrechenbaren Diensttag pro Woche für Pikett eingesetzt werden.
² Erbringt die zivildienstleistende Person die Zivildienstleistung stundenweise, so kann sie maximal vier als Dienstzeit anrechenbare Stunden pro Woche für Pikett eingesetzt werden.
Art. 11 Mindestdauer der Einsätze
¹ In Abweichung von Artikel 37 Absatz 1 ZDV⁵ gilt die Verpflichtung der zivildienstleistenden Person, den langen Einsatz zu leisten, als erfüllt, wenn bis zum Einsatzende mindestens 90 Tage angerechnet werden können.
² In Abweichung von Artikel 39 a Absatz 1 ZDV kann die Mindestdauer der jährlichen Zivildienstleistungen weniger als 26 Tage betragen.
⁵ SR 824.01
Art. 12 Probeeinsatz und Ausbildungskurse
¹ Die einzelnen Tage eines Probeeinsatzes nach Artikel 33 ZDV⁶ müssen innerhalb von 14 Tagen ab Einsatzbeginn geleistet werden. Wird der Probeeinsatz an einzelnen Tagen stundenweise geleistet, so ergeben je acht Stunden einen Diensttag; verbleiben darüber hinaus mindestens fünf Einsatzstunden, so wird dafür ein weiterer Diensttag angerechnet.
² Das Pflichtenheft kann vorsehen, dass die zivildienstleistende Person vor dem oder zu Beginn des Einsatzes einen fünftägigen Kurs nach Artikel 80 Absatz 1 Buchstabe a ZDV und vor oder während der ersten vier Wochen des Einsatzes einen fünftägigen Kurs zu einem Thema nach Artikel 80 Absatz 1 Buchstaben b–f ZDV besucht.
⁶ SR 824.01
Art. 13 Spesen
¹ Der Einsatzbetrieb muss die zivildienstleistende Person für die nachgewiesenen effektiven Kosten für den täglichen Arbeitsweg und für Fahrten für ambulante Dienstleistungen entschädigen.
² Bestimmt der Einsatzbetrieb, dass die zivildienstleistende Person anstelle der öffentlichen Verkehrsmittel ein privates Motorfahrzeug benützt, so bezahlt er ihr eine Kilometerentschädigung von 65 Rappen.
Art. 14 Evaluation
¹ Das ZIVI evaluiert zuhanden des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) die durchgeführten Pilotversuche.
² Es evaluiert insbesondere:
a. die Effektivität und Effizienz der Einsatzmodelle;
b. die Finanz- und Verantwortlichkeitsfragen;
c. den Nutzen der Einsätze und die Zufriedenheit der Angehörigen, der zu Betreuenden und der Einsatzbetriebe;
d. die Chancen und Risiken der durchgeführten Einsätze.
³ Das Bundesamt für Sozialversicherungen evaluiert die Vereinbarkeit der durchgeführten Pilotversuche mit der Erwerbsausfallentschädigung.
⁴ Das WBF erstattet dem Bundesrat Bericht zu den gewonnenen Erkenntnissen aus den Pilotversuchen und zu seiner Absicht betreffend das weitere Vorgehen.
Art. 15 Inkrafttreten und Geltungsdauer
¹ Diese Verordnung tritt am 1. Dezember 2021 in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 2022.
² Die Geltungsdauer dieser Verordnung wird bis zum 30. Juni 2023 verlängert.⁷
⁷ Eingefügt durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2022, in Kraft seit 1. Okt. 2022 ( AS 2022 456 ).
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