Auslieferungsvertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vere... (0.353.933.6)
CH - Schweizer Bundesrecht

Auslieferungsvertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika

Abgeschlossen am 14. November 1990 Von der Bundesversammlung genehmigt am 21. Juni 1991¹ Ratifikationsurkunden ausgetauscht am 14. März 1997 In Kraft getreten am 10. September 1997 (Stand am 16. Dezember 1997) ¹ AS 1997 2764 ; BBl 1991 I 84 AS 1997 2763
Die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Vereinigten Staaten von Amerika,
vom Wunsche geleitet, die Zusammenarbeit beider Staaten bei der Bekämpfung der Kriminalität wirksamer zu gestalten und den Verkehr zwischen den beiden Staaten auf dem Gebiet der Auslieferung neu zu regeln,
sind wie folgt übereingekommen:
Art. 1 Auslieferungsverpflichtung
1.  Die Vertragsparteien verpflichten sich, gemäss den Bestimmungen dieses Vertra­ges, einander Personen auszuliefern, die die zuständigen Behörden des ersuchenden Staates wegen einer auslieferungsfähigen Straftat verfolgen oder für schuldig befun­den haben oder Personen, die zur Vollstreckung einer sichernden Massnahme gesucht werden.
2.  Für eine Straftat, die ausserhalb des Hoheitsgebiets des ersuchenden Staates begangen wurde, bewilligt der ersuchte Staat die Auslieferung, wenn:
(a) eine derartige Straftat unter gleichartigen Umständen nach seinem Recht bestraft würde; oder
(b) der Verfolgte ein Staatsangehöriger des ersuchenden Staates ist oder wegen ei­ner Straftat gegen einen Staatsangehörigen des ersuchenden Staates gesucht wird.
Art. 2 Auslieferungsfähige Straftaten
1.  Auslieferungsfähig ist eine Straftat nur dann, wenn sie nach dem Recht beider Vertragsparteien mit Freiheitsentzug von mehr als einem Jahr bestraft werden kann. Betrifft das Auslieferungsersuchen eine Person, die verurteilt wurde, so wird die Auslieferung nur bewilligt, wenn die Dauer der zu verbüssenden Strafe oder der sichernden Massnahme oder deren Gesamtdauer noch mindestens sechs Monate beträgt.
2.  Im Sinne dieses Artikels ist unerheblich:
(a) ob das Recht der Vertragsparteien die strafbare Handlung als dieselbe Straftat qualifiziert; oder
(b) ob es sich um eine Straftat handelt, für die das Bundesrecht der Vereinigten Staaten den Nachweis innerstaatlicher Beförderung oder des Gebrauchs der Post oder anderer Nachrichtenmittel zur Durchführung des innerstaatlichen oder Aussenhandels erfordert, da diese Tatbestandsmerkmale lediglich zum Zwecke der Begründung der Bundesgerichtsbarkeit der Vereinigten Staaten dienen.
3.  Unter den Bedingungen gemäss Absatz 1 und 2 wird die Auslieferung auch bewilligt für den Versuch, für die Teilnahme an einer Straftat oder für ein Komplott (conspiracy), eine Straftat zu begehen, wenn die zugrundeliegende strafbare Hand­lung ebenfalls eine Verletzung schweizerischen Bundesrechts darstellt.
4.  Wird die Auslieferung bewilligt, so wird sie auch für jede andere Straftat bewil­ligt, die nach dem Recht beider Vertragsparteien strafbar ist, unabhängig von den zeitlichen Voraussetzungen von Absatz 1.
Art. 3 Politische Delikte, Fiskal- und Militärdelikte
1.  Der ersuchte Staat lehnt die Auslieferung ab, wenn die Handlungen, für die die Auslieferung verlangt wird, eine politische Straftat darstellen, oder wenn das Ersu­chen politisch begründet erscheint.
2.  Im Sinne dieses Vertrages soll eine Straftat, für die beide Vertragsparteien gemäss einem multilateralen internationalen Übereinkommen die Verpflichtung übernom­men haben, den Verfolgten auszuliefern oder den Fall ihren zuständigen Behörden zur Verfolgung zu unterbreiten, nicht als politische Straftat gelten, und daher soll sie gemäss den Bedingungen des betreffenden multilateralen internationalen Überein­kommens behandelt werden.
3.  Der ersuchte Staat kann die Auslieferung ablehnen für Taten, die:
(a) Gesetzesbestimmungen verletzen, die sich ausschliesslich auf Währungs-, Handels- oder Wirtschaftspolitik beziehen;
(b) ausschliesslich dem Zwecke dienen, Steuern oder Abgaben zu vermindern; oder
(c) nur nach Militärrecht strafbar sind.
Art. 4 Ne bis in idem
1.  Die Auslieferung wird nicht bewilligt, wenn der Verfolgte vom ersuchten Staat für die gleichen Handlungen verurteilt oder freigesprochen wurde, derentwegen die Auslieferung verlangt wird.
2.  Die Auslieferung kann von der Verwaltungsbehörde der Vereinigten Staaten oder von den zuständigen schweizerischen Behörden abgelehnt werden, wenn die Straf­tat, derentwegen die Auslieferung verlangt wird, in die Gerichtsbarkeit des ersuch­ten Staates fällt und dieser Staat diese Straftat verfolgen wird.
3.  Wenn die zuständigen Behörden des ersuchten Staates entschieden haben, den Verfolgten für die gleichen Handlungen, derentwegen die Auslieferung verlangt wird, nicht zu verfolgen oder jedes gegen den Verfolgten bereits eingeleitete Straf­verfahren einzustellen, so wird dadurch die Auslieferung nicht ausgeschlossen.
Art. 5 Verjährung
Die Auslieferung wird nicht bewilligt, wenn die Verfolgung oder der Vollzug der Strafe oder Massnahme durch Verjährung gemäss dem Recht des ersuchenden Staates ausgeschlossen ist.
Art. 6 Todesstrafe
Ist die Handlung, derentwegen um Auslieferung ersucht wird, nach dem Recht des ersuchenden Staates mit der Todesstrafe bedroht, und ist diese für solche Handlun­gen nach den Rechtsvorschriften des ersuchten Staates nicht vorgesehen, so kann die Auslieferung abgelehnt werden, sofern nicht der ersuchende Staat eine vom ersuchten Staat als ausreichend erachtete Zusicherung abgibt, dass die Todesstrafe nicht vollstreckt wird.
Art. 7 Abwesenheitsurteil
Wurde der Verfolgte in Abwesenheit verurteilt, so können die Verwaltungsbehörde der Vereinigten Staaten oder die zuständigen Behörden der Schweiz die Ausliefe­rung ablehnen, sofern nicht der ersuchende Staat eine vom ersuchten Staat als aus­reichend erachtete Zusicherung abgibt, dass die Verteidigungsrechte des Verfolgten gewahrt werden.
Art. 8 Auslieferung eigener Staatsangehöriger
1.  Der ersuchte Staat lehnt die Auslieferung nicht mit der Begründung ab, der Ver­folgte sei ein Angehöriger des ersuchten Staates, ausser er habe die Gerichtsbarkeit, diese Person für Handlungen, derentwegen die Auslieferung verlangt wird, zu ver­folgen.
2.  Wird die Auslieferung gemäss Absatz 1 nicht bewilligt, so unterbreitet der ersuchte Staat, auf Begehren des ersuchenden Staates, die Angelegenheit seinen zuständigen Behörden zum Zwecke der Strafverfolgung. Zu diesem Zweck werden Unterlagen und Beweismittel, die die Tat betreffen, dem ersuchten Staat kostenlos unterbreitet. Der ersuchende Staat wird über das Ergebnis seines Begehrens unter­richtet.
Art. 9 Auslieferungsersuchen
1.  Auslieferungsersuchen werden auf diplomatischem Weg gestellt. Ihnen wird die gemäss Artikel 11 erforderliche Übersetzung beigefügt.
2.  Alle Auslieferungsersuchen enthalten:
(a) Angaben über Identität, Staatsangehörigkeit und den mutmasslichen Aufent­haltsort der Person, auf die sich die Unterlagen, die in Absatz 3 oder 4 verlangt werden, beziehen, sowie, falls verfügbar, das Signalement, Fotografien und Fingerabdrücke;
(b) eine kurze Darstellung des Sachverhalts, einschliesslich Zeit und Ort der Straf­tat; und
(c) den Wortlaut der Gesetzesbestimmungen, welche die wesentlichen Tat­bestandsmerkmale und die Bezeichnung der Straftat, die Strafdrohung sowie die Fristen der Verjährung der Strafverfolgung oder -vollstreckung für die Straftat enthalten, derentwegen die Auslieferung verlangt wird.
3.  Einem Ersuchen um Auslieferung eines Verfolgten, der noch nicht verurteilt wurde, sind beizufügen:
(a) eine beglaubigte Kopie des Haftbefehls oder jeder andern Anordnung mit ähn­licher Wirkung; und
(b) eine Zusammenfassung des Sachverhalts, der wesentlichen Beweise und der Schlussfolgerungen, die eine hinreichende Grundlage für die Annahme bilden, dass der Verfolgte die Straftat, derentwegen die Auslieferung verlangt wird, begangen hat; bei Ersuchen aus der Schweiz wird diese Zusammenfassung von einer Justizbehörde verfasst; bei Ersuchen der Vereinigten Staaten wird sie vom Staatsanwalt verfasst und enthält eine Kopie der Anklageschrift.
4.  Einem Ersuchen um Auslieferung eines Verfolgten, der schuldig gesprochen oder verurteilt wurde, sind beizufügen:
(a) eine beglaubigte Kopie des Strafurteils, oder, wenn der Verfolgte schuldig ge­sprochen, aber die Strafe noch nicht bemessen wurde, eine entsprechende Er­klärung einer Justizbehörde;
(b) eine Kopie der Anklage, derer der Verfolgte für schuldig befunden wurde;
(c) eine beglaubigte Kopie des Haftbefehls oder einer Erklärung, dass der Ver­folgte aufgrund des Strafurteils in Haft zu nehmen ist; und
(d) wenn die Strafzumessung ausgesprochen wurde, eine beglaubigte Kopie davon und eine Erklärung über den zu verbüssenden Strafrest.
5.  Wurde der Verfolgte in Abwesenheit verurteilt, so unterbreitet der ersuchende Staat die Unterlagen gemäss den Absätzen 2 und 4.
Art. 10 Ergänzung des Ersuchens
Wenn die Verwaltungsbehörde der Vereinigten Staaten oder die zuständigen Behör­den der Schweiz der Auffassung sind, dass die dem Ersuchen beigelegten Unter­lagen nicht genügend Angaben enthalten, so ersuchen sie um die notwendigen zusätz­lichen Angaben. Die Beurteilung des Ersuchens wird aufgrund der ergänzten Anga­ben weitergeführt.
Art. 11 Übersetzung
Das Auslieferungsersuchen sowie alle Unterlagen, die von der Schweiz vorgelegt werden, werden in Englisch verfasst oder ins Englische übersetzt. Das Ausliefe­rungsersuchen der Vereinigten Staaten und alle Unterlagen werden in einer Amts­sprache der Schweiz verfasst oder in diese übersetzt. Die Amtssprache wird für jeden Einzelfall von den zuständigen Behörden der Schweiz festgelegt.
Art. 12 Zulässigkeit von Unterlagen
Die Unterlagen, die einem Auslieferungsersuchen beigefügt werden, werden als Beweismittel zugelassen, wenn:
(a) sie im Falle eines Ersuchens der Vereinigten Staaten von einem Richter, Magi­straten oder andern Beamten der Vereinigten Staaten beglaubigt und vom Au­ssenminister gesiegelt sind;
(b) sie im Falle eines Ersuchens der Schweiz von einer Justizbehörde oder jeder andern zuständigen schweizerischen Behörde unterschrieben und vom ersten diplomatischen oder konsularischen Beamten der Vereinigten Staaten in der Schweiz beglaubigt sind; oder
(c) wenn sie in irgend einer andern vom Recht des ersuchten Staates zulässigen Weise beglaubigt sind.
Art. 13 Vorläufige Auslieferungshaft
1.  In dringenden Fällen kann jede Vertragspartei die vorläufige Verhaftung des Ver­folgten beantragen. Ein Antrag auf vorläufige Haft oder ein Antrag auf deren Ver­längerung wird entweder auf diplomatischem Weg oder unmittelbar zwischen dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement und dem Justizdepartement der Vereinigten Staaten gestellt.
2.  Im Antrag sind anzugeben:
(a) dass ein Auslieferungsersuchen folgen wird;
(b) dass ein Verhaftsbefehl, eine Urkunde mit gleicher Rechtswirkung oder ein Strafurteil vorliegt sowie deren Datum und die ausstellende Behörde;
(c) die Straftat, die mögliche Höchststrafe und gegebenenfalls die Reststrafe;
(d) eine kurze Sachverhaltsdarstellung mit Angabe der Tatzeit und des Tatortes; und
(e) Auskünfte betreffend die Identität, die Staatsangehörigkeit und den wahr­scheinlichen Aufenthaltsort des Verfolgten.
3.  Der ersuchte Staat trifft nach Eingang des Antrages die erforderlichen Massnah­men, um die Verhaftung des Verfolgten sicherzustellen. Der ersuchende Staat wird umgehend vom Ergebnis seines Antrages in Kenntnis gesetzt.
4.  Die vorläufige Auslieferungshaft wird aufgehoben, wenn die Verwaltungs­behörde der Vereinigten Staaten oder die zuständigen Behörden der Schweiz nicht in­nerhalb von 40 Tagen nach Festnahme des Verfolgten das formelle Auslieferungser­suchen und die Unterlagen erhalten haben. Diese Frist kann auf Antrag ausnahms­weise um 20 Tage verlängert werden.
5.  Die Aufhebung der vorläufigen Auslieferungshaft nach Absatz 4 steht einer erneuten Verhaftung und Auslieferung nicht entgegen, wenn das Auslieferungs­ersuchen und die Unterlagen später eintreffen.
Art. 14 Entscheid und Übergabe
1.  Der ersuchte Staat setzt den ersuchenden Staat unverzüglich von seiner Entschei­dung über das Auslieferungsersuchen auf diplomatischem Weg in Kenntnis. Jede vollständige oder teilweise Ablehnung ist zu begründen. Zudem wird dem ersu­chenden Staat die Dauer der vom Verfolgten erlittenen Auslieferungshaft mitgeteilt.
2.  Wird die Auslieferung bewilligt, so erfolgt die Übergabe des Verfolgten inner­halb der Frist, die das Recht des ersuchten Staates gegebenenfalls vorsieht. Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien vereinbaren Zeit und Ort der Übergabe des Verfolgten. Wird der Verfolgte jedoch nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist aus dem Hoheitsgebiet des ersuchten Staates entfernt, so kann er freigelassen wer­den, und der ersuchte Staat kann dann die Auslieferung wegen derselben Straftat verweigern.
Art. 15 Aufgeschobene oder vorübergehende Übergabe
Wurde das Auslieferungsersuchen gegen einen Verfolgten bewilligt, der im Hoheitsgebiet des ersuchten Staates wegen anderer Taten verfolgt wird oder eine Strafe verbüsst, so kann der ersuchte Staat:
(a) die Übergabe bis zum Abschluss des Verfahrens gegen den Verfolgten oder bis zur vollen Verbüssung der Strafe, die gegen ihn verhängt wird oder verhängt worden ist, aufschieben; oder
(b) den Verfolgten vorübergehend dem ersuchenden Staat zum Zwecke der Straf­verfolgung übergeben. Die so übergebene Person wird im ersuchenden Staat in Haft gehalten und dem ersuchten Staat nach Abschluss des Verfahrens gemäss den Bedingungen, die von den Vertragsparteien vereinbart werden, zurückge­geben.
Art. 16 Grundsatz der Spezialität
1.  Ein Ausgelieferter darf wegen einer anderen vor der Übergabe begangenen Straf­tat als derjenigen, derentwegen er ausgeliefert worden ist, weder in Haft gehalten, verfolgt oder abgeurteilt, noch an einen anderen Staat weitergeliefert werden, au­sser:
(a) wenn die Verwaltungsbehörde der Vereinigten Staaten oder die zuständigen Behörden der Schweiz zustimmen. Der ersuchte Staat kann im Sinne von Buchstabe a verlangen, dass die entsprechenden Unterlagen und die schriftliche Stellungnahme des Ausgelieferten zu der in Betracht kommenden Straftat vor­gelegt werden; oder
(b) wenn der Ausgelieferte, obwohl ihm dies gestattet war, das Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates innerhalb von 45 Tagen nicht verlassen hat oder wenn er freiwillig dorthin zurückkehrt, nachdem er es verlassen hat; oder wenn der Ausgelieferte, obwohl ihm dies nicht gestattet war, das Hoheits­gebiet des ersu­chenden Staates verlässt und dorthin zurückkehrt.
2.  Der ersuchende Staat kann jedoch alle nach seinem Recht erforderlichen Mass­nahmen treffen, einschliesslich Abwesenheitsverfahren, um die Verjährung zu unterbrechen.
3.  Wird während des Verfahrens die Beschreibung der Straftat, für die der Verfolgte ausgeliefert worden ist, geändert, so darf dieser verfolgt oder abgeurteilt werden,
(a) wenn die Straftat nach ihrer neuen rechtlichen Qualifikation eine auslieferungs­fähige Straftat darstellt und auf demselben Sachverhalt beruht, der im Ausliefe­rungsersuchen und den Unterlagen enthalten ist, und
(b) wenn die ausgesprochene Strafe nicht höher ist als die Strafandrohung für die­jenige Straftat, für die er ausgeliefert worden ist.
4.  Der Ausgelieferte darf für alle vor seiner Auslieferung begangenen Straftaten in Haft gehalten, verfolgt oder abgeurteilt werden, wenn:
(a) im Fall der Auslieferung aus der Schweiz der Ausgelieferte sein Einverständnis zur Verfolgung und Vollstreckung für alle diese Straftaten zu Protokoll gibt, nachdem er von der zuständigen Justizbehörde über den Grundsatz der Spezia­lität und die rechtlichen Folgen seiner Erklärung belehrt worden ist, oder
(b) im Fall der Auslieferung aus den Vereinigten Staaten, deren Verwaltungs­behörde auf Antrag der zuständigen Behörden der Schweiz eine Verzichts­erklä­rung hinsichtlich der Spezialitätswirkung für alle diese Straftaten abgibt.
Die Verwaltungsbehörde der Vereinigten Staaten legt ihrem Antrag eine Kopie der Erklärung bei. Der ersuchte Staat teilt seinen Entscheid dem ersuchenden Staat ohne Verzug mit.
Art. 17 Auslieferungsersuchen mehrerer Staaten
Haben die Verwaltungsbehörde der Vereinigten Staaten oder die zuständigen Behörden der Schweiz entweder wegen derselben oder wegen anderer Straftaten Aus­lieferungsersuchen mehrerer Staaten erhalten, entscheiden sie, welchem Staat der Verfolgte auszuliefern ist. Beim Entscheid berücksichtigt der ersuchte Staat alle er­heblichen Umstände, insbesondere, aber nicht ausschliesslich, die verhältnismässige Schwere und den Begehungsort der Straftaten, die Empfangsdaten der Ausliefe­rungsersuchen, die Staatsangehörigkeit des Verfolgten sowie die Möglichkeit einer Weiterlieferung an einen anderen Staat.
Art. 18 Vereinfachte Auslieferung
Stimmt der Verfolgte, nachdem er persönlich durch die zuständige Justizbehörde über sein Recht auf Durchführung des förmlichen Auslieferungsverfahrens und den ihm dadurch zustehenden Schutz belehrt worden ist, unwiderruflich und schriftlich seiner Auslieferung zu, so kann der ersuchte Staat die Auslieferung ohne förmliches Auslieferungsverfahren bewilligen. Für die Auslieferung aus der Schweiz im Sinne dieses Artikels gilt der Spezialitätsgrundsatz.
Art. 19 Herausgabe von Gegenständen
1.  Der ersuchte Staat übergibt, wenn die Auslieferung bewilligt wird und soweit es seine Rechtsvorschriften zulassen und unter Vorbehalt der Rechte Dritter, dem ersu­chenden Staat alle Gegenstände, die als Beweismittel dienen können oder die aus der strafbaren Handlung herrühren oder als Entgelt für solche Gegenstände erlangt wurden und die im Zeitpunkt der Festnahme im Besitz des Verfolgten gefunden worden sind oder später entdeckt wurden. Die Gegenstände werden wenn möglich gleichzeitig mit dem Verfolgten und auch ohne ausdrückliches Ersuchen übergeben. Die Gegenstände werden auch dann herausgegeben, wenn der Verfolgte, dessen Auslieferung bereits bewilligt worden ist, nicht übergeben werden kann.
2.  Der ersuchte Staat kann die Herausgabe der Gegenstände von der hinreichenden Zusicherung des ersuchenden Staates abhängig machen, dass die Gegenstände dem ersuchten Staat so bald als möglich zurückgegeben werden.
Art. 20 Durchlieferung
1.  Jede Vertragspartei kann die Durchlieferung einer Person durch ihr Hoheitsgebiet bewilligen, die der anderen Vertragspartei von einem dritten Staat übergeben wird. Die um Durchlieferung ersuchende Vertragspartei übermittelt auf diplomatischem Weg dem Transitstaat ein Durchlieferungsersuchen, das eine Beschreibung der durchzuliefernden Person, eine kurze Sachverhaltsdarstellung und die Bestätigung enthält, dass ein Haftbefehl, eine Urkunde mit gleicher Rechtswirkung oder ein Strafurteil vorliegt, wobei Datum und die ausstellende Behörde anzugeben sind. Keine Durchlieferungsbewilligung ist erforderlich, wenn der Luftweg in Anspruch genommen wird und keine Zwischenlandung auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei vorgesehen ist.
2.  Im Fall einer unvorhergesehenen Zwischenlandung auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei findet die Durchlieferung nach den Vorschriften von Absatz 1 statt. Diese Vertragspartei kann die durchzuliefernde Person in Erwartung des Durchlieferungsersuchens während 72 Stunden festhalten.
Art. 21 Kosten
1.  Die Übersetzungskosten für die dem Auslieferungsersuchen beizufügenden Unterlagen und die Kosten für den Transport des Verfolgten vom Übergabeort in den ersuchenden Staat werden vom ersuchenden Staat bezahlt. Alle andern aus dem Auslieferungsersuchen und dem Verfahren entstehenden Kosten trägt der ersuchte Staat.
2.  Der ersuchte Staat sorgt für eine Vertretung des ersuchenden Staates in allen aus dem Auslieferungsersuchen entstehenden Verfahren.
Art. 22 Anwendung
Dieser Vertrag wird angewendet auf strafbare Handlungen gemäss Artikel 2, welche sowohl vor als auch nach Inkrafttreten dieses Vertrages begangen wurden.
Art. 23 Verhältnis zu anderen Verträgen und zum Landesrecht
Wenn ein in diesem Vertrag vorgesehenes Verfahren die Auslieferung nach einem anderen Abkommen oder nach dem Recht im ersuchten Staat erleichtern würde, so wird das Verfahren nach diesem Vertrag angewendet. Die Auslieferung nach irgendeinem anderen internationalen Vertrag oder Übereinkommen oder nach dem innerstaatlichen Recht der Vertragsstaaten bleibt von diesem Vertrag unberührt und wird dadurch weder ausgeschlossen noch eingeschränkt.
Art. 24 Meinungsaustausch
Auf Ersuchen einer Vertragspartei wird generell oder in Zusammenhang mit einem bestimmten Fall ein Meinungsaustausch über die Auslegung, Anwendung oder Durchführung dieses Vertrages durchgeführt.
Art. 25 Inkrafttreten und Kündigung
1.  Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden sollen so rasch wie möglich in Washington ausgetauscht werden.
2.  Dieser Vertrag tritt 180 Tage nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.
3.  Ausser bei hängigen Auslieferungsverfahren gelten ab Inkrafttreten dieses Ver­trages der Auslieferungsvertrag vom 14. Mai 1900² und die Zusatzverträge vom 10. Januar 1935 und 31. Januar 1940 zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika als aufgehoben.
4.  Dieser Vertrag kann nach Ablauf von fünf Jahren nach seinem Inkrafttreten jederzeit von jeder der beiden Vertragsparteien unter Einhaltung einer Frist von min­destens sechs Monaten schriftlich gekündigt werden.
² [BS 12 267]

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diesen Vertrag unterzeichnet.
So geschehen in Washington D. C. am 14. November 1990 in deutscher und engli­scher Sprache, wobei jeder Wortlaut in gleicher Weise verbindlich ist.

Für die Regierung
der Schweizerischen Eidgenossenschaft:

Für die Regierung
der Vereinigten Staaten von Amerika:

Edouard Brunner

Raymond G. H. Seitz

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