Verordnung über verwaltungspolizeiliche Massnahmen des Bundesamtes für Polizei und über das Informationssystem HOOGAN
(VVMH) ¹ vom 4. Dezember 2009 (Stand am 1. Februar 2013) ¹ Fassung gemäss Beilage 2 Ziff. 1 der V vom 21. Nov. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 6781 ).
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf die Artikel 24 a Absätze 7 und 8 sowie 30 des Bundesgesetzes vom 21. März 1997² über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS),³
² SR 120 ³ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen
a. die Durchführung verwaltungspolizeilicher Massnahmen, gestützt auf das BWIS, durch das Bundesamt für Polizei (fedpol);
b. das Informationssystem HOOGAN von fedpol;
⁴ Aufgehoben durch Beilage 2 Ziff. 1 der V vom 21. Nov. 2012, mit Wirkung seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 6781 ).
⁵ Aufgehoben durch Beilage 2 Ziff. 1 der V vom 21. Nov. 2012, mit Wirkung seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 6781 ).
2. Abschnitt: Verwaltungspolizeiliche Massnahmen gegen Propagandamaterial
¹ Über die Beschlagnahme und die Einziehung von Propagandamaterial im Sinne von Artikel 13 e BWIS entscheidet fedpol nach Anhörung des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB).⁶
² Die sicherstellende Behörde übermittelt das Propagandamaterial umgehend an den NDB und informiert diesen über die Umstände der Sicherstellung sowie über die beteiligten Personen und Firmen.
³ Fedpol zieht das Propagandamaterial ein, wenn der Aufruf zur Gewalt konkret und ernsthaft ist.
⁴ Fedpol vernichtet das eingezogene Material, sofern es nicht zu Instruktionszwecken verwendet werden kann.
⁶ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
3. Abschnitt: Verwaltungspolizeiliche Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen
Art. 4 Gewalttätiges Verhalten
¹ Gewalttätiges Verhalten und Gewalttätigkeiten liegen namentlich vor, wenn eine Person im Vorfeld einer Sportveranstaltung, während der Veranstaltung oder im Nachgang dazu folgende Straftaten begangen oder dazu angestiftet hat:⁷
strafbare Handlungen gegen Leib und Leben nach den Artikeln 111–113, 117, 122, 123, 125 Absatz 2, 126 Absatz 1, 129, 133 und 134 des Strafgesetzbuches⁹ (StGB)¹⁰;
b. Sachbeschädigungen nach Artikel 144 StGB;
c. Nötigung nach Artikel 181 StGB;
d. Brandstiftung nach Artikel 221 StGB;
e. Verursachung einer Explosion nach Artikel 223 StGB;
Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht nach Artikel 224 StGB;
öffentliche Aufforderung zu Verbrechen oder zur Gewalttätigkeit nach Artikel 259 StGB;
Landfriedensbruch nach Artikel 260 StGB;
Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte nach Artikel 285 StGB;
Hinderung einer Amtshandlung nach Artikel 286 StGB.
² Als gewalttätiges Verhalten gilt ferner die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch das Mitführen oder Verwenden von Waffen, Sprengmitteln, Schiesspulver oder pyrotechnischen Gegenständen in Sportstätten, in deren Umgebung sowie auf An- und Rückreisewegen zu und von Sportstätten.
⁷ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
⁸ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
¹¹ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
¹² Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
¹³ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
¹⁴ Eingefügt durch Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
¹⁵ Eingefügt durch Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
Art. 5 Nachweis gewalttätigen Verhaltens
¹ Als Nachweis gewalttätigen Verhaltens gelten:
a. entsprechende Gerichtsurteile oder polizeiliche Anzeigen;
b. glaubwürdige Aussagen oder Bildaufnahmen der Polizei, der Zollverwaltung, des Sicherheitspersonals oder der Sportverbände und ‑vereine;
c. Stadionverbote der Sportverbände oder ‑vereine;
d. Meldungen einer zuständigen ausländischen Behörde.
² Aussagen nach Absatz 1 Buchstabe b sind schriftlich festzuhalten und zu unterzeichnen.
Art. 6 Zuständigkeit und Meldepflichten
¹ Die Kantone und die in Artikel 13 BWIS genannten Behörden und Amtsstellen erstatten fedpol unaufgefordert Meldung über Informationen und Erkenntnisse betreffend Gewalttätigkeiten anlässlich von Sportveranstaltungen.
² Zusätzlich melden die Kantone fedpol:
Verfügungen , Aufhebungen und Änderungen folgender Massnahmen: 1. Stadionverbot,
b. Verstösse gegen Massnahmen nach Buchstabe a;
c. die von ihnen festgelegten Rayons unter Beilage der entsprechenden Pläne.
³ Fedpol bestimmt den Massstab der Pläne nach Absatz 2 Buchstabe c.¹⁶
¹⁶ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
Art. 7 Ausreisebeschränkung
¹ Fedpol ist zuständig für die Verfügung einer Ausreisebeschränkung.
² In der Verfügung sind die Dauer der Ausreisebeschränkung und die betroffenen Bestimmungsländer genau festzulegen.
³ Eine Sportveranstaltung beginnt mit dem ersten damit zusammenhängenden offiziellen Akt und endet mit dem letzten damit zusammenhängenden offiziellen Akt.
⁴ Dass eine Person sich anlässlich einer Sportveranstaltung in einem bestimmten Land an Gewalttätigkeiten beteiligen wird, ist namentlich anzunehmen, wenn diese Person:
a. sich an Gewalttätigkeiten im Inland beteiligt hat;
b. aufgrund von Informationen ausländischer Polizeistellen über die Beteiligung an Gewalttätigkeiten im Ausland bereits bekannt ist; oder
c. Mitglied einer Gruppierung ist, die schon an Gewalttätigkeiten im In- oder Ausland beteiligt war.
⁵ Für die Verfügung einer Ausreisebeschränkung müssen zudem Hinweise vorliegen, dass die Person oder die betreffende Gruppierung beabsichtigt, zum Sportanlass im Ausland zu reisen.
⁶ Besteht gegen eine Person kein kantonales Rayonverbot wegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen, so ist eine Ausreisebeschränkung begründet, wenn konkrete und aktuelle Tatsachen vorliegen, dass:
a. die Person nach Informationen ausländischer Polizeistellen im Ausland gewalttätig gewesen ist;
b. die Person Mitglied einer Gruppierung ist, die schon mehrfach an Gewalttätigkeiten im In- oder Ausland beteiligt war; und
c. als gesichert erscheint, dass die Person oder die Gruppierung beabsichtigt, an einen bestimmten Sportanlass im Ausland zu reisen.
⁷ Zusätzlich zur Ausschreibung im automatisierten Polizeifahndungssystem (RIPOL) wird die verfügte Ausreisebeschränkung den Grenzbehörden sowie den zuständigen Zoll- und Polizeibehörden im Ausland mitgeteilt.
Art. 7 a ¹⁷ Stadionverbot, Rayonverbot und Meldeauflage
¹ Fedpol kann den Organisatoren von Sportveranstaltungen empfehlen, gegen Personen Stadionverbote auszusprechen, die sich anlässlich einer Sportveranstaltung innerhalb oder ausserhalb des Stadions gewalttätig verhalten haben. Die Empfehlungen erfolgen unter Angabe der notwendigen Daten nach Artikel 24 a Absatz 3 BWIS.
² Es kann den Polizeibehörden der Kantone beantragen, ein Rayonverbot oder Meldeauflagen zu erlassen.
¹⁷ Eingefügt durch Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
4. Abschnitt: Informationssystem HOOGAN
¹ Im elektronischen Informationssystem HOOGAN werden Daten von Personen erfasst, die sich anlässlich einer Sportveranstaltung im Inland oder Ausland gewalttätig verhalten haben und gegen die eine Massnahme nach Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a oder eine Ausreisebeschränkung nach Artikel 7 verfügt wurde.¹⁸
² In HOOGAN werden zudem Sportveranstaltungen sowie damit zusammenhängende Ereignisse und die von den Kantonen bestimmten Rayons erfasst.
¹⁸ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
¹ Auf HOOGAN haben die folgenden Behörden ausschliesslich zu den folgenden Zwecken Zugriff:
a. die folgenden Stellen innerhalb von fedpol: 1.¹⁹
die Sektion Hooliganismus: für den Betrieb von HOOGAN, das Verfügen von Ausreisebeschränkungen, für den gesetzlich vorgesehenen Informationsaustausch sowie für Analyse- und Lagebeurteilungen,
2. die Einsatzzentrale von fedpol: zur Personenidentifikation im Zusammenhang mit Gewalt an Sportveranstaltungen,
3. die oder der Datenschutz- und Informationsschutzbeauftragte von fedpol: für die Bearbeitung der Auskunfts- und Löschgesuche für HOOGAN;
b. die für die Verhinderung von Gewalt an Sportveranstaltungen verantwortlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Polizeibehörden der Kantone: für den Erlass von Rayonverboten, Meldeauflagen und Polizeigewahrsam, für die Analyse- und Lagebeurteilung und die Weitergabe von Personendaten an Organisatoren von Sportveranstaltungen in der Schweiz;
c. die Dienststellen der Polizeibehörden der Kantone: zur Personenidentifikation im Zusammenhang mit Gewalt an Sportveranstaltungen;
d. die Dienststellen des Grenzwachtkorps (GWK) der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV): zum Vollzug von Ausreisebeschränkungen und von Einreiseverboten;
e. die Dienststellen der Schweizerischen Zentralstelle Hooliganismus (SZH): zur Vorprüfung der eingegangenen Meldungen über Stadionverbote und Sportveranstaltungsberichte der Organisatoren von Sportveranstaltungen sowie zur Beantragung von Ausreisebeschränkungen, Rayonverboten und Meldeauflagen.
² Für HOOGAN können Berechtigungen für Voll- und Kurzzugriffe erteilt werden. Der Vollzugriff ermöglicht das Lesen, das Erfassen, das Mutieren und das Löschen von Daten. Der Kurzzugriff ermöglicht nur das Lesen von jeweils aktiven Daten im konkreten Fall.²⁰
³ Über den Vollzugriff verfügen:
die Sektion Hooliganismus;
c. die für die Verhinderung von Gewalt an Sportveranstaltungen verantwortlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Polizeibehörden der Kantone und des GWK.
⁴ Über den Kurzzugriff verfügen:
a. die Einsatzzentrale von fedpol;
b. die oder der Datenschutz- und Informationsschutzbeauftragte von fedpol;
c. die Polizeibehörden der Kantone;
⁵ Der Kurzzugriff der Polizeibehörden der Kantone und des GWK erfolgt via Schnittstelle im Informationssystem RIPOL.
⁶ Die Datenfelder und Bearbeitungsrechte sind im Anhang aufgeführt.²²
⁷ Die Behörden nach Absatz 1 stellen sicher, dass die Datenschutz- und Informatiksicherheitsbestimmungen eingehalten werden.²³
⁸ Die Leiterin oder der Leiter der Sektion Hooliganismus von fedpol oder deren oder dessen Stellvertreterin oder Stellvertreter entscheidet über individuelle Zugriffsanträge der Behörden nach Absatz 1.²⁴
⁹ Die Verantwortung für HOOGAN liegt bei der Sektion Hooliganismus.²⁵
¹⁹ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
²⁰ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
²¹ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
²² Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
²³ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
²⁴ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
²⁵ Eingefügt durch Ziff. I der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
Art. 10 Verwendung und Weitergabe der Daten durch Organisatoren von Sportveranstaltungen
¹ Die Organisatoren von Sportveranstaltungen dürfen die in HOOGAN gespeicherten Daten nur mit Zustimmung der datenliefernden Behörde und nur zur Umsetzung von Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen an die Sicherheitsverantwortlichen dieser Veranstaltungen weitergeben.
² Die Sicherheitsverantwortlichen dürfen die Daten nur in Bezug auf die von der Behörde bezeichnete Sportveranstaltung bearbeiten. Sie dürfen dazu die Daten in elektronischen Personenerkennungssystemen bearbeiten.
³ Die Sicherheitsverantwortlichen und gegebenenfalls die Organisatoren von Sportveranstaltungen müssen die Daten nach der Sportveranstaltung umgehend vernichten. Sie haben die datenliefernde Behörde innert 24 Stunden über die Vernichtung zu unterrichten.
⁴ Fedpol regelt im Bearbeitungsreglement die Verwendung und die Bearbeitung der Daten durch die Organisatoren von Sportveranstaltungen und die Sicherheitsverantwortlichen.
Art. 11 Weitergabe der Daten an ausländische Behörden
¹ Fedpol kann Personendaten an ausländische Polizeibehörden und Sicherheitsorgane weitergeben, die für die Sicherheit bei Sportveranstaltungen zuständig sind.
² Es registriert die Weitergabe an ausländische Behörden.
³ Es setzt bei der Weitergabe von Informationen und Personendaten den Empfänger oder die Empfängerin über die Bewertung und die Aktualität der Daten in Kenntnis.
⁴ Es weist den Empfänger oder die Empfängerin darauf hin, dass:
a. die Informationen und Personendaten nur für den Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie weitergegeben wurden;
b. sich fedpol vorbehält, Auskunft über die vorgenommene Verwendung zu verlangen.
Art. 12 Aufbewahrungsdauer und Löschung der Daten
¹ Die Personendaten und die Informationen zu einer einzelnen Massnahme werden 3 Jahre nach Ablauf dieser Massnahme gelöscht.
² Wird während dieser 3 Jahre eine weitere Massnahme gegen dieselbe Person eingetragen, so verlängert sich die Dauer der ersten Eintragung auf 3 Jahre ab dem Datum der zweiten Eintragung.
³ Die Daten zu einer einzelnen Massnahme werden in jedem Fall spätestens nach 10 Jahren gelöscht.
Art. 13 Organisatorische Bestimmungen
¹ Für die Gewährleistung der Datensicherheit gelten:
a. Artikel 20 der Verordnung vom 14. Juni 1993²⁶ zum Bundesgesetz über den Datenschutz (VDSG);
b. die Verordnung vom 26. September 2003²⁷ (BinfV) über die Informatik und Telekommunikation in der Bundesverwaltung.
² Fedpol regelt in einem Bearbeitungsreglement:
a. die organisatorischen und die technischen Massnahmen gegen unbefugtes Bearbeiten der Daten;
b. die automatische Protokollierung der eingegebenen Daten;
c. die technischen Anforderungen, denen die Endgeräte der Benutzerinnen und Benutzer genügen müssen.
²⁸ Aufgehoben durch Beilage 2 Ziff. 1 der V vom 21. Nov. 2012, mit Wirkung seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 6781 ).
6. Abschnitt: Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2010 in Kraft.
²⁹ Eingefügt durch Ziff. II der V vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 ( AS 2013 1 ).
Datenfelder und Bearbeitungsrechte