Verordnung über die Erstellung von DNA-Profilen im Zivil- und im Verwaltungsbereich (810.122.2)
CH - Schweizer Bundesrecht

Verordnung über die Erstellung von DNA-Profilen im Zivil- und im Verwaltungsbereich (VDZV)

(VDZV) vom 14. Februar 2007 (Stand am 1. April 2007)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf Artikel 8 Absatz 4 des Bundesgesetzes vom 8. Oktober 2004¹ über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG),
verordnet:
¹ SR 810.12

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Gegenstand
Diese Verordnung regelt:
a. die Voraussetzungen und das Verfahren zur Anerkennung von Laboratorien, die DNA-Profile zur Klärung der Abstammung oder zur Identifizierung nach den Artikeln 31–34 GUMG erstellen;
b. die Pflichten, welche die anerkannten Laboratorien erfüllen müssen, damit sie anerkannt bleiben; und
c. die Aufsicht.
Art. 2 Zuständigkeiten
¹ Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (Departement) ist für die Anerkennung von Laboratorien und den Entzug der Anerkennung zuständig.
² Zuständig für die übrigen Aufgaben nach dieser Verordnung ist das Bundesamt für Polizei (Bundesamt).

2. Kapitel: Anerkennung

1. Abschnitt: Prüflaboratorien für forensische Genetik

Art. 3
Die vom Departement als Prüflaboratorien für forensische Genetik nach der DNA-Profil-Verordnung vom 3. Dezember 2004² anerkannten Laboratorien gelten als vom Bund anerkannte Laboratorien im Sinne von Artikel 8 Absatz 4 GUMG.
² SR 363.1

2. Abschnitt: Andere Laboratorien

Art. 4 Anerkennung
¹ Ein Laboratorium, das DNA-Profile zur Klärung der Abstammung oder zur Identifizierung erstellen will und nicht als Prüflaboratorium für forensische Genetik anerkannt ist, wird anerkannt, wenn:
a. es von der Schweizerischen Akkreditierungsstelle (SAS) gemäss der Akkreditierungs- und Bezeichnungsverordnung vom 17. Juni 1996³ auf dem Ge­biet der DNA-Profile zur Klärung der Abstammung oder zur Identifizierung für einen der Geltungsbereiche nach Artikel 5 akkreditiert ist; und
b. die verantwortliche Fachbereichsleiterin oder der verantwortliche Fach­bereichsleiter über die nach Artikel 6 erforderliche Ausbildung verfügt und die Aufsicht am Sitz des Laboratoriums tatsächlich und verantwortlich ausübt.
² Die für die Akkreditierung nach Absatz 1 Buchstabe a massgebende europäische Norm ist im Anhang festgelegt. Das Departement führt den Anhang entsprechend der internationalen und der technischen Entwicklung nach.
³ Die Anerkennung wird entsprechend dem Geltungsbereich der Akkreditierung erteilt.
⁴ Das Anerkennungsgesuch ist beim Bundesamt einzureichen.
³ SR 946.512
Art. 5 Geltungsbereiche der Akkreditierung
Das Laboratorium kann in einem der folgenden Geltungsbereiche akkreditiert sein:
a. Erstellung von DNA-Profilen anhand von Proben, die direkt den betroffenen Personen entnommen werden; oder
b. Erstellung von DNA-Profilen nach Buchstabe a sowie anhand von Spuren und Proben aus Leichen.
Art. 6 Ausbildung der den Fachbereich leitenden Person
¹ Bei Laboratorien, die für den Geltungsbereich von Artikel 5 Buchstabe a anerkannt werden wollen, muss die verantwortliche Fachbereichsleiterin oder der verantwort­liche Fachbereichsleiter:
a. Spezialistin oder Spezialist für labormedizinische Analysen mit einem FAMH-Titel sein; oder
b. über einen anderen Titel verfügen, der die erforderlichen humangenetischen Kenntnisse für Abstammungsgutachten und Identifizierungen bescheinigt.
² Wurde der Titel nach Absatz 1 Buchstabe a vor dem 1. März 2003 erworben, so wird der Zusatz «inkl. DNS/RNS-Diagnostik» benötigt.
³ Die verantwortliche Fachbereichsleiterin oder der verantwortliche Fachbereichs­leiter muss zusätzlich zu den Anforderungen nach Absatz 1 während mindestens zwei Jahren in einem Laboratorium auf dem Gebiet der humangenetischen Abstammungsbegutachtung gearbeitet und mindestens 100 Abstammungsgutachten selbstständig erstellt haben.
⁴ Bei Laboratorien, die für den Geltungsbereich von Artikel 5 Buchstabe b anerkannt werden wollen, muss die verantwortliche Fachbereichsleiterin oder der verantwort­liche Fachbereichsleiter:
a. forensische Genetikerin oder forensischer Genetiker SGRM sein; oder
b. eine gleichwertige Qualifikation nachweisen.
Art. 7 Provisorische Anerkennung
¹ Laboratorien, die noch nicht über die Akkreditierung nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a verfügen, können beim Bundesamt ein Gesuch um provisorische Anerkennung einreichen, sofern sie gleichzeitig bei der SAS das Gesuch um Akkreditierung stellen.
² Die provisorische Anerkennung wird erteilt, wenn:
a. die verantwortliche Fachbereichsleiterin oder der verantwortliche Fach­bereichsleiter die Voraussetzungen nach Artikel 6 erfüllt;
b. das Laboratorium über die erforderlichen Räumlichkeiten und Einrichtungen verfügt;
c. ein ausreichendes Konzept für Datenschutz und Datensicherheit vorliegt; und
d. das Laboratorium in den letzten zwölf Monaten mindestens einmal erfolgreich an einem Ringversuch im Geltungsbereich der beantragten Anerkennung teilgenommen hat.
³ Das Bundesamt kann die SAS mit Abklärungen beauftragen.
⁴ Das Konzept für Datenschutz und Datensicherheit bedarf der Begutachtung durch den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten.
⁵ Die provisorische Anerkennung ist mit der Auflage zu verbinden, dass das Labo­ratorium spätestens 18 Monate nach Einreichung des Gesuchs um provisorische Anerkennung von der SAS die erforderliche Akkreditierung erhalten haben muss. Das Bundesamt kann die Frist auf Antrag der SAS um höchstens sechs Monate verlängern.
Art. 8 Bedingungen und Auflagen
Die Anerkennung und die provisorische Anerkennung von Laboratorien können mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden.

3. Kapitel: Pflichten der nach den Artikeln 3–8 anerkannten Laboratorien

1. Abschnitt: Allgemeine Pflichten

Art. 9 Ringversuche
¹ Die anerkannten Laboratorien müssen zweimal im Jahr erfolgreich an einem Ringversuch im Geltungsbereich ihrer Anerkennung teilnehmen.
² Sie müssen die Ergebnisse der Ringversuche jeweils bis Ende Februar des folgenden Jahres dem Bundesamt melden.
Art. 10 Weitergabe von Aufträgen
¹ Die Laboratorien dürfen Aufträge zur Erstellung von DNA-Profilen nur an ein anderes anerkanntes Laboratorium und nur im Einverständnis mit der Auftrag­geberin oder dem Auftraggeber weitergeben.
² Verfügt kein anerkanntes Laboratorium über das nötige Fachwissen für eine spezielle Untersuchung, so darf der Auftrag ausnahmsweise an ein nicht anerkanntes Laboratorium im Ausland weitergegeben werden.
Art. 11 Meldepflichten
¹ Die Laboratorien müssen dem Bundesamt jeweils bis Ende Februar die Zahl der im Vorjahr erstellten Gutachten zur Klärung der Abstammung und zur Identifizierung melden.
² In den Meldungen sind gesondert aufzulisten:
a. Gutachten nach den Artikeln 32 und 33 GUMG;
b. Gutachten nach Artikel 34 Absätze 1–3 GUMG;
c. Gutachten nach Artikel 34 Absatz 4 GUMG;
d. Gutachten, die nach Artikel 10 Absatz 2 unter Beizug eines nicht anerkannten Laboratoriums erstellt wurden.
³ Die Laboratorien müssen dem Bundesamt unaufgefordert die Bestätigung der Erneuerung der Akkreditierung einreichen.
⁴ Wechselt die verantwortliche Fachbereichsleiterin oder der verantwortliche Fachbereichsleiter, so müssen die Laboratorien dies unverzüglich dem Bundesamt melden.

2. Abschnitt: Pflichten im Zusammenhang mit der Erstellung von DNA-Profilen

Art. 12 Identitätsprüfung
¹ Im Auftrag zur Erstellung von DNA-Profilen müssen die zu untersuchenden Personen mit Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Adresse sowie Heimatort oder Staatsangehörigkeit bezeichnet werden.
² Bei der Probeentnahme muss sich die zu untersuchende Person durch einen gültigen amtlichen Ausweis mit Foto legitimieren. Das Ausweispapier ist zu fotokopieren. Bei einem Säugling oder Kleinkind kann auf die Vorlage eines amtlichen Ausweises verzichtet werden.
³ Die zu untersuchende Person ist bei der Probeentnahme zu fotografieren. Das Foto ist von ihr oder von ihrem gesetzlichen Vertreter zu unterschreiben.
⁴ Die Identitätsprüfung ist zu dokumentieren, und das entsprechende Dokument ist dem Gutachten nach Artikel 16 beizulegen.
⁵ Beauftragt das Laboratorium eine Ärztin oder einen Arzt mit der Probeentnahme, so ist es für eine sorgfältige Instruktion über die Identitätsprüfung sowie die Entnahme und Aufbewahrung der Probe verantwortlich.
Art. 13 Probe
¹ Die Probe ist unverwechselbar und dauerhaft zu beschriften.
² Proben von Personen mit Knochenmarktransplantationen und von Zwillingen sind eigens zu kennzeichnen.
³ Die Person, welche die Identitätsprüfung durchführt und die Probe entnimmt, muss die Richtigkeit der Angaben mit ihrer Unterschrift bestätigen.
⁴ Die Probe ist so zu lagern und zu behandeln, dass Verunreinigungen und Verwechslungen oder ein Verlust ausgeschlossen sind.
Art. 14 Durchführung von Analysen
¹ Proben sind doppelt und unabhängig voneinander zu analysieren.
² Die Kriterien zur Beurteilung der Vererblichkeit und der Stabilität der untersuchten Marker müssen wissenschaftlich anerkannt sein.
Art. 15 Analysebericht
Der Analysebericht muss mindestens folgende Punkte enthalten:
a. Name und Adresse des verantwortlichen Laboratoriums;
b. Name und Adresse der Auftraggeberin oder des Auftraggebers;
c. Name, Vorname, Geburtsdatum, Adresse sowie Heimatort oder Staatsangehörigkeit der untersuchten Personen und deren verwandtschaftliche Beziehungen;
d. Art des Untersuchungsmaterials;
e. Labornummer des Untersuchungsmaterials;
f. Name der für die Identitätsprüfung und die Probeentnahme zuständigen Person sowie Datum, an dem diese erfolgt sind;
g. angewandte wissenschaftliche Methode;
h. untersuchte Marker;
i. Untersuchungsergebnisse;
j. Name und Unterschrift der für den Analysebericht verantwortlichen Person.
Art. 16 Gutachten
¹ Die Fragestellung und die Schlussfolgerungen aus dem Analysebericht sind in einem Gutachten festzuhalten.
² Die Schlussfolgerungen sind nötigenfalls in angemessener Weise biostatistisch zu evaluieren.
³ Die Expertenkommission für genetische Untersuchungen beim Menschen kann Empfehlungen zur Erstellung von Gutachten abgeben.

4. Kapitel: Aufsicht

Art. 17 Inspektion
¹ Das Bundesamt kann angemeldete oder unangemeldete Inspektionen durchführen oder anordnen, um zu prüfen, ob die Vorschriften des GUMG und dieser Verordnung eingehalten werden.
² Es kann die Expertenkommission für genetische Untersuchungen beim Menschen, andere geeignete Expertinnen oder Experten oder die SAS mit Inspektionen beauftragen.
³ Die Laboratorien müssen den mit der Inspektion beauftragten Personen alle für die Inspektion erforderlichen Auskünfte erteilen und ihnen Zugang zu den Räumlichkeiten und Einrichtungen gewähren, die der Erstellung von DNA-Profilen zur Klärung der Abstammung oder zur Identifizierung dienen. Die mit der Inspektion beauftragten Personen haben das Recht, in die Akten Einsicht zu nehmen.
Art. 18 Sanktionen
¹ Das Departement entzieht einem Laboratorium die Anerkennung, wenn dieses:
a. die Voraussetzungen für die Anerkennung nicht mehr erfüllt;
b. gegen Bedingungen und Auflagen, die mit der Anerkennung verbunden sind, schwer oder wiederholt verstösst; oder
c. gegen die Pflichten nach dieser Verordnung oder nach dem GUMG schwer oder wiederholt verstösst.
² Bei geringfügigen Verstössen verwarnt das Bundesamt das Laboratorium.
Art. 19 Behördliche Meldepflicht und Akteneinsicht
¹ Die SAS meldet dem Bundesamt die im Rahmen ihrer Tätigkeit festgestellten Verstösse gegen die Pflichten nach dieser Verordnung oder nach dem GUMG. Sie informiert das Bundesamt unverzüglich über den Entzug oder die Suspendierung einer Akkreditierung auf dem Gebiet der DNA-Profile zur Klärung der Abstammung oder zur Identifizierung.
² Das Bundesamt kann in die Unterlagen der SAS über die nach dieser Verordnung erforderliche Akkreditierung eines Laboratoriums Einsicht nehmen.
³ Es meldet strafrechtlich relevante Sachverhalte der für die Strafverfolgung zuständigen Behörde.
Art. 20 Gebühren
¹ Die Gebühren für die Anerkennung und die Aufsicht richten sich nach der All­gemeinen Gebührenverordnung vom 8. September 2004⁴.
² Die Gebühren für die Tätigkeit der SAS im Rahmen dieser Verordnung richten sich nach der Verordnung vom 10. März 2006⁵ über die Gebühren des Staatssekre­tariats für Wirtschaft im Bereich der Akkreditierung.
⁴ SR 172.041.1
⁵ SR 946.513.7

5. Kapitel: Schlussbestimmungen

Art. 21 Anerkennung bestehender Laboratorien
¹ Laboratorien, die nicht nach der DNA-Profil-Verordnung vom 3. Dezember 2004⁶ anerkannt sind und nach bisherigem Recht bereits DNA-Profile zur Abklärung der Abstammung oder zur Identifizierung erstellt haben, müssen das Gesuch um Anerkennung nach Artikel 4 oder 7 der vorliegenden Verordnung innerhalb von drei Monaten nach deren Inkrafttreten beim Bundesamt einreichen.
² Solange das Gesuch nicht rechtskräftig abgewiesen ist, darf die Tätigkeit weiterhin ausgeübt werden. Wer das Gesuch nicht fristgerecht stellt, muss die Tätigkeit nach Ablauf der Frist einstellen.
³ Ein Laboratorium, das vor dem 1. April 2007 von der SAS gemäss der Akkreditierungs- und Bezeichnungsverordnung vom 17. Juni 1996⁷ auf dem Gebiet der DNA-Profile zur Klärung der Abstammung oder zur Identifizierung akkreditiert worden ist, kann ausnahmsweise für den Geltungsbereich nach Artikel 5 Buchstabe a anerkannt werden, auch wenn die verantwortliche Fachbereichsleiterin oder der verantwortliche Fachbereichsleiter nicht über die nach Artikel 6 Absatz 1 erforderliche Ausbildung verfügt. Bei einem Wechsel der Fachbereichsleiterin oder des Fach­bereichsleiters müssen die Voraussetzungen nach Artikel 6 Absätze 1 und 2 erfüllt werden.
⁶ SR 363.1
⁷ SR 946.512
Art. 22 Änderung bisherigen Rechts
…⁸
⁸ Die Änderung kann unter AS 2007 669 konsultiert werden.
Art. 23 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. April 2007 in Kraft.

Anhang

(Art. 4 Abs. 2)

Massgebende europäische Norm für die Akkreditierung von Laboratorien nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a

Europäische Norm EN ISO/IEC 17025 (2005) (Allgemeine Anforderungen an die Kompetenz von Prüf- und Kalibrierlaboratorien)⁹
⁹ Die aufgeführte Norm kann kostenlos eingesehen und gegen Bezahlung bezogen werden bei der Schweizerischen Normen-Vereinigung (SNV), Sulzerallee 70, 8404 Winterthur; www.snv.ch.
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