Verordnung über die Errichtung einer Stromreserve für den Winter (734.722)
CH - Schweizer Bundesrecht

Verordnung über die Errichtung einer Stromreserve für den Winter (Winterreserveverordnung, WResV)

(Winterreserveverordnung, WResV) vom 25. Januar 2023 (Stand am 15. Februar 2023)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf die Artikel 9 und 30 Absatz 2 des Stromversorgungsgesetzes vom 23. März 2007¹ (StromVG) und auf die Artikel 5 Absatz 4 und 38 Absatz 2 des Landesversorgungsgesetzes vom 17. Juni 2016² (LVG),
verordnet:
¹ SR 734.7 ² SR 531

1. Abschnitt: Zweck und Gegenstand

Art. 1
¹ Mit dieser Verordnung soll für den Winter und den Frühling eine Absicherung gegen ausserordentliche Situationen bei der Stromversorgung wie kritische Versorgungsengpässe oder -ausfälle geschaffen werden. Die Absicherung erfolgt in Form einer Stromreserve.
² Die Verordnung regelt:
a. die jährliche Bildung einer Wasserkraftreserve;
b. die Bereitstellung einer ergänzenden Reserve mit Reservekraftwerken, Notstromgruppen und Wärme-Kraft-Koppelungsanlagen (WKK-Anlagen);
c. die Grundsätze für das Zusammenspiel der Reserveteile nach den Buchstaben a und b im Falle eines Abrufs von Elektrizität.

2. Abschnitt: Wasserkraftreserve

Art. 2 Eckwerte
¹ Die Elektrizitätskommission (ElCom) legt jährlich die Eckwerte und weitere Aspekte der Wasserkraftreserve fest und veröffentlicht sie.
² Sie dimensioniert die Wasserkraftreserve so, dass mit ihrem Beitrag im Zusammenspiel mit demjenigen der ergänzenden Reserve die Stromversorgung im Knappheitsfall während weniger Wochen im Winter oder Anfang Frühling sichergestellt werden kann. Sie geht dafür vom ausserordentlichen Fall aus, dass der Import von Strom nur sehr beschränkt möglich ist und gleichzeitig die erzeugte Strommenge im Inland gering und der Strombedarf hoch sind.
³ Zu den Eckwerten und weiteren Aspekten gehören insbesondere:
a. die folgenden Vorgaben für die Ausschreibung: 1. die Energiemenge,
2. die Dauer und der Zeitraum der Reservevorhaltung,
3. weitere Grundvorgaben wie der Ausschreibungsmodus,
4. allfällige Obergrenzen für das Vorhalteentgelt für den Betreiber;
b. die Verteilung der Energie zum Beispiel auf mehrere Speicher;
c. Vorgaben zur installierten Leistung;
d. Vorgaben zum Abruf und zur Entschädigung für die abgerufene Energie;
e. der Umgang mit Partnerwerken und ein allfälliges Pooling von Angeboten;
f. die Voraussetzungen für eine Konventionalstrafe und Vorgaben zu deren Höhe;
g. Vorgaben zur Vermeidung marktmanipulativen Verhaltens.
⁴ Die ElCom kann bei der Festlegung der Eckwerte und der weiteren Aspekte die nationale Netzgesellschaft (Netzgesellschaft) beiziehen.
Art. 3 Ausschreibung
¹ Die Netzgesellschaft führt die Ausschreibung zur Bildung der Wasserkraftreserve durch. Sie legt vorgängig die Modalitäten der Ausschreibung fest und kann die Eignungs- und Zuschlagskriterien konkretisieren.
² An der Bildung der Reserve teilnehmen können die Betreiber von Speicherwasserkraftwerken, die Strom in die Schweizer Regelzone einspeisen.
³ Die Netzgesellschaft führt die Ausschreibungen vor Beginn des hydrologischen Jahres durch. Sie erteilt die Zuschläge so, dass die Reserve am kostengünstigsten und bedarfsgerecht gebildet werden kann.
⁴ Die ElCom kann weitere Ausschreibungen anordnen zur:
a. Bildung der Reserve mit der erforderlichen Energiemenge, falls mit einer ersten Ausschreibung keine hinreichende Reserve gebildet werden kann;
b. Aufstockung der Reserve für eine grössere Energievorhaltung;
c. Vorhaltung von Leistung.
⁵ Sie kann Angebote mit unangemessen hohen Vorhalteentgelten ausschliessen und die Ausschreibung abbrechen.
Art. 4 Verpflichtung zur Teilnahme
¹ Ist zu erwarten, dass es mit einer weiteren Ausschreibung nicht gelingt, die Wasserkraftreserve mit der erforderlichen Energiemenge und zu angemessenen Entgelten zu bilden, so kann das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) in Absprache mit dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) die Betreiber geeigneter Kraftwerke verpflichten, mit einer bestimmten Energiemenge an der Reserve teilzunehmen. Die ElCom kann solche Verpflichtungen beantragen.
² Das UVEK legt auf Empfehlung der ElCom das Vorhalteentgelt für die betreffenden Betreiber fest.
Art. 5 Vereinbarung mit Betreibern von Wasserkraftwerken
¹ Die Netzgesellschaft schliesst mit jedem Betreiber, der an der Wasserkraftreserve teilnimmt, eine Vereinbarung über die Teilnahme ab. Die Vereinbarungen müssen einheitlich sein.
² In der Vereinbarung sind auf der Grundlage der Ausschreibung insbesondere festzulegen:
a. die Energiemenge, mit der ein Betreiber an der Wasserkraftreserve teilnimmt;
b. die Dauer und der Zeitraum der Vorhaltung;
c. das Vorhalteentgelt für den Betreiber;
d. die Bedingungen des Abrufs;
e. die Einzelheiten der folgenden Pflichten eines Betreibers gegenüber der Netzgesellschaft: 1. die Auskünfte, die ein Betreiber erteilen muss, und die Unterlagen, die er zur Verfügung stellen muss (Art. 24 Abs. 1),
2. die Meldung der verfügbaren Leistung und Energie (Art. 18 Abs. 2);
f. der weitgehende Verzicht auf Revisionsarbeiten während der Vorhaltedauer;
g. eine Konventionalstrafe nach den Vorgaben der ElCom (Art. 2 Abs. 3 Bst. f).
³ Verpflichtet das UVEK einen Betreiber zur Teilnahme an der Wasserkraftreserve, so wird der einheitliche Vereinbarungsinhalt zum Bestandteil der Verpflichtung.

3. Abschnitt: Ergänzende Reserve

Art. 6 Allgemeine Bestimmungen für die Teilnahme an der ergänzenden Reserve
¹ Die Wasserkraftreserve wird durch eine Reserve mit einer Leistung von insgesamt bis zu 1000 MW ergänzt (ergänzende Reserve).
² An der Bildung der ergänzenden Reserve teilnehmen können die Betreiber von Anlagen, wenn:
a. es sich um eine der folgenden Anlagen handelt: 1. Kraftwerke, die mit Gas oder anderen Energieträgern betrieben werden (Reservekraftwerke) und als Zweistoffanlagen betrieben werden können; vom Zweistofferfordernis kann abgewichen werden, wenn sonst die Leistung nach Absatz 1 nicht erreicht würde,
2. Notstromgruppen und WKK-Anlagen; und
b. die Anlagen Strom in die Regelzone Schweiz einspeisen.
³ Das UVEK kann in Absprache mit der ElCom:
a. die Leistung von 1000 MW erhöhen, wenn sich ein höherer Bedarf abzeichnet;
b. festlegen, in welcher Priorität und in welchem Umfang Anlagen nach Absatz 2 in die ergänzende Reserve aufzunehmen sind.
⁴ Die Teilnahme an der ergänzenden Reserve dauert bis längstens am 31. Mai 2026. Vorbehalten bleibt eine allfällig längere Teilnahme aufgrund einer Nachfolgeregelung zu dieser Verordnung.
Art. 7 Teilnahme von Betreibern von Notstromgruppen und von WKK-Anlagen an der ergänzenden Reserve
¹ Die Betreiber von Notstromgruppen sowie die Betreiber von WKK-Anlagen mit einer Leistung von weniger als 5 MW können nur über einen Aggregator an der Reserve teilnehmen, der die Anlagen bündelt.
² Die Betreiber von Notstromgruppen können bis zum 30. April 2023 an der ergänzenden Reserve teilnehmen, wenn die Anlagen im Inselbetrieb laufen und nicht ins Netz einspeisen. Voraussetzung für eine Teilnahme ist, dass:
a. der Netzzugang aus technischen Gründen, die nicht kurzfristig behebbar sind, aufgrund von Artikel 13 Absatz 2 StromVG verweigert wird; und
b. die Anlage nur bei einem Reserveabruf oder bei einem Netzausfall in den Inselbetrieb umgeschaltet wird und nach Fahrplan betreibbar ist.
³ Die Betreiber von WKK-Anlagen können nur an der Reserve teilnehmen, wenn sie für den stromerzeugenden Teil der WKK-Anlage keine anderweitige Unterstützung wie Investitionsbeiträge erhalten, und die WKK-Anlage:
a. zusätzliche Erzeugungskapazität bereitstellt;
b. stromgeführt ist und während der Verfügbarkeitsperiode ausschliesslich für die Reserve zusätzlich Strom zur Verfügung stellt; und
c. die vom Bundesamt für Energie (BFE) definierten Eignungskriterien erfüllt.
⁴ CO 2 -Emissionen, die durch die Stromproduktion für die ergänzende Reserve mittels Notstromgruppen und WKK-Anlagen verursacht werden, mit denen die Betreiber nicht am Emissionshandel teilnehmen, müssen durch die Abgabe von nationalen oder internationalen Bescheinigungen vollumfänglich kompensiert werden.
Art. 8 Bildung und Erweiterung der ergänzenden Reserve mit Reservekraftwerken
¹ Die ergänzende Reserve wird mit den Betreibern von Reservekraftwerken gebildet, mit denen sich das UVEK im Hinblick auf eine Teilnahme an der Reserve und eine Inbetriebnahme ab dem 15. Februar 2023 geeinigt hat.
² Zur Erreichung der Leistung nach Artikel 6 Absatz 1 können über Ausschreibungen weitere Betreiber von Reservekraftwerken in die ergänzende Reserve aufgenommen werden. Die Netzgesellschaft führt die Ausschreibungen durch und legt in Absprache mit dem BFE vorgängig die Modalitäten dafür fest.
³ Für den Zuschlag werden insbesondere die folgenden Kriterien berücksichtigt:
a. die Höhe des Verfügbarkeitsentgelts;
b. die Dauer, bis eine Anlage umgerüstet und einsatzbereit ist;
c. weitere Kriterien wie die technische Qualität, die Bewilligungsfähigkeit, die Auswirkungen auf die Umwelt, der Standort und die Netzanbindung eines Projekts sowie die Möglichkeit, die Anlage mit erneuerbaren Energieträgern zu betreiben.
⁴ Die ElCom kann in den Ausschreibungen nach Absatz 2 Angebote mit unangemessen hohen Verfügbarkeitsentgelten ausschliessen und die Ausschreibung abbrechen.
Art. 9 Verpflichtung zur Teilnahme
Kann die ergänzende Reserve nicht mit der erforderlichen Leistung und zu angemessenen Entgelten gebildet werden, so kann das UVEK in Absprache mit dem WBF die Betreiber oder Inhaber von geeigneten Reservekraftwerken oder Unternehmen, für die ein solches Kraftwerk verfügbar ist und die zum entsprechenden Betrieb fähig sind, verpflichten, mit einer bestimmten Kraftwerksleistung an der Reserve teilzunehmen. Die ElCom kann solche Verpflichtungen beantragen.
Art. 10 Vereinbarung mit Betreibern von Reservekraftwerken und Verfügbarkeitsentgelt
¹ Die Netzgesellschaft schliesst mit jedem Betreiber, der an der ergänzenden Reserve teilnimmt, eine Vereinbarung über den Einsatz des Reservekraftwerks ab.
² In der Vereinbarung sind insbesondere festzulegen:
a. die für die Reserve einsetzbare Leistung;
b. die Dauer und der Zeitraum der Verfügbarkeit;
c. das Verfügbarkeitsentgelt und die Abrufentschädigung für den Betreiber;
d. periodische Testbetriebe sowie Zeitfenster für die Revision und den Unterhalt;
e. die betrieblichen Einzelheiten bei einem Einsatz wie das Fahrplanmanagement;
f. die Inhalte nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstaben d, e und g.
³ Verpflichtet das UVEK einen Betreiber zur Teilnahme an der ergänzenden Reserve, so verfügt es nötigenfalls auch die Inhalte der Vereinbarung.
⁴ Mit dem Verfügbarkeitsentgelt werden die fixen, einsatzunabhängigen Kosten des Betriebs vergütet wie die Verfügbarkeit der Anlage, die Beschaffung und Lagerung der Energieträger, die Personalkosten und die Netzanschlusskosten. Die Entgelthöhe muss angemessen sein.
Art. 11 Betriebseinschränkungen und -anforderungen für Reservekraftwerke
¹ Die Reservekraftwerke kommen nur für die ergänzende Reserve zum Einsatz und dürfen keinen Strom für den Markt produzieren.
² Ausserhalb der Verfügbarkeitsperiode dürfen die Betreiber mit Reservekraftwerken Systemdienstleistungen erbringen, sofern die Emissionsgrenzwerte und die kantonalen Vorschriften eingehalten werden. Die Verfügbarkeitsperiode dauert vom 1. Dezember bis zum 31. Mai; die ElCom kann jährlich eine kürzere Dauer festlegen.
³ Das BFE kann in Absprache mit der ElCom weitere allgemeine technische Betriebsanforderungen für die Reservekraftwerke festlegen, insbesondere betreffend:
a. die Vorlaufzeit bei einem Einsatz;
b. die Anzahl möglicher Starts und Stopps sowie die Mindestbetriebsdauer;
c. die Anpassungsfähigkeit in Bezug auf die Leistung;
d. die Fernsteuerbarkeit.
⁴ Die Betreiber der Reservekraftwerke können die Generatoren ausserhalb der Bereitschaftszeiten (Art. 17 Abs. 3) für die Spannungshaltung einsetzen.
Art. 12 Tarif für die Nutzung von Rohrleitungen
Das BFE kann im Falle von unangemessenen Tarifen für die Nutzung der Rohrleitungen für die Zufuhr der Energieträger einen kostenbasierten Tarif festlegen.
Art. 13 Ausschreibungen für neue Reservekraftwerke
¹ Die Netzgesellschaft kann zusätzlich zu Artikel 8 Absatz 2 weitere Ausschreibungen für neue Reservekraftwerke durchführen, damit diese rechtzeitig erstellt und ihre Betreiber später nötigenfalls in die ergänzende Reserve aufgenommen werden können.
² Für die Ausschreibung und die Zuschlagskriterien gilt Artikel 8 Absätze 2 und 3.
Art. 14 Bildung und Erweiterung der ergänzenden Reserve mit Notstromgruppen und WKK-Anlagen
¹ Die ergänzende Reserve wird zusätzlich zu den Reservekraftwerken mit den Betreibern von Notstromgruppen gebildet, mit deren Aggregatoren sich das BFE im Hinblick auf eine Teilnahme an der Reserve ab dem 15. Februar 2023 geeinigt hat.
² Zur Erreichung der Leistung nach Artikel 6 Absatz 1 können weitere Betreiber von Notstromgruppen und ab dem 1. Januar 2024 auch Betreiber von WKK-Anlagen in die ergänzende Reserve aufgenommen werden. Die Netzgesellschaft führt die dafür erforderlichen Ausschreibungen durch.
³ Ist zu erwarten, dass es mit einer weiteren Ausschreibung nicht gelingt, die ergänzende Reserve mit der erforderlichen Leistung und zu angemessenen Entgelten zu bilden, so kann das UVEK in Absprache mit dem WBF die Betreiber von geeigneten Notstromgruppen oder WKK-Anlagen zur Teilnahme verpflichten; gegebenenfalls ist gleichzeitig ein geeigneter Aggregator zu verpflichten. Die ElCom kann solche Verpflichtungen beantragen.
⁴ Eine Verpflichtung ist nicht möglich bei Notstromgruppen, die zu militärischen oder anderen kritischen Infrastrukturen gehören.
Art. 15 Vereinbarung mit Aggregatoren und Betreibern von Notstromgruppen und WKK-Anlagen
¹ Die Netzgesellschaft schliesst mit jedem Aggregator eine Vereinbarung darüber ab, wie die Notstromgruppen und die WKK-Anlagen gebündelt für die ergänzende Reserve zur Verfügung gestellt werden. Bei WKK-Anlagen ab 5 MW schliesst die Netzgesellschaft direkt mit den Betreibern eine Vereinbarung ab.
² Die Aggregatoren erhalten eine Dienstleistungspauschale, die sich aus einem einmaligen Aggregationsbeitrag und einer Pauschale pro Anlage und Winter zusammensetzt.
³ Sie schliessen mit den Betreibern der Notstromgruppen und WKK‑Anlagen eine Vereinbarung ab, um einen reibungslosen Einsatz der Anlagen für die Reserve sicherzustellen.
⁴ Der Inhalt der Vereinbarung richtet sich sinngemäss nach Artikel 10; sie enthält zusätzlich eine Vorgabe zu einer Mindestvorhaltung des Energieträgers. Die Vereinbarungen müssen einheitlich sein und können jährlich angepasst werden.
⁵ Die ElCom kann in den Ausschreibungen nach Artikel 14 Angebote mit unangemessen hohen Dienstleistungspauschalen und Verfügbarkeitsentgelten für die Betreiber der Anlagen ausschliessen.
⁶ Verpflichtet das UVEK einen Aggregator oder einen Betreiber zur Teilnahme an der ergänzenden Reserve, so wird der einheitliche Vereinbarungsinhalt zum Bestandteil der Verpflichtung.
Art. 16 Rahmenbedingungen und Verfügbarkeitsentgelt für die Betreiber von Notstromgruppen und WKK-Anlagen
¹ Die Notstromgruppen und WKK-Anlagen müssen in der Verfügbarkeitsperiode nach Artikel 11 Absatz 2 jederzeit für die ergänzenden Reserve in Betriebsbereitschaft (Art. 17 Abs. 3) gehen können.
² Ein Einsatz während der Verfügbarkeitsperiode ausserhalb der Reserve ist möglich:
a. für betriebliche Zwecke des Betreibers bei einem Netzzusammenbruch;
b. für die Bereitstellung von Systemdienstleistungen, sofern dadurch die Abruffähigkeit für die Reserve nicht gefährdet wird; die Netzgesellschaft legt die Bedingungen dafür fest.
³ Mit dem Verfügbarkeitsentgelt werden den Betreibern die fixen, einsatzunabhängigen Kosten des Betriebs vergütet wie die Verfügbarkeit der Notstromgruppe oder der WKK-Anlage und die nötigen anlageseitigen Investitionen. Sind die Anlagen über Aggregatoren gebündelt, so erhalten die Betreiber das Entgelt als Pauschale.
⁴ Das BFE kann analog zu Artikel 11 Absatz 3 allgemeine technische Betriebsanforderungen für die Anlagen festlegen.

4. Abschnitt: Einsatz und Abruf der Stromreserve

Art. 17 Vorgaben für die Abrufordnung
¹ Die ElCom legt in einer Abrufordnung das Zusammenspiel der Wasserkraftreserve und der ergänzenden Reserve und das Zusammenspiel der Bestandteile der ergänzenden Reserve fest. In der Abrufordnung wird festgelegt, in welcher Reihenfolge und in welchem Umfang Energie je nach Versorgungslage aus den Reserveteilen oder aus den Bestandteilen abgerufen wird.
² Die ElCom beachtet in der folgenden Reihenfolge:
a. eine rechtzeitig verfügbare und ausreichend grosse Leistung;
b. die Schonung von Reserveteilen, deren Energieträger nicht rasch auffüll- oder ersetzbar sind;
c. geringe Lärm- und Schadstoffemissionen sowie geringe Klimaauswirkungen;
d. tiefe Kosten; und
e. die nachstehenden weiteren Parameter: 1. die voraussichtliche Dauer und Häufigkeit eines Abrufs,
2. den Abrufzeitpunkt im Winter oder im Frühling,
3. die Dauer, bis die verschiedenen Anlagetypen bei einem Abruf einsatzbereit sind,
4. die technischen Besonderheiten der verschiedenen Anlagetypen,
5. die Verfügbarkeit der Energieträger.
³ In der Abrufordnung wird zudem festgelegt, mit welchem Vorlauf die Reservekraftwerke in Betriebsbereitschaft zu versetzen sind, wenn sich ein Abruf abzeichnet, und wann sie diesen Bereitschaftsgrad wieder verlassen können.
⁴ Die ElCom veröffentlicht die Abrufordnung zeitgerecht. Sie passt sie bei Bedarf an, insbesondere zur Optimierung oder wenn sich die Verhältnisse geändert haben.
Art. 18 Ablauf des Abrufs
¹ Die Stromreserve steht zum Abruf frei, wenn an der Strombörse für den Folgetag die nachgefragte Menge Elektrizität das Angebot übersteigt (fehlende Markträumung).
² Im Fall einer fehlenden Markträumung melden der Netzgesellschaft:
a. die Betreiber, die an der Reserve teilnehmen: die in ihrem Teil der Reserve verfügbare Leistung und verfügbare Energie;
b. die Bilanzgruppen mit einem Reservebedarf: ihren Bedarf an Elektrizität für den Folgetag.
³ Die Netzgesellschaft legt die Modalitäten des Abrufs fest. Bei einer fehlenden Markträumung nimmt sie den Abruf nach der Abrufordnung und in deren Rahmen diskriminierungsfrei vor. Der Abruf der Wasserkraftreserve erfolgt grundsätzlich über alle Betreiber, die an dieser Reserve teilnehmen, proportional zur vereinbarten Energiemenge.
⁴ Sie regelt den Abruf im Verhältnis mit den Bilanzgruppen. Sie legt eine entsprechende Mustervereinbarung vorgängig der ElCom vor; diese kann Änderungen verlangen, falls die Mustervereinbarung nicht sachgerecht ist.
Art. 19 Besondere Fälle des Abrufs
¹ Die Netzgesellschaft kann bei einer unmittelbaren Gefährdung, insbesondere einer Gefährdung des stabilen Netzbetriebs, in Abweichung von Artikel 18 Absatz 1 Elektrizität von Anlagen aus den beiden Reserveteilen auch ohne fehlende Markträumung oder ohne Bedarfsmeldung einer Bilanzgruppe abrufen.
² Sie kann Elektrizität ausnahmsweise im Rahmen allfälliger internationaler Solidaritätsvereinbarungen abrufen. Für einen Abruf aus einem Reservekraftwerk gilt sinngemäss die Einschränkung von Artikel 11 Absatz 2 in Bezug auf die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte und von kantonalen Vorschriften. Die Netzgesellschaft meldet alle Abrufe nach diesem Absatz der ElCom.
³ Die ElCom kann in Abweichung von Artikel 18 Absatz 1 ausnahmsweise den Abruf aus einem Reservekraftwerk anordnen, um der Wasserkraftreserve zusätzliche Energie zuzuführen. Voraussetzung dafür ist, dass eine grosse Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Wasserkraftreserve ohne diese Massnahme im späteren Verlauf des Winters ihren Zweck als Wasserkraftreserve nicht erfüllen kann.
⁴ Die ElCom legt im Einzelfall die zuzuführende Energiemenge, das Vorgehen und die Modalitäten fest. Das Vorgehen kann in einer Ausschreibung, einer Vorhalteverpflichtung eines Betreibers oder einer Verteilung auf mehrere Speicherwasserkraftwerke bestehen. Für die zugeführte Energie ist kein Vorhalteentgelt geschuldet.
Art. 20 Abrufentschädigung
¹ Bei einem Abruf erhalten die Betreiber von der Netzgesellschaft eine Entschädigung für die abgerufene Energie.
² Bei der Wasserkraftreserve berechnet die Netzgesellschaft die Entschädigung nach den Vorgaben der ElCom (Art. 2 Abs. 3 Bst. d).
³ Bei den Reservekraftwerken werden mit der Abrufentschädigung vergütet:
a. die einsatzabhängigen Kosten des Betriebs, wie die Kosten für: 1. die Nutzung der Rohrleitungen, die Energieträger, die CO 2 -Abgabe und die Emissionsrechte,
2. den Einsatz des Personals und das für den Betrieb benötigte Wasser;
b. eine Pauschale für die Tage, an denen die Anlagen in Betriebsbereitschaft sein müssen.
⁴ Die Netzgesellschaft berechnet die Entschädigung nach Absatz 3 auf der Grundlage von durch die ElCom im Voraus festgelegten einheitlichen Parametern, insbesondere den Preisindizes für die Kosten für die Energieträger und die Emissionsrechte.
⁵ Bei den Notstromgruppen und den WKK-Anlagen werden mit der Abrufentschädigung die einsatzabhängigen Kosten des Betriebs vergütet, wie die Kosten für die Energieträger, die Emissionsrechte oder die nationalen oder internationalen Bescheinigungen, die CO 2 -Abgabe und weitere Betriebsmittel. Absatz 4 gilt sinngemäss.
⁶ Die CO 2 -Abgabe wird nur soweit vergütet, als der Betreiber keinen Rückerstattungsanspruch nach dem CO 2 -Gesetz vom 23. Dezember 2011³ geltend machen kann. Gleiches gilt für die Mineralölsteuer nach dem Mineralölsteuergesetz vom 21. Juni 1996⁴.
³ SR 641.71
⁴ SR 641.61
Art. 21 Aufgeld bei einem Abruf und Weiterverkauf der Energie
¹ Die Bilanzgruppen, die einen Abruf veranlasst haben, zahlen der Netzgesellschaft den Marktpreis für den Abrufzeitraum und ein Aufgeld analog zum Preis für Ausgleichsenergie. Die ElCom kann zum Aufgeld Vorgaben in Form von Eckwerten machen.
² Die Bilanzgruppen und ihre Händler und bei nachgelagerten Geschäften auch andere Händler oder sonstige Marktakteure dürfen bei einem Weiterverkauf der Energie aus der Reserve keinen Gewinn erzielen und diese Energie nicht ins Ausland verkaufen.
³ Gewinne, die entgegen Absatz 2 erzielt werden, müssen die Bilanzgruppen und die anderen genannten Akteure an die Netzgesellschaft erstatten.

5. Abschnitt: Kosten, Finanzierung und Rückzahlungen an den Bund sowie Auskünfte und Überwachung

Art. 22 Kosten und Finanzierung
¹ Die Kosten für die Stromreserve setzen sich zusammen aus:
a. dem Vorhalteentgelt an die Betreiber der Wasserkraftreserve;
b. dem Verfügbarkeitsentgelt an die Betreiber von Reservekraftwerken, Notstromgruppen und WKK-Anlagen in der ergänzenden Reserve;
c. der Abrufentschädigungen für die Betreiber;
d. der Dienstleistungspauschale für die Aggregatoren.
² Die Finanzierung dieser Kosten erfolgt:
a. als Teil des Netznutzungsentgelts für das Übertragungsnetz analog zu den Systemdienstleistungen (Art. 15 Abs. 2 Bst. a StromVG), wobei dieser Teil des Netznutzungsentgelts als eigenständige Position in Rechnung zu stellen ist;
b. durch die Einnahmen aus: 1. den Zahlungen der Bilanzgruppen nach Artikel 21 Absatz 1,
2. den Konventionalstrafen nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe g, 10 Absatz 2 Buchstabe f oder 15 Absatz 4.
³ Die Netzgesellschaft führt für die Mittel nach Absatz 2 eine separate Sparte. Sie führt die Zahlungen an die Reserveteilnehmer, an die Aggregatoren und an weitere Akteure mit Bezug zur Stromreserve aus.
⁴ Der Vollzugsaufwand, insbesondere derjenige der Netzgesellschaft, wird einschliesslich der Vorbereitungsarbeiten ebenfalls aus den Einnahmen nach Absatz 2 finanziert. Er berechnet sich bis zum Ende des Geschäftsjahres 2023 nach den tatsächlichen Kosten. Bis dahin umfasst er auch die Fremdfinanzierungskosten.
⁵ Ab dem Geschäftsjahr 2024 werden die anrechenbaren Kosten der Stromreserve analog zu Artikel 15 StromVG und die Deckungsdifferenzen nach Artikel 18 a Absatz 3 der Stromversorgungsverordnung vom 14. März 2008⁵ (StromVV) berechnet. Die Verzinsung der für die Stromreserve notwendigen Vermögenswerte erfolgt ab dem Geschäftsjahr 2024 mit dem Fremdkapitalkostensatz nach Anhang 1 StromVV.
⁵ SR 734.71
Art. 23 Rückzahlungen an den Bund
¹ Die Kosten, die dem Bund entstanden sind, damit Reservekraftwerke und Notstromgruppen ab dem 15. Februar 2023 in Betrieb gehen können, sowie allfällige Mietkosten für Reservekraftwerke, die der Bund anstelle eines Betreibers übernimmt, werden dem Bund ohne Verzinsung über drei Jahre aus Mitteln nach Artikel 22 Absatz 2 zurückerstattet. Dazu wird das Netznutzungsentgelt des Übertragungsnetzes ab 2024 über drei Jahre entsprechend erhöht.
² Findet der Bund für ein Reservekraftwerk, für das in der Vorbereitungsphase im Jahr 2022 eine Inbetriebnahme im Februar 2023 geplant ist, keinen Betreiber oder fällt ein Betreiber später aus, so leistet der Bund dem Eigentümer der entsprechenden Anlagen eine Abgeltung. Die Finanzierung erfolgt gemäss der Regelung von Absatz 1.
³ Die Abgeltung nach Absatz 2 deckt die für die Verbringung der Anlagen in die Schweiz angefallenen Kosten und den Ersatz für Erträge, die der Eigentümer erzielt hätte, wenn er die Anlagen einem Betreiber ausserhalb der Reserve überlassen hätte. Eine solche Abgeltung deckt maximal die Zeit vom 1. Februar 2023 bis zum 31. Mai 2026 ab.
⁴ Die Kosten für allfällige, im kantonalen Recht vorgesehene Abgeltungen an die Standortgemeinden können über eine spätere Erhöhung des Netznutzungsentgelts nach der Regelung von Absatz 1 erstattet werden.
Art. 24 Auskünfte, Daten, Zugang und Offenlegung
¹ Die ElCom, die Netzgesellschaft, das UVEK und das BFE erhalten für die Erfüllung ihrer Aufgaben von den Aggregatoren und den Betreibern, die an der Stromreserve teilnehmen, sowie den Rohrleitungsbetreibern kostenlos die nötigen Auskünfte und Unterlagen, insbesondere zu den Speicherständen, sowie Zugang zu den Anlagen.
² Die ElCom kann im Fall eines Abrufs von den beteiligten Bilanzgruppen die Offenlegung der Handelsgeschäfte mit Bezug zum Abruf verlangen. Die Offenlegung von nachgelagerten Geschäften kann sie auch von anderen Händlern oder sonstigen Marktakteuren verlangen.
Art. 25 Überwachung und Anordnungen durch die ElCom
¹ Die ElCom überwacht die Errichtung und die Vorhaltung der Wasserkraftreserve, die Verfügbarkeit und Bereitschaft der Anlagen in der ergänzenden Reserve, die übrige Umsetzung der Stromreserve und den Vollzug durch die Netzgesellschaft.
² Sie trifft nötigenfalls Anordnungen. Vorbehalten bleiben die Aufgaben des UVEK und des BFE.
³ Sie überwacht die Versorgungssituation und unterstützt die Netzgesellschaft dabei zu beobachten, wie sich die Energievorräte in den Reserveteilen entwickeln.
⁴ Sie orientiert das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung und die Kantone, wenn sich ein möglicher Reserveabruf abzeichnet, um eine Abstimmung mit Massnahmen nach dem LVG und mit kantonalen Massnahmen zu ermöglichen.
⁵ Ist absehbar, dass die Wasserkraftreserve im Zeitraum, für den sie gebildet wurde, nicht mehr benötigt wird, so ordnet die ElCom deren vorzeitige Auflösung an.
Art. 26 Monitoring
Die ElCom untersucht regelmässig, wie sich die Stromreserve bewährt. Sie publiziert periodisch einen Bericht, insbesondere über die Reservekosten und getätigte Abrufe.

6. Abschnitt: Straf- und Schlussbestimmungen

Art. 27 Strafbestimmungen
¹ Mit Busse bis 100 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich:
a. Energie, die aus einem Reserveabruf stammt, mit Gewinn weiterverkauft oder ins Ausland verkauft, sei es direkt oder im Rahmen nachgelagerter Geschäfte (Art. 21 Abs. 2);
b. im Zusammenhang mit der Stromreserve der ElCom oder der Netzgesellschaft Unterlagen mit falschen Angaben liefert, falsche Auskünfte erteilt oder Auskünfte verweigert (Art. 24 Abs. 1).
² Die Strafverfolgung richtet sich nach Artikel 29 Absatz 3 StromVG.
Art. 28 Aufhebung und Änderung anderer Erlasse
Die Aufhebung und die Änderung anderer Erlasse werden im Anhang geregelt.
Art. 29 Übergangsbestimmung
¹ Bis zum 30. September 2023 führt das BFE die Ausschreibungen für die Aufnahme von Reserveteilnehmern oder für Aggregatoren für die ergänzende Reserve nach den Artikeln 8, 13 und 14 durch.
² Das BFE schliesst mit den so in die Reserve aufgenommenen Reserveteilnehmern und mit den ausgewählten Aggregatoren auch die entsprechenden Vereinbarungen ab.
Art. 30 Inkrafttreten und Geltungsdauer
¹ Diese Verordnung tritt am 15. Februar 2023 in Kraft.
² Sie gilt unter Vorbehalt von Absatz 3 bis zum 31. Dezember 2026.
³ Die Artikel 4, 9 und 14 Absatz 3 gelten bis zum 31. Mai 2024.

Anhang

(Art. 28)

Aufhebung und Änderung anderer Erlasse

I
Die Verordnung vom 7. September 2022⁶ über die Errichtung einer Wasserkraftreserve wird aufgehoben.
II
Die nachstehenden Erlasse werden wie folgt geändert:
…⁷
⁶ [ AS 2022 514 ]
⁷ Die Änderungen können unter AS 202 3 43 konsultiert werden.
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