Verordnung über die Beurteilung der Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft (919.118)
CH - Schweizer Bundesrecht

Verordnung über die Beurteilung der Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft

vom 7. Dezember 1998 (Stand am 1. Januar 2023)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf die Artikel 6 a Absatz 2, 6 b Absatz 3 und 185 Absatz 2 des Landwirtschaftsgesetzes vom 29. April 1998¹ (LwG) , ²
verordnet:
¹ SR 910.1 ² Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. April 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 ( AS 2022 266 ).

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Gegenstand und Geltungsbereich
¹ Diese Verordnung regelt:
a. die Beurteilung der Agrarpolitik und der Leistungen der Landwirtschaft unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit;
b. die Reduktionsziele für Nährstoffverluste; und
c. die Methoden zur Berechnung der Stickstoff- und Phosphorverluste sowie der Risiken durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.³
² Die Beurteilung betrifft die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Auswir­kungen der Agrarpolitik und der Leistungen der Landwirtschaft. Sie ist periodisch vorzunehmen.
³ Die Untersuchung und Beurteilung der agrarpolitischen Massnahmen durch öffentliche Forschungsinstitutionen und durch Dritte wird im Rahmen der bewillig­ten Kredite abgegolten.
³ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. April 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 ( AS 2022 266 ).
Art. 2 Untersuchungsbereiche und -grundlagen
¹ Untersucht werden:
a. der Agrarsektor insgesamt;
b. repräsentative Referenzbetriebe;
c. die Regionen;
d. die agrarpolitischen Massnahmen.
² Das Bundesamt für Landwirtschaft (Bundesamt) stützt sich dafür auf die folgenden Grundlagen:
a. die landwirtschaftliche Gesamtrechnung;
b. ökologische und soziale Indikatoren;
c. die Buchhaltungsdaten einer Stichprobe repräsentativer Landwirtschaftsbe­triebe;
d. Verwaltungsdaten;
e. Erhebungen und Umfragen;
f. Simulationen und theoretische Berechnungen;
g. wissenschaftliche Untersuchungen.
³ Es zieht die Evaluationen der landwirtschaftlichen Forschungsanstalten herbei. Es kann die Dienste anderer Bundesstellen oder privater Organisationen in Anspruch nehmen.

2. Abschnitt: Beurteilung der wirtschaftlichen Lage

Art. 3 Agrarsektor
Das Bundesamt stützt sich für die wirtschaftliche Beurteilung des Agrarsektors hauptsächlich auf die landwirtschaftliche Gesamtrechnung.
Art. 4 Referenzbetriebe
¹ Das Bundesamt verwendet für die Untersuchung der Referenzbetriebe die Daten aus der zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten nach der Verordnung vom 30. Juni 1993⁴ über die Durchführung von statistischen Erhebungen des Bundes.
² Dazu:
a. nimmt es eine Gegenüberstellung des bäuerlichen Arbeitsverdienstes und des Vergleichseinkommens vor;
b. analysiert es die Entwicklung und Streuung der Produktivitäts- und Ren­tabi­litätsindikatoren der landwirtschaftlichen Betriebe.
⁴ SR 431.012.1
Art. 5 Bestimmung des landwirtschaftlichen Arbeitsverdienstes
¹ Der für die Untersuchung massgebliche landwirtschaftliche Arbeitsverdienst wird auf der Grundlage des von einer vollzeitlich in der Landwirtschaft beschäftigten Per­son erwirtschafteten Verdiensts berechnet. Teilzeitlich in der Landwirtschaft beschäftigte Personen werden im Verhältnis zur von ihnen auf dem Betrieb verrich­teten Arbeit gezählt (Basis: 280 Arbeitstage). Eine Person kann nicht mehr als einer Arbeitseinheit entsprechen.
² Der landwirtschaftliche Arbeitsverdienst entspricht dem landwirtschaftlichen Ein­kommen abzüglich eines bestimmten Zinses für das eingesetzte Eigenkapital. Ange­wandt wird der mittlere Zinssatz für Bundesobligationen.
Art. 6 Vergleichseinkommen
¹ Das Vergleichseinkommen wird auf der Grundlage der vom Bundesamt für Stati­stik alle zwei Jahre durchgeführten Lohnstrukturerhebung und der Entwicklung des Lohnindexes berechnet.
² Das Vergleichseinkommen entspricht dem Zentralwert der Löhne aller im Sekun­där- und Tertiärsektor beschäftigten Angestellten. Es umfasst den stan­dardisierten Jahresbruttolohn sowie besondere Vergütungen und den 13. Monats­lohn.
³ Die Löhne von Teilzeitangestellten werden in Jahreseinkommen für eine Vollzeit­anstellung umgerechnet.
Art. 7 Regionale Beurteilung
¹ Die wirtschaftliche Beurteilung der Landwirtschaft erfolgt auch regionsweise.
² Die zu Grunde gelegten Regionen entsprechen den in der landwirtschaftlichen Zonen-Verordnung vom 7. Dezember 1998⁵ definierten Zonen oder Zonengruppen.
⁵ SR 912.1

3. Abschnitt: Beurteilung nach ökologischen und sozialen Gesichtspunkten

Art. 8 Umweltleistungen und Auswirkungen auf die Umwelt
¹ Das Bundesamt beurteilt periodisch die Entwicklung der ökologischen Leistungen der Landwirtschaftsbetriebe, auch im Tierschutzbereich, und die Auswirkungen der Landwirtschaft auf die natürlichen Lebensgrundlagen.
² Es beurteilt anhand von gesamtschweizerischen, regionalen und betriebsbezogenen Ökoindikatoren die quantitativen und qualitativen Auswirkungen der Agrarpolitik. Diese Indikatoren sind mit den internationalen Normen vergleichbar.
Art. 9 Agroökologische Indikatoren
¹ Das Bundesamt stützt sich für die ökologische Beurteilung auf folgende Indi­kato­ren:
a. Stoff- und Energieumsatz;
b. Emissionen umweltschädigender Stoffe;
c. Ertragsfähigkeit der Böden;
d. biologische Vielfalt;
e. Nutztierhaltung.
² Das Bundesamt erarbeitet die Indikatoren zusammen mit anderen Bundesstellen, den interessierten Kreisen und anderen Institutionen.
Art. 10 Beurteilung der sozialen Lage
¹ Das Bundesamt beurteilt die Entwicklung der landwirtschaftlichen Strukturen und der sozialen Bedingungen in der Landwirtschaft namentlich im Hinblick auf die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Aufgaben.
² Es verfolgt und beurteilt die Entwicklung entsprechender Indikatoren.

3 a . Abschnitt: ⁶ Nährstoffverluste in der Landwirtschaft und Risiken durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln

⁶ Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. April 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 ( AS 2022 266 ).
Art. 10 a Reduktionsziel für Stickstoff- und Phosphorverluste
Im Vergleich zum Mittelwert der Jahre 2014–2016 werden bis zum Jahr 2030 die Verluste wie folgt reduziert:
a. Stickstoff: um mindestens 20 Prozent;
b. Phosphor: um mindestens 20 Prozent.
Art. 10 b Methode zur Berechnung der Stickstoff- und Phosphorverluste
Zur Berechnung der Stickstoff- und Phosphorverluste nach Artikel 10 a wird eine nationale Input-Output-Bilanz-Methode für die Schweizer Landwirtschaft verwendet. Massgebend ist die in der Publikation «Nährstoffbilanz der schweizerischen Landwirtschaft für die Jahre 1975 bis 2018»⁷ beschriebene Berechnungsmethode.
⁷ Agroscope (2020): Nährstoffbilanz der schweizerischen Landwirtschaft für die Jahre 1975 bis 2018, Kapitel 2 (Material und Methoden). Agroscope Science Nr. 100 / 2020, abrufbar unter: www.agroscope.admin.ch > Publikationen > Agroscope Science.
Art. 10 c Methode zur Berechnung der Risiken durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
¹ Die Risiken nach Artikel 6 b LwG werden durch die Addition der mit der Verwendung der einzelnen Wirkstoffe verbundenen Risiken ermittelt.
² Für jeden Wirkstoff werden Risikowerte berechnet. Diese basieren auf Folgendem:
a. für Oberflächengewässer und naturnahe Lebensräume: auf der Menge des Wirkstoffs, die bei der Anwendung potenziell in diese Umgebung gelangen kann, und auf der Toxizität des Wirkstoffs;
b. für das Grundwasser: auf der Menge der Metaboliten des Wirkstoffs, die bei der Anwendung potenziell ins Grundwasser gelangen kann.
³ Die Risiken werden jährlich pro Wirkstoff wie folgt berechnet:
a. für Oberflächengewässer: durch Multiplikation des Risikowertes für Wasserorganismen mit der behandelten Fläche und dem von den Anwendungsbedingungen abhängigen Expositionsfaktor;
b. für naturnahe Lebensräume: durch Multiplikation des Risikowertes für Nichtzielorganismen mit der behandelten Fläche und dem von den Anwendungsbedingungen abhängigen Expositionsfaktor;
c. für das Grundwasser: durch Multiplikation des Risikowertes für die potenzielle Metabolitenbelastung im Grundwasser mit der behandelten Fläche.

4. Abschnitt: Berichterstattung

Art. 11
¹ Das Bundesamt erstellt und veröffentlicht jährlich einen Bericht über die Resultate der Beurteilung der Landwirtschaft unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit.
² Es sind auch gesonderte Veröffentlichungen über die verschiedenen Beur­teilungs­bereiche möglich.

5. Abschnitt: Inkrafttreten

Art. 12
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1999 in Kraft.
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