Bundesgesetz über Velowege (705)
CH - Schweizer Bundesrecht

Bundesgesetz über Velowege (Veloweggesetz)

(Veloweggesetz) vom 18. März 2022 (Stand am 1. Januar 2023)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf die Artikel 75 a Absatz 3 und 88 der Bundesverfassung¹, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 19. Mai 2021²,
beschliesst:
¹ SR 101 ² BBl 2021 1260

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Gegenstand
Dieses Gesetz:
a. legt die Grundsätze fest, die die Kantone und Gemeinden bei der Planung, Anlage und Erhaltung von Velowegnetzen beachten müssen;
b. regelt die Unterstützung der Kantone und Gemeinden durch den Bund bei der Planung, Anlage und Erhaltung von Velowegnetzen und bei der Information der Öffentlichkeit über diese Netze;
c. regelt die Aufgaben des Bundes im Bereich Velowegnetze.
Art. 2 Velowegnetze
Velowegnetze sind zusammenhängende und durchgehende Verkehrswege für Velofahrerinnen und Velofahrer mit den entsprechenden Infrastrukturen.
Art. 3 Velowegnetze für den Alltag
¹ Velowegnetze für den Alltag liegen in der Regel in oder zwischen Siedlungs­gebieten.
² Sie umfassen Strassen, Strassen mit Radstreifen, Velobahnen, Radwege, Wege, Veloparkierungsanlagen und ähnliche Infrastrukturen.
³ Sie erschliessen und verbinden insbesondere Wohngebiete, Arbeitsplätze, Schulen, Haltestellen des öffentlichen Verkehrs, öffentliche Einrichtungen, Einkaufsläden, Freizeit- und Sportanlagen sowie Velowegnetze für die Freizeit.
Art. 4 Velowegnetze für die Freizeit
¹ Velowegnetze für die Freizeit dienen vorwiegend der Erholung und liegen in der Regel ausserhalb der Siedlungsgebiete.
² Sie umfassen Strassen, Radwege, Wege, signalisierte Velowander- und Mountainbike-Routen und ähnliche Infrastrukturen.
³ Sie erschliessen und verbinden insbesondere für die Erholung geeignete Gebiete und Landschaften sowie Sehenswürdigkeiten, Haltestellen des öffentlichen Verkehrs, Freizeitanlagen und touristische Einrichtungen.

2. Abschnitt: Planung, Anlage und Erhaltung

Art. 5 Planungspflicht und Zugänglichkeit der Pläne
¹ Die Kantone sorgen dafür, dass:
a. bestehende und vorgesehene Velowegnetze für den Alltag und die Freizeit in Plänen festgehalten werden;
b. die Pläne periodisch überprüft und nötigenfalls angepasst werden.
² Die Pläne sind für die Behörden verbindlich. Die Kantone legen die übrigen Rechtswirkungen der Pläne fest und regeln das Verfahren für deren Erstellung und Änderung. Falls sie die Planung der kommunalen Wegnetze an ihre Gemeinden delegieren, sorgen sie für die Erfüllung der Aufgaben nach Absatz 1.
³ Die Betroffenen sowie die interessierten Organisationen sind an der Planung zu beteiligen.
⁴ Die Pläne sind öffentlich. Sie müssen in elektronischer Form zugänglich sein.
Art. 6 Planungsgrundsätze
Die für die Planung der Velowegnetze zuständigen Behörden sorgen im Grundsatz dafür, dass:
a. die Velowege zusammenhängend und durchgehend sind und insbesondere die wichtigen Orte nach den Artikeln 3 Absatz 3 und 4 Absatz 3 erschliessen;
b. die Netze eine angemessene Dichte und die Velowege eine direkte Streckenführung aufweisen;
c. die Velowege sicher sind und der Veloverkehr, wo möglich und angebracht, getrennt vom motorisierten Verkehr und vom Fussverkehr geführt wird;
d. die Velowege einen homogenen Ausbaustandard aufweisen;
e. die Netze attraktiv sind und dass die Velowegnetze für die Freizeit für die Velofahrerinnen und die Velofahrer eine hohe Erholungsqualität aufweisen.
Art. 7 Koordination
¹ Die für die Velowege zuständigen Behörden stimmen ihre Velowegnetze aufeinander ab.
² Sie koordinieren ihre Planung mit raumwirksamen Aufgaben anderer Behörden.
Art. 8 Anlage und Erhaltung
Die für die Velowege zuständigen Behörden sorgen dafür, dass:
a. Velowege angelegt, erhalten und signalisiert werden;
b. die Velowege frei und sicher mit dem Velo befahren werden können;
c. die öffentliche Benutzung rechtlich gesichert ist.
Art. 9 Ersatz
¹ Müssen in den Plänen festgelegte Velowege oder Teile davon aufgehoben werden, so sorgen die zuständigen Behörden für angemessenen Ersatz durch vorhandene oder neu zu schaffende Wege; dabei berücksichtigen sie das öffentliche Interesse und die örtlichen Verhältnisse.
² Velowege sind insbesondere zu ersetzen, wenn:
a. sie nicht mehr frei befahrbar sind;
b. sie unterbrochen werden;
c. sie nicht mehr sicher befahren werden können, insbesondere wenn sie auf einer längeren Wegstrecke von Motorfahrzeugen stark oder schnell befahren werden;
d. sie zu Velowegnetzen für die Freizeit gehören und ihre Attraktivität stark eingeschränkt wird.
³ Die Kantone können Ausnahmen von der Ersatzpflicht vorsehen.
⁴ Sie regeln das Verfahren für die Aufhebung von Velowegen und bestimmen, wer zum Ersatz verpflichtet ist.
Art. 10 Zusammenarbeit mit privaten Fachorganisationen
¹ Die Kantone können für die Planung, die Anlage und die Erhaltung der Velowegnetze sowie für die Information über diese Netze private Fachorganisationen beiziehen.
² Sie können den privaten Fachorganisationen Aufgaben in diesen Bereichen übertragen.
Art. 11 Rücksichtnahme auf Velowege und auf andere Anliegen
¹ Die kantonalen und kommunalen Behörden nehmen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben Rücksicht auf die Velowege.
² Die für Velowege zuständigen Behörden nehmen Rücksicht auf die Anliegen der Verkehrs- und Siedlungsplanung, der Land- und Forstwirtschaft, des Natur- und Heimatschutzes sowie anderer raumwirksamer Tätigkeiten.
Art. 12 Zurverfügungstellung von Geobasisdaten
¹ Die Kantone stellen dem Bund die aktuellen Geobasisdaten zu ihren Velowegnetzen zur Verfügung.
² Die Fachstelle des Bundes für Velowege kann Vorschriften über die qualitativen und technischen Anforderungen an diese Geobasisdaten erlassen.

3. Abschnitt: Aufgaben des Bundes

Art. 13 Rücksichtnahme auf Velowege
¹ Die Bundesstellen nehmen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben Rücksicht auf die in den Plänen nach Artikel 5 festgelegten Velowegnetze, indem sie:
a. eigene Bauten und Anlagen in hoher Qualität planen und erstellen;
b. Konzessionen und Bewilligungen nur unter Bedingungen und Auflagen erteilen oder sie verweigern;
c. Beiträge nur unter Bedingungen gewähren oder ihre Gewährung ablehnen;
d. im öffentlichen Interesse für angemessenen Ersatz sorgen, wenn Velowegnetze oder Teile davon aufgehoben werden müssen.
² Entstehen Kosten, weil Velowegnetze berücksichtigt oder Teile davon ersetzt werden müssen, so werden sie dem betreffenden Objektkredit belastet oder zum gleichen Beitragssatz wie die übrigen Objektkosten subventioniert.
Art. 14 Beratung der Kantone, der Gemeinden und Dritter
Der Bund kann die Kantone und Gemeinden sowie Dritte bei der Planung, der Anlage, der Erhaltung sowie beim Ersatz von Velowegen durch fachliche Beratung sowie durch Bereitstellung von Grundlagen unterstützen.
Art. 15 Information der Öffentlichkeit
¹ Der Bund informiert die Öffentlichkeit über:
a. die Bedeutung von Velowegnetzen für die Bewältigung des Personen- und Güterverkehrs;
b. Grundlagenwissen in Bezug auf die Planung, Anlage und Erhaltung von Velowegnetzen.
² Er kann die Kantone und Dritte unterstützen, wenn sie die Öffentlichkeit über Themen nach Absatz 1 informieren.
³ Er publiziert harmonisierte Geobasisdaten über die Qualität und die Benutzbarkeit der Velowegnetze.
⁴ Das Bundesamt für Landestopografie bildet die Velowegnetze anhand der Geobasisdaten der topografischen und kartografischen Landesvermessung in den Landschaftsmodellen und Landeskarten ab.
Art. 16 Zusammenarbeit mit privaten Fachorganisationen
¹ Der Bund kann für folgende Aufgaben private Fachorganisationen beiziehen, die im Bereich des Veloverkehrs gesamtschweizerisch tätig sind:
a. Beratung der Kantone, der Gemeinden und Dritter;
b. Bereitstellung von Grundlagen für Kantone, Gemeinden und Dritte;
c. Information der Öffentlichkeit.
² Er kann privaten Fachorganisationen für ihre Tätigkeiten nach Absatz 1 Finanzhilfen ausrichten. Er schliesst dazu öffentlich-rechtliche Verträge mit ihnen ab.
³ Beitragsberechtigt sind private Fachorganisationen, die:
a. im Bereich des Veloverkehrs gesamtschweizerisch tätig sind; und
b. gemäss ihren Statuten seit mindestens drei Jahren ideelle Zwecke im Bereich des Veloverkehrs verfolgen; allfällige wirtschaftliche Tätigkeiten müssen der Erreichung der ideellen Zwecke dienen.

4. Abschnitt: Organisation und Rechtsschutz

Art. 17 Fachstellen
¹ Die Kantone bezeichnen ihre Fachstellen für Velowege und legen deren Aufgaben fest.
² Fachstelle des Bundes ist das Bundesamt für Strassen.
Art. 18 Beschwerdelegitimation
¹ Gegen Verfügungen der kantonalen Behörden oder der Bundesbehörden sowie gegen Nutzungspläne im Sinne von Artikel 14 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 1979³, soweit die Verfügungen und Nutzungspläne Velowege betreffen, sind auch die Gemeinden zur Beschwerde berechtigt, sofern ihr Gebiet betroffen ist.
² Gegen Verfügungen der Bundesbehörden im Bereich der Velowege sind auch die Kantone zur Beschwerde berechtigt.
³ Besteht in einem Verfahren ein Beschwerderecht nach Absatz 1, so eröffnet die Behörde ihre Verfügung den Gemeinden durch schriftliche Mitteilung oder durch Veröffentlichung im kantonalen Publikationsorgan oder im Bundesblatt.
⁴ Gemeinden, die kein Rechtsmittel ergriffen haben, können sich am weiteren Verfahren nur noch als Partei beteiligen, wenn die Verfügung zugunsten einer anderen Partei geändert wird und sie dadurch beschwert werden.
⁵ Sieht das kantonale Recht oder das Bundesrecht vor, dass vor dem Erlass der Verfügung ein Einspracheverfahren durchgeführt wird, so ist auch das Gesuch nach den Vorschriften von Absatz 3 zu veröffentlichen. In diesem Fall sind Gemeinden nur beschwerdeberechtigt, wenn sie sich an diesem Einspracheverfahren als Partei beteiligt haben.
³ SR 700

5. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 19 Fristen für die Erstellung und Umsetzung der Pläne
¹ Die Kantone sorgen dafür, dass:
a. die Pläne nach Artikel 5 Absatz 1 innert fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erstellt werden;
b. die Pläne innert zwanzig Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes umgesetzt werden.
² Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation kann die Fristen ausnahmsweise für einzelne Gebiete verlängern. Der Bundesrat regelt die Voraussetzungen für die Verlängerung der Fristen.
Art. 20 Änderung anderer Erlasse
Die Änderung anderer Erlasse wird im Anhang geregelt.
Art. 21 Referendum und Inkrafttreten
¹ Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
² Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 2023⁴
⁴ BRB vom 2. Dez. 2022

Anhang

(Art. 20)

Änderung anderer Erlasse

Die nachstehenden Erlasse werden wie folgt geändert:
…⁵
⁵ Die Änderungen können unter AS 2022 790 konsultiert werden.
Markierungen
Leseansicht