Verordnung über die Unterstützung der Tiergesundheitsdienste (TGDV)
(TGDV) vom 7. Oktober 2020 (Stand am 1. Dezember 2020)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf Artikel 11 a des Tierseuchengesetzes vom 1. Juli 1966¹ und auf Artikel 177 Absatz 1 des Landwirtschaftsgesetzes vom 29. April 1998²,
verordnet:
¹ SR 916.40 ² SR 910.1
1. Abschnitt: Gegenstand
Art. 1
1 Diese Verordnung regelt die Voraussetzungen für die Ausrichtung von Finanzhilfen des Bundes an die folgenden Tiergesundheitsdienste:
a. Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer;
b. Schweinegesundheitsdienst;
c. Rindergesundheitsdienst;
d. Bienengesundheitsdienst.
² Sie regelt zudem die Modalitäten der Unterstützung durch den Bund und durch die Kantone.
2. Abschnitt: Voraussetzungen für die Ausrichtung von Finanzhilfen des Bundes
Art. 2 Von den Tiergesundheitsdiensten zu erfüllende Voraussetzungen
Finanzhilfen des Bundes werden nur ausgerichtet, wenn die Tiergesundheitsdienste die Voraussetzungen nach den Artikeln 3−16 erfüllen.
Art. 3 Rechtsform der Tiergesundheitsdienste
1 Die Tiergesundheitsdienste sind als Verein oder Genossenschaft organisiert oder werden von einem Verein oder einer Genossenschaft getragen (Trägerorganisation).
² Mehrere Tiergesundheitsdienste können gemeinsam in einem Verein oder in einer Genossenschaft organisiert sein oder von einer Trägerorganisation getragen werden.
Art. 4 Mitgliedschaft
Die Tiergesundheitsdienste sehen insbesondere die folgenden Mitgliederkategorien vor:
a. Tierhalterinnen und Tierhalter;
b. Vereine und Genossenschaften von Tierhalterinnen und Tierhaltern, die den Zweck der Förderung der Tiergesundheit haben;
c. Tierärztinnen und Tierärzte;
d. Vereine und Genossenschaften der Tierärzteschaft;
e. private Organisationen und Unternehmen, die die Hauptziele der Tiergesundheitsdienste unterstützen.
Art. 5 Hauptziele
Die Tiergesundheitsdienste richten ihre Leistungen im Rahmen der gemeinsamen Selbsthilfe daraufhin aus, dass Folgendes gefördert wird:
a. die Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere der jeweiligen Art;
b. die tiergerechte Haltung;
c. die Herstellung von einwandfreien Lebensmitteln, die von diesen Tieren gewonnen werden.
Art. 6 Leistungen
1 Die Tiergesundheitsdienste legen ihre Leistungen in einem Leistungskatalog fest. Sie stellen den Leistungskatalog und Änderungen des Leistungskatalogs dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und den Kantonstierärztinnen und Kantonstierärzten zur Kenntnis zu.
2 Der Leistungskatalog umfasst mindestens die folgenden Leistungen:
a. Anerkennung von Tierhaltungen sowie Festlegung der hygienischen und betrieblichen Mindestanforderungen für die Erlangung der Anerkennung;
b. Zuteilung eines besonderen Gesundheitsstatus an Tierhaltungen sowie Festlegung der Anforderungen für die Erlangung dieses Gesundheitsstatus;
c. Programme zur Tiergesundheitsförderung;
d. Beratungsdienstleistungen;
e. diagnostische Abklärungen;
f. Aus- und Weiterbildung;
g. Beobachtung der Tiergesundheit;
h. Informationen.
3 Die Tiergesundheitsdienste legen fest, welche Leistungen zum Grundangebot gehören und für die Mitglieder mit dem Mitgliederbeitrag abgegolten sind.
4 Sie legen kostendeckende Tarife fest:
a. für Leistungen an Nichtmitglieder;
b. für Leistungen ausserhalb des Grundangebots.
Art. 7 Anerkennung von Tierhaltungen und Zuteilung eines besonderen Gesundheitsstatus
1 Die Tiergesundheitsdienste registrieren die Tierhaltungen der Mitglieder, die die Mindestanforderungen des entsprechenden Tiergesundheitsdienstes erfüllen. Diese Tierhaltungen gelten als «anerkannte Tierhaltungen». Werden zusätzliche vom Tiergesundheitsdienst vorgesehene Anforderungen eingehalten, so wird der anerkannten Tierhaltung ein entsprechender Gesundheitsstatus zugeteilt.
2 Die Tiergesundheitsdienste entziehen den Tierhaltungen, die diese Anforderungen nicht mehr erfüllen, die Anerkennung oder den Gesundheitsstatus.
Art. 8 Programme zur Tiergesundheitsförderung
1 Die Tiergesundheitsdienste führen in den Tierhaltungen der Mitglieder Programme zur Prävention, Erkennung und Bekämpfung von Krankheiten durch.
2 Sie passen die Programme regelmässig dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse an.
Art. 9 Beratungsdienstleistungen
1 Die Tiergesundheitsdienste stellen den Mitgliedern, den landwirtschaftlichen Schulen und Beratungsstellen, den kantonalen Behörden sowie der Tierärzteschaft Beratungsdienstleistungen zur Verfügung.
² Die Beratungsdienstleistungen sind für die landwirtschaftlichen Schulen und Beratungsstellen sowie die kantonalen Behörden unentgeltlich, sofern der Aufwand das übliche Mass nicht deutlich überschreitet.
Art. 10 Diagnostische Abklärungen
1 Die Tiergesundheitsdienste veranlassen bei Bedarf in den Tierhaltungen der Mitglieder im Rahmen von Programmen und Beratungen die diagnostische Abklärung bei Verdacht auf Krankheiten.
2 Sie bestimmen die Untersuchungsstellen für die Diagnostik von Krankheiten.
3 Als Untersuchungsstellen für die Diagnostik von Tierseuchen nach der Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995³ (TSV) kommen nur Laboratorien in Betracht, die nach Artikel 312 TSV anerkannt sind.
³ SR 916.401
Art. 11 Aus- und Weiterbildung
1 Die Tiergesundheitsdienste führen für die Mitglieder, für landwirtschaftliche Schulen und Beratungsstellen sowie für die Tierärzteschaft Aus- und Weiterbildungskurse durch.
2 Sie wirken an den Aus- und Weiterbildungskursen für Personen des öffentlichen Veterinärdienstes unentgeltlich mit.
Art. 12 Beobachtung der Tiergesundheit
1 Die Tiergesundheitsdienste beobachten die Tiergesundheit in ihrem Bereich und werten die Gesundheitsdaten aus.
2 Sie veröffentlichen die Auswertungsergebnisse periodisch.
Art. 13 Informationen
1 Die Tiergesundheitsdienste veröffentlichen Fachinformationen.
2 Sie informieren zudem periodisch über:
a. Massnahmen zur Förderung der Tiergesundheit;
b. den korrekten Einsatz von Tierarzneimitteln und anderen Hilfsstoffen;
c. Auswirkungen von Rechtsänderungen, welche die Tiergesundheit betreffen.
Art. 14 Weitere Leistungsbezüger und Durchführung der Leistungen
1 Die Tiergesundheitsdienste stellen die Leistungen nach den Artikeln 7−11 gegen Entgelt auch Tierhalterinnen und Tierhaltern zur Verfügung, die nicht Mitglieder des Tiergesundheitsdienstes sind, aber dessen Leistungen nutzen wollen.
2 Sie stellen die Leistungen nach den Artikeln 9 und 11 gegen Entgelt soweit möglich auch weiteren Personen und Organisationen zur Verfügung.
3 Sie bieten ihre Leistungen in der ganzen Schweiz an und führen sie überall nach den gleichen fachlichen Grundsätzen durch.
Art. 15 Zusammenarbeit
1 Die Tiergesundheitsdienste arbeiten insbesondere mit dem BLV, dem BLW, den Kantonstierärztinnen und Kantonstierärzten und den Ausbildungsstätten zusammen.
2 Sie nutzen untereinander Synergien und vermeiden Doppelspurigkeiten, insbesondere bei der Erfassung und Verwaltung von Daten zur Tiergesundheit.
Art. 16 Eigenfinanzierung
Die Tiergesundheitsdienste sorgen für eine angemessene Eigenfinanzierung, insbesondere über Mitgliederbeiträge und Entgelte für Leistungen.
3. Abschnitt: Modalitäten der Ausrichtung von Finanzhilfen
Art. 17 Berechnung der Finanzhilfe des Bundes
1 Die Finanzhilfe des Bundes beträgt höchstens 40 Prozent der anrechenbaren Kosten für eine effiziente Aufgabenerfüllung des Tiergesundheitsdienstes.
² Sie entspricht höchstens dem Gesamtbeitrag der Kantone.
3 An die Finanzhilfe angerechnet werden Kosten für die zur Verfügung gestellte Infrastruktur.
Art. 18 Anrechenbare Kosten
Anrechenbar sind:
a. die Kosten für die Löhne und Sozialleistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Tiergesundheitsdienste sowie die Kosten ihrer Aus- und Weiterbildung;
b. die Auslagen für die Erbringung der Leistungen nach dieser Verordnung und nach der Leistungsvereinbarung;
c. die Mieten für die von den Tiergesundheitsdiensten benötigten Räume und die Kosten der Ausrüstung dieser Räume;
d. die Fahrspesen, Büro- und Verwaltungskosten der Tiergesundheitsdienste.
Art. 19 Kantonsbeiträge
Der Beitrag eines Kantons im Verhältnis zum Gesamtbeitrag aller Kantone (kantonaler Anteil) wird wie folgt berechnet:
a. Für den Bienengesundheitsdienst entspricht der kantonale Anteil dem Anteil der Bienenstände im Kanton an den Bienenständen in der Schweiz.
b. Für die übrigen Tiergesundheitsdienste entspricht der kantonale Anteil dem Anteil der Tierhaltungen von Tieren der entsprechenden Art im Kanton an den entsprechenden Tierhaltungen in der Schweiz.
Art. 20 Kürzung der Finanzhilfe des Bundes
Leistet ein Kanton keinen oder weniger als seinen Anteil, so wird die Finanzhilfe des Bundes um den entsprechenden Betrag reduziert, sofern der fehlende Betrag nicht durch die übrigen Kantone ausgeglichen wird.
Art. 21 Auszahlung der Finanzhilfe des Bundes
Die Finanzhilfe des Bundes wird jährlich in zwei Teilzahlungen geleistet. Die Teilzahlungen richten sich nach den erbrachten Leistungen und dem Grad der Zielerreichung in den vorangegangenen Monaten.
Art. 22 Leistungsvereinbarungen
1 Das BLV schliesst unter Einbezug der Kantonstierärztinnen und Kantonstierärzte mit den Tiergesundheitsdiensten Leistungsvereinbarungen ab. Darin werden insbesondere die zu erbringenden Leistungen und die Ziele festgelegt.
2 Die Leistungsvereinbarungen können für maximal vier Jahre abgeschlossen werden.
3 Sie müssen einen Vorbehalt betreffend die jährlichen Kreditanträge und -beschlüsse der zuständigen Organe des Bundes zu Voranschlag und Finanzplan enthalten.
Art. 23 Aufsicht
1 Die Tiergesundheitsdienste unterstehen der Aufsicht des BLV.
2 Die Organe der Tiergesundheitsdienste müssen dem BLV die erforderlichen Auskünfte erteilen.
3 Die Tiergesundheitsdienste müssen das BLV und eine Vertretung der Kantone zu den Sitzungen und Versammlungen ihrer obersten Organe einladen. Die Trägerorganisationen müssen diese Behörden zu Sitzungen und Versammlungen ihrer obersten Organe einladen, wenn dabei Themen betreffend die Tiergesundheitsdienste behandelt werden.
Art. 24 Berichterstattung
Die Tiergesundheitsdienste müssen dem BLV, dem BLW und den Kantonen jährlich Bericht über ihre Tätigkeiten erstatten, namentlich über die Verwendung der Beiträge von Bund und Kantonen. Zu diesem Zweck stellen sie ihnen die folgenden Dokumente zu:
a. den Geschäftsbericht;
b. die Jahresrechnung;
c. das Jahresbudget;
d. das jährliche Tätigkeitsprogramm;
e. den jährlichen Bericht über die Erreichung der Ziele nach der Leistungsvereinbarung;
f. ein mehrjähriges Tätigkeitsprogramm.
4. Abschnitt: Schlussbestimmungen
Art. 25 Übergangsbestimmungen
¹ Die Tiergesundheitsdienste müssen die Leistungen nach Artikel 6 Absatz 2 Buchstaben a−c innert eines Jahres nach Inkrafttreten dieser Verordnung in ihren Leistungskatalog aufnehmen und anbieten.
² Der Rindergesundheitsdienst muss die Anforderungen an die Rechtsform und die Organisation der Mitgliedschaft innert eines Jahres nach Inkrafttreten dieser Verordnung erfüllen.
Art. 26 Aufhebung anderer Erlasse
Die folgenden Erlasse werden aufgehoben:
1. Verordnung vom 27. Juni 1984⁴ über die Unterstützung des Beratungs- und Gesundheitsdienstes in der Schweinehaltung;
2. Verordnung vom 13. Januar 1999⁵ über die Unterstützung des Beratungs- und Gesundheitsdienstes für Kleinwiederkäuer;
3. Verordnung vom 23. Mai 2012⁶ über die Unterstützung des Bienengesundheitsdienstes.
⁴ [ AS 1984 787 , 1999 611 Art. 15 Abs. 2, 2003 956 Anhang Ziff. 1, 2007 4525 Ziff. II 11]
⁵ [ AS 1999 611 , 2003 956 Anhang Ziff. 2, 2007 4525 Ziff. II 12]
⁶ [ AS 2012 3143 ]
Art. 27 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Dezember 2020 in Kraft.
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