Verordnung über die landwirtschaftliche und die bäuerlich-hauswirtschaftliche Beratung (915.1)
CH - Schweizer Bundesrecht

Verordnung über die landwirtschaftliche und die bäuerlich-hauswirtschaftliche Beratung (Landwirtschaftsberatungsverordnung)

(Landwirtschaftsberatungsverordnung) vom 3. November 2021 (Stand am 1. Januar 2022)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf die Artikel 136 Absätze 4 und 5 sowie 177 Absatz 1 des Landwirtschaftsgesetzes vom 29. April 1998¹ (LwG),
verordnet:
¹ SR 910.1

1. Abschnitt: Gegenstand und Geltungsbereich

Art. 1
Diese Verordnung regelt:
a. die Ziele und die Aufgaben: 1. der gesamtschweizerischen Beratungszentrale,
2. der Beratungsdienste der Kantone,
3. der Beratungsdienste überregionaler oder gesamtschweizerischer Organisationen oder Institutionen, die in Spezialbereichen tätig sind (Beratungsdienste von Organisationen);
b. die Anforderungen an das Fachpersonal der Beratungszentrale und der Beratungsdienste;
c. die Finanzhilfen an die Beratungszentrale und an Beratungsdienste von Organisationen;
d. die Finanzhilfen für Beratungsprojekte und für Vorabklärungen zur Entwicklung innovativer Projekte.

2. Abschnitt: Ziele und Aufgaben der Beratung

Art. 2 Ziele der Beratung
¹ Die Beratung unterstützt die Personen nach Artikel 136 Absatz 1 LwG in ihren Bestrebungen:
a. gesunde Nahrungsmittel von hoher Qualität zu produzieren;
b. wettbewerbsfähig zu sein und sich auf den Markt auszurichten;
c. die natürlichen Ressourcen und die Landschaft zu erhalten und deren Schutz zu fördern;
d. in der Entwicklung des ländlichen Raums eine aktive Rolle zu spielen;
e. die Lebensqualität und die soziale Stellung der in der Landwirtschaft tätigen Personen zu fördern;
f. die agrarpolitischen Massnahmen umzusetzen.
² Sie leistet namentlich einen Beitrag dazu, dass die Landwirtschaft durch professionelles, innovatives und unternehmerisches Handeln die Wertschöpfung im ländlichen Raum sowie die Nachhaltigkeitsleistung der Betriebe zu steigern vermag.
³ Sie fördert insbesondere:
a. die berufliche Weiterbildung und die Persönlichkeitsentwicklung der Personen nach Artikel 136 Absatz 1 LwG;
b. die Verbreitung von praxistauglichen Informationen für die in der Landwirtschaft tätigen Personen und für den Vollzug;
c. den Wissensaustausch zwischen Forschung und Praxis sowie innerhalb der Landwirtschaft und der bäuerlichen Hauswirtschaft;
d. die Zusammenarbeit der Landwirtschaft mit anderen Sektoren im Rahmen der Entwicklung des ländlichen Raums, der Lebensmittelsicherheit und der Erhaltung der natürlichen Ressourcen.
⁴ Sie berücksichtigt die agrarpolitischen Rahmenbedingungen und die regionalpolitischen Eigenheiten.
Art. 3 Koordination
Die Institutionen nach Artikel 1 Buchstabe a koordinieren ihre Aufgaben unter­einander, um eine grösstmögliche Wirkung der Beratung für die Land- und Ernährungswirtschaft zu erreichen.
Art. 4 Aufgaben der Beratungszentrale
Die Beratungszentrale hat die folgenden Aufgaben:
a. Sie erarbeitet und beurteilt Methoden für die Beratung und die Weiterbildung und stellt Grundlagen und Daten bereit.
b. Sie führt Beraterinnen und Berater in ihren Beruf ein und bildet sie weiter.
c. Sie arbeitet Informationen und Erkenntnisse aus Forschung, Praxis, öffent­licher Verwaltung sowie von Märkten und Organisationen auf, erstellt anwendungsorientierte Dokumentationen und Hilfsmittel und verbreitet sie.
d. Sie unterstützt die Beratungsdienste der Kantone und von Organisationen sowie weitere Organisationen in ihrer Organisations- und Teamentwicklung und bei innovativen Projekten.
e. Sie fördert die Zusammenarbeit zwischen Forschung, Bildung, Beratung und land- und ernährungswirtschaftlicher Praxis und übernimmt dafür Netzwerkfunktionen.
Art. 5 Agridea
¹ Die Agridea ist die gesamtschweizerische Beratungszentrale nach Artikel 136 Absatz 3 LwG.
² Sie ist als Verein organisiert. Mitglieder sind namentlich alle Kantone.
³ Die Agridea unterstützt insbesondere ihre Mitglieder und die Beratungsdienste der Kantone.
⁴ Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und die Konferenz der kantonalen Landwirtschaftsdirektoren schliessen eine Leistungsvereinbarung ab, in der sie der Agridea prioritäre Handlungsfelder und spezifische Tätigkeiten vorgeben.
Art. 6 Aufgaben der Beratungsdienste der Kantone und von Organisationen
¹ Die Beratungsdienste der Kantone und von Organisationen sind in folgenden Bereichen tätig:
a. Erhaltung der natürlichen Ressourcen und der Landschaft sowie Erreichung von Umweltzielen;
b. Entwicklung des ländlichen Raums und Aufbau von Wertschöpfungsketten;
c. Begleitung des Strukturwandels;
d. nachhaltige Produktion und Produktqualität;
e. Betriebswirtschaft, Hauswirtschaft, Agrartechnik, Digitalisierung, Ausrichtung auf den Markt und Wettbewerbsfähigkeit;
f. berufsbezogene Persönlichkeitsentwicklung, Unternehmertum und Innovationsförderung.
² Sie arbeiten in folgenden Leistungskategorien:
a. Beschaffung von Grundlagen und Daten;
b. Information und Dokumentation;
c. Weiterbildungs- und Informationsveranstaltungen;
d. Einzelberatung und Kleingruppenmoderation;
e. Unterstützung bei der Durchführung von Projekten und Prozessen;
f. Vernetzung von Forschung, Bildung und Beratung mit der land- und ernährungswirtschaftlichen Praxis.
Art. 7 Anforderungen an das Fachpersonal
Das Fachpersonal der Agridea und der Beratungsdienste von Organisationen sind in ihren fachlichen Kompetenzen und in den zur Ausübung der Tätigkeit notwendigen methodisch-didaktischen Qualifikationen auf dem neuesten Stand.

3. Abschnitt: Finanzhilfen

Art. 8 Finanzhilfen für die Agridea
¹ Das BLW gewährt der Agridea auf der Grundlage der Leistungsvereinbarung nach Artikel 5 Absatz 4 im Rahmen der bewilligten Kredite Finanzhilfen zur Erfüllung der Aufgaben nach Artikel 4.
² Die Gewährung der Finanzhilfen wird in Form eines Vertrags zwischen dem BLW und der Agridea geregelt. Der Vertrag regelt die Höhe der Finanzhilfe im Rahmen der durch das Parlament bewilligten Mittel, die Dauer der Finanzhilfe und die jährliche Berichterstattung.
³ Die Agridea berichtet dem BLW jährlich über ihre Tätigkeiten und die Mittelverwendung. Zu diesem Zweck stellt sie dem BLW die folgenden Dokumente zu:
a. den Geschäftsbericht;
b. die Jahresrechnung;
c. das Jahresbudget;
d. das jährliche Tätigkeitsprogramm;
e. den jährlichen Bericht über die Erreichung der Ziele nach der Leistungsvereinbarung.
⁴ Sie kann für die Erfüllung ihrer Aufgaben Leistungen von Dritten beziehen.
Art. 9 Finanzhilfen für die Beratungsdienste von Organisationen
¹ Das BLW gewährt im Rahmen der bewilligten Kredite Finanzhilfen an Beratungsdienste von Organisationen, wenn sie:
a. in mindestens einer ganzen Sprachregion oder gesamtschweizerisch tätig sind;
b. in Spezialbereichen tätig sind, in denen die Agridea und die Beratungsdienste der Kantone nicht hauptsächlich tätig sind; und
c. ihre Arbeit mit der Agridea und den Beratungsdiensten der Kantone oder interkantonalen Fachorganisationen koordinieren.
² Es schliesst mit der Organisation einen Vertrag ab. Dieser regelt die Höhe der Finanzhilfe, die Dauer der Finanzhilfe und die jährliche Berichterstattung.
³ Die Organisation stellt dem BLW einen jährlichen Bericht über die Erreichung der im Vertrag festgelegten Ziele und über die Mittelverwendung zu.
Art. 10 Finanzhilfen für Beratungsprojekte
¹ Das BLW kann auf Gesuch hin im Rahmen der bewilligten Kredite Finanzhilfen für die Durchführung von Beratungsprojekten gewähren.
² Beratungsprojekte dienen der Entwicklung neuer Beratungsinhalte oder -methoden.
³ Massgebende Kriterien für die Gewährung von Finanzhilfen sind insbesondere die agrarpolitische Relevanz oder der zu erwartende Nutzen für die Praxis, die methodische Qualität des Vorgehens, die überregionale oder gesamtschweizerische Verbreitung der Resultate sowie die fachliche Kompetenz der Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller.
⁴ Die Finanzhilfen belaufen sich auf höchstens 50 Prozent der ausgewiesenen Kosten. Infrastrukturkosten sind nicht anrechenbar.
⁵ Das BLW schliesst mit der Gesuchstellerin oder dem Gesuchsteller einen Vertrag ab. Dieser regelt die Höhe der Finanzhilfe, die Dauer der Finanzhilfe und die Berichterstattung.
⁶ Die Berichterstattung informiert über den Stand des Projekts und über die Mittelverwendung.
Art . 11 Finanzhilfen für Vorabklärungen zur Entwicklung innovativer Projekte
¹ Das BLW kann auf Gesuch hin Trägerschaften aus der Land- und Ernährungswirtschaft Finanzhilfen für Vorabklärungen zur Entwicklung innovativer Projekte gewähren.
² Vorabklärungen zur Entwicklung innovativer Projekte dienen der Trägerschaft zur Planung und Prüfung der Durchführbarkeit innovativer Projekte insbesondere im Hinblick auf Projekte zur regionalen Entwicklung nach Artikel 93 Absatz 1 Buchstabe c LwG und Ressourcenprojekte nach den Artikeln 77 a und 77 b LwG.
³ Massgebende Kriterien für die Gewährung von Finanzhilfen sind:
a. die Ausrichtung der Projektziele, der Teilziele, der Handlungsschritte und der Zielgruppe auf die Anforderungen zur Entwicklung eines innovativen Projekts, insbesondere auf die Anforderungen der Projekte nach Absatz 2;
b. die Kompetenzen und Verantwortlichkeiten der Trägerschaften; und
c. das Budget mit Eigenmittelnachweis der Trägerschaft.
⁴ Die Finanzhilfen belaufen sich auf höchstens 50 Prozent der Kosten für die Vorabklärung, höchstens aber 20 000 Franken.
⁵ Das BLW erlässt eine Verfügung.

4. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 12 Aufhebung eines anderen Erlasses
Die Landwirtschaftsberatungsverordnung vom 14. November 2007² wird aufgehoben.
² [ AS 2007 6215 ; 2017 6105 ]
Art. 13 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2022 in Kraft.
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